Auswertung Aufsätze 05 - 2021

1.Verfahrensrecht

1.1.NWB

Reform des Gemeinnützigkeitsrechts durch das JStG 2020 - Der neue § 57 AO – Handlungsbedarf im gemeinnützigen Konzern
Imberg, Brox, NWB 17/2021, S. 1.222

Anmerkung:
Mit dem JStG 2020 wurde das Gemeinnützigkeitsrecht reformiert. Hierzu wurden die Unmittelbarkeitsgrundsätze in § 57 Abs. 3 u. 4 AO erweitert.

Neuregelung § 57 Abs. 3 AO
Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht.

Im Ergebnis dürfte es damit nach Ansicht der Verfasser zu einer nicht unerheblichen Verschiebung aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, aber auch aus der Vermögensverwaltung in den steuerbegünstigten Zweckbetrieb kommen. Dies gilt beispielsweise für Funktionsleistungen, wie etwa Wäschereileistungen für ein Krankenhaus. Vor diesem Hintergrund können auch bisher gewerbliche Gesellschaften in die Gemeinnützigkeit überführt werden, wenn nach Maßgabe des § 57 Abs. 3 AO steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden.

Neuregelung § 57 Abs. 4 AO
Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet.

 

2.Umsatzsteuer

2.1.NWB

Umsatzsteuerrechtliche Organschaft: Rechtsformbeschränkung für Organgesellschaften ist unionsrechtswidrig - Folgen des EuGH-Urteils v. 15.04.2021 - Rs. C-868/19
Hartmann, NWB 19/2021, S. 1.382

Anmerkung:
Der EuGH hat mit Urteil v. 15.04.2021, Rs. C-868/19 die deutsche Organschaftsregelung gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG für unionsrechtswidrig erklärt, soweit diese Vorschrift Personengesellschaften als Organgesellschaften ausschließt.
Durch die EuGH-Entscheidung ist die Rechtsprechung des V. BFH-Senats (BFH, Urteil v. 02.12.2015, V R 25/13, BStBl. 2017 II S. 547) im Anschluss an die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Larentia + Minerva obsolet, mit der der V. Senat des BFH unter Rekurs auf den Grundsatz der Rechtssicherheit versucht hat, den Ausschluss von Personengesellschaften als Organgesellschaften weitgehend zu erhalten (eine Ausnahme sollte nur für Personengesellschaften gelten, bei denen Gesellschafter neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind).
  • Soweit der V. Senat und die Bundesregierung darauf abgestellt haben, dass das Vorliegen der Eingliederungsmerkmale bei Personengesellschaften nicht rechtssicher bestimmbar sei, da Änderungen an den Stimmrechten auch mündlich vereinbart werden könnten, folgt dem der EuGH nicht.
  • Die Rechtsformbeschränkung für Organgesellschaften kann auch nicht als erforderliche Maßnahme zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen i. S. des Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL angesehen werden. Die vom V. Senat des BFH und der Bundesregierung angenommene Gefahr von Steuerhinterziehungen bzw. -umgehungen durch Berufung auf etwaige mündliche Abreden ist rein theoretischer Natur.
  • Schließlich stellt der EuGH heraus, dass der generelle Ausschluss von Personengesellschaften als Organgesellschaften unverhältnismäßig ist und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität darstellt.
 

3.Einkommensteuer

3.1.NWB

Lohnsteuerliche Behandlung von Gutscheinen und Geldkarten - BMF nimmt zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug Stellung
Weber, NWB 20/2021, S. 1.446

Anmerkung:
Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten (§ 8 Abs. 1 S. 2 EStG). Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen (§ 8 Abs. 1 S. 3 EStG).

Mit dem BMF-Schreiben v. 13.04.2021, IV C 5 - S 2334/19/10007 :002, hat das BMF zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug und zur Anwendung der Regelungen des § 8 Abs. 1 S. 2 u. 3 und Abs. 2 S. 11 Hs. 2 EStG Stellung genommen.

Das BMF-Schreiben v. 13.04.2021, a.a.O., enthält eine Übergangsregelung, die dazu führt, dass Gutscheine und Geldkarten erst ab dem 01.01.2022 die Regelungen des ZAG erfüllen müssen, um als Sachlohn behandelt werden zu können.

