Rechtsprechung KW 21 - 2021

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Verschonung von Betriebsvermögen
Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG i. d. F. des ErbStRG kann innerhalb des Zehnjahreszeitraums nur für den ersten Erwerb berücksichtigt werden.

Der Abzugsbetrag wird „berücksichtigt“, auch wenn er infolge Abschmelzung 0 € betragen hat.

BFH v. 23.02.2021, II R 34/19

Hinweis:
Nach § 13a Abs. 2 S. 1 ErbStG bleibt vorbehaltlich § 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG der nicht unter § 13b Abs. 4 ErbStG fallende Teil des Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 1 ErbStG außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150.000 € nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Nach § 13a Abs. 2 S. 2 ErbStG verringert sich der Abzugsbetrag von 150.000 €, wenn der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150.000 € übersteigt, um 50 % des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Nach § 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG kann der Abzugsbetrag innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden.

Im Jahr 2012 wurde auf die Kläger eine KG-Beteiligung übertragen. Der mögliche Abzugsbetrag i. H. von 150.000 € gem. § 13a Abs. 2 ErbStG kam aufgrund Abschmelzung nicht zur Anwendung. Diese Schenkung war nicht Gegenstand des Verfahrens. 2014 wurde auf die Kläger eine weitere KG-Beteiligung von derselben Person übertragen. Die Kläger begehrten für diese Anteilsübertragung einen Abzugsbetrag gem. § 13a Abs. 2 ErbStG. Das FG hat entschieden, dass der Abzugsbetrag im Rahmen der Steuerfestsetzung für die Zuwendung in 2012 trotz fehlender steuermindernder Auswirkung „berücksichtigt“ worden sei.

Der BFH hat entschieden, dass der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG innerhalb des Zehnjahreszeitraums nur für den ersten Erwerb berücksichtigt werden kann.

§ 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG ist in der Weise auszulegen, dass der Abzugsbetrag für das von derselben Person innerhalb von zehn Jahren insgesamt zugewendete begünstigte Vermögen nur einmal zur Verfügung steht. Ist einmal begünstigtes Vermögen zugewendet worden, ist der Abzugsbetrag vollständig verbraucht. Das gilt unabhängig davon, in welcher Höhe er sich bei der Steuerfestsetzung tatsächlich ausgewirkt hat. Die Formulierung „einmal“ ist zeitpunktbezogen und verdeutlicht, dass der Abzugsbetrag innerhalb des Zehnjahreszeitraums lediglich für einen Erwerb berücksichtigt werden kann. Eine Zusammenrechnung von Erwerben ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht möglich. Die Formulierung des § 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG lässt auch nicht zu, den Abzugsbetrag für mehrere Erwerbe zu gewähren, bis der Gesamtbetrag von 150.000 € ausgeschöpft ist. Der Abzugsbetrag wird i. S. der Vorschrift „berücksichtigt“, wenn er wegen der in § 13a Abs. 2 S. 2 ErbStG angeordneten Abschmelzung 0 € betragen hat. Der Abzugsbetrag ist stets für den ersten Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums berücksichtigt, auch wenn er sich rechnerisch nicht ausgewirkt hat (entgegen der Ansichten in der Literatur).
 

1.2.Einkommensteuer

Veräußerungserlös aus der Managementbeteiligung eines Arbeitnehmers als Einkünfte aus Kapitalvermögen
Der aus einer Managementbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielte Veräußerungserlös stellt keine Vergütung für die gegenüber einer Tochtergesellschaft erbrachte nichtselbständige Tätigkeit dar, wenn die Beteiligung als eine eigenständige Erwerbsgrundlage zur Erzielung von Einkünften anzusehen ist.

BFH v. 01.12.2020, VIII R 40/18

Hinweis:
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 - 7 zufließen.

