Auswertung Aufsätze 02 - 2021

1.Verfahrensrecht

1.1.NWB

Verlängerung der Steuererklärungsfrist für 2019 in beratenen Fällen - Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung
Baum, NWB 07/2021, S. 472
Anmerkung:
Die in § 149 Abs. 3 Nr. 1 bis 7 AO genannten und von Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellten Steuer- und Feststellungserklärungen (insbesondere Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen) sind grds. bis Ende Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben (§ 149 Abs. 3 Alt.1 AO). Für beratene Steuerpflichtige, die ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, gilt eine abweichende Frist (§ 149 Abs. 3 Alt. 2 AO).

Mit dem Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung wurde die Steuererklärungsfrist und die zinsfreie Karenzzeit in beratenen Fällen für den Veranlagungszeitraum 2019 verlängert. Im Detail wurden folgende Änderungen vorgenommen:
  • die regulär mit Ablauf des Monats Februar 2021 endende Steuererklärungsfrist nach § 149 Abs. 3 Alt. 1 AO (= beratene Steuerpflichtige; Regelfall) wurde um sechs Monate verlängert;
  • die regulär mit Ablauf des Monats Juli 2021 endende Steuererklärungsfrist nach § 149 Abs. 3 Alt. 2 AO (= beratene Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr) wurde um fünf Monate verlängert;
  • die (regulär 15- oder 23-monatige) zinsfreie Karenzzeit des § 233a Abs. 2 AO für den Besteuerungszeitraum 2019 wurde zugleich um sechs Monate (Regelfall) bzw. fünf Monate (= Land- und Forstwirte) verlängert.
  •  
Auslegung von Vorläufigkeitsvermerken in Änderungsbescheiden - Anmerkungen zum BFH-Urteil v. 16.06.2020 - VIII R 12/17
Rubaker, NWB 08/2021, S. 557
Anmerkung:
Nach § 165 Abs. 2 S. 1 AO kann die Finanzbehörde Steuerfestsetzungen aufheben oder ändern, soweit sie die Steuer vorläufig festgesetzt hat. Die Voraussetzungen einer vorläufigen Steuerfestsetzung sind in § 165 Abs. 1 AO geregelt. Danach kommt eine vorläufige Steuerfestsetzung in Betracht, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind (§ 165 Abs. 1 S. 1 AO), oder wenn einer der in § 165 Abs. 1 S. 2 AO geregelten Tatbestände vorliegt.

Mit Urteil v. 16.06.2020, VIII R 12/17, BStBl. 2020 II S. 702 hat der BFH zur Bezeichnung von Umfang und Grund der Vorläufigkeit in Änderungsbescheiden sowie zur Auslegung des Vorläufigkeitsvermerks entschieden.
  • Ein in einem Änderungsbescheid enthaltener Vorläufigkeitsvermerk, der an die Stelle des bereits im Vorgängerbescheid enthaltenen Vorläufigkeitsvermerks tritt, bestimmt den Umfang der Vorläufigkeit neu und regelt abschließend, inwieweit die Steuer nunmehr vorläufig festgesetzt ist, wenn für den Steuerpflichtigen nach seinem objektiven Verständnishorizont nicht erkennbar ist, dass der ursprüngliche Vorläufigkeitsvermerk trotz der Änderung wirksam bleiben soll.
Der Verfasser empfiehlt, dass unabhängig von der materiell-rechtlichen Prüfung einer vermeintlich fehlenden Gewinn-/ oder Einkünfteerzielungsabsicht Änderungsbescheide unbedingt auch in formeller Hinsicht geprüft werden sollten. Wie sich in diesem und auch in früheren Streitfällen herausgestellt habe, sei nicht jeder Änderungsbescheid rechtmäßig nach § 165 Abs. 2 AO ergangen. Insbesondere, wenn in der Zwischenzeit ein oder mehrere Änderungsbescheide für das betroffene Jahr ergingen, bevor vom Finanzamt über die Gewinn- oder Einkünfteerzielungsabsicht entschieden werden könne, erhöhe sich aus Sicht des Finanzamts das Risiko, dass sich ein Fehler einschleicht und die Vorläufigkeit nicht mehr in dem Umfang bestehe, in dem sie bestehen sollte.

