Rechtsprechung KW 22 - 2022

 

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Freibeträge bei Zusammentreffen mehrerer Nacherbschaften
Haben mehrere Erblasser denselben Vorerben und nach dessen Tod denselben Nacherben eingesetzt, steht dem Nacherben auf Antrag für alle der Nacherbfolge unterliegenden Erbmassen insgesamt lediglich ein Freibetrag zu.

Der Nacherbe muss in seinem Antrag angeben, welches Verhältnis zu welchem ursprünglichen Erblasser der Versteuerung zugrunde gelegt werden soll. Danach richten sich der Freibetrag und die Steuerklasse für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen.

BFH v. 01.12.2021, II R 1/20

Hinweis
Auf Antrag ist der Versteuerung das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen (§ 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG). Geht in diesem Fall auch eigenes Vermögen des Vorerben auf den Nacherben über, sind beide Vermögensanfälle hinsichtlich der Steuerklasse getrennt zu behandeln (§ 6 Abs. 2 S. 3 ErbStG). Für das eigene Vermögen des Vorerben kann ein Freibetrag jedoch nur gewährt werden, soweit der Freibetrag für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen nicht verbraucht ist (§ 6 Abs. 2 S. 4 ErbStG). Die Steuer ist für jeden Erwerb jeweils nach dem Steuersatz zu erheben, der für den gesamten Erwerb gelten würde (§ 6 Abs. 2 S. 5 ErbStG).

Im Jahre 1966 verstarb der Großvater, im Jahre 1992 die Großmutter der Kläger. Die Großeltern hatten die Tante der Kläger als Vorerbin und auf deren Tod u. a. die Kläger als Nacherben eingesetzt. Die Tante verstarb im Jahr 2015 und wurde ihrerseits u. a. durch die Kläger als Miterben beerbt. Der Vater der Kläger war bereits vor der Vorerbin verstorben. In der Erbschaftsteuererklärung stellten die Kläger Anträge nach § 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG, der Versteuerung der Nacherbfälle ihr Verwandtschaftsverhältnis zu den Großeltern zugrunde zu legen. In den Erbschaftsteuerbescheiden gegenüber den Klägern berücksichtigte das FA Freibeträge von 400.000 € pro Erben. Mit ihren Einsprüchen sowie ihren Klagen vertraten die Kläger die Auffassung, jedem von ihnen stehe der Freibetrag i. H. v. 400.000 € zweimal zu, nämlich ein Freibetrag für jede Nacherbschaft, da es sich jeweils um zwei Nacherbschaften handele. Während des Klageverfahrens wurden die bisherigen Steuerfestsetzungen aus im Revisionsverfahren nicht streitigen Gründen geändert und die Erbschaftsteuer bei beiden Klägern heraufgesetzt. In den Bescheiden wurde jeweils nach der Herkunft des Vermögens nach den Erblassern und nach der Vorerbin unterschieden. Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs der Klägerin verrechnete das FA den negativen Erwerb nach der Vorerbin mit dem positiven Erwerb aus den Nacherbschaften. Die jeweiligen Erwerbe der Kläger blieben i. H. v. 400.000 € steuerfrei. Die Bescheide wurden Gegenstand des Klageverfahrens vor dem FG.

Der BFH hat entschieden, dass dem Nacherben auf Antrag für alle der Nacherbfolge unterliegenden Erbmassen insgesamt lediglich einmal ein Freibetrag zusteht, wenn mehrere Erblasser denselben Vorerben und nach dessen Tod denselben Nacherben einsetzen. Der Nacherbe muss in seinem Antrag angeben, welches Verhältnis zu welchem ursprünglichen Erblasser der Versteuerung zugrunde gelegt werden soll. Danach richten sich der Frei-betrag und die Steuerklasse für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen.

Der Anfall der Nacherbschaft gilt grundsätzlich als Erwerb vom Vorerben.

Die Fiktion des § 6 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ErbStG wird durch die Möglichkeit nach § 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG, die Erbschaft als vom Erblasser stammend zu behandeln, zwar modifiziert, nicht aber aufgehoben. Haben mehrere Erblasser denselben Vorerben und auf dessen Tod denselben Nacherben eingesetzt, steht dem Nacherben auf Antrag für alle der Nacherbfolge unterliegenden Erbmassen insgesamt lediglich ein Freibetrag zu, der sich nach dem Verhältnis zu demjenigen Erblasser richtet, für den es der Nacherbe beantragt.

