Rechtsprechung KW 38 - 2022

1.Rechtsprechung

1.1.Umsatzsteuer

Organschaft bei GmbH & Co. KG
Für die wirtschaftliche Eingliederung i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen. Hieran fehlt es bei der Vermietung von ohne weiteres austauschbaren Büroräumen.

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kann im Verhältnis zwischen zwei Schwestergesellschaften nicht bestimmt werden, welche Schwestergesellschaft Organträger und welche Organgesellschaft ist, so dass ohne Einbeziehung des gemeinsamen Gesellschafters keine Organschaft zwischen den beiden Schwestergesellschaften besteht (Festhalten an BFH-Urteil vom 01.12.2010 - XI R 43/08, BFHE 232, 550, BStBl. II 2011, 600).

BFH v. 01.02.2022, V R 23/21

Hinweis
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft). Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 11 MwStSystRL, wonach „jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln“ kann.

Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der Klägerin, einer GmbH, ist Z. Z schloss mit der Klägerin einen Geschäftsführervertrag, nach dem er mit einem festen Monatsgehalt und unter Zusage eines Urlaubsanspruchs von 30 Tagen sowie mit Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall vergütet wurde. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war insbesondere die Übernahme der persönlichen Haftung und Geschäftsführung einer KG, deren einzige Komplementärin die Klägerin war. Die Klägerin war am Gesellschaftsvermögen der KG nicht beteiligt und nahm auch nicht am Gewinn und Verlust der KG teil. Einziger Kommanditist der KG war Z. Unternehmensgegenstand der KG war die Finanz- und Versicherungsmaklertätigkeit. Die Klägerin hatte gegenüber der KG Anspruch auf Ersatz aller ihr durch die Geschäftsführung erwachsenden Aufwendungen. Im Jahr 2013 (Streitjahr) zahlte die KG an die Klägerin hierfür 24.000 €. Aufgrund eines mit Wirkung zum Jahresanfang 2014 abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages stand der Klägerin gegenüber der KG für ihre Geschäftsführertätigkeit ein monatlicher Vergütungsanspruch zu. Zahlungen erfolgten nur in einem geringeren Umfang. Die Geschäftsanschrift der Klägerin und der KG war seit Anfang 2013 identisch. Die Geschäftsräume vermieteten Z und seine Ehefrau an die KG. Der Mietgegenstand gehörte den Ehegatten je zur Hälfte. Im Laufe des Jahres 2014 übernahm die Klägerin aus betrieblichen Organisationsgründen die zuvor von der KG erbrachten umsatzsteuerpflichtigen Beratungsleistungen an Dritte als eigenen Geschäftsbetrieb. Mehrere Fahrzeuge wurden nicht mehr von der KG, sondern von der Klägerin geleast. Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA davon aus, dass die Klägerin steuerpflichtige Geschäftsführungsleistungen an die KG erbracht habe.

Der BFH hat entschieden, dass für die wirtschaftliche Eingliederung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein müssen. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen.

Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen. Hieran fehlt es bei der Vermietung von ohne weiteres austauschbaren Büroräumen.

Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Leistungen der Klägerin an die KG mangels Organschaft steuerbar und steuerpflichtig sind. Es bestand keine Organschaft zwischen der Klägerin und Z als Organträger. Ebenso liegt keine Organschaft zwischen der Klägerin und der KG als Schwestergesellschaften vor. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Die Leistungen der Klägerin an die KG sind nicht aufgrund einer zwischen diesen als Organgesellschaften und Z als Organträger bestehenden Organschaft nichtsteuerbar. Für die wirtschaftliche Eingliederung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Für den Organträger beruht dies darauf, dass die Organschaft die Eingliederung in sein Unternehmen und damit seine Unternehmereigenschaft voraussetzt. Ob dies als unionsrechtskonform anzusehen ist, ist ohne Bedeutung, da im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des nationalen Rechts eine hiervon abweichende richtlinienkonforme Auslegung nicht in Betracht kommt. Dasselbe gilt für die Organgesellschaft im Hinblick darauf, dass es sich bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG um eine Vorschrift zur Unselbständigkeit einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit der Organgesellschaft handelt. Danach liegt im Streitfall keine die Klägerin, die KG und Z umfassende Organschaft vor. Es besteht keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in Z als Organträger. Diese wird nicht durch die Geschäftsführertätigkeit des Z bei der Klägerin begründet, da Z insoweit nichtselbständig und damit nicht als Unternehmer tätig war. Auch die Vermietung der Büroräume begründet keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung, da Z an die KG, nicht aber an die Klägerin vermietet hat. Die Klägerin ist auch nicht i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mit der KG als Schwestergesellschaft organschaftlich verbunden. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kann im Verhältnis zwischen zwei Schwestergesellschaften nicht bestimmt werden, welche Schwestergesellschaft Organträger und welche Organgesellschaft ist, so dass ohne Einbeziehung des gemeinsamen Gesellschafters keine Organschaft zwischen den beiden Schwestergesellschaften besteht.
 

