Rechtsprechung KW 22 - 2021

1.Rechtsprechung

1.1.Einkommensteuer

Zum Geltungsbereich der Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 EStG
§ 7g Abs. 3 S. 2 EStG ermöglicht als spezielle Korrekturvorschrift lediglich eine punktuelle Rückgängigmachung des vom Steuerpflichtigen gemäß § 7g Abs. 1 EStG gewinnmindernd berücksichtigten Investitionsabzugsbetrages. Über diesen Rahmen hinausgehende Gewinn­änderungen können nur vorgenommen werden, wenn diese durch andere Änderungsnormen gedeckt sind. Dies gilt auch für Fehler, die dem FA im Zusammenhang mit der Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrages unterlaufen sind.

Auch die Hemmung der Festsetzungsverjährung gemäß § 7g Abs. 3 S. 3 EStG wirkt nur partiell. Sie tritt nur insoweit ein, als die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrages gemäß § 7g Abs. 3 S. 2 EStG betroffen ist.

BFH v. 25.03.2021, VIII R 45/18

Hinweis:
Gem. § 7g Abs. 3 S. 1 EStG ist der nach § 7g Abs. 1 EStG vorgenommene Abzug rückgängig zu machen, soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG hinzugerechnet wurde. Wurde der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern (§ 7g Abs. 3 S. 2 EStG).

Der Kläger hatte im Veranlagungszeitraum 2009 einen Investitionsabzugsbetrag gebildet. Da die Anschaffung der Wirtschaftsgüter unterblieben war, beabsichtigte das FA den IAB im Veranlagungszeitraum 2009 wieder hinzuzurechnen. Allerdings verminderte das FA versehentlich die Einkünfte anstatt sie zu erhöhen. Nachdem das FA den Fehler bemerkte erhöhte es die Einkünfte entsprechend. Als Rechtsgrundlage für die Änderung verwies das FA auf die Vorschrift des § 7g Abs. 3 S. 2 EStG.

Der BFH hat entschieden, dass § 7g Abs. 3 S. 2 EStG nur eine punktuelle Rückgängigmachung des gewinnmindernd berücksichtigten IAB ermöglicht. Über diesen Rahmen hinausgehende Gewinnänderungen können hingegen nur vorgenommen werden, wenn diese durch eine andere Änderungsnorm gedeckt sind.

§ 7g Abs. 3 S. 2 EStG enthält für die Fälle der Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrages eine spezielle Korrekturvorschrift i. S. des § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Bst. d AO für das Abzugsjahr. Diese wird in § 7g Abs. 3 S. 3 EStG durch eine besondere Regelung zur Ablaufhemmung für die Festsetzungsfrist ergänzt. Nach dieser endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem das dritte auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgende Wirtschaftsjahr endet.

Wie sich bereits aus dem Wortlaut ergibt, erlaubt die Norm die Änderung bestandskräftiger Steuer- oder Feststellungsbescheide nur insoweit, als dies der Rückgängigmachung eines gemäß § 7g Abs. 1 EStG vorgenommenen Abzugs dient. Die gegenteilige Auffassung des FA, nach der § 7g Abs. 3 EStG auch die Korrektur von Fehlern erlaubt, die im Zusammenhang mit der Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrages unterlaufen sind, lässt sich weder aus dem Wortlaut des § 7g Abs. 3 EStG noch aus der Gesetzesbegründung oder dem Sinn und Zweck der Norm herleiten. Im Streitfall war somit keine Änderung nach § 7g Abs. 3 S. 2 EStG möglich. Einer weiter gehenden Änderung des Bescheides steht der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen (§ 169 Abs. 1 S. 1 AO). Läge eine offenbare Unrichtigkeit i. S. d. § 129 AO vor und griffe die Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 2 AO ein, so wäre die Festsetzungsfrist in Bezug auf diese Korrekturmöglichkeit lediglich bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des fehlerhaften Bescheides gehemmt gewesen.


Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste nach § 20 Abs. 6 S. 5 EStG (jetzt § 20 Abs. 6 S. 4 EStG)
Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 20 Abs. 6 S. 5 EStG i. d. F. des UntStRefG 2008 vom 14.08.2007 (BGBl. I 2007, 1912) insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, als Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden dürfen.

BFH v. 17.11.2020, VIII R 11/18

Hinweis:
Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Abs. 2 S. 1 Nr. 1 S. 1, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 S. 1 Nr. 1 S. 1, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden (§ 20 Abs. 6 S. 4 Hs. 1 EStG).

