Rechtsprechung KW 02 - 2021

1.Rechtsprechung

1.1.Sonstiges

Erweiterte Kürzung bei Mitvermietung eines zur Nutzung einer Dienstbarkeit angemieteten Gebäudeteils
Die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes verstößt nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist und nur einen geringfügigen Umfang hat.

Ein Untererbbaurecht einschließlich des vom Untererbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist „eigener Grundbesitz“ des Untererbbauberechtigten i. S. d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG.

Ist an einem Grundstück eine Grunddienstbarkeit bestellt, ist die Dienstbarkeit für Zwecke des § 9 Nr. 1 GewStG dem Grundbesitz zuzuordnen, zu dem das herrschende Grundstück gehört.

BFH v. 22.10.2020, IV R 4/19

Hinweis:
Nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache Kürzung). An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung).

Zum Vermögen der Klägerin gehörten verschiedene Grundstücke, die an Dritte vermietet wurden. Im Streitfall ging es um die Überlassung eines eigenen Grundstücks (Flurstück 1) und eines Teils des Nachbargrundstücks (Flurstück 2). Die Grundstücke waren mit Erbbaurechten und diese mit Untererbbaurechten belastet. Untererbbauberechtigte des Flurstücks 1 waren die Klägerin, Untererbbauberechtigte des Flurstücks 2 eine KG. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Teilfläche des Flurstücks 2 bestand eine Grunddienstbarkeit über ein ausschließliches Geh- und Fahrtrecht zugunsten der Klägerin. Daneben bestand eine schuldrechtliche Abrede, wonach bei Nutzung der auf der Teilfläche errichteten Halle zur Warenannahme (Lieferschlauch) ein Entgelt geschuldet wurde. Die Klägerin vermietete beide Flurstücke in einem einheitlichen Mietvertrag an eine GmbH und zahlte ein Nutzungsentgelt an die KG. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung versagte das Finanzamt die beantragte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags.

Der BFH hat entschieden, dass die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG verstößt, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist und nur einen geringfügigen Umfang hat.

Ein Erbbaurecht einschließlich des vom Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist „eigener Grundbesitz“ i. S. d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Das Erbbaurecht ist als dingliches Recht bürgerlich-rechtlich dem Grundstück gleichgestellt. Ist an einem Grundstück eine Grunddienstbarkeit bestellt, ist die Dienstbarkeit für Zwecke des § 9 Nr. 1 GewStG dem Grundbesitz zuzuordnen, zu dem das herrschende Grundstück gehört. Die von § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bedeutet, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss.

Nebentätigkeiten liegen aber dann noch innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können.


Grunderwerbsteuerbefreiung und Schenkungsauflage – Grenzen der Steuerbefreiung durch Zusammenschau
Wendet ein Schenker ein Grundstück zunächst einem Erstbeschenkten zu, mit der Auflage, das Grundstück an einen Dritten zu übertragen, sind beide Rechtsgeschäfte schenkungsteuerrechtlich selbständig zu beurteilen.

Die Zusammenschau von Befreiungsvorschriften auf Grundlage fiktiver Gestaltungen findet nicht statt.

BFH v. 25.08.2020, II R 30/18

Hinweis:
Nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG sind von der Besteuerung ausgenommen u. a. Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes.

Die Beteiligten streiten sich über die Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach einer Erbauseinandersetzung. B und C schenkten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihren Söhnen D und E die Kommanditanteile der A-KG und die Anteile der Komplementärin (A-GmbH). D und E verpflichteten sich wechselseitig und gegenüber ihren Eltern, sich zeitnah nach der Schenkung in der Weise auseinanderzusetzen, dass fünf Grundstücke der A KG in eine GmbH & Co. KG unter der Firma F KG eingebracht werden, deren alleiniger Kommanditist D sein sollte, und die übrigen acht Grundstücke (sieben wirtschaftliche Einheiten) in eine GmbH & Co. KG unter der Firma G KG, deren alleiniger Kommanditist E sein sollte, eingebracht werden. D übertrug seinen Kommanditanteil an der F-KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die D KG, deren alleiniger Kommanditist er wurde. E übertrug seinen Kommanditanteil an der F KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die Klägerin, deren alleiniger Kommanditist er wurde. An der F KG waren somit die D KG mit 56,6 % und die Klägerin mit 43,4 % beteiligt. In einer darauf folgenden Urkunde beendeten die D KG und die Klägerin die F KG und schlossen einen „Auseinandersetzungs- und Einbringungsvertrag“, um die Abwicklung im Wege der Realteilung vorzunehmen. Die im Gesellschaftsvermögen der F KG befindlichen Grundstücke wurden entsprechend den Beteiligungsverhältnissen auf die D KG und die Klägerin übertragen. Die Klägerin erhielt die sieben wirtschaftlichen Einheiten, die nach dem Schenkungsvertrag für die Gesellschaft des E vorgesehen waren. Gegenüber der Klägerin wurde Grunderwerbsteuer festgesetzt.