 

2.Umsatzsteuer

2.1.NWB

Steuerfreie Vermietung an Pauschallandwirte - Finanzverwaltung passt UStAE mit BMF-Schreiben v. 06.11.2020 an BFH-Rechtsprechung an
Becker, NWB 05/2021, S. 336
Anmerkung:
Nach § 9 Abs. 2 S. 1 UStG ist allerdings der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken i. S. v. § 4 Nr. 12 S. 1 Bst. a UStG nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Mit Urteil v. 01.03.2018, V R 35/17, BStBl. 2020 II S. 749 hat der BFH zum Verzicht auf die Steuerfreiheit bei Vermietung an Pauschallandwirte entschieden.
  • Verpachtet ein Unternehmer ein Grundstück an einen Landwirt, der seine Umsätze gemäß § 24 Abs. 1 UStG nach Durchschnittssätzen versteuert, kann der Verpächter nicht auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach § 9 Abs. 2 S. 1 UStG verzichten (entgegen Abschn. 9.2 Abs. 2 UStAE).
Mit BMF-Schreiben v. 06.11.2020, BStBl. 2020 I S. 1202 hat die Finanzverwaltung zur BFH-Rechtsprechung Stellung genommen und Abschn. 9.2 UStAE entsprechend angepasst. Der Verzicht nach § 9 Abs. 2 UStG ist nun davon abhängig, dass der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG nicht ausschließen. Die Verfasserin zeigt die Folgen der geänderten Beurteilung auf:
  • Wurde bislang für die Vermietung optiert, kann diese Option zumindest ab 01.01.2020 ins Leere greifen, sodass die Vermietung zwingend steuerfrei erfolgen muss. Inwieweit die Option tatsächlich unwirksam ist, ist von der konkreten Nutzung durch den Pauschallandwirt abhängig. Nutzt dieser das Mietobjekt ohne räumliche Trennung zu mindestens 5 % für pauschalbesteuerte Umsätze, scheitert die Option vollumfänglich. Bei räumlich getrennter Nutzung wäre hingegen eine wirksame Teiloption denkbar.
  • Bei unwirksamer Option schuldet der Vermieter eine in einer Rechnung oder dem Mietvertrag gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c UStG. Rechnungen bzw. Verträge sind anzupassen bzw. zu berichtigen. Daneben ist der Vorsteuerabzug auf Eingangsleistungen ausgeschlossen, was zu Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG führen kann. Je nach Vertragsgestaltung kann es für den Mieter zu Schadensersatzpflichten aufgrund eines Vorsteuerschadens beim Vermieter kommen. Für laufend geltend gemachte Vorsteuern ist für das Jahr 2020 eine Änderung der Umsatzsteuervoranmeldungen erforderlich.
  • In Einzelfällen kann eine Option zur Regelbesteuerung beim Land- und Forstwirt in Erwägung gezogen werden, um einen wirksamen Verzicht auf die Steuerbefreiung zu ermöglichen, wobei alle weiteren Auswirkungen auf die Besteuerung des Land- und Forstwirts in die Entscheidung einzubeziehen sind.
  •  
Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen „privater“ Krankenhäuser - Folgerungen aus dem EuGH-Urteil v. 05.03.2020 - Rs. C-211/18 „IDEALMED III“
Lippross, NWB 06/2021, S. 404
Anmerkung:
Mit Urteil v. 05.03.2020, Rs. C 211/18 „Idealmed III“ hat der EuGH eine Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Bst. b MwStSystRL vorgenommen und dabei neue Grundsätze der Umsatzsteuerbefreiung von Krankenhausbehandlungen und Heilbehandlung „privater“ Krankenhäuser aufgestellt. Die Entscheidung wirkt sich auf die deutsche Regelung gem. § 4 Nr. 14 Bst. b S. 2 Dbst. aa UStG aus und führt zur Unionsrechtswidrigkeit der 40 %-Grenze.

Nach Ansicht des Verfassers können sich Krankenhäuser in privater Trägerschaft, die mit ihren Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen die 40 %-Grenze nach § 4 Nr. 14 Bst. b S. 2 Dbst. aa UStG nicht erreichen, darauf berufen, dass die 40 %-Grenze nicht mit den Vorgaben in Art. 132 Abs. 1 Bst. b MwStSystRL vereinbar ist. Soweit sie Leistungen erbringen, bei denen die im Gesetz genannten Entgeltschranken nicht überschritten sind, können sie sich auf die Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht berufen.