Soweit dieser nicht verbraucht ist, verbleibt ein Freibetrag für das Vermögen des Vorerben. Zwar enthält § 6 ErbStG keine ausdrückliche Regelung zur Gewährung von Freibeträgen bei Zusammentreffen mehrerer Nacherbschaften, doch ergibt sich dieses Ergebnis aus dem Regelungskonzept der Vorschrift. Der Nacherbe muss in seinem Antrag angeben, welches Verhältnis zu welchem ursprünglichen Erblasser der Versteuerung zugrunde gelegt werden soll. Danach richten sich der Freibetrag und die Steuerklasse für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen. Der Antrag nach § 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG kann von jedem Nacherben individuell gestellt werden. Er ist spätestens bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung gegenüber dem Finanzamt abzugeben. Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht entschieden, dass bei den Erwerben der Kläger jeweils ein persönlicher Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i. H. v. 400.000 € zu berücksichtigen war, da es sich bei den beiden Klägern um Enkel der verstorbenen Erblasser handelt und der Vater der Kläger vorverstorben war. Die Kläger haben entsprechende Anträge gestellt. Die Verrechnung des negativen Erwerbs von der Vorerbin mit dem positiven Erwerb aus den Nacherbschaften war zulässig. Weitere Besteuerungsmerkmale stehen nicht in Streit.
 

1.2.Umsatzsteuer

Steuerentstehung bei Vermittlungsleistungen
Die Vereinbarung einer Ratenzahlung begründet keine Uneinbringlichkeit i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

Die Steuerentstehung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Bst. a S. 1 UStG ist nicht auf bereits fällige Entgeltansprüche beschränkt.

Eine Teilleistung i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Bst. a S. 3 UStG, bei der für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird, erfordert eine Leistung mit kontinuierlichem oder wiederkehrendem Charakter.

BFH v. 01.02.2022, V R 37/21 (V R 16/19)

Hinweis
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Bst. a S. 1 UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 63 MwStSystRL, wonach Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt eintreten, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Bst. a S. 2 UStG ordnet eine Steuerentstehung mit Leistungsausführung auch für Teilleistungen an. Teilleistungen liegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Bst. a S. 3 UStG vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Die nationale Regelung für Teilleistungen beruht auf Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL. Geben Lieferungen von Gegenständen, die nicht die Vermietung eines Gegenstands oder den Ratenverkauf eines Gegenstands i. S. d. Art. 14 Abs. 2 Bst. b MwStSystRL betreffen, und Dienstleistungen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass, gelten sie jeweils als mit Ablauf des Zeitraums bewirkt, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen.

Die Klägerin versteuert ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten. Sie erbrachte im Streitjahr 2012 eine steuerpflichtige Vermittlungsleistung an die T GmbH (GmbH) auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung v. 07.11.2012. Danach hatte die GmbH die Klägerin beauftragt, im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages über ein Grundstück vermittelnd tätig zu werden. Als Gegenleistung war vereinbart, dass die Klägerin von der GmbH ein Honorar i. H. v. 1.000.000 € zzgl. USt erhält. Das vereinbarte Honorar sollte in fünf Teilbeträgen von jeweils 200.000 € zzgl. USt gezahlt werden. Die Teilbeträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig und der erste Teilbetrag war am 30.06.2013 zu zahlen. In den Folgejahren erstellte die Klägerin Rechnungen mit Steuerausweis über die jeweiligen Teilbeträge zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, vereinnahmte und versteuerte dementsprechend.

