Auswertung aktueller Aufsätze - August 2017

1.   Erbschaft-/Schenkungsteuer

1.1.  NWB

Unternehmenserbschaftsteuerrecht: Die Anwendungserlasse zur Umsetzung der Erbschaftsteuerreform 2016 - Teil 1: Begünstigungsregime, Vorwegabschlag für Familienunternehmen, modifizierter Verwaltungsvermögensbegriff
Eisele, NWB 35/2017, S. 2.670
Anmerkung:
Mit einem koordinierten Ländererlass v. 22.06.2017, AEErbST 2017, BStBl 2017 I S. 902 hat die Finanzverwaltung (mit Ausnahme Bayerns) zur Erbschaftsteuerreform 2016 Stellung genommen.
In Teil 1 des Beitrags hat sich der Verfasser mit Einzelfragen zur Regel-/Optionsverschonung, dem Schwellenwert, dem Vorwegabschlag für Familienunternehmen und dem modifizierten Verwaltungsvermögensbegriff Stellung genommen:
  • Der Erwerber kann grundsätzlich unwiderruflich erklären, dass für begünstigtes Vermögen anstelle der Regelverschonung (Verschonungsabschlags von 85 %) die Optionsverschonung (Verschonungsabschlag von 100 %) unter Beachtung einer Verwaltungsvermögensquote von maximal 20 % gewährt wird.
  • Besteht das begünstigungsfähige Vermögen zu mindestens 90 % aus Verwaltungsvermögen (übermäßiges Verwaltungsvermögen), ist es von jeglicher Verschonung ausgenommen.
  • Eine Verschonung ist insgesamt ausgeschlossen, wenn der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens den Schwellenwert von 26 Mio. € überschreitet.
  • Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubigern entzogen sind (sog. Deckungsvermögen), gehören bis zur Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen nicht zum Verwaltungsvermögen.
  • Der Vorwegabschlag von bis zu 30 % für Familienunternehmen ist vor der Anwendung des zur Wahl stehenden Verschonungsregimes (Regel-/Optionsverschonung), des Abschmelzmodells bzw. des Erlassmodells zu berücksichtigen. Kumulativ müssen Entnahme-/Ausschüttungs-, Verfügungs- sowie Abfindungsbeschränkungen vorliegen; zu beachten sind zudem eine zweijährige Vorlauffrist sowie eine Nachlauffrist von 20 Jahren.

1.2.  DStR

Anwendungserlasse zur Erbschaftsteuerreform: Eine erste Bestands-aufnahme Dr. Leonid
Korezkij, DStR 32/2017, S. 1.729
Anmerkung:
Vgl. Anmerkung zu Eisele, NWB 35/2017, S. 2.670

2.   Umsatzsteuer

2.1.  NWB

Aktuelle Entwicklungen in der Umsatzbesteuerung von Dozenten - Was Bildungsanbieter in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu beachten haben
Steger, NWB 34/2017, S. 2.572
Anmerkung:
Nach Art. 132 Abs. 1 Bst. i MwStSystRL sind die Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedsstaat anerkannter Zielrichtung von der Umsatzsteuer befreit. Gleiches gilt für von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht gem. Art. 132 Abs. 1 Bst. j MwStSystRL.
Umsätze von Dozenten in Deutschland und Österreich im Bereich der beruflichen Bildung sind gem. Art. 132 MwStSystRL von der Umsatzsteuer zu befreien. Weder in Deutschland noch in Österreich entsprechen die gesetzlichen Regelungen diesen Vorgaben, so dass Bildungsdienstleister und Dozenten sich direkt auf Art. 132 MwStSystRL berufen können.
Mit Beschluss v. 16.03.2017 hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit des § 4 Nr. 21 UStG im Zusammenhang mit der Besteuerung von Fahrschulen und hat dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Konkret geht es um die Frage, ob die Fahrausbildung der Klassen B und C1 umsatzsteuerbefreit ist.
In der Schweiz gilt eine umfassende Umsatzsteuerbefreiung für Dozenten

