Auswertung Aufsätze 07-2020

1.Verfahrensrecht

1.1.DStR

Drittanfechtungsrecht des Gesellschafters im Feststellungsverfahren der Gesellschaft (§ 27 KStG)
Binnewies, Gravenhorst
DStR 29/2020, S. 1.542

Anmerkung:
§ 27 KStG soll sicherstellen, dass die Rückgewähr von Einlagen auf der Ebene des Gesellschafters grundsätzlich nicht zu steuerpflichtigen Beteiligungserträgen führt (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG). Auf der Ebene der Gesellschaft besteht im Unterschied zur Gewinnausschüttung keine Pflicht zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer (§ 44 Abs. 1 S. 1 EStG).

Fraglich ist, ob dem Gesellschafter im Feststellungsverfahren nach § 27 KStG ein Drittanfechtungsrecht zusteht.

Mit Urteil v. 28.05.2019, 7 V 803/19 hat das FG München entschieden, dass eine Drittanfechtung der gesonderten Feststellung des Einlagekontos nicht möglich ist. Gegen den Feststellungbescheid nach § 27 Abs. 2 KStG bestehen umfassende Rechtsschutzmöglichkeiten von Seiten der Kapitalgesellschaft. So kann die Kapitalgesellschaft, an die der Feststellungsbescheid gerichtet ist, diesen mit Einspruch (§ 347 AO) und Klage (§ 40 FGO) anfechten. Ebenfalls finden die Korrekturvorschriften nach §§ 129, 172 ff. AO Anwendung. Die Kapitalgesellschaft kann auch vorläufigen Rechtsschutz begehren (§ 361 AO; §§ 69, 114 FGO). Bei pflicht- und ordnungsgemäßer Wahrnehmung dieser Rechtsschutzmöglichkeiten durch die Kapitalgesellschaft werden die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschafter an der zutreffenden steuerlichen Behandlung der Rückgewähr von Einlagen bei ihrer eigenen Steuerveranlagung umfassend gewahrt.

Nach Ansicht der Verfasser ist hingegen aus Art. 19 Abs. 4 GG ein Anfechtungsrecht des Gesellschafters zwingend abzuleiten. Durch die Anfechtungsbefugnis der Gesellschaft werde die Anfechtungsbefugnis des materiell-rechtlich von der Feststellung betroffenen Gesellschafters nicht verdrängt, da die Gesellschaft nicht als Prozessstandschafter der Gesellschafter handele, sondern eine eigene Rechtsverletzung geltend mache.

2.Erbschaft-/Schenkungsteuer

2.1.DStR

Betriebsvermögensbegünstigung bei Schenkungen von Kommanditanteilen unter Nießbrauchsvorbehalt
Löcherbach, Wegener
DStR 30/2020, S. 1.593

Anmerkung:
Die Inanspruchnahme der Betriebsvermögensbegünstigung setzt zunächst voraus, dass das übertragene Vermögen begünstigungsfähiges Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 1 - 3 ErbStG darstellt. Erst in einem zweiten Schritt wird das tatsächlich begünstigte Vermögen ermittelt. Dies ist bei einem Anteil an einer Kommanditgesellschaft dann der Fall, wenn es sich um Betriebsvermögen handelt (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Für die Qualifikation als Betriebsvermögen nimmt das BewG gem. § 12 Abs. 5 ErbStG eine einkommensteuerrechtliche Betrachtung vor (§ 95 Abs. 1 i. V. m. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG).

Mit Urteil v. 06.11.2019, II R 34/16 hat der BFH zur Begünstigung von Betriebsvermögen bei der Schenkung eines Kommanditanteils unter Vorbehaltsnießbrauch entschieden.

Die Begünstigung von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG i. d. F. des Jahres 2007 setzt voraus, dass der Gegenstand des Erwerbs bei dem bisherigen Rechtsträger Betriebsvermögen war und bei dem neuen Rechtsträger Betriebsvermögen wird.

Ist Gegenstand des Erwerbs eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, muss der Erwerber Mitunternehmer werden.

Der Eigentümer eines nießbrauchbelasteten Kommanditanteils kann Mitunternehmer sein.

Die Übertragung der Steuerberechnung auf das FA im Tenor der finanzgerichtlichen Entscheidung setzt voraus, dass dem FA nur noch die Berechnung der Steuer verbleibt. Wertungs-, Beurteilungs- oder Entscheidungsspielräume sind unzulässig. Ein Zuwarten auf eine gesonderte Feststellung geht über die Steuerberechnung hinaus.