Bei der ab 2022 erforderlichen Prüfung, ob die Gutscheine dem ZAG entsprechen, legt die Finanzverwaltung das ZAG nach steuerlichen Regeln aus. Will ein Arbeitgeber ein lohnsteuerliches Haftungsrisiko vermeiden, muss er daher prüfen, ob die eingesetzten Gutscheine/Geldkarten die im BMF-Schreiben v. 13.04.2021, a.a.O, festgelegten Voraussetzungen erfüllen.

 

4.Körperschaftsteuer

4.1.NWB

Das Optionsmodell zur Körperschaftsbesteuerung – Praxishinweise und steuerliche Implikationen - Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts
Mayer, Käshammer, NWB 18/2021, S. 1.300

Anmerkung:
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts wird ein sog. Optionsmodell eingeführt.

Das Optionsmodell nach § 1a KStG-E soll Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften ein Wahlrecht einräumen, sich wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen. Ein zivilrechtlicher Umwandlungsakt findet dabei nicht statt.

Der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung soll als Formwechsel i. S. der §§ 1, 25 UmwStG gelten. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass die Einbringung nach § 20 UmwStG nur steuerneutral erfolgen kann, wenn auch sämtliches Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter auf die übernehmende Gesellschaft übertragen wird.

Nach Ansicht der Verfasser eröffnet die Tatsache, dass die optierende Gesellschaft ertragsteuerlich als Kapitalgesellschaft und erbschaft- und grunderwerbsteuerlich weiterhin als Personengesellschaft qualifiziert, ein gewisses Gestaltungspotenzial. Denn so könne man im Zweifel „das Beste“ aus zwei Welten kombinieren.


Abkehr von organschaftlichen Ausgleichsposten - Neue Entwicklungen im Rahmen des KöMoG hin zu einer Einlagelösung
Müller, NWB 19/2021, S. 1.374

Anmerkung:
Mit dem KöMoG soll das bisherige Ausgleichspostenmodell in § 14 Abs. 4 KStG durch eine Einlageleistung ersetzt werden.

Während die Bildung von steuerlichen Ausgleichsposten in der Vergangenheit zu diversen Steuergestaltungs- und Stundungsmöglichkeiten geführt hat, soll die Einlagelösung die bilanziellen Effekte auf Ebene des Organträgers direkt über den Beteiligungsbuchwert an der Organgesellschaft abbilden.
Organschaftliche Minderabführungen stellen eine Einlage dar. Diese erhöht auf Ebene der Organgesellschaft das steuerliche Einlagekonto. Auf Ebene des Organträgers ist der Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft zu erhöhen.

Im Falle der organschaftlichen Mehrabführung soll eine Einlagenrückgewähr gegeben sein. Auf Ebene der Organgesellschaft wird das Einlagekonto gemindert und kann im Zweifel auch negativ werden. Auf Ebene des Organträgers liegt eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr vor (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG). Bilanziell wird der Beteiligungsbuchwert (erfolgsneutral) gemindert. Soweit die Einlagenrückgewähr den Beteiligungsbuchwert übersteigt, ist der überschießende Teil als Veräußerungsgewinn zu behandeln (Anwendung des Teileinkünfteverfahrens / Schachtelprivilegs).

 

4.2.DStR

„Check the box“ from good old Germany – Die Option zur Besteuerung als Körperschaft nach dem Entwurf des KöMoG
Brühl, Weiss, DStR 16/2021, S. 889

Anmerkung:
Nach dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) werden Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften auf Antrag wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönliche haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt (§ 1a KStG).
Durch das KöMoG werden folgende Änderungen und Ergänzungen des Ertragsteuerrechts vorgenommen:
  • Optionsmöglichkeit für Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaften zur Besteuerung nach dem Einkommen „wie eine Kapitalgesellschaft“, mit entsprechenden Folgerungen für die Gesellschafter in § 1a KStG-E.
  • Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs des „Verschmelzungsteils“ des UmwStG (§§ 3–19 UmwStG) auch auf Drittstaatenfälle durch ersatzlose Streichung des § 1 Abs. 2 UmwStG. Bislang wurden diese in geringem Umfang in § 12 Abs. 2 KStG geregelt.
  • Umsetzung der „Einlagelösung“ bei den organschaftlich verursachten Mehr- und Minderabführungen in § 14 Abs. 4 KStG-E.
  • Ausnahme vom Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG für Währungskursverluste.
 