Der Kläger war in den Streitjahren angestellter Manager bei der B-GmbH und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG. Die B-GmbH war Teil der D Group (DG) mit Sitz in den USA. Aus dem Verkauf einer Managementbeteiligung, die der Kläger im Jahr 2010 zu einem Kaufpreis von insgesamt 10 US-Dollar erworben hatte, wurde dem Kläger in den Streitjahren jeweils ein Betrag i. H. v. rund 90.000 US-Dollar ausgezahlt. In seinen Einkommensteuererklärungen erklärte der Kläger die Einnahmen als Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlagen.

Der BFH hat entschieden, dass der aus einer Managementbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielte Veräußerungserlös keine Vergütung für die gegenüber einer Tochtergesellschaft erbrachte nichtselbständige Tätigkeit darstellt, wenn die Beteiligung als eine eigenständige Erwerbsgrundlage zur Erzielung von Einkünften anzusehen ist.

Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. In diesem Fall nutzt der Arbeitnehmer sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung. Für den Charakter einer Beteiligung als eigenständige und vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbsgrundlage spricht es insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös als Gegenleistung für die nichtselbständige Tätigkeit vorsieht, die Beteiligung vom Arbeitnehmer zum Marktpreis (und nicht etwa verbilligt) erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt sowie keine besonderen Umstände aus dem Arbeitsverhältnis erkennbar sind, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen. Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung führt auch nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern im Allgemeinen oder sogar nur bestimmten Arbeitnehmern angeboten worden war. Nach diesen Grundsätzen ist die Schlussfolgerung des FG, der Veräußerungsgewinn habe seine Ursache in der Kapitalbeteiligung und sei nicht als durch das Anstellungsverhältnis veranlasste Entlohnung für die nichtselbständige Tätigkeit des Klägers anzusehen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.


Zugehörigkeit einer Managementbeteiligung zum Betriebsvermögen eines freiberuflich tätigen Beraters
Der aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielte Erlös führt nicht zu Einkünften aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG, wenn die Beteiligung nicht zum Betriebsvermögen der freiberuflichen Tätigkeit gehört.

BFH v. 01.12.2020, VIII R 21/17

Hinweis:
Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 - 7 zufließen.

Der Kläger war als selbständiger Unternehmensberater tätig. Im Jahr 2007 beriet er die Investorengruppe X bei dem Erwerb der Y GmbH & Co. KG. Das Unternehmen sollte über Beteiligungsgesellschaften erworben und nach Umstrukturierung mittelfristig wieder veräußert werden. Der Kläger, die Klägerin und deren gemeinsame Tochter gründeten die A GbR (GbR) mit dem Ziel, sich an einer Holding im Rahmen einer noch durchzuführenden Kapitalerhöhung zu beteiligen. Der Kläger war zu 57 %, die Klägerin und die Tochter waren jeweils zu 21,5 % an der GbR beteiligt. Die GbR erwarb im September 2007 insgesamt 4 % der Anteile an einer Holding. 2011 wurden die Anteile an der Holding von der GbR veräußert. Die Beteiligten streiten sich darüber, ob die Managementbeteiligung notwendiges Betriebsvermögen des Klägers darstellt und ob der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der Gesellschaft zu den laufenden Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört.

Der BFH hat entschieden, dass der aus der Veräußerung einer Beteiligung erzielte Erlös nicht zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit gem. § 18 EStG führt, wenn die Beteiligung nicht zum Betriebsvermögen der freiberuflichen Tätigkeit gehört.

