Rechtsprechung KW 42 - 2020

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Freibetrag für Urenkel
Urenkeln steht jedenfalls dann lediglich der Freibetrag in Höhe von 100.000 € nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu, wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind.

BFH v. 27.07.2020, II B 39/20

Nach § 16 Abs. 1 ErbStG bleibt steuerfrei in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht der Erwerb der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 und der Kinder verstorbener Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 400.000 € (Nr. 2), der Erwerb der Kinder der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 200.000 € (Nr. 3) sowie der übrigen Personen der Steuerklasse I in Höhe von 100.000 € (Nr. 4). Nach § 15 Abs. 1 ErbStG gilt die Steuerklasse I u.a. für „die Kinder und Stiefkinder“ (Nr. 2) sowie für „die Abkömmlinge der in Nummer 2 genannten Kinder und Stiefkinder“ (Nr. 3).

Eine Urgroßmutter schenkte ihren beiden Urenkeln eine Immobilie. Ihre Tochter (die Großmutter der Urenkel) erhielt hieran einen Nießbrauch. Die Urenkel machten die Freibeträge von 200.000 € für „Kinder der Kinder“ geltend, während das Finanzamt und auch das Finanzgericht ihnen lediglich Freibeträge von 100.000 € zubilligten, die das Gesetz für „Abkömmlinge der Kinder“ vorsieht.

Der BFH hat entschieden, dass Urenkeln nur der Freibetrag i. H. v. 100.000 € zusteht, wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind.

Das Gesetz differenziert zwischen Kindern und Abkömmlingen. Also sind Kinder lediglich Kinder und nicht sonstige Abkömmlinge, und daher sind Kinder der Kinder lediglich Enkelkinder. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz differenziert die steuerliche Belastung zum einen über Steuerklassen, zum anderen über Freibeträge. Abkömmlinge in gerader Linie gehören zwar unterschiedslos zu der günstigsten Steuerklasse I, genießen aber gestaffelte Freibeträge. Kinder (und Stiefkinder) erhalten einen Freibetrag von 400.000 €. Dasselbe gilt für Kinder bereits verstorbener Kinder. Sonst bekommen Kinder der Kinder einen Freibetrag von 200.000 €, die übrigen Personen der Steuerklasse I einen Freibetrag von 100.000 €. Zu diesen übrigen Personen gehören folglich die entfernteren Abkömmlinge.
 

1.2.Umsatzsteuer

Steuerschuld des Leistungsempfängers bei Organschaft
Bei einer Organschaft bezieht der Organträger die Eingangsleistung, so dass es für § 13b Abs. 5 S. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG auf die Außenumsätze des Organkreises ankommt.

BFH v. 23.07.2020, V R 32/19

Hinweis:
Nach § 13b Abs. 5 S. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner für Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, wenn er ein Unternehmer ist, der diese Leistungen erbringt. Ausgenommen sind Planungs- und Überwachungsleistungen.

Der Kläger, ein Einzelunternehmer, war Mehrheitsgesellschafter bei verschiedenen Kapitalgesellschaften. Hierzu gehörte die X GmbH. Die GmbH erbrachte Bauleistungen an Schwestergesellschaften für nach § 4 Nr. 9 Bst. a UStG steuerfreie Umsätze im Rahmen von Bauträgertätigkeiten. Die X GmbH beauftragte ihrerseits andere Unternehmer (Drittunternehmer), an denen der Kläger nicht beteiligt war, mit der Erbringung von Bauleistungen.
Die Drittunternehmer und die GmbH gingen dabei von einer Steuerschuldnerschaft der GmbH nach § 13b Abs. 5 S. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG aus. Im Anschluss an mehrere Außenprüfungen nahm das FA an, dass zwischen dem Kläger als Organträger sowie der X GmbH und ihren Schwestergesellschaften als Organgesellschaften eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG gegeben sei.

