Auswertung Aufsätze 12 - 2020

1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Die Urteile des BFH v. 22.01.2020 zum jungen Verwaltungsvermögen: wichtige Erkenntnisse für die Beratungspraxis
Von Oertzen, Pritzl, DStR 51-52/2020, S. 2.817

Anmerkung:
Der BFH hat am 22.01.2020 fünf Urteile zum jungen Verwaltungsvermögen getroffen (BFH v. 22.01.2020, II R 8/18, II R 13/18, II R 18/18, II R 21/18, II R 41/18, BStBl. 2020 II S. 577):
  • Zum nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG i. d. F. des ErbStRG gehört jedes einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre vor dem Stichtag durchgehend im Betriebsvermögen befand. Es ist keine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen.
  • Auf die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an.
Die Verfasser geben folgende Gestaltungsempfehlungen:
  • Für den Erwerb von Todes wegen sollte für einen unerwarteten Todesfall ein Investitionsplan etabliert werden, da dessen Umsetzung die Qualifikation als junges Verwaltungsvermögen nachträglich beseitigt (§ 13b Abs. 5 ErbStG)
  • Ferner können kritische Umwandlungsmaßnahmen auf den Zeitpunkt nach der Schenkung verlagert werden. Ein Behaltensfristverstoß ist in den nachgelagerten Umwandlungen i. d. R. nicht zu sehen.
  • Ebenfalls in Betracht zu ziehen ist eine Veräußerung des jungen Verwaltungsvermögens, was zusätzlich den Vorteil bringen kann, dass der Erlös im Rahmen des 15%igen Freibetrags (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG), sofern noch nicht ausgeschöpft, begünstigungsfähig ist.
 

2.Umsatzsteuer

2.1.NWB

Anhebung der Umsatzsteuersätze ab 01.01.2021 – Zweifelsfragen und eventueller Handlungsbedarf, um noch von den abgesenkten Steuersätzen zu profitieren
Rondorf, NWB 51/2020, S. 3804

Anmerkung:
Der Gesetzgeber hat durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz v. 29.06.2020 (BGBl. 2020 I S. 1512) für im 2. Halbjahr 2020 ausgeführte Umsätze den allgemeinen Umsatzsteuersatz auf 16 % und den ermäßigten Umsatzsteuersatz auf 5 % abgesenkt. Für nach dem 31.12.2020 ausgeführte Umsätze gelten wieder die Steuersätze von 19 % bzw. 7 %.
  • Bei Änderungen der Umsatzsteuersätze kommt es stets auf den Zeitpunkt der Leistung an, der für verschiedene Umsatzarten unterschiedlich festgelegt ist.
  • Vereinbaren Leistungserbringer und Leistungsempfänger jedoch bis spätestens 31.12.2020 für wirtschaftlich abgrenzbare Teile der einheitlichen Baumaßnahme Teilleistungen, die separat abgerechnet und abgenommen werden müssen, unterliegen im 2. Halbjahr 2020 ausgeführte Teilleistungen noch dem Steuersatz von 16 %.
  • Gibt der Leistungserbringer noch im 2. Halbjahr 2020 Einzweck-Gutscheine gegen Entgelt aus, ist damit ein Umsatz ausgeführt, der dem Steuersatz von 16 % bzw. 5 % unterliegt. Daran ändert auch die Einlösung des Gutscheins ab dem 01.01.2021 nichts mehr.
Das BMF hat das Einführungsschreiben v. 30.06.2020, BStBl. 2020 I S. 584 durch ein weiteres BMF-Schreiben v. 04.11.2020 ergänzt sowie Übergangs- und Vereinfachungsregelungen getroffen.

 

3.Einkommensteuer

3.1.NWB

Gestaltungsüberlegungen zur Vermeidung von anschaffungsnahen Herstellungskosten – Aktuelle Gestaltungsspielräume und Handlungsempfehlungen für einen steuerlichen Sofortabzug
Denker, Gummels, NWB 51/2020, S. 3838

Anmerkung:
Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 i. V. m. § 9 Abs. 5 S. 2 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG) und sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Nicht zu diesen Aufwendungen gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG die Aufwendungen für Erweiterungen i. S. d. § 255 Abs. 2 S. 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

Mit Beschluss v. 28.04.2020, IX B 121/19 hat der BFH entschieden, dass die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nach dem Gesetzeswortlaut nur für solche Aufwendungen gilt, die innerhalb von drei Jahren „nach“ der Anschaffung vom Steuerpflichtigen getragen werden. Vor der Anschaffung des Grundstücks vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen sind nach den allgemeinen handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien als Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand steuerlich zu berücksichtigen.