Im Streitfall hatte der Kläger aus der Veräußerung von Aktien ausschließlich Verluste erzielt. Er beantragte, diese Verluste mit seinen sonstigen Einkünften aus Kapitalvermögen, die nicht aus Aktienveräußerungsgewinnen bestanden, zu verrechnen.

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist, dass nach § 20 Abs. 6 S. 5 EStG a. F. (jetzt § 20 Abs. 6 S. 4 EStG) Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien und nicht mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen.

Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 hat die Besteuerung von Kapitalanlagen, die dem steuerlichen Privatvermögen zuzurechnen sind, grundlegend neu gestaltet. Durch die Zuordnung von Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (u. a. Aktien) zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 S. 1 u. 2 EStG) unterliegen die dabei realisierten Wertveränderungen (Gewinne und Verluste) in vollem Umfang und unabhängig von einer Haltefrist der Besteuerung. Da Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich abgeltend mit einem speziellen Steuersatz von 25 % besteuert werden, sieht § 20 Abs. 6 S. 2 EStG vor, dass Verluste aus Kapitalvermögen nur mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden dürfen. Eine zusätzliche Verlustverrechnungsbeschränkung gilt für Verluste aus der Veräußerung von Aktien (§ 20 Abs. 6 S. 5 EStG). Diese dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern nur mit Gewinnen, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden. Nach der Gesetzesbegründung sollen dadurch Risiken für den Staatshaushalt verhindert werden. Nach Auffassung des BFH bewirkt § 20 Abs. 6 S. 5 EStG eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil sie Steuerpflichtige ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen erzielt haben. Eine Rechtfertigung für diese nicht folgerichtige Ausgestaltung der Verlustausgleichsregelung für Aktienveräußerungsverluste ergibt sich weder aus der Gefahr der Entstehung erheblicher Steuermindereinnahmen noch aus dem Gesichtspunkt der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen oder aus anderen außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszielen.
 

1.2.Sonstiges

Besteuerung des Einbringungsgewinns II
Nach § 22 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 22 Abs. 1 S. 2 UmwStG 2006 gilt zwar die Veräußerung der im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs erhaltenen Anteile als rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO (Rückwirkungsfiktion). Die Korrektur eines bereits bestandskräftig gewordenen Steuerbescheids zur Erfassung eines durch die Veräußerung ausgelösten Einbringungsgewinns II gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO setzt aber des Weiteren voraus, dass der Veräußerungstatbestand nach Erlass des zu ändernden Bescheids verwirklicht worden ist.

Wird die übernehmende Kapitalgesellschaft innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt, führt dies zu einer Veräußerung des eingebrachten Anteils i. S. des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006.

BFH v. 18.11.2020, I R 25/18

Hinweis:
Soweit im Rahmen eines Anteilstauschs i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft veräußert werden und der Einbringende keine durch § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Person ist, ist der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen gem. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG zu versteuern (Einbringungsgewinn II). Aus der in § 22 Abs. 2 S. 2 UmwStG angeordneten entsprechenden Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 2 UmwStG folgt, dass die Veräußerung der erhaltenen Anteile insoweit als rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO gilt.

Die Klägerin brachte Anteile an diversen Kapitalgesellschaften im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs in die B GmbH ein. Die B GmbH setzte die Anteile mit dem Buchwert an. 2 Jahre später wurde die B GmbH gem. § 190 UmwG in die OHG formwechselnd umgewandelt. Steuerlich wurde der Formwechsel gem. § 9 i. V. m. §§ 3 ff. UmwStG zu Buchwerten vollzogen. Das FA erblickte im Formwechsel eine innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist vollzogene Veräußerung i. S. d. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG und änderte deshalb gegenüber der Klägerin den Einkommensteuerbescheid gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO und erfasste auf diese Weise einen Einbringungsgewinn III.

Der BFH hat entschieden, dass die Korrektur eines bereits bestandskräftig gewordenen Steuerbescheids zur Erfassung eines durch die Veräußerung ausgelösten Einbringungsgewinn II gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO voraussetzt, dass der Veräußerungstatbestand nach Erlass des zu ändernden Bescheids verwirklicht worden ist. Der Formwechsel der übernehmenden Kapitalgesellschaft führt zu einer Veräußerung der eingebrachten Anteile i. S. d. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG.

