Auswertung Aufsätze 10 - 2020

1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

1.1.NWB

Disquotale Einlagen in Personen- und Kapitalgesellschaften im Schenkungsteuerrecht – Der Gesetzgeber ist gefordert
Bäuml, NWB 41/2020, S. 3.030
Anmerkung:
Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Eine Schenkung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist sowie in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit.

Mit Urteil v. 05.02.2020, II R 9/17 hat der BFH zur Schenkungsteuer bei disquotaler Einlage in das Gesellschaftsvermögen einer KG entschieden.
  • Führt ein Gesellschafter dem Gesellschaftsvermögen einer KG im Wege einer Einlage ohne entsprechende Gegenleistung einen Vermögenswert zu, der hinsichtlich der Höhe über den aufgrund seiner Beteiligung an der KG geschuldeten Anteil hinausgeht (disquotale Einlage), kann eine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an einen anderen Gesellschafter vorliegen. Der andere Gesellschafter wird dadurch bereichert, dass sich seine über die KG gehaltene Beteiligung am Gesamthandsvermögen entsprechend erhöht.
  • Die Zuwendung erfolgt freigebig, wenn der einbringende Gesellschafter von dem anderen Gesellschafter keine entsprechende Gegenleistung erhält.
  • Eine freigebige Zuwendung des einbringenden Gesellschafters wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Einlage im Verhältnis zur KG gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, weil sie den Gemeinschaftszweck fördert.
Der Verfassers weist darauf hin, dass seitens der Beratungspraxis bei Einlagen in Personen- und Kapitalgesellschaften durch entsprechende vertragliche Dokumentation sichergestellt werden sollte, dass eine überquotale Zuwendung eines Gesellschafters nicht als Schenkung (i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bzw. des § 7 Abs. 8 ErbStG) an die anderen Gesellschafter aufgegriffen wird. Bei Zuzahlungen in die Kapitalrücklage solle vereinbart werden, dass die Rückzahlung oder ein hierauf entfallender Liquidationserlös ausschließlich dem Einbringenden zustehe. Mindestens genauso geboten sei die sorgfältige Ermittlung und Dokumentation der Wertfindung und der Bewertungsgrundlagen bei Sacheinlagen.

 

1.2.DStR

Von der „Cash-GmbH“ zur „Real-Estate-GmbH“ – Gestaltungen in einem (weiterhin) verfassungswidrigen Erbschaftsteuerrecht
Blank, DStR 40/2020, S. 2.179
Anmerkung:
Folgende Vergünstigungen für Immobilien/Grundvermögen gibt es im Erbschaft-/Schenkungsteuerrecht:
  • Begünstigung von Grundvermögen im Betriebsvermögen (§§ 13a - 13c ErbStG),
  • Begünstigung von zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücken (§ 13d ErbStG),
  • Begünstigung der Übertragung von Familienheimen (§§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ff. ErbStG),
 
  • Begünstigung von kulturell bedeutenden Immobilien (u. a. § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).
Der Verfasser weist darauf hin, dass insbesondere die Behandlung von Immobilienvermögen im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Unternehmensbegünstigungen gem. §§ 13a - c ErbStG besonders praxisrelevant sei. Demnach bestehe prinzipiell für die Übertragung von Immobilien, die mittelbar durch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft oder Mitunternehmerschaft übertragen werden, eine vollständige oder teilweise steuerliche Verschonung. Hierbei ist jedoch das komplexe Regelungswerk der Unternehmensbegünstigung nach § 13a Abs. 1, Abs. 10, § 13c Abs. 1, § 28a ErbStG mit den diversen Rückausnahmen und Sonderregelungen zu beachten, die diesen Grundsatz an diversen Stellen einschränken. Insbesondere ist dabei zu beachten, dass Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke unter den Begriff des Verwaltungsvermögens fallen (Rückausnahmen: Vermietung im Konzern, Vermietung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, Vorliegen eines Wohnungsunternehmen).

