Rechtsprechung KW 20 - 2020

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Abzug vergeblicher Rechtsverfolgungskosten als Nachlassverbindlichkeit
Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, sind als Nachlassregelungskosten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abzugsfähig. § 10 Abs. 6 S. 1 ErbStG steht dem Abzug nicht entgegen.

BFH v. 06.11.2019, II R 29/16

Hinweis:
Gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG sind, soweit sich nicht aus den Absätzen 6 - 9 etwas anderes ergibt, als Nachlassverbindlichkeiten u. a. die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Kosten für die Verwaltung des Nachlasses sind nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG.

Der 1999 verstorbene Erblasser hatte seine Porzellansammlung 1995 einem städtischen Museum geschenkt. Die Erben forderten nach seinem Tod von der Stadt die Rückgabe der Sammlung mit der Begründung, dass der Erblasser bei der Schenkung nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Die Klage und die eingelegten Rechtsmittel waren jedoch erfolglos und die Erben blieben auf den Prozesskosten sitzen. Sie machten daher die Kosten bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit steuermindernd geltend.

Der BFH hat entschieden, dass Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, als Nachlassregelungskosten vom Erwerb von Todes wegen abzugsfähig sind; die faktische „Steuerfreiheit“ bei misslungener Rückforderung steht dem Abzug nicht entgegen.

Der BFH begründete seine Entscheidung mit § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG. Danach sind als Nachlassverbindlichkeiten u. a. die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Zu diesen Ausgaben können auch Kosten zählen, die der Erbe durch die gerichtliche Geltendmachung von (vermeintlichen) zum Nachlass gehörenden Ansprüchen des Erblassers zu tragen hat. Die Kosten müssen in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses anfallen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG). § 10 Abs. 6 S. 1 ErbStG steht dem Abzug der Prozesskosten als Nachlassverbindlichkeiten nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Schulden und Lasten nicht abzugsfähig, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegen. Die Vorschrift gilt nur für vom Erblasser begründete Schulden und Lasten und ist deshalb nicht auf Nachlassregelungskosten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG anwendbar. Vergebliche Prozesskosten für die Rückholung der Porzellansammlung des Erblassers sind damit grundsätzlich abzugsfähig; sie müssen aber im Einzelnen nachgewiesen werden. Das Gleiche gilt für die Kosten der anwaltlichen Vertretung. Wie der BFH weiter entschieden hat, ist dagegen der Abzug von Prozesskosten ausgeschlossen, die dem Erben entstanden sind, weil er Schadensersatz wegen verspäteter Räumung und Herausgabe einer geerbten Wohnung vom Mieter verlangt hat. Bei diesen Ausgaben handelt es sich um nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwertung (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG).

Ansatz der üblichen Miete als Rohertrag anstelle des vertraglich vereinbarten Entgelts
Der für die Bewertung im Ertragswertverfahren maßgebliche Rohertrag eines bebauten Grundstücks ist grundsätzlich das Entgelt, das für die Benutzung nach den vertraglichen Vereinbarungen als Miete zu zahlen ist.

Eine vertraglich vereinbarte Miete kann nicht mehr als üblich angesehen werden, wenn sie mehr als 20 % niedriger ist als der unterste Wert der Spanne des verwendeten Mietspiegels oder wenn sie mehr als 20 % höher ist als der oberste Wert der Spanne. Auf den Mittelwert kommt es insoweit nicht an.

BFH v. 05.12.2019, II R 41/16

Hinweis:
Für Grundstücke oder Grundstücksteile, die der Eigentümer dem Mieter zu einer um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat, ist die übliche Miete anzusetzen (§ 186 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG).

Der Kläger und seine Mutter waren Miteigentümer eines Grundstücks, welches mit 14 Wohnungen und einer Gewerbeeinheit bebaut war. Die Mutter verstarb und wurde von dem Kläger beerbt. Im Rahmen seiner Erklärung zur Bedarfswertfeststellung setzte der Kläger für die Ermittlung des Gebäudeertragswerts nach § 185 BewG einen jährlichen Rohertrag i. S. d. § 186 BewG von 110.160 € an. Dabei ging er für vier Einheiten von den vertraglich vereinbarten Nettokaltmieten aus, legte jedoch für elf Einheiten die in dem Mietspiegel ausgewiesenen Mittelwerte zugrunde. Die tatsächliche Miete überschritt diese Mittelwerte zu mehr als 20 %. Das FA setzt im Rahmen der Frage, ob die tatsächliche Miete um mehr als 20% von der „üblichen Miete“ abweicht als „übliche Miete“ nicht den Mittelwert, sondern den obersten Wert der im Mietspiegel ausgewiesenen Spanne an. Dabei wurden bei lediglich zwei vermieteten Einheiten eine Abweichung der tatsächlichen Miete von der üblichen Miete um mehr als 20% ermittelt.

