Rechtsprechung KW 46 - 2020

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Bestimmung des Werts eines Anteils an einer Personengesellschaft für Zwecke der Erbschaftsteuer
§ 97 Abs. 1a BewG enthält Vorgaben zur Ermittlung des gemeinen Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft durch Aufteilung des gemeinen Werts des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens.

Die Vorgaben des in § 97 Abs. 1a BewG enthaltenen Aufteilungsschemas sind auch dann zu beachten, wenn im Einzelfall der danach ermittelte Wert des Anteils von dem gemeinen Wert abweicht.

Der Steuerpflichtige kann einen niedrigeren gemeinen Wert des Anteils durch einen zeitnahen Verkauf oder ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen. In einem solchen Fall ist eine Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG nicht vorzunehmen.

BFH v. 17.06.2020, II R 43/17

Hinweis:
Nach § 97 Abs. 1a BewG ist der gemeine Wert eines Anteils am Betriebsvermögen einer in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BewG genannten Personengesellschaft wie folgt zu ermitteln und aufzuteilen:

1. Der nach § 109 Abs. 2 BewG ermittelte gemeine Wert des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens (Gesamthandsvermögen) ist wie folgt aufzuteilen:

a) die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz sind dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen;

b) der verbleibende Wert ist nach dem für die Gesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.

2. Für die Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters ist der gemeine Wert zu ermitteln. Er ist dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnen.

3. Der Wert des Anteils eines Gesellschafters ergibt sich als Summe aus dem Anteil am Gesamthandsvermögen nach Nr. 1 und dem Wert des Sonderbetriebsvermögens nach Nr. 2.

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres Bruders. Dieser war Kommanditist einer KG. Die Gesellschafter der KG beschlossen Ende 2012 die Auflösung der Gesellschaft, Diese wurde am Ende Januar 2013 in das Handelsregister eingetragen. Der Bruder verstarb im Mai 2014. In der Feststellungserklärung zur Festsetzung der Erbschaftsteuer gab die Klägerin einen negativen gemeinen Wert des von ihr erworbenen Anteils an. Zu diesem gelangte sie, indem sie das positive Kapitalkonto des Erblassers mit den negativen Kapitalkonten der anderen Kommanditisten zusammenrechnete. Das FA dagegen ließ eine Saldierung nicht zu.

Der BFH hat entschieden, dass ein niedrigerer gemeiner Wert des Anteils durch einen zeitnahen Verkauf oder ein Gutachten nachgewiesen werden kann. In einem solchen Fall ist eine Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG nicht vorzunehmen.

Die Vorgaben des in § 97 Abs. 1a BewG enthaltenen Aufteilungsschemas sind auch dann zu beachten, wenn im Einzelfall der danach ermittelte Wert des Anteils von dem gemeinen Wert abweicht. Dies ist aufgrund der typisierenden Bewertungsmethoden hinzunehmen.

Ist der Steuerpflichtige der Auffassung, der gemeine Wert des Anteils an der KG fällt zu seinen Gunsten niedriger aus, als sich aus der schematischen Aufteilung des § 97 Abs. 1a BewG ergibt, kann er einen niedrigeren gemeinen Wert aus einem zeitnahen Verkauf ableiten oder – sollte ein zeitnaher Verkauf nicht vorliegen – durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen, der den Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt. In einem solchen Fall ist eine Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG nicht vorzunehmen.
 

1.2.Einkommensteuer

Keine Begünstigung nach § 35a Abs. 2 EStG für die Reinigung einer öffentlichen Straße (Fahrbahn) – Keine Begünstigung nach § 35a Abs. 3 EStG für in der Werkstatt des Handwerkers erbrachte Arbeiten
Die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße ist – anders als die Reinigung des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus – nicht als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 EStG begünstigt.

Soweit Arbeiten in der Werkstatt eines Handwerkers erbracht werden, sind die darauf entfallenden Lohnkosten nicht nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt.

BFH v. 13.05.2020, VI R 4/18

Hinweis:
Nach § 35a Abs. 2 S. 1 Alt. 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 S. 2 EStG sind. Gem. § 35a Abs. 4 S. 1 EStG muss die Dienstleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.

Die Klägerin hatte die Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer nach § 35a EStG bei Aufwendungen für die Straßenreinigung als haushaltsnahe Dienstleistungen sowie für Tischlerarbeiten als Handwerkerleistungen beantragt. Die Straßenreinigung wurde von der Kommune als öffentliche Aufgabe für die Anlieger durchgeführt. Die Kosten hierfür hatten die Anlieger anteilig zu tragen. Gegenstand der Tischlerarbeiten war die Reparatur eines Hoftores, welches ausgebaut, in der Tischlerwerkstatt in Stand gesetzt und anschließend wieder auf dem Grundstück der Klägerin eingebaut worden war.

Der BFH hat entschieden, dass die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße nicht als haushaltsnahe Dienstleistung und Handwerkerleistungen, die in einer Werkstatt erbracht werden, nicht nach § 35a EStG begünstigt sind.

Anders als zuvor das Finanzgericht bestätigte der BFH die ablehnende Rechtsauffassung des Finanzamts. Die Tarifermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und ebenso für Handwerkerleistungen setze voraus, dass diese im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt oder erbracht werden. Eine haushaltsnahe Dienstleistung erfordere eine Tätigkeit, die üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht, in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werde und dem Haushalt diene. Dies sei, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung, für die Reinigung eines Gehweges noch zu bejahen. Die Reinigung der Fahrbahn einer Straße könne aber nicht mehr als hauswirtschaftliche Verrichtung angesehen werden, die den geforderten engen Haushaltsbezug aufweise.
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Körperschaftsteuer

Einkommenserhöhung durch eine verdeckte Einlage bei Nichtberücksichtigung einer vGA
Das BMF hat zur Anwendung des BFH-Urteils v 13.06.2018, I R 94/15 Stellung genommen. Es lehnt eine Anwendung des 2. Leitsatzes über den entschiedenen Einzelfall hinaus ab.

BMF v. 18.11.2020
Nach § 8 Abs. 3 S. 5 KStG erhöht eine verdeckte Einlage, die auf einer vGA einer dem Gesellschafter nahestehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, das Einkommen, es sei denn, die vGA hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert.

Der BFH hat im Urteil vom 13.06.2018, I R 94/15, entschieden, dass keine Nichtberücksichtigung i. S. von § 8 Abs. 3 S. 5 KStG vorliegt, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Veranlagung des Gesellschafters zwar nicht erfasst worden ist, jedoch nach Maßgabe von § 8b Abs. 1 KStG ohnehin hätte außer Ansatz bleiben müssen.

Nach dem Ergebnis einer Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist diese Auslegung des § 8 Abs. 3 S. 5 KStG über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht allgemein anzuwenden.

Entgegen der vorgenannten Entscheidung i ist eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der Besteuerung eines Gesellschafters als nicht berücksichtigt anzusehen, wenn sie im Rahmen seiner Veranlagung bei der Einkommensermittlung tatsächlich nicht angesetzt worden ist. Bei dieser Prüfung hat unberücksichtigt zu bleiben, ob diese verdeckte Gewinnausschüttung in einem folgenden Schritt unter den Voraussetzungen des § 8b Abs. 1 KStG freigestellt werden würde. Eine rein hypothetische Erfassung und Steuerfreistellung der verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8b Abs. 1 KStG erfüllt das Tatbestandsmerkmal der Nichtberücksichtigung i. S. v. § 8 Abs. 3 S. 5 Hs. 1.
 

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