Sofern die übertragene Kapitalgesellschaft hingegen ausschließlich Immobilienvermögen in ihrem Betriebsvermögen hält, das nicht vermietet ist, kann es keine Einordnung als Verwaltungsvermögen geben. Somit kann der Steuerpflichtige durch Gründung einer Kapitalgesellschaft Zuordnung von Immobilienvermögen in deren Betriebsvermögen und die Übertragung dieser Anteile eine vollständige erbschaftsteuerliche Entlastung erreichen, sofern die Vorgaben des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG (Mindestbeteiligung: größer 25 %) erfüllt sind („Real-Estate-GmbH“). Entsprechendes gilt für die Übertragung von Mitunternehmeranteilen, wobei der Gesetzgeber keine Mindestbeteiligung fordert.

Unter Verweis auf die Rechtsprechung zur „Cash-GmbH“ geht der Verfasser davon aus, dass ein Missbrauch von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO nicht vorliegt.

 

2.Einkommensteuer

2.1.NWB

Vermarktung größerer Photovoltaikanlagen und § 7g EStG – Qualifikation der Anleger als Einzelgewerbetreibende oder Mitunternehmer?
Urban, NWB 43/2020, S. 3.177
Anmerkung:
§ 7g EStG ist einerseits auf kleinere Betriebe (§ 7g Abs. 1 S. 2 EStG), andererseits auf die Investitionshöhe von 500.000 € je Steuerpflichtigem (folgt aus dem absoluten Höchstabzugsbetrag von 200.000 € und dem relativen Höchstbetrag von 40 %, § 7g Abs. 4 u. 1 S. 1 EStG) beschränkt. Nach § 7g Abs. 7 EStG tritt bei der Anwendung der Absätze 1 bis 6 der Vorschrift die Gesellschaft an die Stelle des Steuerpflichtigen.

Mit Beschluss v. 22.06.2020, 14 K 2039/19 hat das FG Köln zum Erfordernis eines Verfahrens der einheitlichen und gesonderten Feststellung sowie zur Einkunftserzielung als Mitunternehmer an einer Photovoltaikanlage entschieden.

Im Streitfall ist das Erfordernis der Entscheidung in einem Feststellungsverfahren offenkundig. Entscheidend ist, ob die Stpfl. Einkünfte aus Gewerbebetrieb jeweils aus gewerblichen Einzelunternehmen nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG oder als Mitunternehmer gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG erzielen. Nur wenn unzweifelhaft ist, dass die Klägerin und der Kläger jeweils als Einzelgewerbetreibende den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklicht haben, scheidet die Durchführung eines Feststellungsverfahrens aus. Im Streitfall sprechen gewichtige Gesichtspunkte für die Erzielung der Einkünfte als Mitunternehmer.

Anknüpfungspunkt für die Gestaltung sind energierechtliche Besonderheiten des EEG, nämlich § 3 Nr. 1 EEG, wonach jedes Modul einer Solaranlage „eigenständige Anlage“ ist.
Die Frage, ob der Betrieb größerer Photovoltaikanlagen in Kooperation mehrerer Einzelgewerbetreibender geführt werden kann, wird in dem nunmehr durchzuführenden Feststellungsverfahren geklärt.

Aufgrund der Entscheidung dürfte es nach Ansicht des Verfassers kaum noch möglich sein, wie bisher die Frage durch kommentarlose Deklarierung von Einzelunternehmen im Rahmen der Einkommensteuererklärungen und ebenso kommentarlose Veranlagung zu umgehen. Für die Solarbranche und die mit ihr verbundene Kapitalanlagebranche bedeute der Aussetzungsbeschluss das erhebliche Risiko, dass die Vermarktungsstrategie wegen der damit eröffneten Risiken des vollständigen Scheiterns oder zumindest der erheblichen Verzögerung nicht mehr aufgehe, zumal diese Risiken im Hinblick auf eine Prospekthaftung hinweispflichtig sein dürften.


Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an ein mit dem Lebensgefährten zusammenlebendes Kind – BFH gewährt Eltern den vollen Unterhaltshöchstbetrag
Geserich, NWB 44/2020, S. 3.252
Anmerkung:
Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 9.408 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 S. 1 EStG). Werden die Aufwendungen für eine unterhaltene Person von mehreren Steuerpflichtigen getragen, so wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrags abgezogen, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistungen entspricht (§ 33a Abs. 1 S. 7 EStG).