Auch wenn die mit der Beteiligung verbundenen Informations- und Kontrollrechte die Tätigkeit des Klägers bei der Holding erleichtert haben mögen, wurde die Beteiligung nicht in erster Linie von ihm mit dem Ziel erworben, die Beratungstätigkeit bei der Holding zu fördern oder erst zu ermöglichen. Sie diente auch nicht dem Zweck, neue Beratungsaufträge für seine selbständige Tätigkeit hinzuzugewinnen. Vielmehr kam es dem Kläger - wovon auch die Beteiligten ausgehen - zuallererst auf eine Wertsteigerung der Anteile an. Die Beteiligung besaß mithin ein eigenständiges wirtschaftliches Gewicht und stellte deshalb nicht lediglich ein Hilfsgeschäft zu der selbständigen Beratungstätigkeit des Klägers dar. Das FG hat weiter nicht hinreichend berücksichtigt, dass der mit dem Kläger abgeschlossene Beratungsvertrag keinen Anspruch auf Erwerb der Beteiligung oder einen anteiligen „Exit“-Erlös als Gegenleistung für seine Beratungstätigkeit vorsah. Der Veräußerungserlös gehört auch nicht zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Der von dem Kläger erzielte Erlös erfüllt die Merkmale eines Veräußerungsgewinns i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG, der in der vom FG ermittelten Höhe der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Gehören Anteile an einer Kapitalgesellschaft zum Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, so sind die Anteilsrechte für Zwecke der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nach § 17 EStG den Gesellschaftern nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig, d. h. so zuzurechnen, als ob sie an den Anteilsrechten zu Bruchteilen berechtigt wären. Der Kläger war im maßgebenden Zeitraum wesentlich an der Holding beteiligt, da ihm gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die Beteiligung der GbR an der Holding anteilig, nämlich in Höhe von 2,28 % (4 % x 57 %), zuzurechnen ist. Dementsprechend ist auch die Übertragung der Anteile durch die GbR als anteilige Veräußerung der Anteile durch den Kläger zu behandeln.

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Veräußerung der Anteile durch die GbR im Streitjahr 2011 zu keinen steuerbaren Einkünften bei der Klägerin (und der Tochter) geführt hat. Denn der Klägerin (und der Tochter) sind über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ein Bruchteil der Anteile der Holding i. H. v. lediglich 0,86 % (4 % x 21,5 %) zuzurechnen und somit sind sie nicht innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Holding unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt gewesen.


Keine Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen an die BAföG-beziehende Lebensgefährtin als außergewöhnliche Belastung
Unterhaltsleistungen an die Lebensgefährtin sind nicht nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn diese nicht wegen der Unterhaltsleistungen, sondern wegen des Bezugs von BAföG keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat.

BFH v. 31.03.2021, VI R 2/19

Hinweis:
Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer - unter weiteren Voraussetzungen - dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 9.744 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden (§ 33a Abs. 1 S. 3 EStG).

Der Kläger wurde für das Streitjahr 2014 zur Einkommensteuer einzeln veranlagt. Er erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und führte mit seiner damaligen Lebensgefährtin und späteren Ehefrau (E) in eheähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt. E studierte in dieser Zeit. Sie bezog im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 2.192 €. Ferner erhielt sie BAföG i. H. v. monatlich 670 €. Die Ausbildungsförderung wurde jeweils zur Hälfte als Zuschuss und als Darlehen gewährt. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger Unterhaltsaufwendungen für E in Höhe von 6.000 € gemäß § 33a EStG geltend. Er habe den überwiegenden Teil der monatlichen Lebenshaltungskosten der E getragen. Das FA erkannte die Unterhaltsaufwendungen nicht an.

Der BFH hat entschieden, dass die Unterhaltsleitungen an die Lebensgefährtin nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist, wenn die Lebensgefährtin wegen Bezugs von BAföG keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat.

Bei dem Kläger sind keine Unterhaltsaufwendungen für E als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen. Bei E handelt es sich unstrittig nicht um eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person. Zudem ist sie keiner gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt, denn ihr sind keine zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf etwaige Unterhaltsleistungen des Klägers gekürzt worden.

Vorliegend hatte E keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Dieser Umstand beruht jedoch nicht auf etwaigen Unterhaltsleistungen des Klägers, sondern auf ihrem Bezug von Leistungen nach dem BAföG; gem. § 7 Abs. 5 SGB II, § 22 Abs. 1 SGB XII, § 11 Abs. 1 BAföG sind im Regelfall – wie auch hier - Ansprüche des „Auszubildenden“ auf Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe ausgeschlossen. Eine Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nach § 33 EStG kommt selbst bei Annahme einer sittlichen Verpflichtung, E zu unterhalten, nicht in Betracht. Für die Fallgruppe der typischen Unterhaltsaufwendungen enthält § 33a Abs. 4 EStG eine abschließende Regelung.
 
 

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