Die Verfasser begrüßen die Entscheidung, da sie eine vergleichsweise einfache Möglichkeit verschaffe, dem Zuwendenden faktisch weitreichende Befugnisse einzuräumen, ohne die Mitunternehmerinitiative des Erwerbers und damit die Betriebsvermögensvergünstigung zu beeinträchtigen.

3.Umsatzsteuer

3.1.NWB

Steuerberaterhaftung für Umsatzsteuer des Mandanten und Bindung an Strafurteil – Bedeutung des Urteils des FG Köln v. 10.04.2019, 9 K 167/15 für die Praxis
Beyer, NWB 29/2020, S. 2.148

Anmerkung:
Gem. § 71 AO haftet, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, für die verkürzten Steuern. Nach § 191 Abs. 1 S. 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet.

Mit Urteil v. 10.04.2019, 9 K 167/15 hat das FG Köln zur Inanspruchnahme als Haftungsschuldner für Umsatzsteuerschulden bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung entschieden.
  • Die Haftungsvoraussetzungen des § 71 AO sind im Streitfall gegeben. Der Stpfl. hat nach Überzeugung des Senats vorsätzlich Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Unterlassen der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen geleistet. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Vernehmungen im Steuerstrafverfahren und dem zugehörigen Urteil des LG C. Der Senat macht sich die in dem Urteil des LG C widerspruchsfrei getroffenen Feststellungen zu Eigen.
  • Eine Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen nicht abgegebener Umsatzsteuervoranmeldungen ist vollendet, wenn eine Steuerhinterziehung zum gesetzlich vorgegeben Termin ausbleibt.
Photovoltaikanlagen im Umsatzsteuerrecht – Erwerb, Nutzung und Veräußerung unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung
Becker, NWB 30/2020, S. 2.226

Anmerkung:
Die Verfasserin gibt einen Überblick über die umsatzsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen unter Bezugnahme auf die Verfügung der OFD Karlsruhe v. 13.08.2019 und den Leitfaden des BayLfSt, Stand Januar 2019.

Erwerb und Nutzung der Anlage
Das Finanzamt muss bis spätestens 31.03. des Jahres nach Erwerb der Anlage über die Zuordnung zum Unternehmensvermögen informiert werden. Hierbei handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (A 15.2c Abs. 16 UStAE). Der BFH hat Zweifel an der Unionrechtskonformität dieser Frist und hat den EuGH um Klärung geben.

Umfang des Vorsteuerabzugs
Wenn Aufwendungen an einem Gebäude anfallen, sind Vorsteuern anteilig abzugsfähig, soweit die Aufwendungen auf die steuerpflichtigen Ausgangsumsätze entfallen. Insoweit ist eine Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel vorzunehmen.

Dachsanierung durch den Mieter
Errichtet der Mieter einer Dachfläche eine Photovoltaikanlage, ist im Einzelfall nach Sanierungsbedürftigkeit des Daches, Kostenübernahmen und Rechnungsstellung zu entscheiden, ob Vorsteuerabzüge für Gebäudeeigentümer und Mieter möglich sind.

Stromcloud
Die Finanzverwaltung hat sich noch nicht zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Stromcloudlösungen geäußert. Nach Ansicht der Verfasserin wirkt sich eine Stromcloud auf die Bemessung der unentgeltlichen Wertabgabe aus.

Verkauf der Anlage
Wird die Anlage verkauft, liegt meist eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG vor, wenn der Erwerber in den Stromliefervertrag mit dem Netzbetreiber eintritt.

4.Einkommensteuer

4.1.NWB

Rabattfreibetrag ist auch bei Gutscheinen anwendbar – BFH äußert sich zu Fahrvergünstigungen der Deutschen Bahn
L'habitant, NWB 27/2020, S. 1.990

Anmerkung:
Gem. § 8 Abs. 3 S. 1 EStG sind Waren oder Dienstleistungen, die ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses erhält und die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, abweichend von § 8 Abs. 2 EStG mit den um 4 % geminderten Endpreisen zu bewerten, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1.080 € im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 8 Abs. 3 S. 2 EStG).