1.2.Einkommensteuer

AfA-Berechtigung des Erwerbers nach entgeltlichem Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft
Ist nach dem entgeltlichen Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft streitig, in welcher Höhe dem Erwerber auf die (anteilig miterworbenen) abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens AfA zusteht und in welchem Umfang der auf der Gesellschaftsebene ermittelte und ihm zugerechnete Ergebnisanteil deshalb korrigiert werden muss, ist der Erwerber zum Klageverfahren der Gesellschaft gegen den Feststellungsbescheid notwendig beizuladen.

Hat der Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft seinen Anteil entgeltlich erworben, kann er AfA auf die anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens nur nach Maßgabe seiner Anschaffungskosten und der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs beanspruchen.

Bei der Ermittlung der AfA-Berechtigung des Erwerbers nach entgeltlichem Anteilserwerb erhöhen die dem Anteil entsprechenden Gesellschaftsschulden die Anschaffungskosten des Erwerbers, soweit sie den anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens direkt zugeordnet werden können.

Die Anschaffungskosten des Anteilserwerbers sind, soweit sie den Buchwert der erworbenen Beteiligung übersteigen, den anteilig miterworbenen Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens nach dem Verhältnis der in ihnen ruhenden stillen Reserven einzeln zuzuordnen.
 
Beim anteiligen Miterwerb von bebauten Grundstücken des Gesamthandsvermögens ist - soweit es um die AfA des Anteilserwerbers geht - eine erneute Aufteilung der anteiligen Anschaffungskosten auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits erforderlich.

BFH v. 03.05.2022, IX R 22/19

Hinweis
Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO).

Im Streitfall waren ursprünglich zwei Brüder zu je 50% an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Die GbR erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Ein Gesellschafter schied aus der Gesellschaft aus, indem er seinen Anteil teilweise an seinen Bruder und teilweise an seine Schwägerin veräußerte. Streitig war vor allem, ob die von der GbR für den Erwerb von Grundstücken aufgenommenen und noch nicht getilgten Darlehen (Verbindlichkeiten der GbR) die Anschaffungskosten der Erwerber und dementsprechend die AfA auf die anteilig miterworbenen Gebäude erhöhte. Das Finanzamt und das FG) hatten dies abgelehnt.