Neue Gestaltungsoptionen bei der Dienstwagenüberlassung an Arbeitnehmer - Umsatz- und lohnsteuerliche Konsequenzen des EuGH-Urteils v. 20.01.2021 - Rs. C-288/19 „QM“
Muche, Trinks, NWB 08/2021, S. 540
Anmerkung:
Mit Urteil v. 20.01.2021, C-288/19 hat der EuGH zum umsatzsteuerlichen Leistungsort bei Überlassung von Fahrzeugen an Arbeitnehmer entschieden.
  • Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12.02.2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, wenn dieser Umsatz keine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 Bst. c darstellt. Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 findet dagegen auf einen solchen Umsatz Anwendung, wenn es sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 Bst. c handelt und der Arbeitnehmer gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer von mehr als 30 Tagen dauerhaft über das Recht verfügt, das Fahrzeug zu privaten Zwecken zu benutzen und andere davon auszuschließen.
Nach Auffassung der Verfasser hat das Urteil eine herausgehobene Bedeutung für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland.
Bei einer Nutzungsüberlassung eines Fahrzeugs an Arbeitnehmer in Deutschland gehe die Finanzverwaltung bislang stets von der Anwendbarkeit des § 3a Abs. 3 Nr. 2 S. 3 UStG aus (Abschn. 3a.5 Abs. 4 UStAE, explizit auch für die unentgeltliche Überlassung). Danach ist der Leistungsort einer langfristigen Nutzungsüberlassung am Wohnort des Arbeitnehmers. Der EuGH hat nun abschließend klargestellt, dass diese Ortsregelung im Rahmen einer unentgeltlichen Überlassung keine Anwendung findet (Leitsatz des Urteils). Stattdessen greife die B2C-Grundregel nach § 3a Abs. 1 UStG.

 

2.2.DStR

Innergemeinschaftliche Reihen- und Dreiecksgeschäfte – Beispielhafte Darstellung unter Berücksichtigung jüngster legislativer Änderungen
Meyering, Hintzen, Meißner, DStR 05/2021, S. 257
Anmerkung:
Im Rahmen des Aktionsplans zur umfassenden Neuregelung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs hat die EU-Kommission Ende 2018 Änderungen am bestehenden Mehrwertsteuersystem durch Änderungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie und der Mehrwertsteuerverordnung beschlossen. Diese sog. Quick Fixes, die u. a. zu einer Harmonisierung innergemeinschaftlicher Reihengeschäfte beitragen sollen, sind seit Jahresbeginn 2020 gültig.

Bisher beinhaltete § 3 Abs. 6 S. 6 UStG a. F. bezüglich der Transportveranlassung keine eindeutige Regelung. Die Finanzverwaltung forderte den Nachweis der Transportveranlassung (bspw. durch Verwendung von sog. Incoterms) und betrachtete die verwendete USt-IdNr. lediglich als Indiz. EuGH und BFH stellten hingegen maßgeblich auf den Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht ab. Bei einer Transportveranlassung durch einen Zwischenhändler greift gem. Art. 36a Abs. 1 MwStSystRL nunmehr grundsätzlich die Vermutung, dass dieser Abnehmer der bewegten Lieferung ist, sofern nichts anderes nachgewiesen wird. Diese Vermutung gilt nach Art. 36a Abs. 2 MwStSystRL als widerlegt und die bewegte Lieferung damit als durch den Zwischenhändler erbracht, wenn dieser seinem Lieferer eine vom Ursprungsstaat erteilte USt-IdNr. mitteilt. Damit wird die USt-IdNr. fortan materiell-rechtliche – und nicht wie bislang formelle – Voraussetzung für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen.

Die Verfasser weisen darauf hin, dass die Frage weiterhin ungeklärt bleibe, wie der Nachweis der Beförderung oder Versendung zu erbringen sei. Hier wären materiell-rechtliche Voraussetzungen hilfreich. Es bleibe abzuwarten, ob es im Ergebnis wieder auf die durch die Gerichtsbarkeit geforderte umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls sowie auf den Zeitpunkt des Verschaffens der Verfügungsmacht hinauslaufen werde. Eine größere Harmonisierung in der EU sei damit nur in einem eng gefassten Bereich erreicht worden.

