Rechtsprechung KW 23 - 2021

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Vorfälligkeitsentschädigung als Nachlassverbindlichkeit
Wird nach Eintritt des Erbfalls ein Darlehen des Erblassers vorzeitig abgelöst, so ist die Vorfälligkeitsentschädigung mit ihrem Zinsanteil nicht gesondert als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Die Zinsen sind Teil der als Kapitalschuld zu bewertenden und als Erblasserschuld abziehbaren Darlehensverbindlichkeit.

Soweit die Vorfälligkeitsentschädigung neben ihrem Zinsanteil auch sonstige Elemente wie Kosten oder Gebühren enthält, richtet sich die Abzugsfähigkeit danach, ob die vorzeitige Kündigung des Darlehens eine Maßnahme der Nachlassregelung oder der Nachlassverwaltung war.

Hat ein Nachlasspfleger Kosten veranlasst, so richtet sich die Abziehbarkeit als Nachlassverbindlichkeit nach denselben Maßstäben, die auch bei den durch den Erben selbst veranlassten Kosten anzulegen sind.

BFH v. 02.12.2020, II R 17/18

Hinweis:
Als steuerpflichtiger Erwerb gilt gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist. Nach § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG gilt in den Fällen des § 3 ErbStG unbeschadet § 10 Abs. 10 ErbStG als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegt, die nach § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abgezogen werden. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG erfasst die sog. Erblasserschulden, § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG die sog. Erbfallschulden und § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG die sog. sonstigen Nachlassverbindlichkeiten.

Der Kläger ist einer von insgesamt 29 Erben der im Jahr 2013 verstorbenen Erblasserin. Da die Erben zunächst nicht bekannt waren, ordnete das Amtsgericht die Nachlasspflegschaft an und bestellte eine Nachlasspflegerin. Diese veräußerte mit Genehmigung des Gerichts vier der zum Nachlass gehörenden Grundstücke und löste damit für die Grundstücke aufgenommene Darlehen vorzeitig ab. Hierfür fielen Vorfälligkeitsentschädigungen an. Nachdem die Erben ermittelt worden waren, setzte das FA unter anderem gegenüber dem Kläger Erbschaftsteuer fest. Dieser machte die Vorfälligkeitsentschädigungen (anteilig) als Nachlassverbindlichkeiten geltend. Das FA lehnte den Abzug mit der Begründung ab, dass es sich um Kosten für die Verwaltung des Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG) handele.

Der BFH hat entschieden, dass die Vorfälligkeitsentschädigung mit ihrem Zinsanteil nicht gesondert als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig ist, wenn nach Eintritt des Erbfalls ein Darlehen des Erblassers vorzeitig abgelöst wird.

Die Vorfälligkeitsentschädigungen sind nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG oder nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abzugsfähig, sie sind Kosten für die Verwaltung des Nachlasses nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG. Aufwendungen im Zusammenhang mit der Tilgung von Erblasserschulden können nur als Nachlassregelungskosten abziehbar sein, wenn sie ihrerseits weder Zins noch Tilgung sind und die allgemeinen Voraussetzungen der Abziehbarkeit als Nachlassregelungskosten - in Abgrenzung zu den Nachlassverwaltungskosten - vorliegen. Das gilt auch für die vorzeitige Ablösung eines laufenden Darlehens durch eine Abschlusszahlung. Soweit die Vorfälligkeitsentschädigung neben ihrem Zinsanteil auch sonstige Elemente wie Kosten oder Gebühren enthält, richtet sich die Abzugsfähigkeit danach, ob die vorzeitige Kündigung des Darlehens eine Maßnahme der Nachlassregelung oder der Nachlassverwaltung war. Hat ein Nachlasspfleger Kosten veranlasst, so richtet sich die Abziehbarkeit als Nachlassverbindlichkeit nach denselben Maßstäben, die auch bei den durch den Erben selbst veranlassten Kosten anzulegen sind.

Nach diesen Maßstäben sind die streitigen Vorfälligkeitsentschädigungen nicht abziehbar. Die darin enthaltenen Zinsanteile können neben dem bereicherungsmindernden Ansatz der Darlehensverbindlichkeiten kein zweites Mal berücksichtigt werden, während etwaige sonstige Elemente (Kosten, Gebühren o. ä.) Kosten für die Verwaltung des Nachlasses nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG und damit nicht abzugsfähig sind.
 

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