Das FA ging davon aus, dass die Klägerin aufgrund der bereits im Streitjahr 2012 steuerpflichtig erbrachten Vermittlungsleistung das gesamte Vermittlungshonorar zu versteuern habe. Dem Einwand der Klägerin, dass sie in den Jahren 2013 bis 2018 noch weitere Vermarktungsleistungen zu erbringen hatte und dass eine jährliche Zahlung von 200.000 € unter der Bedingung geschuldet sei, dass das Projekt eine entsprechende Entwicklung nehme, folgte das FA ebenso wenig wie einer Ergänzungsvereinbarung v. 15.03.2016, nach der ein sog. Leadmakler-Vermarktungsauftrag mit Erfolgshonorar zustande gekommen sei, nach dem der Auftragnehmer das vertragsgegenständliche Grundstück an den Auftraggeber vermittelt und das hierfür vom Auftraggeber entwickelte Gesamtprojekt durch aktive Begleitung der weiteren Vermarktung unterstützt habe.

Der BFH hat entschieden, dass die Vereinbarung einer Ratenzahlung keine Uneinbringlichkeit i. S. v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG begründet. Die Steuerentstehung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Bst. a S. 1 UStG ist nicht auf bereits fällige Entgeltansprüche beschränkt. Eine Teilleistung i. S. v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Bst. a S. 3 UStG, bei der für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird, erfordert eine Leistung mit kontinuierlichem oder wiederkehrendem Charakter.

Das Urteil ist die Nachfolgeentscheidung zum EuGH Urteil X Beteiligungsgesellschaft v. 28.10.2021, C 324/20. Der EuGH hat in dem Urteil entschieden, dass die Nichtbezahlung eines Teilbetrags der Vergütung vor seiner Fälligkeit bei Vorliegen einer Ratenzahlungsvereinbarung nicht als Nichtbezahlung des Preises einzustufen ist und deshalb nicht die Steuerbemessungsgrundlage mindert. Dem schließt sich der Senat bei Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG an, so dass diese nicht bereits aufgrund der Vereinbarung einer Ratenzahlung vorliegt. Weiterhin hat der EuGH entschieden, dass der Steueranspruch gem. Art. 63 MwStSystRL zum Zeitpunkt der Ausführung des jeweiligen Umsatzes unabhängig davon entsteht, ob die für diesen Umsatz geschuldete Gegenleistung bereits entrichtet wurde. Daher schuldet der Lieferer oder der Dienstleistungserbringer dem Fiskus die Mehrwertsteuer, selbst wenn er von seinem Kunden noch keine Zahlung für den bewirkten Umsatz erhalten hat. Dementsprechend kommt eine Einschränkung der Sollbesteuerung dergestalt, dass der Unternehmer nur bereits fällige Entgeltansprüche zu versteuern hat, nicht in Betracht. Der EuGH sieht insoweit den Umstand, dass die Steuerpflichtigen die Mehrwertsteuer, die sie an den Staat zu entrichten haben, vorfinanzieren müssen, wenn sie einmalige Leistungen erbringen, deren Vergütung ratenweise erfolgt, als unbeachtlich an.
 

1.3.Einkommensteuer

Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines PKW bei der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags und einer Sonderabschreibung nach § 7g EStG
Ein Steuerpflichtiger kann die Anteile der betrieblichen und der außerbetrieblichen Nutzung eines PKW, für den er einen Investitionsabzugsbetrag und eine Sonderabschreibung nach § 7g EStG in Anspruch genommen hat, nicht nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, sondern auch durch andere Beweismittel nachweisen (Anschluss an BFH-Urteil vom 15.07.2020 - III R 62/19, BFHE 271, 71).

BFH v. 16.03.2022, VIII R 24/19

Hinweis
Gem. § 7g Abs. 1 S. 1 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung ist der Investitionsabzugsbetrag gewinnerhöhend hinzuzurechnen (§ 7g Abs. 2 S. 1 EStG). Soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach Absatz 2 hinzugerechnet wird, ist der Abzug rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 EStG).