Mit Urteil v. 26.09.2019, VI R 23/17, BStBl. 2020 II S. 162 hat der BFH zum Rabattfreibetrag für Fahrvergünstigungen der Deutschen Bahn AG im Fernverkehr entschieden.
  • Der Rabattfreibetrag erstreckt sich auf alle Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG (ehemaligen) Arbeitnehmern gewährt. Dies gilt auch dann, wenn die unentgeltlich oder verbilligt gewährten Freifahrtscheine aufgrund besonderer Nutzungsbestimmungen fremden Letztverbrauchern nicht angeboten werden (Parallelverfahren VI R 4/17 und VI R 7/19).
  • Mit dem Bezug der Freifahrtscheine ist der darin verkörperte geldwerte Vorteil unabhängig vom konkreten Fahrtantritt zugeflossen.
Der Rabattfreibetrag kann nur für Waren und Dienstleistungen genutzt werden, die der Arbeitgeber als eigene herstellt, vertreibt oder erbringt und diese als Marktteilnehmer auch anbietet. Bei den Freifahrtscheinen an (ehemalige) Mitarbeiter der Bahn kommt es hierbei auf die Beförderungsleistung an sich an, nicht auf die Umstände, unter denen die Fahrberechtigungen genutzt werden können. Gleiches gilt nach Auffassung des Verfassers auch für Gutscheine, die Mitarbeiter vom Arbeitgeber erhalten. Es sei nicht darauf abzustellen, ob diese durch den Arbeitgeber auch auf dem Markt Kunden angeboten würden. Maßgebend sei allein die Leistung, die der Gutschein verbriefe.

Einlagenrückgewähr auch für Drittstaatengesellschaften – Anmerkung zum BFH-Urteil v. 10.04.2019, I R 15/16
Kahlenberg, NWB 29/2020, S. 2.167

Anmerkung:
Nach § 27 Abs. 1 KStG hat die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen (Satz 1) und ausgehend von dem Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben (Satz 2). Nach der Verwendungsfiktion des § 27 Abs. 1 S. 3 KStG mindern Leistungen der Kapitalgesellschaft mit Ausnahme der Rückzahlung von Nennkapital das steuerliche Einlagekonto unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung nur, soweit sie den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigen (Einlagenrückgewähr). Der unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs ermittelte Bestand des steuerlichen Einlagekontos wird gesondert festgestellt (§ 27 Abs. 2 S. 1 KStG).

Mit Urteil v. 10.04.2019, I R 15/16 hat der BFHG zur Einlagenrückgewähr durch eine Drittstaatengesellschaft entschieden.
  • Auch nach der ab 2006 geltenden Rechtslage können Leistungen aus dem Vermögen von in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaften, für die kein steuerliches Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG geführt wird, als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sein (Bestätigung des BFH-Urteils v. 13.07.2016, VIII R 47/13, BFHE 254, 390).
  • Zwar ist die Höhe des ausschüttbaren Gewinns einer Drittstaatengesellschaft nach dem jeweiligen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht zu ermitteln (Bestätigung der Rechtsprechung; Senatsurteil v. 20.10.2010, I R 117/08, BFHE 232, 15; BFH v. 13.07.2016, VIII R 73/13, BFHE 254, 404); seine Verwendung und damit auch die (nachrangige) Rückgewähr von Einlagen unterliegt jedoch der gesetzlichen Verwendungsfiktion des § 27 Abs. 1 S. 3 und 5 KStG (insoweit Fortentwicklung der Rechtsprechung).
Der Verfasser weist darauf hin, dass es auch nach dem Urteil unklar bleibt, welche Nachweise in der Praxis beizubringen sind und inwieweit diese Rechtsprechungsgrundsätze auf echte Nennkapitalrückzahlungen zu übertragen sind und ob in Drittstaatenfällen eine steuerliche Überleitungsrechnung notwendig ist.