§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO setzt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung voraus, dass das Ereignis, dem steuerliche Rückwirkung zukommt, nachträglich eingetreten ist. Konnte das Ereignis bereits bei Erlass des zu ändernden Bescheids berücksichtigt werden, greift die Änderungsnorm nicht ein. Im Streitfall ist der Formwechsel im September 2008 im Handelsregister eingetragen worden und hätte somit bei Erlass des Einkommensteuerbescheids vom 16.04.2010 berücksichtigt werden können. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist danach im Streitfall nicht einschlägig. Hätte das FA bei Erlass dieses Bescheids allerdings keine Kenntnis vom Formwechsel gehabt, dann wäre grundsätzlich der Anwendungsbereich des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO eröffnet. Der Formwechsel stellt eine Veräußerung des eingebrachten Anteils an der C GmbH durch die B GmbH dar. Tauschähnliche Vorgänge sind einer Veräußerung des von § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG angesprochenen eingebrachten Anteils gleichzustellen. § 22 Abs. 2 S. 5 Hs. 1 UmwStG, wonach die Regelungen über die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns II nicht anzuwenden sind, wenn der Einbringende die erhaltenen Anteile veräußert hat, ist im Streitfall nicht anzuwenden. Auch wenn der Formwechsel, wofür einiges spricht, aus Sicht der Klägerin als Veräußerung des erhaltenen Anteils an der B GmbH zu qualifizieren wäre, ist im Streitfall zu konstatieren, dass diese Veräußerung zeitlich nicht vor der durch den Formwechsel bewirkten Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die B GmbH erfolgt ist. Auch im Übrigen hat die Klägerin nicht über den erhaltenen Anteil an der B GmbH verfügt.


Gestaltungsmissbrauch bei Verschmelzung einer „Gewinngesellschaft“ auf eine „Verlustgesellschaft“
Einzelsteuergesetzliche Vorschriften zur Verhinderung von Steuerumgehungen, die tatbestandlich nicht einschlägig sind, schließen die Anwendung des § 42 AO nicht aus.

Bei der Prüfung des Vorliegens eines Missbrauchs i. S. des § 42 Abs. 2 AO sind diejenigen Wertungen des Gesetzgebers, die den von ihm geschaffenen einzelsteuergesetzlichen Vorschriften zur Verhinderung von Steuerumgehungen zugrunde liegen, zu berücksichtigen.

Wird eine „Gewinngesellschaft“ auf eine „Verlustgesellschaft“ verschmolzen und verrechnet diese die positiven Einkünfte der „Gewinngesellschaft“ des Rückwirkungszeitraums mit ihren eigenen Verlusten, dann stellt dies nach der Rechtslage des Jahres 2008 keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar. Dies gilt auch dann, wenn die „Gewinngesellschaft“ die Gewinne des Rückwirkungszeitraums bereits an ihre frühere Muttergesellschaft ausgeschüttet hatte.

BFH v. 17.11.2020, I R 2/18

Hinweis:
§ 42 Abs. 2 AO bestimmt, dass ein Missbrauch vorliegt, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt (Satz 1). Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (Satz 2).

Die Klägerin (A-GmbH) geriet Ende des Jahres 2008 aufgrund angespannter Liquiditätsverhältnisse in die Gefahr der Insolvenz. Die C-AG war zu 100 % an der D-GmbH, welche in den Jahren 2008 und 2009 Gewinne aus stehengelassenen Sicherungs- und Finanzgeschäften (Swaps) erzielte, beteiligt. Nach Vorabausschüttungen an die C-AG bestand das Vermögen der D-GmbH im Wesentlichen aus liquiden Mitteln und Steuerforderungen. Darüber hinaus waren Steuerrückstellungen passiviert. Mit notariell beurkundetem Vertrag veräußerte die C-AG am 23.02.2009 sämtliche Anteile an der D-GmbH an die Klägerin; dies steuerfrei aus § 8b KStG. Anschließend ist die D-GmbH mit Verschmelzungsvertrag vom 24.02.2009 rückwirkend auf den 01.07.2008 (steuerlicher Übertragungsstichtag am 30.06.2008) auf die Klägerin verschmolzen worden. Die Übertragung wurde nach § 11 Abs. 2 UmwStG zu Buchwerten und damit steuerneutral durchgeführt. Die Verschmelzung führte dazu, dass der Klägerin das Einkommen und das Vermögen der D GmbH zum steuerlichen Übertragungsstichtag (01.07.2008) zugerechnet wurde. Das auf den Rückwirkungszeitraum entfallende -positive - Einkommen der D GmbH wurde mit den Verlustvorträgen der Klägerin verrechnet. Das Finanzamt vertrat nach einer steuerlichen Betriebsprüfung die Auffassung, dass das durch die D-GmbH im Rückwirkungszeitraum erzielte Einkommen von derselben als Steuersubjekt zu versteuern sei. In der Anteilsübertragung und der anschließenden Verschmelzung sei ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch i. S. v. § 42 AO zu erkennen. Daher versagte das Finanzamt die Verrechnung mit den Verlustvorträgen der Klägerin und erließ daraufhin geänderte Bescheide für 2008 betreffend die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag.