Der BFH hat entschieden, dass auf den obersten Wert der Spanne des Mietspiegels abzustellen ist. Auf den Mittelwert kommt es nicht an.

Wird für die Anwendung des § 186 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG ein Mietspiegel herangezogen, werden die Daten differenziert verwendet. In Mietspiegeln wird häufig der um Ausreißer bereinigte Durchschnitt aller erhobenen Mietwerte in Form des Mittelwerts veröffentlicht. Zusätzlich werden Mietspannen angegeben, um den Besonderheiten des Einzelfalls besser Rechnung tragen zu können. Grundsätzlich ist der im Mietspiegel ausgewiesene gewichtete Mittelwert anzusetzen. Bei ausreichenden Anhaltspunkten für einen konkreten niedrigeren oder höheren Wert ist dieser Wert anzusetzen. Für die Überprüfung der Ortsüblichkeit von tatsächlich erzielten Mieten ist auf den jeweils unteren Wert oder den jeweils oberen Wert der Spanne abzustellen. D. h. eine Miete, die mehr als 20 % niedriger ist als der untere Wert der Spanne bzw. die mehr als 20 % höher ist als der obere Wert der Spanne, ist nicht mehr ortsüblich (H B 186.5 „Mietspiegel“ ErbStH).
 

1.2.Umsatzsteuer

Rabattberechtigung beim Einkauf im Supermarkt
Die entgeltliche Einräumung des Rechts zum betragsmäßig nicht begrenzten verbilligten Warenbezug in Form einer „Mitgliedschaft“ stellt eine selbständige steuerbare Leistung und nicht eine Nebenleistung oder einen Zwischenschritt zum Warenkauf dar.

Die Einräumung dieser Rabattberechtigung unterliegt vollumfänglich dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, wenn die Waren des Warensortiments sowohl dem Regelsteuersatz als auch dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

BFH v. 18.12.2019, XI R 21/18

Hinweis:
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer u. a. die sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Die Klägerin betrieb im Jahr 2010 mehrere Bio-Supermärkte in einer deutschen Großstadt unter einer gemeinsamen Dachmarke. In den Märkten konnten Kunden entweder die Waren zum Normalpreis oder verbilligt als „Mitglied“ einkaufen. Für die „Mitgliedschaft“ zahlten die Kunden einen monatlichen festen Beitrag (je nach Einkommen und Familienstand zwischen ca. 10 € und ca. 20 €). Die Klägerin ging davon aus, dass der Mitgliedsbeitrag ein Entgelt für die späteren Warenverkäufe sei. Die Einräumung der Rabattberechtigung sei als notwendiger Zwischenschritt des Warenverkaufs anzusehen und damit eine Nebenleistung. Da die rabattierten Warenlieferungen zu über 81% dem ermäßigten Steuersatz unterlagen (z. B. für Lebensmittelverkäufe), teilte die Klägerin auch die Mitgliedsbeiträge entsprechend nach beiden Steuersätzen auf. Finanzamt und Finanzgericht hingegen gingen davon aus, dass die eingeräumte Rabattberechtigung als selbständige Leistung in vollem Umfang dem Regelsteuersatz unterliege.

Der BFH hat entschieden, dass die entgeltliche Einräumung einer Berechtigung zum verbilligten Warenbezug (in Form einer „Mitgliedschaft“) umsatzsteuerrechtlich eine selbständige Leistung und nicht nur eine Nebenleistung zum späteren Warenverkauf darstellt. Auch wenn der Supermarkt Waren verkauft, die sowohl dem Regelsteuersatz (19%) als auch dem ermäßigten Steuersatz (7%) unterliegen, ist auf den Mitgliedsbeitrag der Regelsteuersatz anzuwenden.