4.2.DStR

Zur teleologischen Reduktion von § 6 Abs. 5 S. 6 EStG bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils
Broemel, DStR 27/2020, S. 1.407

Anmerkung:
Nach § 6 Abs. 5 S. 1 EStG ist bei Überführung eines einzelnen Wirtschaftsguts von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen der Wert anzusetzen, der sich nach den Vorschriften der Gewinnermittlung ergibt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Gem. § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG gilt S. 1 – und damit die dort angeordnete Buchwertführung – u. a. dann entsprechend, soweit ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandvermögen einer Mitunternehmerschaft übertragen wird. Wird das nach S. 3 übertragene Wirtschaftsgut innerhalb einer Sperrfrist veräußert oder entnommen, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert anzusetzen, es sei denn, die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven sind durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenen Gesellschafter zugeordnet worden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung des Übertragenden für den Veranlagungszeitraum, in dem die in S. 3 bezeichnete Übertragung erfolgt ist (§ 6 Abs. 5 S. 4 EStG). Der Teilwert ist auch anzusetzen, soweit in den Fällen des S. 3 der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse – somit eines Körperschaftsteuersubjekts i. S. d. § 1 KStG – an dem Wirtschaftsgut unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder dieser sich erhöht (§ 6 Abs. 5 S. 5 EStG). Soweit innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung des Wirtschaftsguts nach S. 3 der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut aus einem anderen Grund unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder dieser sich erhöht, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung ebenfalls der Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 5 S. 6 EStG)

Mit Urteil v. 10.07.2019, 7 K 1253/17 hat das FG München zur Körperschaftsklausel gem. § 6 Abs. 5 S. 6 EStG entschieden.
  • Hat eine Kapitalgesellschaft Einzelwirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG zum Buchwert gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer neugegründeten Kommanditgesellschaft übertragen, an der sie vermögensmäßig zu 100 % als Kommanditist beteiligt ist, so ist im Wege einer teleologischen Reduktion der Tatbestand des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG nicht als erfüllt anzusehen, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb von sieben Jahren ihre Kommanditbeteiligung (teilweise) zu einem fremdüblichen Preis an eine andere Kapitalgesellschaft veräußert.
  • Die Regelung des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG ist im Wege einer teleologischen Reduktion nicht heranzuziehen, wenn eine Verlagerung von stillen Reserven auf ein Körperschaftsteuersubjekt ausgeschlossen ist, weil es im Zuge der nachträglichen Begründung oder Erhöhung des Anteils einer Körperschaft an den vorher nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgütern zur Aufdeckung der stillen Reserven dieser Wirtschaftsgüter kommt (Ausführungen zu Sinn und Zweck des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG).
  • Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen i. S. d. § 6 Abs. 5 S. 6 EStG sind alle Subjekte, die unter das KStG fallen und somit neben den in § 1 Abs. 1 KStG aufgezählten Körperschaftsubjekten auch die in § 2 Nr. 1 KStG genannten beschränkt steuerpflichtigen Körperschaftsteuersubjekte (im Streitfall: schweizerische AG).
  • Die Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die stillen Reserven an den übertragenen Wirtschaftsgütern der übertragenden Gesellschafterin durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz zugeordnet wurden. Anders als § 6 Abs. 4 S. 4 EStG sehen die Sätze 5 und 6 diese Möglichkeit nicht vor.
Wenn ein Wirtschaftsgut nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG zum Buchwert auf eine Mitunternehmerschaft übertragen und in der Folgezeit der Anteil an dieser Mitunternehmerschaft an eine Körperschaft veräußert wird, scheidet ein rückwirkender Teilwertansatz gem. § 6 Abs. 5 S. 6 EStG aus. Der Grund hierfür ist, dass es im Zuge der nachträglichen Begründung oder Erhöhung des Anteils einer Körperschaft an den vorher nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgütern zur Aufdeckung der stillen Reserven dieser Wirtschaftsgüter gekommen ist. Beim Steuerpflichtigen werden also infolge der Veräußerung die anteiligen stillen Reserven der eingebrachten Wirtschaftsgüter realisiert und der Regelbesteuerung unterworfen. Unabhängig davon, ob bei einer Mitunternehmeranteilsveräußerung überhaupt dem Wortlaut nach ein Anwendungsfall des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG vorliegt, kann ein Missbrauch gemäß dem Sinn und Zweck von S. 6 ausgeschlossen werden. Die Norm ist mithin bei Realisationsvorgängen einschränkend auszulegen. Daher sollte nach Ansicht des Verfassers der BFH die nun anhängige Revision als unbegründet zurückweisen.