Mit Urteil v. 28.04.2020, VI R 43/17 hat der BFH entschieden, dass keine Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags bei Unterhaltszahlungen an ein mit dem Lebensgefährten zusammenlebendes Kind vorzunehmen ist.
  • Unterhaltsbeiträge von Personen, die die Voraussetzungen von § 33a Abs. 1 S. 1 und 3 EStG nicht erfüllen, führen nicht zu einer anteiligen Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags nach § 33a Abs. 1 S. 7 EStG. Sie sind jedoch als „andere Einkünfte und Bezüge“ der unterhaltenen Person gem. § 33a Abs. 1 S. 5 EStG zu berücksichtigen (Anschluss an BFH v. 19.05.2004, III R 30/02, BStBl. 2004 II S. 943).
  • Bei einem in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebenden Paar, das weder verheiratet noch verpartnert ist und bei dem jeder über eigene auskömmliche Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs verfügt, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich die Lebensgefährten einander keine Leistungen zum Lebensunterhalt gewähren, sondern jeder für den eigenen Lebensunterhalt aufkommt.
Von einem gemeinsamen Wirtschaften aus „einem Topf“ kann nach der Rechtsprechung des BFH nur bei Partnern einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft, in der nur einer der Partner Einkünfte/Bezüge erwirtschafte, der andere hingegen mittellos ist, ausgegangen werden. In diesen Fällen nimmt der BFH die im Tatbestand der Bedarfsgemeinschaft geregelte Vermutung, dass hilfsbedürftige (mittellose) Personen wegen der Kürzung/Versagung von Sozialleistungen am Einkommen und Vermögen des Lebensgefährten teilhaben, auf. Von einer Hilfsbedürftigkeit der Tochter kann jedoch vorliegend wegen der Unterhaltsleistungen ihrer Eltern keine Rede sein.


Essenszuschüsse des Arbeitgebers in Form von Restaurantschecks – FG Sachsen-Anhalt bestätigt Zugrundelegung des amtlichen Sachbezugswerts
Berger, Tetzlass, NWB 44/2020, S. 3.257
Anmerkung:
Nach § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und die nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben. Entsprechendes gilt nach § 37b Abs. 2 EStG auch für Zuwendungen an Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.

Mit Urteil v. 14.11.2019, 2 K 768/16 hat das FG des Landes Sachsen-Anhalt zu Essenzuschüssen des Arbeitgebers in Form von Restaurantschecks als Sachbezug entschieden.
  • Ein Sachbezug liegt vor, wenn Arbeitnehmern Gutscheine überlassen werden, die sie zum Bezug einer von ihnen selbst auszuwählenden Sach- oder Dienstleistung berechtigen und die bei einem Dritten einzulösen oder auf den Kaufpreis anzurechnen sind. Gegen die Einordnung als Sachbezug spricht weder, dass streitgegenständliche Restaurantschecks im täglichen Leben ähnlich dem Bargeld verwendbar sein mögen noch die Angabe einer Wertobergrenze auf dem einzelnen Scheck.
  • Die Ausgabe der Restaurantschecks dient der Verpflegung der Arbeitnehmer. Sie ist mit einer Mahlzeitengestellung durch den Arbeitgeber im Wesentlichen vergleichbar und daher mit dem amtlichen Sachbezugswert anzusetzen.
  • Dass die Restaurantschecks nicht nur in Gaststätten, sondern auch in Supermärkten einlösbar sind, steht der Vergleichbarkeit mit einer Mahlzeitengestellung nicht entgegen, wenn die Einlösbarkeit wie im Streitfall begrenzt ist auf den Erwerb von „Mahlzeiten” bzw. Nahrungsmitteln, die für den direkten Verzehr bestimmt sind, während Alkohol, Tabakwaren und „non food” ausgenommen sind.
  • Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, sich für jeden unter Einsatz von Restaurantschecks getätigten Erwerbsvorgang den Kassenbon vom Arbeitnehmer vorlegen zu lassen, geschweige denn diesen aufzubewahren. Auch treffen den Arbeitgeber keine weiter gehenden Kontrollpflichten in Bezug auf die Einhaltung der wechselseitig vereinbarten Einlösebeschränkung von nur einem Restaurantscheck pro Tag.
  • Bei nicht bestimmungsgemäßem Einsatz der Restaurantschecks durch einzelne Arbeitnehmer kann der geldwerte Vorteil mit dem tatsächlichen Wert nur individuell bei jedem Arbeitnehmer nachversteuert werden.
 