Der BFH hat entschieden, dass ein Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, der seinen Anteil entgeltlich erworben hat, die AfA auf die anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens nur nach Maßgabe seiner Anschaffungskosten und der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs beanspruchen kann. Verbindlichkeiten der Gesellschaft erhöhen anteilig die Anschaffungskosten des Erwerbers, soweit sie den mittelbar erworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einzeln zuzuordnen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ermittelt eine Personengesellschaft die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte. Sie berücksichtigt dabei (auf Gesellschaftsebene) AfA auf die vermieteten Gebäude nach den historischen Anschaffungskosten. Die so ermittelten Einkünfte werden den Gesellschaftern nach ihren Beteiligungsverhältnissen unmittelbar zugerechnet. Daran ändert sich nichts, wenn ein Gesellschafter seinen Anteil entgeltlich auf einen oder mehrere neue Gesellschafter überträgt. Gesellschafter, die ihre Beteiligung nachträglich entgeltlich erworben haben, können die in ihrem Ergebnisanteil berücksichtigte AfA aber nicht beanspruchen. Ihre AfA-Berechtigung bemisst sich vielmehr nach den individuellen Anschaffungskosten und nach Maßgabe der voraussichtlichen Restnutzungsdauer des anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs. Der ihnen zugerechnete Ergebnisanteil muss deshalb korrigiert werden, soweit die zustehende AfA von der AfA abweicht, die auf Gesellschaftsebene bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt worden ist. Das Urteil befasst sich grundlegend und ausführlich mit der Frage, wie der Korrekturbetrag zu ermitteln ist. Es stellt außerdem klar, dass der Korrekturbetrag Gegenstand der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist, auch wenn er nur die persönlichen Verhältnisse einzelner Gesellschafter betrifft (Ergänzungsbereich). Daraus ergibt sich zugleich, dass die betreffenden Gesellschafter zur Klage der Gesellschaft gegen den Gewinnfeststellungsbescheid notwendig beizuladen sind, was im Streitfall unterblieben war. Verbindlichkeiten der Gesellschaft erhöhen die Anschaffungskosten des Erwerbers. Den anteilig miterworbenen Wirtschaftsgütern sind sie nur zuzuordnen, soweit eine solche Zuordnung auch auf Gesellschaftsebene besteht. Dieser Zusammenhang war im Streitfall gegeben, da die Gesellschaft die Darlehen aufgenommen hatte, um bestimmte Vermietungsobjekte zu erwerben. Die Darlehen konnten deshalb auf Gesellschaftsebene einzelnen Wirtschaftsgütern eindeutig zugeordnet werden. Übersteigen die Anschaffungskosten des Anteilserwerbers die Summe der Buchwerte der anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter, sind sie insoweit den anteilig miterworbenen Wirtschaftsgütern nach dem Verhältnis der in ihnen ruhenden stillen Reserven einzeln zuzuordnen. Die Aufteilung der sog. Mehranschaffungskosten erfordert dann eine Einzelbewertung jedes in Betracht kommenden Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs.

Gehört ein bebautes Grundstück zum anteilig miterworbenen Gesellschaftsvermögen, ist eine erneute Aufteilung der anteiligen Anschaffungskosten auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits erforderlich, um eventuell im nicht abnutzbaren Wirtschaftsgut Grund und Boden entstandene stille Reserven zutreffend zu erfassen. Im Streitfall hat der BFH die Sache an das FG zurückverwiesen, damit es die erneute Aufteilung nachholt. Vor diesem Hintergrund hat der BFH davon abgesehen, die unterbliebenen Beiladungen selbst vorzunehmen.
 

1.3.Körperschaftsteuer

Einkünftezurechnung bei sog. doppelter Treuhand
Bei der sog. doppelten Treuhand kann (auch) nach Eintritt des Sicherungsfalles ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis i. S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO vorliegen.

BFH v. 04.05.2022, I R 19/18

Hinweis
Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen, damit dem zivilrechtlichen Eigentümer oder Inhaber des Wirtschaftsguts. Abweichend davon bestimmt allerdings § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind; dies setzt im konkreten Einzelfall ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis voraus. Dies war in Bezug auf die in Rede stehenden Aktien in den Streitjahren der Fall.