Der BFH hat entschieden, dass die Verschmelzung der Gewinngesellschaft auf eine Verlustgesellschaft zur Verrechnung der positiven Einkünfte der Gewinngesellschaft mit den Verlusten der übernehmenden Gesellschaft keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darstellt.

Im Unterschied zu früheren Fassungen enthält § 42 AO in Abs. 1 S. 2 u. 3 nunmehr eine ausdrückliche Regelung zum Verhältnis einzelsteuergesetzlicher Umgehungsverhinderungsregelungen gegenüber der Missbrauchsklausel der AO. Der Wortlaut lässt keinen Zweifel daran, dass solche einzelsteuergesetzlichen Vorschriften die Anwendung des § 42 AO nur dann verdrängen, wenn sie tatbestandlich einschlägig sind. Sind sie tatbestandlich nicht einschlägig („anderenfalls“), dann wird § 42 AO nicht verdrängt.

Für eine gesetzestechnisch begründete „automatische“ Abschirmwirkung der einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschrift ist danach kein Raum. Bei der Prüfung des Vorliegens eines Missbrauchs i. S. d. § 42 Abs. 2 AO sind diejenigen Wertungen des Gesetzgebers, die den von ihm geschaffenen einzelsteuergesetzlichen Vorschriften zur Verhinderung von Steuerumgehungen zugrunde liegen, zu berücksichtigen. Wird eine „Gewinngesellschaft“ auf eine „Verlustgesellschaft“ verschmolzen und verrechnet diese die positiven Einkünfte der „Gewinngesellschaft“ des Rückwirkungszeitraums mit ihren eigenen Verlusten, dann stellt dies nach der Rechtslage des Jahres 2008 keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar. Dies gilt auch dann, wenn die „Gewinngesellschaft“ die Gewinne des Rückwirkungszeitraums bereits an ihre frühere Muttergesellschaft ausgeschüttet hatte.
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Umsatzsteuer

Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen; Verlängerung des zeitlichen Anwendungsbereichs des BMF-Schreibens vom 02.07.2020
Durch das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz vom 10.03.2021, BGBl. I S. 330 hat der Gesetzgeber die Gewährung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Höhe von 7 % für erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken über den 30.06.2021 hinaus befristet bis zum 31.12.2022 verlängert. Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben daher beschlossen, die in dem BMF-Schreiben vom 02.07.2020, BStBl. I S. 610 enthaltenen Verwaltungsregelungen zu verlängern.

BMF v. 03.06.2021

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Regelungen des BMF-Schreibens vom 02.07.2020, BStBl. I S. 610 über den 30.06.2021 hinaus befristet bis zum 31.12.2022 weiterhin anzuwenden.
 

2.2.Einkommensteuer

Einzelfragen zur Abgeltungsteuer
Das BMF hat Ergänzungen zum BMF-Schreiben v. 18.01.2016, BStBl. 2016 I S. 85 vorgenommen.

BMF v. 03.06.2021

Hinweis:
Verluste aus Kapitalvermögen i. S. d. Abs. 2 S. 1 Nr. 3 („Termingeschäfte“) dürfen nur in Höhe von 20.000 Euro mit Gewinnen i. S. d. Abs. 2 S. 1 Nr. 3 („Termingeschäfte“) und mit Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 11 („Stillhalterprämien“) ausgeglichen werden (§ 20 Abs. 6 S. 5 Hs. 1 EStG).
Das BMF stellt klar, dass zu den Termingeschäften insbesondere Optionsgeschäfte, Swaps, Devisentermingeschäfte und Forwards oder Futures sowie Contracts for Difference (CFDs) gehören. CFDs sind Verträge zwischen zwei Parteien, die auf die Kursentwicklung eines bestimmten Basiswerts spekulieren. Basiswerte können beispielsweise Aktien, Indizes, Währungspaare oder Zinssätze sein. Zertifikate und Optionsscheine gehören hingegen nicht zu den Termingeschäften.