3.Körperschaftsteuer

3.1.NWB

Vorteilsgewährung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften – Steuerliche Mehrbelastung bei unentgeltlich oder verbilligt gewährten Nutzungen oder Dienstleistungen
Schütz, NWB 42/2020, S. 3.092
Anmerkung:
Mit Beschluss v. 26.10.1987, GrS 2/86, hat der BFH zur unentgeltlichen Überlassung von Nutzungsvorteilen entschieden.
  • Der von einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gewährte Vorteil, ein Darlehen zinslos nutzen zu können, ist steuerrechtlich kein einlagefähiges Wirtschaftsgut.
  • Eine Kapitalgesellschaft, die einer anderen, ihr unmittelbar nachgeschalteten Kapitalgesellschaft einen unentgeltlichen Nutzungsvorteil im Sinne der Rechtsfrage 1 gewährt, kann diesen Vorteil steuerrechtlich nicht gewinnerhöhend ansetzen.
  • Gewährt eine Tochterkapitalgesellschaft ihrer Schwestergesellschaft einen Nutzungsvorteil im Sinne der Rechtsfrage 1, fließt der gemeinsamen Muttergesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung zu, der jedoch ein gleich hoher Aufwand gegenübersteht; zu einer verdeckten Einlage bei der Schwestergesellschaft kommt es nicht.
Der Verfasser weist daraufhin, dass das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG einer steuerlichen Berücksichtigung des Vorteilsverbrauchs entgegensteht, wenn es sich beim gemeinsamen Gesellschafter um eine natürliche Person handelt. Zu einem Verlust des Werbungskostenabzugs komme es hingegen nicht, wenn der Gesellschafter im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung zur Anwendung der tariflichen Besteuerung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG optiere oder die Beteiligung im Betriebsvermögen halte.

Neben den ertragsteuerlichen Folgen sind auch die umsatzsteuerlichen Auswirkungen zu bedenken. Unentgeltlich, für unternehmensfremde Zwecke erbrachte Leistungen sind gem. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG umsatzsteuerbar. Ein Vorsteuerabzug der auf diese unentgeltliche Wertabgabe entstandenen Umsatzsteuer beim Leistungsempfänger ist nach Auffassung der Finanzverwaltung (A 3.2 Abs. 2 S. 5 UStAE) nicht zulässig. Verbilligt erbrachte Leistungen fallen in den Anwendungsbereich der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG. Die Mindestbemessungsgrundlage ist jedoch nicht anzuwenden, wenn der Leistungsempfänger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist und der in Anspruch genommene Vorsteuerabzug keiner Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG unterliegt.

 

4.Internationales Steuerrecht

4.1.NWB

Grenzüberschreitende Dreieckskonstellationen: § 1 AStG oder verdeckte Gewinnausschüttung? – Fragwürdige Entscheidung des BFH im Urteil I R 40/19
Käshammer, Bolik, NWB 43/2020, S. 3.168
Anmerkung:
Mit Urteil v. 27.11.2019, I R 40/19 hat der BFH zum Verhältnis von § 1 Abs. 1 AStG und § 8 Abs. 3 S. 2 KStG beim Verzicht auf Darlehenszinsen in grenzüberschreitenden Dreieckskonstellationen entschieden.
  • Für das Vorliegen einer Geschäftsbeziehung i. S. d. § 1 Abs. 4 AStG kommt es seit der Neufassung durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz nicht mehr darauf an, ob die Darlehensnehmerin ihre unternehmerische Funktion mangels Eigenkapitalausstattung nicht erfüllen könnte.
  • Wird die Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG auf einen Zinsverzicht gegenüber einer ausländischen Darlehensnehmerin gestützt, muss dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt werden, den Nachweis für etwaige wirtschaftliche Gründe für den Abschluss des (nicht fremdüblichen) Geschäfts zu erbringen (EuGH-Urteil Hornbach-Baumarkt v. 31.05.2018, C-382/16, EU:C:2018:366, HFR 2018 S. 580). Diese Prüfung ist den nationalen Gerichten vorbehalten und vorrangig Aufgabe der Finanzgerichte.
  • Die Bestimmungen des Unionsrechts sind vom Zeitpunkt des Beitritts eines Mitgliedstaats an verbindlich, so dass sie für zukünftige Auswirkungen vor dem Beitritt entstandener Sachverhalte gelten; demgegenüber entfalten diese keine „Vorwirkung“ für vor dem Beitritt bereits abgeschlossene Sachverhalte.
  • Aus der Formulierung „unbeschadet anderer Vorschriften“ in § 1 Abs. 1 AStG ergibt sich kein Vorrang des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG. Beide Vorschriften überlagern einander vielmehr in dem Sinne, dass sich eine Gewinnkorrektur nach der einen Vorschrift erübrigt, wenn sie bereits nach der anderen vollzogen wurde. Soweit die Rechtsfolgen der beiden Vorschriften nicht voneinander abweichen, kann der Rechtsanwender wählen, welche von ihnen er vorrangig prüft.
Die Verfasser kritisieren das Urteil. Entweder sei ein steuerwirksamer Vorteilsverbauch bei der Muttergesellschaft anzuerkennen oder auf diese selbst sei § 1 AStG anwendbar.