Der Kläger, ein eingetragener Verein, hat gem. § 2 Nr. 1 seiner Satzung den Zweck, „das ihm zu treuen Händen übertragene Treuhandvermögen der ... AG und deutscher ... Konzerngesellschaften ... zu halten und zu verwalten“. Das Treuhandvermögen wird in der Satzung als der Teil des Vermögens der Unternehmen definiert, der jeweils zur Sicherung der Pensionsverpflichtungen der Unternehmen gegenüber ihren versorgungsberechtigten Personen, insbesondere Mitarbeitern und deren Hinterbliebenen aus Pensionszusagen, dient und dem Verein zu diesem Zweck übertragen wurde, sowie alle Surrogate dieses Vermögens. Der Kläger verfolgt gem. § 2 Nr. 2 seiner Satzung keine Erwerbsinteressen. Er wird unentgeltlich tätig. Über das Vermögen der AG wurde im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach Aufforderung durch das FA reichte der Kläger Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 (Streitjahre) ein. Er erklärte darin - entgegen seiner eigenen Rechtsauffassung - Einkünfte aus Kapitalvermögen, wobei er eine Kürzung gem. § 8b Abs. 1 KStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung vornahm sowie - wegen fehlender Betriebsausgaben - eine Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG unterließ. Das FA setzte die Körperschaftsteuer für die Streitjahre fest. Dabei nahm es jeweils eine Hinzurechnung gem. § 8b Abs. 5 KStG vor.

Der BFH hat entschieden, dass bei der sog. doppelten Treuhand (auch) nach Eintritt des Sicherungsfalles ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO vorliegen kann.

Der Kläger ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG als rechtsfähiger Verein mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Nach den Feststellungen des FG ist er nicht gem. § 5 KStG von der Steuer befreit. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche Einkünfte (§ 1 Abs. 2 KStG). Da der Kläger als sonstige juristische Person des privaten Rechts nicht § 1 Abs. 1 Nr. 1 - 3 KStG unterfällt, sind nicht alle von ihm erzielten Einkünfte gem. § 8 Abs. 2 KStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln; vielmehr kann er wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat auch Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung erzielen. Der Ansatz der Dividenden als (Betriebs-)Einnahmen setzt voraus, dass jene Einnahmen dem Kläger steuerrechtlich zuzurechnen sind. Die persönliche Zurechnung von Dividenden richtet sich für die Streitjahre nach § 20 Abs. 5 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG.

Anteilseigner i. S. d. § 20 Abs. 5 Satz 1 EStG ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an dem Kapitalvermögen i. S. des Abs. 1 Nr. 1 im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind. Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen, damit dem zivilrechtlichen Eigentümer oder Inhaber des Wirtschaftsguts. Abweichend davon bestimmt allerdings § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind; dies setzt im konkreten Einzelfall ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis voraus. Dies war in Bezug auf die in Rede stehenden Aktien in den Streitjahren der Fall. Im Streitfall liegt auch nach Eintritt des Sicherungsfalles (§ 5 Ziff. 3 Bst. c des Treuhandvertrages) ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO vor. Der von der Vorinstanz für rechtmäßig erachtete Ansatz der sonstigen Kapitalforderungen als (Betriebs-)Einnahmen setzt voraus, dass jene Einnahmen dem Kläger steuerrechtlich zuzurechnen sind. Die persönliche Zurechnung von sonstigen Kapitalforderungen kommt aber nur in Betracht, wenn der Kläger Inhaber der auf einen Geldbetrag gerichteten Forderungen ist. Eine Zurechnung von Einkünften scheidet dabei aus, wenn die bezogenen Erträge weitergeleitet werden müssen, ohne dass rechtlich in irgendeiner Weise auf die Verwaltung des Vermögens Einfluss genommen werden kann. Dies ist hier der Fall.
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Bilanzsteuerrecht

Rücklage für Ersatzbeschaffung – Verlängerung der Reinvestitionsfristen
Das BMF hat R 6.6 EStR in Bezug auf die vorübergehende Verlängerung der Reinvestitionsfristen bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung angepasst.

BMF v. 20.09.2022

Hinweis
Die in R 6.6 Abs. 4 S. 3 - 6, Abs. 5 S. 5 u. 6 sowie Abs. 7 S. 3 u. 4 EStR geregelten Fristen für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur bei Beschädigung nach Bildung einer Rücklage nach R 6.6 Abs. 4 EStR verlängern sich jeweils um drei Jahre, wenn die Rücklage ansonsten am Schluss des nach dem 29.02.2020 und vor dem 01.01.2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre. Die genannten Fristen verlängern sich um zwei Jahre, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31.12.2020 und vor dem 01.01.2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre. Sie verlängern sich um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31.12.2021 und vor dem 01.01.2023 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.
 

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