Der BFH hat entschieden, dass bei einer Organschaft der Organträger die Eingangsleistung bezieht, so dass es für § § 13b Abs. 5 S. 2 i. v. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG auf die Außenumsätze des Organkreises ankommt.

Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger für die von der X GmbH als Organgesellschaft bezogenen Bauleistungen nicht Steuerschuldner ist. Bei einer Organschaft bezieht der Organträger, nicht aber die Organgesellschaft die Eingangsleistung, so dass es bei § 13b Abs. 5 S. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG auf die dem Organträger zuzuordnenden Außenumsätze und nicht auf nichtsteuerbare Innenumsätze der Unternehmen des Organkreises ankommt. Für die Entstehung der Steuerschuld beim Leistungsempfänger kommt es darauf an, dass der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. An dieser Rechtsprechung zur damaligen Rechtslage wird weiter festgehalten. Bezieht eine Organgesellschaft eine Bauleistung und verwendet sie diese für eine Bauleistung an eine andere mit ihr organschaftlich verbundene Gesellschaft, so kommt es für die Leistungsverwendung nicht auf diesen Innenumsatz, sondern darauf an, für welchen – dem Organträger zuordenbaren – Außenumsatz die bezogene Bauleistung verwendet wird. Auf die Frage der Vereinbarkeit der Organschaft mit dem Unionsrecht kommt es im Streitfall, in dem der vom FA geltend gemachte Steueranspruch auch auf der Grundlage einer Organschaft nicht besteht, nicht an.
 

1.3.Einkommensteuer

Zur Steuerfreiheit von Leistungen, die für die vollzeitige Betreuung von verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen gezahlt werden
Für die Beantwortung der Frage, ob eine gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Beihilfe oder die steuerpflichtige Vergütung einer erwerbsmäßigen Tätigkeit vorliegt, sind Inhalt und Durchführung des jeweiligen Betreuungsverhältnisses maßgebend.

Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht werden, können gem. § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Bezüge sein. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird.

BFH v. 14.07.2020, VIII R 27/18

Hinweis:
Nach § 3 Nr. 11 S. 1 EStG sind u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern.

Der Kläger, ein ausgebildeter Erzieher, hatte in den Streitjahren 2012 und 2013 verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche in seinen Haushalt aufgenommen und dort intensiv sozialpädagogisch betreut. Er nahm immer nur ein Kind bzw. einen Jugendlichen bei sich auf. Für diese „Vollzeitbetreuung“ erhielt er auf der Grundlage jederzeit kündbarer vertraglicher Vereinbarungen aus öffentlichen Mitteln monatlich zwischen 3.000 € und 3.600 €. Finanzamt und Finanzgericht meinten, der Kläger habe erwerbsmäßig Pflegeleistungen erbracht. Das Pflegegeld sei nicht wie bei einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gem. § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

Der BFH hat entschieden, dass ein Pflegegeld, das aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht wird, beim Betreuer gem. § 3 Nr. 11 EStG zu steuerfreien Bezügen führen kann, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird.

Pflegegeld aus öffentlichen Mitteln, das im Rahmen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gezahlt wird, beurteilt der BFH grundsätzlich als steuerfreie Beihilfe i. S. d. § 3 Nr. 11 EStG, da mit der Zahlung des Pflegegeldes weder der sachliche und zeitliche Aufwand der Pflegeeltern vollständig ersetzt noch die Pflegeleistung vergütet wird. Das vom Kläger vereinnahmte Pflegegeld sei damit vergleichbar. Maßgeblich für die steuerliche Einordnung seien Inhalt und Durchführung des Pflegeverhältnisses. Dieses sei vorliegend – wie bei einer Vollzeitpflege i. S. d. § 33 SGB VIII – dadurch geprägt, dass der Kläger die verhaltensauffälligen Jugendlichen und Kinder in seinen Haushalt aufgenommen und mit diesen in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt habe. Dass der Kläger die Kinder und Jugendlichen entsprechend deren besonderen Bedürfnissen intensiv sozialpädagogisch betreut und hierfür ein über den Regelsätzen für die Vollzeitpflege von Kindern und Jugendlichen liegendes Pflegegeld bezogen habe, stehe der Steuerfreiheit der Bezüge nicht entgegen.