Erfolgt eine Anschaffung oder Herstellung innerhalb der Dreijahresfrist, ist der Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen, wenn das Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (§ 7g Abs. 4 S. 1 EStG). Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden vier Jahren können neben den Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden (§ 7g Abs. 5 EStG). Dies setzt ebenfalls voraus, dass das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (§ 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG). Sowohl bei der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags gem. § 7g Abs. 1 - 4 EStG als auch bei der Sonderabschreibung gem. § 7g Abs. 5 EStG ist eine betriebliche Nutzung von mindestens 90 % erforderlich.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und ermittelt seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss­rechnung. In den Streitjahren 2009 und 2013 bildete er für die geplante Anschaffung von PKW Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG. Tatsächlich schaffte er innerhalb der Reinvestitionsfristen jeweils gebrauchte Fahrzeuge vom Typ A an, die er dem Betriebsvermögen zuordnete. Im Betriebsvermögen des Klägers wurde darüber hinaus ein PKW vom Typ B geführt, der von der Klägerin, die als Angestellte in der Kanzlei des Klägers tätig war, auch für private Fahrten genutzt wurde. Für Privatfahrten standen dem Kläger außerdem bis Januar 2014 ein PKW vom Typ C, von Februar 2014 bis November 2016 ein PKW vom Typ D und von Dezember 2016 bis Dezember 2017 ein Fahrzeug vom Typ E zur Verfügung. Da er keine Fahrtenbücher führte, ermittelte er die Privatnutzung nach der 1 %-Methode. Aus diesem Grund ging das Finanzamt nicht von einer fast ausschließlich betrieblichen Nutzung der Fahrzeuge aus und versagte die Investitionsabzugsbeträge. Im Rahmen einer Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die in den Streitjahren angeschafften PKW seien auch für private Zwecke genutzt worden. Die von dem Kläger geführten Aufzeichnungen über die betrieblichen Fahrten seien nicht als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch anzuerkennen. Der private Nutzungsanteil sei daher nach der sog. 1 % Methode zu berechnen. Dementsprechend könne nicht davon ausgegangen werden, dass die beiden Fahrzeuge ausschließlich bzw. fast ausschließlich betrieblich genutzt worden seien. Die in den Streitjahren gebildeten Investitionsabzugsbeträge und die in Anspruch genommene Sonderabschreibung machte der Prüfer daher rückgängig.

Der BFH hat entschieden, dass ein Steuerpflichtiger die Anteile der betrieblichen und der außerbetrieblichen Nutzung eines PKW, für den er einen Investitionsabzugsbetrag und eine Sonderabschreibung nach § 7g EStG in Anspruch genommen hat, nicht nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, sondern auch durch andere Beweismittel nachweisen kann.

Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger die von ihm behauptete fast ausschließliche betriebliche Nutzung der beiden PKW nicht durch Vorlage von ordnungsgemäß geführten Fahrtenbüchern nachgewiesen hat. Insbesondere hat das FG festgestellt, dass die Aufzeichnungen nicht zeitnah geführt wurden und auch keine Kilometerstände oder Privatfahrten enthielten. Allerdings scheidet bei Vorliegen nicht ordnungsgemäßer Fahrtenbücher ein Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung im Rahmen von § 7g EStG nicht aus. Nach der neueren Rechtsprechung des III. Senats des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ist der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Er kann entsprechend der für die Aufklärung des Sachverhalts geltenden allgemeinen Grundsätze auch durch andere Beweismittel geführt werden. Insbesondere verlangt der Sinn und Zweck der Regelungen nicht, den in § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG vorgegebenen Weg zum Nachweis der privaten Nutzung von Kfz auf die in § 7g EStG geregelten Sachverhalte zu übertragen. Die Sätze 2 und 3 des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG stellen Ausnahmen von den allgemeinen Bewertungsregeln dar.

Es handelt sich jedoch nicht um Regelungen, die umfassend sämtliche Fälle der Bewertung der privaten Nutzung betrieblicher Fahrzeuge erfassen, denn sie betreffen lediglich die zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Kfz. Dementsprechend kann auch bei der Abgrenzung von Privatvermögen und gewillkürtem Betriebsvermögen die erforderliche mindestens 10%ige betriebliche Nutzung nicht allein durch ein Fahrtenbuch, sondern auch durch andere Aufzeichnungen belegt werden. Die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG geregelte Fahrtenbuchmethode, welche an die 1 % Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG anknüpft, stellt damit keine zu verallgemeinernde Vorschrift zum Nachweis der Anteile der privaten und der betrieblichen Nutzung von Kfz dar, so dass deren Anwendung ohne ausdrückliche gesetzliche Verweisung im Rahmen des § 7g EStG nicht in Betracht kommt.
 

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