3.   Einkommensteuer

3.1.  NWB

Stufenweise Berechnung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG - Die verfahrensrechtlichen Konsequenzen aufgrund der neuen BFH-Rechtsprechung
Bergart, NWB 32/2017, S. 2.412
Anmerkung:
Nach dem BFH-Urteil v. 19.01.2017, VI R 75/14, BStBl 2017 II S. 684 ist abweichend von der bisherigen (durch die Rechtsprechung) gebilligten Verwaltungsauffassung, wonach sich die Höhe der zumutbaren Belastung ausschließlich nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreitet, die Regelung so zu verstehen, dass nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird.
Der Beitrag setzt sich insbesondere mit den verfahrensrechtlichen Besonderheiten infolge der geänderten BFH-Rechtsprechung auseinander.
Bei laufenden Einspruchs- bzw. Klageverfahren ist die Rechtsprechung in anhängigen Verfahren gegen Erstfestsetzungen uneingeschränkt zu berücksichtigen (§ 367 Abs. 2 AO, §§ 155 FGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO).
Bei unanfechtbaren Bescheiden ist für eine Berücksichtigung der Rechtsprechung die Anwendbarkeit einer Korrekturvorschrift erforderlich. Bei bestandskräftigen Erstveranlagungen sind die Vorschriften des § 177 bzw. § 351 AO zu beachten. Soweit die Festsetzung nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung steht bzw. vorläufig ist, kommt eine Berücksichtigung daher nur in Betracht, soweit die Änderung reicht.
Sollte die Veranlagung nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO ergangen sein, kommt nach Auffassung des Verfassers eine Änderung gem. § 165 Abs. 2 AO in Betracht. Seit August 2013 ergehen die Einkommensteuerfestsetzungen maschinell vorläufig hinsichtlich „des Abzugs einer zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit oder Pflege als außergewöhnliche Belastung“. Es sprechen gute Gründe dafür, dass der Vorläufigkeitsvermerk auch die stufenweise Berechnung der zumutbaren Belastung erfasse.
Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung - Die Neuregelungen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes
Harder-Buschner, NWB 32/2017, S. 2.417
Am 07.07.2017 hat der Bundesrat dem Betriebsrentenstärkungsgesetz zugestimmt. Zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung sind Vereinfachungen und Flexibilisierungen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung vorgesehen. Außerdem wird eine neue steuerliche Förderung (BAV Förderbetrag) in Form eines Zuschussmodells eingeführt.
Erhöhung der steuerfreien Dotierung der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung
Der steuerfreie Höchstbetrag in der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung wird von 4 Prozent auf 8 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung („BBG“ oder „BBG West“) angehoben. Im Gegenzug wird der zusätzliche Höchstbetrag von 1.800 € aufgehoben. Der zusätzliche Höchstbetrag von 1.800 € dient bisher als Ausgleich für den Wegfall der Pauschalierungsmöglichkeit nach § 40b a. F.  EStG Damit es wegen des neuen Höchstbetrags nicht zu einer doppelten steuerlichen Förderung kommt (zusätzliche Steuerfreiheit von 4 Prozent der BBG zzgl. 1.752 € pauschalierungsfähig), sind auf den steuerfreien Höchstbetrag Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung anzurechnen, die nach § 40b a. F. EStG pauschal besteuert werden
BAV-Förderbetrag