Zur Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines zum Betriebsvermögen gehörenden, jedoch teilweise privat genutzten Kfz
Wird ein zum Betriebsvermögen gehörendes, jedoch teilweise privat genutztes Kfz veräußert, erhöht der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn i. S. d. §§ 4 und 5 EStG. Der Umstand, dass die tatsächlich für das Fahrzeug in Anspruch genommene AfA infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise neutralisiert wird, rechtfertigt weder eine lediglich anteilige Berücksichtigung des Veräußerungserlöses bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns noch eine gewinnmindernde Korrektur des Veräußerungsgewinns in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA.

BFH v. 16.06.2020, VIII R 9/18

Hinweis:
Nach § 23 Abs. 3 S. 4 EStG mindern sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um AfA, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 - 7 EStG abgezogen worden sind.

Im Streitfall nutzte der Kläger einen PKW, den er im Jahr 2008 angeschafft und seinem Betriebsvermögen zugeordnet hatte, zu 25% für seine freiberufliche Tätigkeit und zu 75% für private Zwecke. Ab dem Jahr 2008 berücksichtigte das FA bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers einerseits antragsgemäß AfA für den PKW. Andererseits erfasste das FA wegen der privaten Nutzung des betrieblichen PKW auch Betriebseinnahmen in Höhe von 75% der für das Fahrzeug entstandenen Aufwendungen einschließlich der AfA. Dies führte dazu, dass der steuermindernde Effekt der AfA infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise „neutralisiert“ wurde. Wegen dieses Effektes setzte der Kläger, als er das Fahrzeug 2013 nach vollständiger Abschreibung der Anschaffungskosten verkaufte, lediglich ein Viertel des Verkaufserlöses als Betriebseinnahme an. Das FA war demgegenüber der Meinung, der Kläger müsse den vollen Verkaufserlös versteuern.

Der BFH hat entscheiden, dass der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn erhöht, wenn ein zum Betriebsvermögen gehörendes, teilweise privat genutztes Kfz veräußert wird. Der Umstand, dass die tatsächlich für das Fahrzeug in Anspruch genommene AfA infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme für die Privatnutzung bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise neutralisiert wird, rechtfertigt keine Gewinnkorrektur.

Der Veräußerungserlös sei – trotz vorangegangener Besteuerung der Nutzungsentnahme – in voller Höhe als Betriebseinnahme zu berücksichtigen. Er sei weder anteilig zu kürzen noch finde eine gewinnmindernde Korrektur in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA statt. Dies beruhe – so der BFH – darauf, dass die Besteuerung der Privatnutzung eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens in Form der Nutzungsentnahme und dessen spätere Veräußerung zwei unterschiedliche Vorgänge darstellten, die getrennt zu betrachten seien. Aus dem Gesetz, insbesondere aus § 23 Abs. 3 S. 4 EStG, lasse sich kein anderes Ergebnis herleiten. In der Besteuerung des vollständigen Veräußerungserlöses sei auch kein Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und das objektive Nettoprinzip zu sehen.

Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch aufgrund eines Freiwilligendienstes "Erasmus+"
Kinder, die einen Freiwilligendienst i. S. der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2013 zur Einrichtung von "Erasmus+" leisten, werden steuerrechtlich nur berücksichtigt, wenn der Dienst die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. d EStG i. V. m. der Verordnung erfüllt.

Ein Freiwilligendienst im Rahmen des Programms "Erasmus+" liegt nur bei der Teilnahme an einem von einer Nationalen Agentur anerkannten Projekt vor. Nicht ausreichend ist es, wenn die Organisation, bei der das Kind seinen Dienst leistet, als Veranstalter für das Programm "Erasmus+" registriert und akkreditiert ist.