 

3.Körperschaftsteuer

3.1.DStR

Finanzielle Eingliederung i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG qua umwandlungssteuerrechtlicher Rechtsnachfolge - Zum Urteil des FG Hessen v. 14.05.2020 – 4 K 412/19
Brühl, DStR 06/2021, S. 313
Anmerkung:
Eine ertragsteuerliche Organschaft setzt nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG voraus, dass die finanzielle Eingliederung (Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft) vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an ununterbrochen besteht. Umstritten ist bei einer Umwandlung – mit Neubegründung eines Organschaftsverhältnisses –, ob in Bezug auf den übernehmenden Rechtsträger die finanzielle Eingliederung fortbesteht, wenn die Umwandlung während des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft erfolgt. Bei einem Anteilstausch nach § 21 UmwStG vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, eine Organschaft könne bei einer unterjährigen Einbringung (und ohne Umstellung des Wirtschaftsjahres) nur im Folgejahr begründet werden (BMF, Schreiben v. 11.11.2011, BStBl. 2011 I S. 1314, Rz. Org. 15). Begründet wird die Auffassung damit, dass mangels Verweises auf § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG eine steuerliche Rückwirkung bei einem Anteilstausch ausscheidet.

Mit Urteil v. 14.05.2020, 4 K 412/19 hat das Hessische FG zur Einbringung von Anteilen an einer GmbH & Co. KG in eine andere Personengesellschaft entschieden.
  • Bei einer Verschmelzung wird dem übernehmenden Rechtsträger die am Übertragungsstichtag bereits bestehende finanzielle Eingliederung des übertragenden Organträgers zugerechnet, wenn am Übertragungsstichtag bereits eine Organschaft zum übertragenden Rechtsträger bestand.
  • Die finanzielle Eingliederung setzt nicht voraus, dass der neue Organträger vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an dieser beteiligt sein muss, sondern es genügt, wenn die Mehrheitsbeteiligung nacheinander auf 2 Organträger verteilt ist und insoweit das Halten der Beteiligung des 1. Organträgers dem 2. Organträger im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge zugerechnet wird.
  • Die Rechtsnachfolge im Rahmen der Verschmelzung bezeichnet ein umfassendes Eintreten in die Position der übertragenden Körperschaft (Fußstapfentheorie), das sich auch auf die Voraussetzungen der Organschaft bezieht.
  • Trotz Fortbestehens der Organschaft ist jedoch das von der Organgesellschaft erwirtschaftete Einkommen auf den alten und den neuen Organträger aufzuteilen, wenn der Übertragungsstichtag nicht mit dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft identisch ist.
Der Verfasser weist darauf hin, dass sich das FG mit dem Urteil der herrschenden Ansicht anschließt, nach der bereits die Stellung als umwandlungssteuerrechtlicher Rechtsnachfolger grundsätzlich geeignet ist, die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger herzustellen.

 

4.Sonstiges

4.1.NWB

Grunderwerbsteuerneutrale Beendigung einer Betriebsaufspaltung - § 6a GrEStG im Lichte der jüngsten BFH-Rechtsprechung unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen und ertragsteuerlichen Vorgaben
Zapf, NWB 08/2021, S. 545
Anmerkung:
Gemäß § 6a GrEStG wird Grunderwerbsteuer nicht erhoben, wenn
  • aufgrund einer Umwandlung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, Abs. 2, Abs. 2a, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbarer Rechtsvorgang verwirklicht wird (sachlicher Anwendungsbereich, Satz 1) und
  • an dem betreffenden Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen sowie ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften (Satz 3 Alt. 1, persönlicher Anwendungsbereich) oder
  • mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (Satz 3 Alt. 2, persönlicher Anwendungsbereich).
Dabei ist eine Gesellschaft i. S. v. § 6a S. 3 GrEStG abhängig, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang (teils) unmittelbar und/oder (teils) mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (fünfjährige Vor- und Nachbehaltensfrist, S. 4).
Zur Auslegung des Begriffs des „herrschenden Unternehmens“ sowie zur Anwendung der fünfjährigen Vor- und Nachbehaltensfrist hat der BFH in sieben Entscheidungen v. 21. u. 22.08.2019 Stellung genommen und die bislang von der Finanzverwaltung vertretene restriktive Auslegung des § 6a GrEStG relativiert.

Die Finanzverwaltung ist mit Ländererlass v. 22.09.2020, BStBl. 2020 I S. 960 der BFH-Rechtsprechung weitgehend gefolgt. Somit ergeben sich neue Möglichkeiten in der Gestaltungspraxis – auch im Hinblick auf die grunderwerbsteuerneutrale Beendigung einer Betriebsaufspaltung.
 

Neueste Einträge