Mit dem neuen § 100 wird zum 01.01.2018 ein Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung eingeführt. Der BAV-Förderbetrag ist ein staatlicher Zuschuss zu einem vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleisteten Beitrag zur betrieblichen Altersversorgung von Arbeitnehmern mit geringem Einkommen (Bruttoarbeitslohn von monatlich nicht mehr als 2.200 €). Gefördert werden Beiträge von mindestens 240 € bis höchstens 480 Euro im Kalenderjahr. Der staatliche Zuschuss beträgt 30 % des gesamten zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags, also mindestens 72 € bis höchstens 144 €. Er wird dem Arbeitgeber im Wege der Verrechnung mit der von ihm abzuführenden Lohnsteuer gewährt.
Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge - Die Neuregelungen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes
Emser, Roth, NWB 33/2017, S. 2.490
Anmerkung:
Im Betriebsrentenstärkungsgesetz sind – neben der Förderung der betrieblichen Altersversorgung – auch Maßnahmen enthalten, um die steuerlich geförderte private Altersvorsorge attraktiver zu gestalten
Erhöhung der Zulage
Die Riester-Grundzulage wird ab dem 01.01.2018 von 154 € auf 175 € pro Jahr erhöht.
Verfahrensverbesserungen
Beamte, Richter, Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit u. ä., die einen Riester-Vertrag haben, müssen einwilligen, dass die Besoldungsstelle ihre Besoldungsdaten an die ZfA übermittelt. Die ZfA benötigt diese Daten, um die Zulage berechnen zu können. Die Einwilligung muss bisher bei Beamten etc. bis zwei Jahre nach dem Ablauf des jeweiligen Beitragsjahres erteilt worden sein. Ab 2019 ist die Einwilligung nun grundsätzlich im Beitragsjahr zu erteilen. Stellt sich dann heraus, dass diese vergessen wurde, kann die Einwilligung nachträglich, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Festsetzungsverfahrens nachgeholt werden. Dies hat den Vorteil, dass die fehlende Einwilligung früher bemerkt wird, der Fehler behoben werden kann und die Zulagenförderung nicht verloren geht
Kleinbetragsrentenabfindung
Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, die auf geförderten Beiträgen beruhen (u. a. nach § 10a/XI. Abschnitt EStG) werden nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG voll nachgelagert besteuert. Um die steuerlichen Folgen der Kleinbetragsrentenabfindung abzumildern, ist die Tarifermäßigung nach § 34 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2018 nun entsprechend und von Amts wegen anzuwenden. Bei Neuverträgen ab 2018 muss der Vertragspartner das Recht erhalten, den Auszahlungszeitpunkt auf den 01.01. des darauffolgenden Jahres zu verschieben.
Grundsicherung
Durch die Schaffung eines neuen Freibetrags in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung werden Riester-Renten zukünftig bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen nicht mehr voll angerechnet. Es wird ein Grundfreibetrag in Höhe von 100 Euro monatlich für die Bezieher dieser Leistungen gewährt. Ist die Riester-Rente höher als 100 Euro, ist der übersteigende Betrag zu 30 % anrechnungsfrei. Auf diese Weise können bis zu 202 Euro anrechnungsfrei gestellt werden. Die Deckelung greift immer dann, wenn der zu gewährende Freibetrag diesen Betrag übersteigt.
Neues zur Gestellung und Abrechnung von Job-Bikes - Nettolohnoptimierung durch Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern an Arbeitnehmer
Seifert, NWB 33/2017, S. 2.500
Anmerkung:
Die OFD NRW hat mit Verfügung v. 17.05.2017 eine Kurzinfo LSt zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern an Arbeitnehmer erlassen.
Wenn ein Arbeitnehmer ein (Elektro-)Fahrrad zur privaten Nutzung bzw. zur Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zur Verfügung gestellt bekommt, hat dieser einen geldwerten Vorteil zu versteuern. Die Bewertung richtet sich nach § 8 Abs. 2 u. 3 KStG.