 

5.Sonstiges

5.1.NWB

Grunderwerbsteuerliche Konzernklausel – Wie bestimmt sich das herrschende Unternehmen?
Wischott, Graessner, NWB 40/2020, S. 2.973
Anmerkung:
Die Steuer wird nach § 6a GrEStG nicht erhoben, wenn an einem – wie hier – steuerbaren Umwandlungsvorgang i. S. d. Umwandlungsgesetzes ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a S. 3 GrEStG). Abhängig ist eine Gesellschaft gem. § 6a S. 4 GrEStG, an deren Kapital das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahre nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 v.H. ununterbrochen beteiligt ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Mit Urteil v. 20.05.2020, 7 K 820/17 GE hat das FG Düsseldorf zur Grunderwerbsteuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern entschieden.
  • Das herrschende Unternehmen i. S. d. § 6a GrEStG kann auch eine – von der Konzernspitze abhängige – nachrangige Gesellschaft in der Beteiligungskette sein, wenn diese abhängige Gesellschaft ihrerseits die die weiteren Voraussetzungen des § 6a GrEStG erfüllt.
  • Eine nachträgliche Veränderung der Beteiligungshöhe auf der Ebene der Konzernspitze ist in diesem Fall für die Grunderwerbsteuervergünstigung unschädlich.
Innerhalb einer mehrstufigen 100 %igen Beteiligungskette wurde die unterste grundbesitzende Kapitalgesellschaft auf ihre Muttergesellschaft verschmolzen. Die Finanzverwaltung gewährte zunächst eine Befreiung aufgrund der Konzernklausel. Im Nachgang wurde innerhalb von fünf Jahren oberhalb der Muttergesellschaft eine Beteiligung verkauft. Fraglich war, ob ein Verstoß gegen die fünfjährige Nachbehaltensfrist im Sinne der Konzernklausel vorlag und somit rückwirkend die Befreiung zu versagen war. Für diese Frage war entscheidend, ob nur die oberste Konzerngesellschaft als herrschendes Unternehmen angesehen werden kann (so die Finanzverwaltung) oder ob auch weitere Gesellschaften im Konzern als solche bestimmt werden können. Das FG Düsseldorf hat auch die Muttergesellschaft als herrschendes Unternehmen anerkannt und daher keinen Verstoß gegen die Behaltensfrist angenommen. Unter dem Az. II R 13/20 ist das Revisionsverfahren anhängig.

 

5.2.DStR

Umfang des Veräußerungsgewinns nach § 8b KStG, §§ 16 und 17 EStG – Zur Berücksichtigung von Erträgen aus Währungssicherungsgeschäften
Vetter, Mädel, Schneidereit, DStR 41/2020, S. 2.223
Anmerkung:
Mit BMF-Schreiben v. 05.10.2020 hat das BMF zur Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf Erträge aus Währungssicherungsgeschäften und zum Urteil des BFH v. 10.04.2019, I R 20/16 Stellung genommen.