Soweit die Zahlung für die Bereitschaft der Klägerin gezahlt worden sei, Waren verbilligt zu liefern, habe die Klägerin eine selbständige Leistung erbracht, an der die Kunden ein gesondertes Interesse gehabt hätten. Ein monatlicher pauschaler Mitgliedsbeitrag sei insbesondere keine Anzahlung auf künftige Warenlieferungen, da das „Ob und Wie“ der künftigen Lieferungen bei Abschluss der „Mitgliedschaft“ nicht hinreichend bestimmt sei. Das Urteil des BFH hat wirtschaftlich zur Folge, dass sich die Kosten des Supermarktbetreibers für das von ihm angebotene Rabattmodell erhöhen. Der Verbraucher ist nicht unmittelbar betroffen. Keine Aussage hat der BFH zu anderen Rabatt-Modellen getroffen, bei denen z. B. der Mitgliedsbeitrag vom Umsatz des Kunden abhängt oder mit dem Kaufpreis der Waren verrechnet wird. Auch musste der BFH nicht entscheiden, ob der Fall anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn sich der Rabatt nur auf Waren bezogen hätte, die dem ermäßigten Steuersatz von 7% unterliegen.
 

1.3.Einkommensteuer

Teleologische Reduktion des § 3c Abs. 2 EStG bei Zinsen auf Darlehen von Personengesellschaftern
§ 3c Abs. 2 EStG findet im Wege teleologischer Reduktion in dem Umfang auf Betriebsausgaben der Gesamthand keine Anwendung, wie diese Sondervergütungen der Gesellschafter sind.

BFH v. 06.02.2020, IV R 5/18

Hinweis:
Nach § 3 Nr. 40 S. 1 Bst. d S. 1 EStG sind 40 % der Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und der Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG steuerfrei, sofern sie nach § 20 Abs. 8 EStG zu anderen als zu Einkünften aus Kapitalvermögen gehören (§ 3 Nr. 40 S. 2 EStG). Zu den Bezügen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören u. a. Gewinnanteile (Dividenden).

Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 - 5 KStG, die Gewinnausschüttungen i. S. der Nr. 1 wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen i. S. d. Nr. 1 gehören. Nicht von § 3 Nr. 40 S. 1 Bst. d EStG erfasst werden hingegen sonstige Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG wie z. B. Zinsen aus Darlehen. Nach § 3c Abs. 2 EStG dürfen (u. a.) Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60 % abgezogen werden.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz im Inland. Gegenstand ihres Unternehmens ist u. a. die Verwaltung einer 100 %-igen Beteiligung an einer spanischen Aktiengesellschaft (A-S.A.). Die Beigeladenen sind die Kommanditisten, die der Klägerin bei Aufnahme ihrer Tätigkeit Gesellschafterdarlehen gewährt haben. Streitig ist, ob auf die von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) an die Beigeladenen gezahlten Darlehenszinsen § 3 Nr. 40 EStG  anzuwenden ist.

Der BFH hat entschieden, dass § 3c Abs. 2 EStG bei Zinsen auf Betriebsausgaben der Gesamthand keine Anwendung findet, wenn diese Sondervergütungen bei den Gesellschaftern sind.

Die Norm des § 3c Abs. 2 EStG bezweckt, dass bei steuerbefreiten Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt wird. § 3c Abs. 2 EStG setzt danach voraus, dass sich die Ausgaben aufwandswirksam ausgewirkt haben. Ist Anteilseigner und damit Ausschüttungsempfänger, wie im Streitfall, eine Mitunternehmerschaft, ist zu berücksichtigen, dass die Mitunternehmerschaft zwar Einkünfteermittlungssubjekt ist, die Einkommensteuersubjekte aber die an ihr beteiligten Mitunternehmer sind. Soll das Teileinkünfteverfahren also einerseits dazu führen, dass (u. a.) Gewinnausschüttungen aus einer betrieblichen Beteiligung, die im Gesamtgewinn (Gesamthands- oder Sonderbetriebsgewinn) der Mitunternehmerschaft enthalten sind, beim Mitunternehmer (anteilig) von der Steuer befreit sind (§ 3 Nr. 40 EStG), dass aber andererseits Ausgaben, die mit diesen beim Mitunternehmer (anteilig) freizustellenden Einnahmen im Zusammenhang stehen, ihrerseits nur anteilig zum Abzug zugelassen werden, ist zu berücksichtigen, dass Zinszahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter, der der Gesellschaft das Darlehen zum Erwerb der Beteiligung gewährt hat, bei ihm als Sondervergütung erfasst werden. Bezogen auf die Mitunternehmerschaft und ihren Gesamtgewinn haben sich die Zinszahlungen also nicht aufwandswirksam ausgewirkt, so dass eine Doppelbegünstigung, die § 3c Abs. 2 EStG vermeiden will, bezogen auf die Gesamthand nicht eingetreten sein kann. Auch wenn es sich also auf der Ebene der Gesamthand um Betriebsausgaben handelt, sind die Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 EStG – bezogen auf den Zweck der Norm – nicht erfüllt.