Zur Steuerpflicht bei Einlösung einer Kapitalforderung – Notizen zum BFH-Urteil IX R 12/18
Sigel, DStR 2020, 1481

Anmerkung:
Nach § 22 Nr. 2 EStG zählen zu den sonstigen Einkünften (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG) auch solche aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG. Diese umfassen gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG u. a. Veräußerungsgeschäfte bei „anderen Wirtschaftsgütern“, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Mit Urteil v. 03.09.2019, IX R 1218 hat der BFH zur steuerlichen Behandlung der Einziehung einer Forderung entschieden.
  • Die Einziehung einer Forderung, die von einem Dritten unter Nennwert entgeltlich erworben wurde, stellt keine „Veräußerung“ i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG dar.
Nach Ansicht des Verfassers hat der BFH die Anwendbarkeit von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (Stand 2008) übersehen und hätte die Revision zurückweisen sollen. Ein Gewinn aus der Einlösung einer Kapitalforderung ist nunmehr nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 („Gewinn aus der Veräußerung“) zu versteuern. Die vom BFH im besprochenen Urteil abgelehnte „Gleichsetzung“ von Veräußerung und Einlösung greift nicht, weil § 20 Abs. 2 S. 2 EStG u. a. eine Einlösung ausdrücklich als Veräußerung gelten lässt.

5.Sonstiges

5.1.NWB

Kürzungsschädliche Vermietung von Betriebsvorrichtungen – Anmerkungen zu den BFH-Urteilen v. 28.11.2019, III R 34/17 und v. 18.12.2019, III R 36/17
Schneider, NWB 31/2020, S. 2.302

Anmerkung:
Nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG tritt an Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung).

Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen.

Nach der BFH-Rechtsprechung scheidet die erweiterte Grundstückskürzung bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen aus.

Mit Urteil v. 28.11.2019, III R 34/17 hat der BFH zur erweiterten Grundstückskürzung im Zusammenhang mit der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen entschieden.
  • Sieht ein Vertrag über die Vermietung eines Grundstücks mit einem noch zu errichtenden Gebäude vor, dass die auf Betriebsvorrichtungen entfallenden Aufwendungen vom Mieter getragen und Betriebsvorrichtungen nicht mitvermietet werden sollen, ist nicht bereits dann eine für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen anzunehmen, wenn bei einzelnen Betriebsvorrichtungen die darauf entfallenden Aufwendungen nicht herausgerechnet werden, sondern in die Herstellungskosten des Gebäudes eingehen.
  • Die Frage, ob Betriebsvorrichtungen Gegenstand eines Mietvertrags sind, ist nach zivilrechtlichen Kriterien zu beurteilen. Eine vom Wortlaut des Mietvertrags abweichende entgeltliche Nutzungsüberlassung kann anzunehmen sein, wenn sie auf eine Vertragsänderung zurückgeht. Haben die für die Vertragsparteien handelnden Personen hierfür nicht die Vertretungsmacht, so kann nach § 41 Abs. 1 S. 1 AO eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen vorliegen, wenn die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis einer solchen Mitvermietung gleichwohl eintreten und bestehen lassen.
  • Für die Annahme „eigenen“ Grundbesitzes gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG genügt wirtschaftliches Eigentum.
Mit Urteil v. 18.12.2019, III R 36/17 hat der BFH die Voraussetzungen der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG präzisiert. In dem Urteilsfall dienten überlassene Zapfsäulen, Rohrleitungen, Tank und Bodenbefestigungen unmittelbar der Ausübung des Tankstellengewerbes.
  • Eine der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags entgegenstehende schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese einer von mehreren auf dem vermieteten Grundstück ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten dienen.
  • Für die Frage, ob ein Nebengeschäft im Hinblick auf die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags unschädlich ist, kommt es auf die Verhältnisse im jeweiligen Erhebungszeitraum an. Es reicht nicht aus, dass das Nebengeschäft in einem anderen Erhebungszeitraum als unschädlich zu beurteilen wäre.
  • Eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Mitvermietung in einem Mietvertrag vereinbart wurde, an den die den Mietvertrag übernehmende Kapitalgesellschaft über den streitigen Erhebungszeitraum hinaus gebunden ist.
 

5.2.DStR

Die Urteile des BFH v. 21. und 22.8.2019 zur Konzernklausel des § 6a GrEStG
Behrens, Seemaier, DStR 27/2020, S. 1.401

Anmerkung:
Der BFH hat mit Urteilen v. 21. und 22.08.2019 zur Konzernklausel des § 6a GrEStG entschieden.