Erwirbt der Arbeitnehmer nach Beendigung der Leasingzeit das (Elektro-)Fahrrad ist erneut ein geldwerter Vorteil zu versteuern, wenn der zu zahlende Preis den Marktpreis unterschreitet. Als Marktpreis legt die Finanzverwaltung nach 36 Monaten Nutzungsdauer vereinfachend einen Betrag von 40 % der auf volle 100 € abgerundeten Herstellerpreisempfehlung im Zeitpunkt der Inbetriebnahme einschließlich Umsatzsteuer zugrunde.
Behandlung der Vertragsarztzulassung beim Praxiserwerb - Aktuelle Entscheidungen des BFH vom 21.2.2017 - VIII R 7/14, VIII R 56/14 und VIII R 24/16
Levedag, NWB 34/2017, S. 2.584
Anmerkung:
Mit drei Urteilen v. 21.02.2017, VIII R 7/14, VIII R 56/14 u. VIII R 24/16 hat der BFH entschieden, dass die Übertragung von Vertragsarztpraxen den Erwerber nur dann zur Vornahme einer AfA berechtigt, wenn Erwerbsgegenstand die gesamte Praxis und nicht nur eine Vertragsarztzulassung ist.
Wird eine Vertragsarztpraxis samt der zugehörigen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter der Praxis, insbesondere des Praxiswerts, als Chancenpaket erworben, ist der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt untrennbar im Praxiswert als abschreibbares immaterielles Wirtschaftsgut enthalten.
Wird hingegen ausschließlich die Vertragsarztzulassung übertragen, ist eine AfA nicht möglich. Der Inhaber kann eine ihm unbefristet erteilte Vertragsarztzulassung, solange er sie inne hat, gleichbleibend in Anspruch nehmen. Er kann zudem den aus ihr resultierenden wirtschaftlichen Vorteil im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens gem. § 103 SGB V durch eine Überleitung der Zulassung auf einen Nachfolger verwerten. Daher erschöpfe sich der Wert des immateriellen Wirtschaftsgutes des wirtschaftlichen Vorteils aus der Vertragsarztzulassung nicht in einer bestimmten bzw. bestimmbaren Zeit.
Streitfragen bei der Anwendung der Abgeltungsteuer – Zugleich Anm. zu FG Köln vom 18.01.2017 – 9 K 267/14
Weiss, DB 33/2017, S. 1.871
Anmerkung:
Mit Urteil v. 18.01.2017, 9 K 267/14 hat das FG Köln entschieden, dass § 32d EStG auf mittelbare Beteiligungen keine Anwendung findet.
Im Urteilsfall war der Kläger zu 85 % an der B-GmbH beteiligt. Die B-GmbH war wiederum zu 24 % an der A-GmbH beteiligt. Strittig ist, ob Refinanzierungszinsen nach dem Ausfall der mit den Refinanzierungsdarlehen finanzierten Kredite des Klägers an die A-GmbH Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen darstellen und ob der Ausfall der an die A- GmbH ausgereichten Darlehen zu einem entsprechend hohen Verlust führt.
Nach Ansicht des FG Köln kommt ein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 9 S. 1 Hs. 2 EStG nicht in Betracht. Gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1b S. 1 EStG gilt § 20 Abs. 9 EStG dann nicht, wenn die Kapitalerträge von einer Gesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an dieser Gesellschaft beteiligt ist. Das war beim Kläger nicht der Fall. Denn eine lediglich mittelbare Beteiligung an der Darlehensschuldnerin reicht für die Anwendung der vorgenannten Vorschrift nach Ansicht des FG Köln nicht aus. Auch § 32d Abs. 2 S. 1 Bst. a EStG sei nicht einschlägig, da das Tatbestandsmerkmal des „Nahestehens“ einen beherrschenden Einfluss des Klägers auf die A-GmbH erfordere. Dieser habe jedoch nicht vorgelegen, da dafür erforderlich sei, dass der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibe.
 