Nach dem BFH-Urteil v. 10.04.2019, I R 20/16 erhöht der Ertrag aus Währungssicherungsgeschäften den steuerfreien Veräußerungsgewinn aus dem Anteilsverkauf.
  • Bei der Bemessung des nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinns aus einem in Fremdwährung abgewickelten Anteilsverkauf ist der Ertrag aus einem Devisentermingeschäft, das der Veräußerer vor der Veräußerung zum Zweck der Minimierung des Währungskursrisikos in Bezug auf den Veräußerungserlös abgeschlossen hat, als Bestandteil des Veräußerungspreises i. S. d. § 8b Abs. 2 S. 2 KStG gewinnerhöhend zu berücksichtigen (Abgrenzung zum BFH-Urteil v. 02.04.2008, IX R 73/04, BFH/NV 2008 S. 1658).
Nach Ansicht des BMF ist der erforderliche Veranlassungszusammenhang nur gegeben, wenn der Steuerpflichtige bei Abschluss des jeweiligen Sicherungsgeschäftes ausschließlich den späteren konkret erwarteten Erlös aus der Veräußerung von Anteilen i. S. d. § 8b Abs. 2 KStG vor Währungskursschwankungen absichern wollte.


Verfassungsrechtliche Zweifel am Verbot des Abzugs von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung (§ 33 Abs. 2 S. 4 EStG)
Klamet, DStR 42/2020, S. 2.278
Anmerkung:
Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (§ 33 Abs. 2 S. 4 EStG).

Mit Urteil v. 13.08.2020, VI R 15/18 hat der BFH erneut entscheiden, dass Zivilprozesskosten nicht als außergewöhnliche Prozesskosten abzugsfähig sind.
  • Unter der Existenzgrundlage i. S. d. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG ist nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen.
  • Prozesskosten anlässlich eines Umgangsrechtsstreits und der Rückführung des Kindes aus dem Ausland zurück nach Deutschland sind gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.
Der Verfasser fordert eine Neuausrichtung der Rechtsprechung unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Gehalts des subjektiven Nettoprinzips. Zwangsläufige, pflichtbestimmte Aufwendungen müssten unabhängig von ihrem Veranlassungsgrund einkommensteuerlich berücksichtigt werden, da sich die Besteuerung andernfalls nicht an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientiere.


Betriebsausgaben versus Herstellungskosten – ein Dauerbrenner – Zugleich Besprechung des Urteils des FG Münster v. 22.1.2020 – 13 K 3039/16 E
Tanski, DStR 42/2020, S. 2.284
Anmerkung:
Mit Urteil v. 22.01.2020, 13 K 3039/16 E hat das FG Münster zur Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand bei Asphaltierung einer Hoffläche entschieden.
  • Aufwendungen für die neue Asphaltierung einer zwischen Wirtschafts- und Wohngebäuden belegenen, löcherigen, rissigen und oberflächlich unebenen Hofbefestigung sind Herstellungskosten eines selbständigen Wirtschaftsguts i. S. d. § 255 Abs. 2 S. 1 HGB und damit über die Nutzungsdauer abzuschreiben.
Im Streitfall liegen nach Ansicht des FG Herstellungskosten i. S. d. § 255 Abs. 2 S. 1 HGB zwar nicht in der Variante der Herstellung eines Vermögensgegenstandes vor (§ 255 Abs. 2 S. 1 Var. 1 HGB. Herstellungskosten entstünden jedoch in der Variante der Erweiterung (§ 255 Abs. 2 S. 1 Var. 2 HGB, und der über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung (§ 255 Abs. 2 S. 1 Var. 3 HGB. Im Ergebnis könne daher dahinstehen, ob es sich um die 2. oder die 3. Variante des § 255 Abs. 2 S. 1 HGB handele.
Der Verfasser kommt hingegen unter Rückgriff auf die bisherige Rechtsprechung und Kommentierung fast zwangsläufig zum Schluss, dass sofort abzugsfähige Betriebsausgaben vorlägen, weil die Hoffläche weder erweitert noch wesentlich verbessert wurde. Allerdings spreche vieles eher für die Entstehung eines neuen Wirtschaftsgutes.
 
 

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