Die für die Grunderwerbsteuer geltende Steuerbegünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern nach § 6a GrEStG stellt keine unionsrechtlich verbotene Beihilfe dar.

Danach ist auch der Fall begünstigt, dass eine abhängige Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen verschmolzen wird. Das hat der BFH mit Urteil v. 22.08.2019, II R 18/19 entschieden.

Die Klägerin war seit mehr als fünf Jahren Alleingesellschafterin einer Tochtergesellschaft, die auf die Klägerin verschmolzen wurde. Hierdurch gingen die Grundstücke der Tochtergesellschaft auf die Klägerin über. Das Finanzamt sah darin einen steuerbaren Erwerbsvorgang, der auch nicht gem. § 6a GrEStG begünstigt sei. Demgegenüber vertrat das FG die Auffassung, dass die Verschmelzung vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfasst werde. Es gab daher der Klage statt. Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG. Er führte aus, dass nach § 6a GrEStG für bestimmte steuerbare Erwerbe aufgrund einer Umwandlung (z. B. Verschmelzung) die Grunderwerbsteuer nicht erhoben werde. Voraussetzung sei u. a., dass an dem Umwandlungsvorgang ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft beteiligt seien und die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft in Höhe von mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang bestehe. Wie der EuGH entschieden habe, stelle die von § 6a GrEStG gewährte Steuerbegünstigung keine unionsrechtlich verbotene Beihilfe dar. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ist, so der BFH, auch die Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Klägerin begünstigt. Unschädlich sei, dass die Klägerin nach der Verschmelzung aus umwandlungsrechtlichen Gründen keine Beteiligung an der Tochtergesellschaft mehr halten konnte und folglich der „Verbund“ zwischen der Klägerin als herrschendem Unternehmen und der grundbesitzenden Tochtergesellschaft als abhängiger Gesellschaft durch die Verschmelzung beendet worden sei.

Anders als das Bundesministerium der Finanzen legte der BFH auch in fünf weiteren Verfahren (II R 15/19, II R 16/19, II R 19/19, II R 20/19 und II R 21/19) die Steuerbegünstigung zugunsten der Steuerpflichtigen weit aus. Das gilt sowohl für den in der Norm verwendeten Begriff des herrschenden Unternehmens als auch für die Frage, welche Umwandlungsvorgänge von der Steuerbegünstigung erfasst werden. In einem Verfahren (II R 17/19) sah der BFH die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nicht als erfüllt an.

Die Verfasser weisen darauf hin, dass die sieben BFH-Urteile nur einen Teilbereich der offenen Rechtsfragen zur Anwendung des § 6a GrEStG behandeln. Insbesondere die Frage, welche Rechtsträger in Beteiligungsketten „herrschende Unternehmen“ sein können und wie die mindestens 95%ige Beteiligung bei mittelbaren Beteiligungen zu berechnen ist, sind ebenso wie Fragen zu den erst mit Wirkung ab 07.06.2013 in das GrEStG eingefügten Begünstigungstatbeständen „Einbringung“ und „anderer Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage“ weiterhin ungeklärt. Es wäre zu begrüßen, wenn die Finanzverwaltung bei der nun anstehenden Überarbeitung der Gleichlautenden Länder-Erlasse zu § 6a GrEStG auch auf diese Fragen einginge.

Umfang des Veräußerungsbegriffs in § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG bei Aufwärtsverschmelzungen des Einbringenden
Satish, DStR 29/2020, S. 1.537

Anmerkung:
Im Falle von steuerneutralen Einbringungen durch Sacheinlage oder Anteilstausch (§§ 20, 21 UmwStG) sollen nachfolgende missbräuchliche Gestaltungen, die lediglich der Erlangung einer steuerlichen Statusverbesserung dienen und innerhalb einer Frist von sieben Jahren vorgenommen werden, durch eine rückwirkende Nachversteuerung verhindert werden. Rechtsgrundlage dieser Missbrauchsbekämpfung ist § 22 UmwStG.
Die Finanzverwaltung sieht in der nachgelagerten Aufwärtsverschmelzung des Einbringenden auf dessen Anteilseigner eine Veräußerung i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG mit der Folge einer Nachversteuerung (Rn. 22.23 UmwStE). Diese Rechtsansicht ist nach Ansicht des Verfassers abzulehnen, weil sie sich rechtsmethodisch nicht rechtfertigen lasse.
 

Neueste Einträge