In der steuerplanerischen Beratungspraxis sollte nach Auffassung der Verfasser darauf geachtet werden, dass Aufwendungen ggf. vor Anschaffung und/oder erst nach Fristablauf durchgeführt werden. So ließen sich anschaffungsnahe Herstellungskosten gänzlich oder (im schlechtesten Fall zumindest) teilweise vermeiden.

Der Bundesrat hatte als Empfehlung zum Entwurf des JStG 2020 bereits auf das Gestaltungspotenzial hingewiesen und angeregt, die Formulierung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG entsprechend anzupassen, so dass auch Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen vor Anschaffung des Objekts berücksichtigt werden. Letztendlich hat die vorgeschlagene Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG aber keine Aufnahme in das JStG 2020 gefunden. Ob es zukünftig in einem anderen Gesetzgebungsverfahren zu einer entsprechenden Gesetzesänderung kommt, bleibt zu beobachten.


Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude mittels Arbeitshilfe des BMF ist rechtswidrig – Anmerkungen zum BFH-Urteil v. 21.07.2020, IX R 26/19
Graf, Nacke, NWB 52/2020, S. 3874

Anmerkung:
Mit Urteil v. 21.07.2020, IX R 26/19 hat der BFH zur Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude entschieden.
  • Das FG darf eine vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude, die die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, nicht durch die unter Verwendung der Arbeitshilfe des BMF ermittelte Aufteilung ersetzen.
  • Die Arbeitshilfe gewährleistet die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude im Hinblick auf die Verengung der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren und die Nichtberücksichtigung eines sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktors bei der Ermittlung des Gebäudewerts nicht.
  • Im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung ist das FG in der Regel gehalten, gem. § 81 Abs. 1 FGO das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen, wenn es nicht ausnahmsweise selbst über die nötige Sachkunde verfügt und diese in den Entscheidungsgründen darlegt.
Der BFH sah die von den Vertragsparteien getroffene Kaufpreisaufteilung als nicht geeignet an, als Grundlage für die AfA-Berechnung herangezogen zu werden. Die vertraglich vereinbarte Aufteilung könne jedoch nicht durch eine Berechnung mit dem Excel-Tool des BMF ersetzt werden. Der BFH kritisiert insbesondere, dass die Arbeitshilfe einen systemischen Fehler beinhaltet, dass bei der Ermittlung des Gebäudewerts (NHK) kein sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktor berücksichtigt wird.

Wegen der offenen Rechtslage hinsichtlich eines Berechnungs-Tools des BMF dürfte nach Ansicht der Verfasser das Finanzamt vielfach vorgeschlagene Aufteilungen akzeptieren.

 

3.2.DStR

Anwendung des § 15a EStG bei vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaften – Zugleich Anmerkungen zum BMF-Schreiben v. 15.09.2020
Braun, DStR 49/2020, S. 2697

Anmerkung:
Mit Schreiben v. 15.09.2020 hat das BMF zur Anwendung des BFH-Urteils v. 02.09.2014, IX R 52/13 Stellung genommen.

Nach § 21 Abs. 1 S. 2 EStG ist § 15a EStG sinngemäß anzuwenden. Danach darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft – bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung am Werbungskostenüberschuss – weder mit anderen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Bei der Ermittlung des Kapitalkontos sind positive Überschüsse aus anderen Einkunftsarten zu berücksichtigen, wenn die Gesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

Mit Urteil v. 02.09.2014, IX R 52/13 hat der BFH zur Verrechnung von nicht ausgeglichenen oder abgezogenen Verlusten bei vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaften entschieden.
  • Nach § 21 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 15a Abs. 2 EStG ist bei einer Kommanditgesellschaft, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, der einem Kommanditisten zuzurechnende, nicht ausgeglichene oder abgezogene Verlustanteil mit Überschüssen, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind, zu verrechnen. Zu solchen Überschüssen zählen auch positive Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften.
Die Verfasser begrüßen die klarstellenden Ausführungen des BMF, kritisieren jedoch, dass einige Fragen offen blieben. Insbesondere müssten die Gerichte klären, welche Vermögenszu- und abflüsse in das fiktive Kapitalkonto einzubeziehen seien.
 
 
 

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