BFH v. 01.07.2020, III R 51/19

Hinweis:
In den Fällen des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG wird nach § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i. S. d. §§ 8 und 8a des IV. SGB sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 S. 3 EStG).

Die Tochter (T) des Klägers absolvierte nach Beendigung ihrer Schulausbildung ab September 2018 einen Freiwilligendienst im Europäischen Ausland bei der Organisation X. Die Organisation war als Veranstalter für das von der Europäischen Union eingerichtete Programm Erasmus+ registriert und akkreditiert. Die Familienkasse lehnte die Weitergewährung von Kindergeld ab August 2018 ab.

Der BFH hat entschieden, dass Eltern für ein Kind, welches an einen Freiwilligendienst im Rahmen des Europäischen Programms Erasmus+ teilnimmt, nur dann Kindergeld erhalten, wenn der Dienst im Rahmen eines von einer Nationalen Agentur genehmigten Projekts durchgeführt wird.

Kinder können wegen der Teilnahme an einem Freiwilligendienst nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. d EStG für das Kindergeld nur berücksichtigt werden, wenn es sich hierbei um die konkret im EStG – in Verbindung mit den dort genannten Bestimmungen – umschriebenen Dienste handelt. Ein Freiwilligendienst im Rahmen des Programms Erasmus+ kann deshalb nur dann zur Gewährung von Kindergeld führen, wenn er die in der EU-Verordnung Nr. 1288/2013 und den entsprechenden Durchführungsbestimmungen (Programmleitfaden) dargelegten Voraussetzungen erfüllt. Es muss sich danach um eine Tätigkeit im Rahmen eines geförderten Projekts handeln. Ein solches Projekt liegt aber nur vor, wenn es von einer entsprechenden Nationalen Agentur genehmigt worden ist. Nicht ausreichend ist, dass eine Organisation für ein Programm Erasmus+ lediglich registriert und akkreditiert ist. Nachdem das FG keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob T im Rahmen eines von der Nationalagentur anerkannten Projekts tätig geworden ist, konnte der BFH nicht abschließend entscheiden und verwies die Sache an das FG zurück.

Keine Übertragung des dem anderen Elternteil zustehenden BEA-Freibetrages nach Volljährigkeit des Kindes
Für ein über 18 Jahre altes Kind ist eine Übertragung des dem anderen Elternteil zustehenden einfachen BEA-Freibetrages nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht vorgesehen.

BFH v. 22.04.2020, III R 61/18

Hinweis:
Gem.§ 32 Abs. 6 S. 6 EStG wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 S. 1 EStG nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt.

Im Streitfall beantragte die Mutter in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 die Übertragung der dem Vater zustehenden Kinderfreibeträge für die volljährigen Kinder T und S, ebenso die BEA-Freibeträge. Sie trug vor, der andere Elternteil, der Kläger, komme seiner Unterhaltsverpflichtung nicht ausreichend nach oder sei mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig. Das FA lehnte zunächst eine Übertragung der Freibeträge auf die Mutter ab. Hiergegen legte diese erfolgreich Einspruch ein. Das FG gab der sodann vom Vater erhobenen Klage teilweise statt. Es entschied, dass bei der Mutter lediglich die einfachen BEA-Freibeträge zu berücksichtigen seien.

Der BFH hat entschieden, dass für ein über 18 Jahre altes Kind eine Übertragung des dem anderen Elternteil zustehenden einfachen BEA-Freibetrags nicht vorgesehen ist.