 

4.   Körperschaftsteuerrecht

4.1.  NWB

Der steuerliche Verlustabzug kann nicht beliebig eingeschränkt werden - BVerfG erklärt § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG mit Beschluss vom 29.3.2017 - 2 BvL 6/11 für verfassungswidrig
Dörr, NWB 35/2017, S. 2.661
Anmerkung:
Mit Beschluss v. 29.03.2010, 2 BvL 6/11 hat das BVerfG entschieden, dass die Regelung in § 8c S. 1 KStG, wonach der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft anteilig wegfällt, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 % und bis zu 50 % der Anteile übertragen werden (schädlicher Beteiligungserwerb), mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar ist. Gleiches gilt für die wortlautidentische Regelung in § 8c Abs. 1 S. 1 KStG in ihrer bis 31.12.2015 geltenden Fassung. Ob durch Einführung von § 8d KStG mit Wirkung vom 01.01.2016 der Anwendungsbereich von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG in einer Weise reduziert worden ist, dass die Norm nunmehr den Anforderungen von Art. 3 Abs. 1 GG genügt, bedarf gesonderter Betrachtung. Der Gesetzgeber hat bis zum 31.12.2018 rückwirkend für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2015 den festgestellten Verfassungsverstoß zu beseitigen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, tritt am 01.01.2019 im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens die Nichtigkeit von § 8c S. 1 KStG (jetzt § 8c Abs. 1 S. 1 KStG) ein.
Darüber hinaus hat das FG Hamburg mit Beschluss v. 29.08.2017, 2 K 245/17 dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 8c S. 2 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (jetzt § 8c Abs. 1 S. 2 KStG) verfassungswidrig ist. Gegenstand der neuen Vorlage an das BVerfG ist die Regelung in § 8c S. 2 KStG a.F., wonach der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft sogar vollständig wegfällt, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile übertragen werden.

4.2.  DStR

Zum Standort der Einkommenszurechnung in Organschaftsfällen Richtungswechsel durch das BFH-Urteil v. 12.10.2016 – I R 92/12
Pohl, DStR 31/2017, S. 1.687
Anmerkung:
Mit Urteil v. 12.10.2016, I R 92/12 hat der BFH entschieden, dass negative Einkünfte des Organträgers i. S. d. § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG nur dann vorliegen, wenn bei diesem nach Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft ein Verlust verbleibt.
Gem. § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG bleiben negative Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt, soweit sie in einem ausländischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berücksichtigt werden.
Im Verfahren I R 92/12 war die Klägerin (eine KG) Organträgerin mehrerer inländischer Organgesellschaften. Das zugerechnete Einkommen gem. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG überstieg die (negativen) Einkünfte der Klägerin. An der Klägerin war u.a. eine niederländische Kapitalgesellschaft beteiligt. Strittig war, ob § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG einer Berücksichtigung der „negativen Einkünfte“ des Organträgers im Inland entgegensteht. Da der BFH von einer Zurechnung gem. § 14 KStG bereits auf Ebene der Einkünfteermittlung (und nicht erst  bei der Einkommensermittlung) ausging, war § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG nicht anwendbar.
Nach Ansicht des Verfassers ist das Urteil, das zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG ergangen ist, auch für andere Rechtsnormen von Bedeutung (z. B. den Spendenabzug gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG und den Anrechnungshöchstbetrag gem. § 26 KStG.).
Der neue § 8d KStG und die Fortführung des Geschäftsbetriebs: Verlustnutzung mit unternehmerischer Entwicklung vereinbar – auch in Sanierungsfällen
Röder, DStR 32/2017, S. 1.737
Anmerkung:
Mit Wirkung zum 01.01.2016 wurde § 8d KStG („fortführungsgebundener Verlustvortrag“) in das Körperschaftsteuergesetz aufgenommen. § 8d KStG ermöglicht es unter engen Voraussetzungen und auf Antrag, dass nicht genutzte Verluste i. S. d. § 8c KStG trotz schädlichen Beteiligungserwerbs erhalten bleiben.  Wesentliche Voraussetzung für den Erhalt der Verluste ist es, dass in einem dreijährigen Beobachtungszeitraum ausschließlich derselbe Geschäftsbetrieb betrieben worden ist. Weiterhin darf keines der in § 8d Abs. 2 KStG aufgezählten schädlichen Ereignisse eintreten. Liegen die Voraussetzungen vor, sind die nicht aufgebrauchten Verluste als sog. fortführungsgebundener Verlustvortrag zu behandeln. Bei Eintritt eines der schädlichen Ereignisse geht der fortführungsgebundene Verlustvortrag unter.
Kritisiert an der Regelung wird insbesondere, dass in den Fällen des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG (anteiliger Verlustuntergang) sämtliche Verluste in den fortführungsgebundenen Verlustvortrag eingehen und es bei Eintritt eines schädlichen Ereignisses somit zu einem vollständigen (und nicht lediglich anteiligen) Verlustuntergang kommt.
Der Verfasser spricht sich dafür aus, dass infolge der Rechtsprechung des BVerfG die Regelung des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG gestrichen werden solle, so dass Verluste nur vom Untergang bedroht wären, wenn mehr als 50 % der Anteile auf einen neuen Erwerber übergingen.

