Rechtsprechung KW 03-2017

1. Umsatzsteuer

Steuerfreie Übernahme von Verbindlichkeiten


Verpflichtet sich der Unternehmer gegen Entgelt, ein Mietverhältnis einzugehen, ist die Leistung nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei.

BFH  v. 30.11.2016, V R 18/16

Hinweis:

Die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze ist gem. § 4 Nr. 8 Bst. g UStG steuerfrei.

Eine KG war Eigentümer eines mit einem Gewerbegebäude bebauten Grundstücks, das zum Teil vermietet war und im Übrigen leer stand. Die KG beabsichtigte das Grundstück zu veräußern. Der Kaufinteressent wollte das Objekt nur unter der Bedingung erwerben, dass ein bestimmter Anteil der Leerstandsfläche zusätzlich für einen Zeitraum von fünf Jahren vermietet wurde. Die KG und die Klägerin – eine Immobilienverwaltungsgesellschaft – vereinbarten daher, dass die Klägerin unmittelbar gegnüber dem Käufer des Grundstücks Mietverpflichtungen übernehmen sollte. Für die Übernahme der Mietverpflichtung erhielt die Klägerin von der KG eine einmalige Vergütung. Strittig war die umsatzsteuerliche Behandlung der Zahlung für die Übernahme der Mietverpflichtung.

Der BFH hat entschieden, dass das Entgelt für die Übernahme der Mietverpflichtung umsatzsteuerfrei ist.

Der steuerbare Verzicht auf eine Mietgarantie ist steuerfrei, wenn die Einräumung der Mietgarantie gem. § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei wäre. Verpflichtet sich der Unternehmer gegen Entgelt, als Mieter ein Mietverhältnis einzugehen, ist die Leistung ebenfalls nach
§ 4 Nr. 8 Bst. g UStG steuerfrei. Es ist nicht danach zu differenzieren, ob die Klägerin die Verpflichtungen aus einem bereits zuvor abgeschlossenen Mietvertrag von einem Mieter übernimmt oder sich selbst unmittelbar zum Eingehen eines Mietverhältnisses verpflichtet. Die Leistung der Klägerin ist daher ebenso steuerfrei, wie wenn der Grundstückseigentümer den Mietvertrag zunächst mit einem Dritten geschlossen hätte und sich die Klägerin zur Vertragsübernahme gegen Entgelt verpflichtet hätte.




2. Einkommensteuer

Keine Steuerermäßigung für vertragsgemäße Kapitalauszahlung aus einem Pensionsfonds der betrieblichen Altersversorgung

Die einmalige Kapitalabfindung laufender Ansprüche gegen eine der betrieblichen Altersversorgung dienende Pensionskasse unterliegt jedenfalls dann dem regulären Einkommensteuertarif, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war. Es handelt sich nicht um ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte.

Die volle Einkommensteuerpflicht von Leistungen aus Pensionskassen nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG tritt schon dann ein, wenn die früheren Beitragszahlungen tatsächlich nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei gestellt waren. Ob die Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG bei materiell-rechtlich zutreffender Betrachtung objektiv vorgelegen haben, ist für die Steuerpflicht der Leistungen ohne Belang.

BFH v. 20.09.2016, X R 23/15

Hinweis:

Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach der sog. Fünftelregelung zu berechnen, § 34 Abs. 1 S. 1 EStG. Gem.
§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gehören Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten zu den außerordentlichen Einkünften. Mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin aufgrund einer Entgeltumwandlung Ansprüche gegen eine Pensionskasse erworben. Der entsprechende Vertrag sah vor, dass die Versicherten anstelle der Rente eine Kapitalabfindung wählen konnten. Hiervon machte die Klägerin mit ihrem Ruhestandseintritt Gebrauch. Da die Beitragszahlungen nach § 3 Nr. 63 EStG als steuerfrei behandelt worden waren, hatte die Klägerin die Kapitalabfindung zu versteuern. Diese grundsätzliche Steuerpflicht stand nicht im Streit. Die Klägerin begehrte aber die Anwendung des in § 34 EStG vorgesehenen ermäßigten Steuersatzes, weil es sich um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten handele.

Der BFH hat entschieden, dass die einmalige Kapitalabfindung dem regulären Einkommensteuertarif unterliegt.

Die Anwendung der Steuerermäßigung des § 34 EStG setzt stets voraus, dass die begünstigten Einkünfte als „außerordentlich“ anzusehen sind. Die Zusammenballung von Einkünften darf daher nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkunftserzielung entsprechen. Vorliegend war die Zahlung der Kapitalabfindung aber nicht atypisch, sondern vertragsgemäß, weil den Versicherten schon im ursprünglichen Vertrag ein entsprechendes Wahlrecht eingeräumt worden war.

Ohne dass dies im Streitfall entscheidungserheblich war, hat der BFH schließlich Zweifel geäußert, ob Verträge, die von Anfang an ein Kapitalwahlrecht vorsehen, überhaupt nach § 3 Nr. 63 EStG in seiner ab 01.01.2005 geltenden Fassung durch Steuerbefreiung der entsprechenden Einzahlungen gefördert werden können.

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