Rechtsprechung KW 45 - 2021

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-Schenkungsteuer

Keine Erbschaftsteuerpause
Die Regelungen des ErbStG i. d. F. des WBG 2009 betreffend den Erwerb von Privatvermögen und den Steuersatz sind über den 30.06.2016 hinaus weiter anwendbar.

BFH v. 06.05.2021, II R 1/19

Hinweis
Das BVerfG hatte entschieden, dass § 13a ErbStG und § 13b ErbStG i. d. F. des Erbschaftsteuerreformgesetzes mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind.

Im Urteilsfall trat der Erbfall für die Klägerin am 28.09.2016 ein. An diesem Tag verstarb ihre Tante, die ihr ausschließlich Privatvermögen vererbte. Zu diesem Zeitpunkt war das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Erbschaftsteuerrechts noch nicht abgeschlossen. Deswegen vertrat die Klägerin die Auffassung, ihr Erwerb unterliege nicht der Erbschaftsteuer, die Rückwirkung der Neuregelung sei unzulässig und die Neuregelung damit verfassungswidrig.

Der BFH hat entschieden, dass auch Erbfälle ab dem 01.07.2016 der Erbschaftsteuer unterliegen.

Da das BVerfG festgelegt hatte, das bisherige Recht sei bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar, sei die Festsetzung der Erbschaftsteuer für das erworbene Privatvermögen auf Grundlage der bestehenden Bestimmungen rechtmäßig gewesen. Der Gesetzgeber habe lediglich die Besteuerung des Erwerbs von Betriebsvermögen neu geregelt. Nicht geändert hätten sich die Regelungen zum Erwerb von Privatvermögen - wie im Fall der Klägerin. Deshalb konnte der BFH auch offen lassen, ob die 2016 geänderten großzügigen Regelungen zum Erwerb von Betriebsvermögen verfassungskonform sind. Sie spielten im Streitfall keine Rolle.


Erbschaftsteuerrechtliche Behandlung der Anwachsung eines KG-Anteils bei übersteigendem Abfindungsanspruch
Ist der Abfindungsanspruch, der aufgrund des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer KG bei dessen Tod gegen die Gesellschaft entsteht, höher als der Wert des auf den fortsetzenden Gesellschafter übergegangenen Anteils der KG, wird kein negativer Wert des Erwerbs als Schenkung auf den Todesfall bei dem fortsetzenden Gesellschafter berücksichtigt.

Dies gilt auch für den Fall, dass der fortsetzende Gesellschafter zugleich Erbe des ausgeschiedenen Gesellschafters ist.

BFH v. 08.06.2021, II R 2/19

Hinweis
Als Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt u. a. der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 BGB). Als vom Erblasser zugewendet gilt gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG auch, was als Abfindung anstelle eines in Absatz 1 genannten Erwerbs gewährt wird. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG gilt als Schenkung auf den Todesfall auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Todes nach § 12 ErbStG ergibt, Abfindungsansprüche Dritter übersteigt.

Der Kläger ist neben seinen Geschwistern zu einem Viertel Miterbe nach seiner verstorbenen Mutter. Die Mutter und die vier Kinder waren als Kommanditisten zu jeweils 20 % an einer KG beteiligt.

Entsprechend den Regelungen im Gesellschaftsvertrag wurde die KG von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt und ein Abfindungsanspruch der Erben als feste Kapitalrücklage bilanziert. Der Steuerwert des auf den Kläger als Mitgesellschafter übergegangenen Kommanditanteils war niedriger als der auf ihn entfallende Abfindungsanspruch. Das Finanzamt berücksichtigte den Kommanditanteil im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung daher nicht. Der Kläger begehrte demgegenüber den Ansatz eines negativen Erwerbs. Der Abfindungsanspruch, der ihm als Erben als Erwerb von Todes wegen zugerechnet werde, sei korrespondierend auch in voller Höhe abzuziehen.

Der BFH hat entschieden, dass kein negativer Wert des Erwerbs als Schenkung auf den Todesfall bei dem fortsetzenden Gesellschafter zu berücksichtigen ist.

Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG ist eindeutig. Er spricht nicht von einer Differenz zwischen dem Anteilswert am Todestag und den Abfindungsansprüchen Dritter, sondern bringt mit der Formulierung „übersteigen“ zum Ausdruck, dass nur ein positiver Wert des Erwerbs steuerbar sein soll. Nach diesen Maßstäben ist die Berücksichtigung eines negativen Erwerbs im Rahmen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG nicht möglich. Es fehlt an einer Regelungslücke. Dem Zweck der Vorschrift entspricht es, ihre Anwendung auf die Fälle zu beschränken, in denen eine objektive Bereicherung vorliegt. Eine teleologische Extension auf einen von ihrem Wortlaut nicht erfassten Sachverhalt, namentlich eine objektive Entreicherung, ist nicht vorzunehmen. Für eine unterschiedliche Behandlung des Erwerbs je nachdem, ob jemand „nur“ als Gesellschafter nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG erwirbt oder zugleich Erbe des ausscheidenden Gesellschafters ist, gibt es keine Grundlage.
 

1.2.Internationales Steuerrecht

Beschränkte Steuerpflicht für Zinsen aus Wandelanleihen
Zinsen aus Wandelanleihen führen gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 Bst. a EStG zu beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften. Dies gilt auch dann, wenn sie in Form von Teilschuldverschreibungen ausgegeben worden sind. Die tatbestandlichen Ausnahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Bst. c Dbst. aa S. 2 EStG finden auf Wandelanleihen keine Anwendung.

BFH v. 13.07.2021, I R 6/18

Hinweis
Gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Bst. a EStG gehören zu den beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften u. a. Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 (mit Ausnahme der Erträge aus Investmentanteilen), 2, 4, 6 u. 9 EStG, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat. Nach Hs. 2 dieser Vorschrift gilt „dies“ auch für Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Bst. c EStG regelt dagegen die beschränkte Steuerpflicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 5 u. 7 EStG. Für diese Einkünfte ist der erforderliche Inlandsbezug gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Bst. c Dbst. aa EStG erfüllt, wenn das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz, durch inländische Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert ist. Satz 2 dieser Vorschrift sieht eine Ausnahme u. a. für Zinsen aus Anleihen und Forderungen vor, über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind.

Die Beteiligten streiten darüber, ob Zinserträge eines ausländischen Anteilseigners aus Wandelanleihen, über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben worden sind, in den Streitjahren (2012 und 2013) der beschränkten Steuerpflicht unterlagen und damit zu Kapitalertragsteuer führten. In den Streitjahren erzielte die nicht unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin Zinserträge aus Wandelanleihen. Emittentin der Anleihe und Schuldnerin der Kapitalerträge war die im Inland ansässige Beigeladene. Bei der Auszahlung der Zinsen an die Klägerin hatte die Beigeladene keine Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt.

Das beklagte FA erließ daraufhin einen Bescheid, mit dem es die Beigeladene für die Kapitalertragsteuer in Haftung nahm. Dagegen richtete sich die Klage der Anlegerin. Sie machte geltend, dass die Zinsen keine inländischen Kapitaleinkünfte seien. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beigeladene ihr die Zinsen ohne Einbehalt von Kapitalertragsteuer ausgezahlt habe.

Der BFH hat entschieden, dass Zinsen aus Wandelanleihen zu beschränkt steuerpflichtigen Einkünften führen.

Da die Klägerin als Inhaberin der Wandelanleihen nicht in Deutschland ansässig ist, setzt die Verpflichtung zum Einbehalt und zur Abführung der Kapitalertragsteuer zusätzlich voraus, dass die Zinsen zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften i. S. d. § 49 EStG gehören. Die hierfür maßgeblichen Kriterien sind bei Zinsen aus Wandelanleihen stark umstritten, vom FG aber zu Recht unter ausschließlicher Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Bst. a EStG bejaht worden. Die beschränkte Steuerpflicht für Erträge aus Wandelanleihen ergibt sich ausschließlich aus § 49 Abs. 1 Nr. 5 Bst. a EStG, so dass die Ausnahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Bst. c Dbst. aa S. 2 EStG (einschließlich der Ausnahme für Teilschuldverschreibungen) auf Wandelanleihen keine Anwendung finden. Dieses Ergebnis folgt bereits aus dem Wortlaut der zugrundeliegenden Normen und wird durch eine teleologisch-historische und systematische Auslegung bestätigt. Die Klägerin kann sich deshalb auch nicht auf einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des GG) und den Grundsatz der Normenklarheit berufen.
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Körperschaftsteuer

Einführungsschreiben zum sog. Optionsmodell nach § 1a KStG
Das BMF hat das finale Schreiben zu § 1a KStG veröffentlicht.

BMF v. 10.11.2021

Durch das sog. KöMoG wurde u.a. § 1a KStG eingeführt, der Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften die Möglichkeit einräumt, zur Körperschaftsbesteuerung zu optieren.
 
 

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