Eine Übertragung des BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern sei nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes in § 32 Abs. 6 S. 6 EStG nicht vorgesehen. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung dahingehend, dass der BEA-Freibetrag auch bei volljährigen Kindern übertragen werden könne, sei nicht möglich. Hätte der Gesetzgeber die Regelung der Übertragung des BEA-Freibetrages mit der zur Übertragung des Kinderfreibetrages bei volljährigen Kindern koppeln wollen, hätte es hierfür einer klaren gesetzlichen Regelung bedurft. Auch wenn es rechtspolitisch wünschenswert erscheinen könne, die Übertragung des BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern nach denselben Grundsätzen wie die Übertragung des Kinderfreibetrages zu regeln, dürfe der Anwendungsbereich einer Vorschrift von der Verwaltung und den Gerichten nicht über die bewusst vom Gesetzgeber gesetzten Grenzen ausgedehnt werden.

Zur Berücksichtigung von beschränkt abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei der Ermittlung des Aufgabegewinns
Für die Berechnung des Gewinns aus der Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit gem. § 18 Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 16 Abs. 2 EStG ist der sich nach Abzug der AfA gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG ergebende Buchwert des häuslichen Arbeitszimmers auch dann maßgeblich, wenn die Abziehbarkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer während der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG der Höhe nach beschränkt war. Eine Gewinnkorrektur im Hinblick auf den nicht abzugsfähigen Teil der AfA kommt nicht in Betracht.

Die Besteuerung des Aufgabegewinns unter Berücksichtigung des um die nicht abziehbare AfA geminderten Buchwerts des häuslichen Arbeitszimmers verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, denn die bei der Berechnung des laufenden Gewinns verfassungsrechtlich zulässige Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG wird im Rahmen der Besteuerung der Betriebsaufgabe nicht vertieft, sondern lediglich nicht wieder rückgängig gemacht.

BFH v. 16.06.2020, VIII R 15/17

Hinweis:
Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört der Gewinn aus der Veräußerung des Vermögens, das der selbständigen Arbeit dient (§ 18 Abs. 3 S. 1 EStG). Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Betriebs (§ 18 Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 16 Abs. 3 S. 1 EStG).

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Ermittlung des Gewinns aus der Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit des Klägers zu berücksichtigen ist, dass der Abzug von AfA in Bezug auf das vom Kläger genutzte häusliche Arbeitszimmer während der betrieblichen Nutzung der Höhe nach beschränkt (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG) war.

Der BFH hat entschieden, dass für die Berechnung des Gewinns aus der Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit der sich nach Abzug der AfA gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG ergebende Buchwert auch dann maßgeblich ist, wenn die Abziehbarkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer während der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG der Höhe nach beschränkt war.

Der sich nach Abzug der AfA ergebende Buchwert des häuslichen Arbeitszimmers ist ungeachtet der Abzugsbeschränkung gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 EStG für die Berechnung des Aufgabegewinns maßgebend (§ 18 Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 2 EStG).

Die infolge der Abzugsbeschränkung (teilweise) nicht abziehbare AfA kann auch nicht auf andere Weise gewinnmindernd bei der Ermittlung des Aufgabegewinns berücksichtigt werden. § 4 Abs. 5 S. 1 EStG begrenzt zwar die abziehbaren Betriebsausgaben, setzt aber nicht die übrigen Regeln der Bewertung und Abschreibung für die betroffenen Wirtschaftsgüter außer Kraft. Die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben werden bei einem nur teilweisen Abzugsverbot wie im Streitfall im Rahmen der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG zunächst in voller Höhe als Betriebsausgaben erfasst – wodurch sich der Buchwert des Arbeitszimmers um den vollen AfA-Betrag vermindert – und bei der Ermittlung des Jahresergebnisses dem Gewinn wieder hinzugerechnet. Die Besteuerung des Aufgabegewinns unter Berücksichtigung des um die nicht abziehbare AfA geminderten Buchwerts des häuslichen Arbeitszimmers verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, denn die bei der Berechnung des laufenden Gewinns verfassungsrechtlich zulässige Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG wird im Rahmen der Besteuerung der Betriebsaufgabe nicht vertieft, sondern lediglich nicht wieder rückgängig gemacht.
 
 

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