Steuerfreie Entnahme einer Wohnung aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gem. § 13 Abs. 4 S. 6 Nr. 2 EStG
Die steuerfreie Entnahme einer Wohnung aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gem. § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG (nach dem 31.12.1998) ist nur möglich, wenn es sich hierbei um ein Baudenkmal handelt.

BFH v. 16.01.2020, VI R 22/17

Hinweis:
Gem. § 13 Abs. 4 S. 6 Nr. 2 EStG bleibt der Entnahme- oder Veräußerungsgewinn außer Ansatz, wenn eine vor dem 01.01.1987 einem Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassene Wohnung und der dazugehörende Grund und Boden für eigene Wohnzwecke entnommen werden.

Die Klägerin erzielte in den Streitjahren (2007 und 2008) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Den Betrieb hat sie seit dem 01.07.2002 von ihrem Vater gepachtet, der ihn zuvor selbst bewirtschaftet hat. Auf dem Hofgrundstück sind zwei Wohnhäuser belegen: das Betriebsleiterhaus, bei dem es sich nach landesrechtlichen Vorschriften nicht um ein Baudenkmal handelt, sowie das ehemalige Altenteilerhaus. Beide Gebäude befanden sich am 01.07.1987 im Betriebsvermögen und waren Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassen. Der Vater der Klägerin wohnte auf dem Hof seiner Ehefrau. Das ehemalige Altenteilerhaus wird noch heute fremdvermietet. Das Betriebsleiterhaus war bis Anfang 2006 ebenfalls durchgehend fremdvermietet. Danach zog die Klägerin als Pächterin in das Haus ein. Zum 01.05.2008 überließ der Vater der Klägerin den landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Die damit einhergehende Entnahme des nunmehr zu eigenen Wohnzwecken genutzten Betriebsleiterhauses behandelte die Klägerin gem. § 13 Abs. 4 S. 6 Nr. 2 EStG als steuerfrei.

Der BFH hat entschieden, dass die steuerfreie Entnahme einer Wohnung gem. § 13 Abs. 4 S. 6 Nr. 2 EStG nach dem 31.12.1998 nur möglich ist, wenn es sich hierbei um ein Baudenkmal handelt.

Die sog. Nutzungswertbesteuerung gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a. F. wurde durch die Einfügung des § 52 Abs. 15 S. 1 EStG durch das Wohneigentumsförderungsgesetz vom 15.05.1986 (BGBl I 1986, 730, BStBl. I 1986, 278) abgeschafft. Für Altfälle sah § 52 Abs. 15 S. 2 ff. EStG eine zeitlich bis 31.12.1998 begrenzte Übergangsregelung vor. Spätestens mit Ablauf des 31.12.1998 galt nach § 52 Abs. 15 S. 6 EStG die Wohnung des Steuerpflichtigen als ins Privatvermögen entnommen. Diese gesetzlich angeordnete Entnahme erfolgte steuerfrei (§ 52 Abs. 15 S. 7 EStG). Gleichzeitig wurde in § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG geregelt, dass der Entnahme- oder Veräußerungsgewinn außer Ansatz blieb, wenn eine vor dem 01.01.1987 einem Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassene Wohnung und der dazugehörende Grund und Boden für eigene Wohnzwecke vor dem 01.01.1999 entnommen wurden. Sowohl aus der Gesetzesbegründung als auch aus dem ausdrücklichen Wortlaut des § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG ergab sich daher eindeutig, dass fremdgenutzte Wohnungen aus dem Betriebsvermögen des Land- und Forstwirts bis längstens zum 31.12.1998 durch Nutzung zu eigenen Wohnzwecken steuerfrei entnommen werden konnten. Mit dem Wohnungsbauförderungsgesetz vom 22.12.1989 (BGBl I 1989, 2408, BStBl. I 1989, 505) wurde in § 52 Abs. 15 EStG sodann folgender Satz 12 angefügt:

„Bei einem Gebäude oder Gebäudeteil des Betriebsvermögens, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, sind die Sätze 2 bis 8 auch über das in den Sätzen 2 und 6 genannte Datum 1998 hinaus anzuwenden.“

Da das Betriebsleiterhaus kein Baudenkmal ist, war dessen steuerfreie Entnahme (zu eigenen Wohnzwecken) nur bis zum 31.12.1998 gem. § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG a. F. möglich. Eine steuerfreie Entnahme im Streitjahr kam mithin nicht (mehr) in Betracht.
 
 

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