Rechtsprechung KW 24 - 2020

1.Rechtsprechung

1.1.Einkommensteuer

Behandlung einer Investitionszulage und nicht abziehbarer Betriebsausgaben bei der Berechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen gem. § 4 Abs. 4a EStG
Für Zwecke der Berechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG ist der bilanzielle Gewinn nicht um eine steuerfreie Investitionszulage zu kürzen, da sich diese positiv auf die Kapitalentwicklung des Unternehmens auswirkt. 

Nicht abziehbare Betriebsausgaben i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 EStG sind demgegenüber dem Gewinn für Zwecke der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nicht hinzuzurechnen.

BFH v. 03.12.2019, X R 6/18

Hinweis:
Nach § 4 Abs. 4a S. 1 EStG sind Schuldzinsen nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (§ 4 Abs. 4a S. 2 EStG). Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen (§ 4 Abs. 4a S. 3 EStG). Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a S. 4 EStG). Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt (§ 4 Abs. 4a S. 5 EStG).

Der Kläger erzielte einen Verlust aus Gewerbebetrieb i. H. v. 40.371 €. Dabei hatte er eine zugeflossene Investitionszulage von 326.075,27 € vom Bilanzgewinn abgezogen und nicht abziehbare Betriebsausgaben i. H. v. 1.343,90 € hinzugerechnet. Der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG legte er hingegen einen Gewinn unter Ansatz der Investitionszulage zugrunde. Folglich erklärte er für das Streitjahr keine nicht abziehbaren Schuldzinsen.

Der BFH hat entschieden, dass der bilanzielle Gewinn für Zwecke der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen gem. § 4 Abs. 4a EStG nicht um eine steuerfreie Investitionszulage zu kürzen ist. Nicht abziehbare Betriebsausgaben sind demgegenüber dem Gewinn für Zwecke der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nicht hinzurechnen.

Der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a EStG entspricht dem allgemeinen Gewinnbegriff in § 4 Abs. 1 EStG. Er beinhaltet die Investitionszulage – entgegen der Auffassung des BMF-Schreibens v. 02.11.2018. § 12 InvZulG 2007 erfordert lediglich eine außerbilanzielle Kürzung des Gewinns um die Investitionszulage. Da für den Gewinnbegriff des § 4 Abs. 4a EStG der bilanzielle Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG maßgeblich ist, wirken sich außerbilanzielle Kürzungen auf § 4 Abs. 4a EStG nicht aus. Diese Vorgehensweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG.

Der Gewinn des § 4 Abs. 1 EStG unterscheidet sich insoweit vom steuerlichen Gewinn i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG, der unter Anwendung sämtlicher Vorschriften der §§ 4 - 7k und 13a EStG zu ermitteln ist. Die Vorschrift des § 60 Abs. 2 bestätigt, dass der Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG (§ 60 Abs. 1 EStDV) den steuerlichen Vorschriften – außerbilanziell bzw. auf einer zweiten Stufe – anzupassen ist, wenn die Bilanz Ansätze oder Beträge enthält, die diesen Vorschriften nicht entsprechen.

Überträgt man die für außerbilanzielle Kürzungen aufgestellten Grundsätze auf die Behandlung von nicht abziehbaren Betriebsausgaben bei der Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG, muss deren außerbilanzielle Korrektur, auch wenn sich die Hinzurechnung von nicht abziehbaren Betriebsausgaben im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG gewinnerhöhend und damit für den Steuerpflichtigen günstig auswirken würde, unterbleiben.
 

1.2.Internationales Steuerrecht

Beiträge des österreichischen Arbeitgebers an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse als Arbeitslohn
Bei den von einem österreichischen Arbeitgeber nach österreichischem Recht für seinen Arbeitnehmer geleisteten Beiträgen an eine betriebliche Vorsorgekasse handelt es sich nach deutschem Recht um zugeflossenen Arbeitslohn.

Zukunftssicherungsleistungen i. S. d. § 3 Nr. 62 EStG sind über die in § 2 Abs. 2 Nr. 3 S. 1 LStDV aufgezählten Leistungen hinaus auch Leistungen zur Absicherung der Arbeitslosigkeit.

Beiträge an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse sind nur dann nach § 3 Nr. 62 S. 1 Alt. 2 EStG steuerfrei, wenn sie für eine dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherung geleistet werden.

BFH v. 13.02.2020, VI R 20/17

Hinweis:
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG – neben Gehältern und Löhnen – auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 S. 2 EStG). 

Zum 01.08.2013 hatten die Kläger ihren Wohnsitz aus der Republik Österreich (Österreich) in die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) verlegt und dabei ihre jeweilige Beschäftigung in Österreich beibehalten. Der österreichische Arbeitgeber des Klägers hatte gem. § 6 Abs. 1 S. 1 des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes der Republik Österreich (BMSVG) Beiträge in Höhe von 1,53 % des Bruttolohns an dessen betriebliche Vorsorgekasse (BV-Kasse) geleistet und die Höhe dieser Beiträge gesondert, neben den weiteren Lohnzuwendungen, bescheinigt. Das FA rechnete dem vom Kläger als Grenzgänger bezogenen Bruttoarbeitslohn die von seinem Arbeitgeber gem. BMSVG gezahlten Beiträge in den Streitjahren hinzu.

Der BFH hat entschieden, dass Beiträge an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse nur dann steuerfrei sind, wenn sie für eine dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherung geleistet werden.

Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers gehören. Demgegenüber stellt die Entrichtung des gesetzlich geschuldeten Arbeitgeberanteils zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung eines Arbeitnehmers keinen gegenwärtig zufließenden Arbeitslohn dar. Bei Heranziehung dieser Grundsätze sind die von einem österreichischen Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer geleisteten Beiträge an den zuständigen Träger der Krankenversicherung zur Weiterleitung an eine BV-Kasse i. S. d. § 6 BMSVG nach deutschem Recht steuerbarer Arbeitslohn. Ob das FG zu Recht davon ausgegangen ist, dass der BV-Beitrag nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei ist, kann der erkennende Senat infolge fehlender Feststellungen der Vorinstanz nicht abschließend überprüfen.
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Einkommensteuer

Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 2. Alt. EStG
Das BMF hat zur Anwendung des BFH-Urteils v. 03.09.2019, IX R 10/19 zu § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 Alt. 2 EStG Stellung genommen.

BMF v. 17.06.2020

Nach § 22 Nr. 2 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG) auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG. Dazu gehören gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG u. a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ausgenommen sind gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alternative) genutzt wurden.

Es genügt hierbei, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut im Jahr der Veräußerung zumindest am 1. Januar, im Vorjahr der Veräußerung durchgehend sowie im zweiten Jahr vor der Veräußerung mindestens am 31. Dezember zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Es ist mithin unschädlich, wenn das Wirtschaftsgut im Anschluss an die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nach den vorgenannten zeitlichen Kriterien im Jahr der Veräußerung vermietet wird. Wird das Wirtschaftsgut hingegen im Vorjahr der Veräußerung kurzfristig zu anderen Zwecken genutzt (z. B. vorübergehende Vermietung) oder kommt es im Vorjahr der Veräußerung zu einem vorübergehenden Leerstand, ist der Veräußerungsgewinn zu versteuern.

Soweit das BMF-Schreiben vom 05.10. 2000, BStBl. I S. 1383, Rn. 25 Sps. 2 von anderen Rechtsgrundsätzen ausgeht, wird hieran nicht mehr festgehalten.
 
 

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