Der Verlustausgleich nach § 20 Abs. 6 S. 5 („Termingeschäfte“) und 6 („Ausbuchungsverluste“) EStG findet nur im Rahmen der Veranlagung statt.

Für die Verlustverrechnung in den Verlustverrechnungskreisen ist in der Veranlagung nach- folgende Reihenfolge zu berücksichtigen:
  1. Aktienveräußerungsgewinne/-verluste im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 4 EStG aus dem aktuellen Jahr; Aktienveräußerungsverluste im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 4 EStG aus dem aktuellen Jahr dürfen nur mit Aktienveräußerungsgewinnen verrechnet werden.
  2. Gewinne/Verluste aus Termingeschäften aus dem aktuellen Jahr (die nach dem 31.12.2020 entstanden sind); Verluste aus Termingeschäften i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 5 EStG aus dem aktuellen Jahr (die nach dem 31.12.2020 entstanden sind) dürfen bis zur Höhe von 20.000 € und nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und Einkünften aus Stillhalterprämien verrechnet werden.
  3. Verluste im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 6 EStG aus dem aktuellen Jahr (die nach dem 31.12.2019 entstanden sind) dürfen bis zur Höhe von 20.000 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.
  4. Sonstige Kapitalerträge/Verluste aus dem aktuellen Jahr; sonstige negative Einkünfte aus dem aktuellen Jahr im Sinne des § 20 EStG dürfen mit positiven Einkünften im Sinne des § 20 EStG verrechnet werden.
  5. Verlustvorträge im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 3 EStG aus Aktienveräußerungen i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 4 EStG dürfen nur mit nach Verrechnung gem. Ziffer 1, 3 und 4 verbleibenden Aktienveräußerungsgewinnen verrechnet werden.
  6. Verlustvorträge im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 3 EStG aus Termingeschäften im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 5 EStG (die nach dem 31.12.2020 entstanden sind) dürfen nur mit nach Verrechnung gem. Ziffer 2 bis 4 verbleibenden Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien nur bis zur Höhe von 20.000 € verrechnet werden.
  7. Verlustvorträge im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 3 EStG aus Verlusten im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 6 EStG (die nach dem 31.12.2019 entstanden sind) dürfen nur mit nach Verrechnung gemäß Ziffer 1 bis 6 verbleibenden Einkünften aus Kapitalvermögen und nur bis zur Höhe von 20.000 € verrechnet werden.
  8. Sonstige Verlustvorträge im Sinne des § 20 Abs. 6 S. 3 EStG dürfen mit positiven Einkünften nach Verrechnung gem. Ziffer 1 bis 7 i. S. d. § 20 EStG verrechnet werden.
 
Liebhaberei auf Antrag für PV-Anlagen und BHKW
Das BMF hat zur ertragsteuerlichen Behandlung kleiner Photovoltaikanlagen und vergleichbarer Blockheizkraftwerke ein Schreiben veröffentlicht.

BMF v. 02.06.2021

Hinweis:
Das BMF-Schreiben dient der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens, da bei Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung aufwändige und streitanfällige Ergebnisprognosen für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht weder erstellt noch geprüft werden müssen.

Die Regelungen gelten für Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW, die auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken einschließlich Außenanlagen (z. B. Garagen) installiert sind und nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen wurden. Bei der Prüfung, ob es sich um ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Ein-und Zweifamilienhaus handelt, ist ein eventuell vorhandenes häusliches Arbeitszimmer unbeachtlich. Gleiches gilt für Räume (z. B. Gästezimmer), die nur gelegentlich entgeltlich vermietet werden, wenn die Einnahmen hieraus 520 € im Veranlagungszeitraum nicht überschreiten (vgl. R 21.2 Abs. 1 S. 2 EStR).

Vergleichbare BHKW sind solche mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5 kW, wenn die übrigen Voraussetzungen der Ziff. I. erfüllt sind.

Bei den aufgeführten Photovoltaikanlagen und vergleichbaren BHKW ist auf schriftlichen Antrag der steuerpflichtigen Person aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass diese nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Bei ihnen liegt grundsätzlich eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre.
 

Neueste Einträge