Der BFH hat entschieden, dass beide Rechtsgeschäfte schenkungsteuerlich selbständig zu beurteilen sind, wenn ein Grundstück zunächst einem Erstbeschenkten mit der Auflage, das Grundstück an einen Dritten zu übertragen, zugewendet wird.

Die Übertragung der Grundstücke von der F KG auf die Klägerin ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbar. Steuerfrei ist sie allein hinsichtlich eines Anteils von 43,4 % nach § 6 Abs. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 GrEStG. Hinsichtlich des verbleibenden und allein noch streitigen Anteils von 56,6 % ist der Vorgang steuerpflichtig. Ein Befreiungstatbestand greift nicht ein.
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Einkommensteuer

Kein doppelter Corona-Bonus
Mit FAQ v. 28.12.2020 hat das BMF zu den steuerlichen Erleichterungen zur Entlastung der durch die Corona-Krise betroffenen Steuerpflichtigen Stellung genommen.

FAQ v. 28.12.2020

Nach § 3 Nr. 11a EStG können Arbeitgeber ihren Beschäftigten in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 30.6.2021 Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 € steuerfrei auszahlen. Voraussetzung der vorgenannten Regelung ist, dass die Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Die Beihilfe oder Unterstützung kann insgesamt nur einmal innerhalb dieses Zeitraums gewährt werden. Die Fristverlängerung in § 3 Nr. 11a EStG in der Fassung des JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl 2020 Teil I S. 3096 führt nicht dazu, dass im ersten Halbjahr 2021 nochmals 1.500 € steuerfrei zusätzlich zu einem im Jahr 2020 steuerfrei gewährten Betrag von 1.500 € ausgezahlt werden könnte. Lediglich der Zeitraum für die Gewährung des Betrages wird gestreckt.


Einzelfragen zu § 35c EStG
Das BMF hat zur steuerlichen Förderung energetischer Maßnahmen an zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden Stellung genommen.

BMF-Schreiben v. 14.01.2021

Für energetische Maßnahmen an einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum belegenen zu eigenen Wohnzwecken genutzten eigenen Gebäude (begünstigtes Objekt) ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr um je 7 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um je 14.000 € und im übernächsten Kalenderjahr um 6 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 12.000 € für das begünstigte Objekt. Voraussetzung ist, dass das begünstigte Objekt bei der Durchführung der energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre ist; maßgebend hierfür ist der Beginn der Herstellung (§ 35c Abs. 1 S. 1 EStG).

Mit Schreiben v. 14.01.2021 hat das BMF zur steuerlichen Förderung energetischer Maßnahmen an zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden ausführlich Stellung genommen.
 

2.2.Bilanzsteuerrecht

Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 6.6 EStR); Vorübergehende Verlängerung der Reinvestitionsfristen
Das BMF hat zur Reinvestitionsfrist bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung Stellung genommen.

BMF v. 13.01.2021

Die in R 6.6 Abs. 4 S. 3 - 6, Abs. 5 S. 5 u. 6 sowie Abs. 7 S. 3 u. 4 EStR geregelten Fristen für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur bei Beschädigung verlängern sich jeweils um ein Jahr, wenn die genannten Fristen ansonsten in einem nach dem 29.02.2020 und vor dem 01.01.2021 endenden Wirtschaftsjahr ablaufen würden.
 
 

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