5.   Bilanzsteuerrecht

Der „neue“ Realteilungserlass ist überholt! Zum Realteilungsbegriff nach den BFH-Urteilen v. 16.3.2017 und v. 30.3.2017
Stenert, DStR 33-34/2017, S. 1.785
Anmerkung:
Nachdem der BFH mit Urteil v. 17.09.2015, III R 49/13 entschieden hatte, dass auch das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft unter Mitnahme eines Teilbetriebs eine Realteilung i. S. § 16 Abs. 3 S. 2 ff EStG darstellt, hatte die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben v. 20.12.2016, BStBl 2017 I S. 36 den Realteilungserlass überarbeitet. Die Finanzverwaltung wollte dabei die Erweiterung des Realteilungsbegriffs ausschließlich auf die Fälle des Ausscheidens unter Übernahme eines Teilbetriebs (nicht lediglich einzelne Wirtschaftsgüter) beschränken.
Mit zwei weiteren Urteilen v. 16.03.2017, IV R 31/14 und v. 30.03.2017, IV R 11/15 hatte der BFH erneut Gelegenheit sich mit der steuerlichen Behandlung der Realteilung zu befassen.
Nach dem BFH-Urteil v. 30.03.2017, IV R 11/1 liegt eine gewinnneutrale Realteilung in allen Fällen der Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters vor, wenn er die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiter als Betriebsvermögen verwendet. So wird eine Buchwertfortführung auch dann ermöglicht, wenn der ausscheidende Gesellschafter lediglich Einzelwirtschaftsgüter ohne sog. Teilbetriebseigenschaft erhält. Damit wendet sich der BFH ausdrücklich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung.
Der Auflösung der Gesellschaft mit anschließender Verteilung der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern wird damit das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer fortbestehenden Gesellschaft gleichgestellt. Den ersten Fall bezeichnet der BFH als „echte Realteilung“, beim Ausscheiden aus der fortbestehenden Gesellschaft gegen Abfindung mit Gesellschaftsvermögen handelt es sich um eine „unechte Realteilung“.
Im Fall des Urteils vom 30. März 2017 hatte ein Gesellschafter seinen Anteil an einer KG zunächst in eine neu gegründete Ein-Mann-GmbH & Co. KG eingebracht, die dann sogleich unter demselben Datum aus der KG ausschied. Zur Abfindung erhielt die ausscheidende neue Gesellschaft alle Wirtschaftsgüter eines nicht als Teilbetrieb organisierten Geschäftsbereichs der KG, den sie anschließend fortführte. Der BFH hielt diesen Vorgang für eine gewinnneutrale unechte Realteilung.
 

6.   Sonstiges

6.1.  Der Betrieb

Zweites Gesetz zur Entlastung insb. der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie – Zweites Bürokratieentlastungsgesetz –
Gebusch, Zang, DB 31/2017, S. 1.734
Anmerkung:
Vgl. Anmerkung zu Hechtner in NWB 23/2017, S. 1.724

Neueste Einträge