5.Sonstiges

5.1.NWB

Die „Share-Deal“-Reform kommt! - Erhebliche Verschärfungen für Immobilientransaktionen
Wischott, Graessner, NWB 21/2021, S. 1.519

Anmerkung:
Das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes v. 12.05.2021 ist am 17.05.2021 im BGBl. 2021 I S. 986 verkündet worden.

Folgende wesentliche Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes sind zu beachten:
  • Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsgrenze von mindestens 95 % auf 90 % in allen Fiktionstatbeständen (§ 1 Abs. 2a bis Abs. 3a GrEStG-neu).
  • Ausweitung der Spezialvorschrift bei grundstücksbesitzenden Personengesellschaften gem. § 1 Abs. 2a GrEStG (Immobilien-Personengesellschaften) auf grundstücksbesitzende Kapitalgesellschaften gem. § 1 Abs. 2b GrEStG-neu.
  • Einführung einer Ausnahmeregelung für § 1 Abs. 2a, Abs. 2b GrEStG-neu, sog. Börsenklausel (§ 1 Abs. 2c GrEStG-neu).
  • Verlängerung der Fristen von fünf auf zehn Jahre bzw. bei der Vorbehaltensfrist des § 6 GrEStG-neu teilweise auf fünfzehn Jahre.
  • Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage auf Grundstücksübertragungen im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen.
Die Neuregelungen sind erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die ab 01.07.2021 verwirklicht werden.

 

6.Bilanzsteuerrecht

6.1.NWB

Bilanzierung und Bewertung von Finanzanlagen - Handels- und steuerrechtliche Grundsätze
Zimmermann, Dorn, Wrede, NWB 21/2021, S. 1.524

Anmerkung:
Ausweis
Das handelsrechtliche Gliederungsschema sieht für den Bilanzposten „Finanzanlagen“ in § 266 Abs. 2 A. III HGB folgende Unterteilung vor:
  • Anteile an verbundenen Unternehmen
  • Ausleihungen an verbundene Unternehmen
  • Beteiligungen
  • Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht
  • Wertpapiere des Anlagevermögens
  • sonstige Ausleihungen
Das HGB unterscheidet nicht zwischen Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften. Steuerlich hingegen werden Anteile an Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften unterschiedlich behandelt. Während Anteile an Kapitalgesellschaften den Wirtschaftsgutbegriff erfüllen, ist dies bei Anteilen an Personengesellschaften nicht der Fall.

Zugangsbewertung
Die Bewertung von Anteilen an verbundenen Unternehmen und Beteiligungen erfolgt bei Zugang in der Handels- und Steuerbilanz mit den Anschaffungskosten. Dabei ist abzugrenzen, welche Kosten als Nebenkosten in die Anschaffungskosten einbezogen werden und welche Kosten der erworbenen Gesellschaft zuzurechnen sind. Zudem können weitere Finanzierungen der erworbenen Kapitalgesellschaft im Laufe der Zeit zu nachträglichen Anschaffungskosten führen.

Folgebewertung
Im Rahmen der Folgebewertung ist am Bilanzstichtag zu prüfen, ob sich der Wert der Anteile/Ausleihungen gemindert hat und ob eine Abschreibung in Handels- und Steuerbilanz notwendig ist. So ist in der Handelsbilanz zu betrachten, ob eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert vorzunehmen ist. In der Steuerbilanz ist die Ermittlung des Teilwerts der Wirtschaftsgüter erforderlich, um zu vergleichen, ob dieser unter die Anschaffungskosten gefallen ist. Gerade diese Wertermittlung führt in der Praxis zu Herausforderungen, da teilweise umfangreiche Bewertungen der Finanzanlagen erforderlich sind. Dabei kommt es auf die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen sowie auf die voraussichtliche Dauerhaftigkeit der Wertminderung an. Zudem ist im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften die Notwendigkeit einer Teilwertzuschreibung zu beachten, sofern der Grund für die Wertminderung entfallen ist.
 

Neueste Einträge