Auswertung Aufsätze 02-2020

1.Umsatzsteuer

1.1.DStR

Praxishinweis zum 01.01.2020: Wie können Unternehmen die Überprüfung der USt-IdNr. umsetzen?
Müller, Remme, DStR 06/2020, S. 205
Anmerkung:
Nach den Quick Fixes müssen gem. Art. 138 MwStSystRL folgende Voraussetzungen erfüllt sein, um in den Genuss der Steuerfreistellung zu gelangen:
  • der Geschäftspartner besitzt eine ausländische USt-IdNr.,
  • diese USt-IdNr. wird dem leistenden Unternehmer mitgeteilt,
  • eine ordnungsmäßige ZM wird abgegeben
Durch diese Änderungen wird die gültige ausländische USt-IdNr. des Abnehmers zu einer weiteren materiellen Voraussetzung für die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen. Die vormalige Rechtsprechung des EuGH, wonach der USt-IdNr. lediglich eine formelle Bedeutung zukam, ist mit Wirkung zum 01.01.2020 überholt.
Die Verfasser weisen darauf hin, dass die Änderungen zu einem erheblichen organisatorischen Mehraufwand führten. Diesen administrativen Folgen könne mit den gängigen manuellen Prüfungsmöglichkeiten nicht begegnet werden. In der Praxis würden Unternehmer auf geeignete Tools zurückgreifen müssen. Unternehmen sollten vor diesem Hintergrund ihre Prozesse analysieren und sich frühzeitig um einen automatisierten Prüfmechanismus mit revisionssicherer Protokollfunktion bemühen.
 

2.Einkommensteuer

2.1.NWB

Zufluss einer Gewinnausschüttung bei gespaltener Gewinnverwendung - Einstellung des Gewinnanteils auf persönliches Rücklagenkonto des GmbH-Gesellschafters
Scheufler, Stiegler, NWB 06/2020, S. 395
Anmerkung:
Bei Beträgen, die eine GmbH ihrem beherrschenden Gesellschafter schuldet, hat die Rechtsprechung als Zeitpunkt des Zuflusses i. S. d. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG den Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung des Gesellschafters angesehen. Denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen. Diese Zuflussregel gilt jedenfalls dann, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet. Abweichend davon hat der BFH beim beherrschenden Gesellschafter in der Regel als Zeitpunkt des Zuflusses von Gewinnanteilen selbst dann den Zeitpunkt der Beschlussfassung angesehen, wenn in dem Beschluss über die Ausschüttung ein späterer Fälligkeitszeitpunkt bestimmt war.
Mit Urteil v. 04.07.2019, 10 K 181/17 hat das Niedersächsische FG zum Zufluss bei gespaltener Verwendung entschieden:
  • Ein Beschluss über eine gespaltene Verwendung des Gewinns ist gesellschaftsrechtlich zulässig und steuerlich anzuerkennen. Der Beschluss über die Einstellung des Gewinnanteils des beherrschenden Gesellschafters auf sein persönliches Rücklagenkonto führt mit der Beschlussfassung zum Zufluss beim Gesellschafter, und zwar auch dann, wenn für die Auszahlung aus dem Rücklagenkonto ein Beschluss der Gesellschafterversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit erforderlich ist.
Von der Tarifglättung zur Tarifermäßigung bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft - Zweiter Versuch einer unionskonformen Regelung durch das JStG 2019
Kanzler, NWB 07/2020, S. 462
Anmerkung:
Nach § 32c Abs. 1 EStG wird für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Tarifermäßigung gewährt, wenn innerhalb eines Betrachtungszeitraums von drei Jahren die auf die steuerpflichtigen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entfallende tarifliche Einkommensteuer höher ist als die nach § 32c Abs. 2 EStG ermittelte fiktive tarifliche Einkommensteuer auf diese Einkünfte.
§ 32c EStG ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016 anzuwenden. Im Veranlagungszeitraum 2016 ist § 32c EStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass der erste Betrachtungszeitraum die Veranlagungszeiträume 2014 bis 2016 umfasst. Die weiteren Betrachtungszeiträume umfassen die Veranlagungszeiträume 2017 bis 2019 und 2020 bis 2022. § 32c EStG ist letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden (§ 52 Abs. 33a EStG).
Die neue Fassung des § 32c EStG eröffnet Steuerpflichtigen für die Veranlagungszeiträume 2014 bis 2022 das Wahlrecht auf eine Tarifermäßigung, die bei stark schwankenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft innerhalb der drei Betrachtungszeiträume von jeweils drei Jahren zu beachtlichen Einkommensteuerentlastungen führen kann. 

Zur Unterscheidung zwischen Herstellungskosten und Werbungskosten bei Abwasserkanalsanierungen - Anmerkungen zum BFH-Urteil v. 03.09.2019 - IX R 2/19
Schlegel, Junkers, NWB 09/2020, S. 614
Anmerkung:
Herstellungskosten sind Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen (§ 255 Abs. 2 S. 1 HGB). Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. 
Mit Urteil v. 03.09.2019, IX R 2/19 hat der BFH zur steuerlichen Behandlung von Aufwendungen zur Sanierung eines Entwässerungskanals entschieden.
  • Aufwendungen für die (Erst- oder Zweit-)Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Kanal gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund und nicht für Anlagen der Gemeinde außerhalb des Grundstücks entstanden sind.
  • Aufwendungen für die Ersetzung, Modernisierung oder (ggf. teilweise) Instandsetzung einer vorhandenen und funktionsfähigen Kanalisation sind demgegenüber - als Werbungskosten oder Betriebsausgabe - sofort abziehbar, da sie weder zu den Anschaffungs- noch zu den Herstellungskosten zählen, sondern lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen.
Die Verfasser fassen die Grundaussagen des BFH wie folgt zusammen:
 
Kosten Qualifikation Anmerkung
Erst-Erschließung Anschaffungskosten Grund und Boden Erstmalige Nutzungsbereitschaft
Folge-Erschließung Sofort abzugsfähige Werbungskosten In der Regel keine Zustandsänderung, Werterhöhung unschädlich
Erstmalige Hausanschlusskosten des Grundstücks Herstellungskosten Gebäude Finden auf privatem Grundstück statt, erstmalige Nutzungsbereitschaft des Gebäudes
Instandsetzung Kanalisation Sofort abzugsfähige Werbungskosten In der Regel keine Zustandsänderung, bei Gebäudeabriss und -neuerstellung auch sofort abzugsfähige Werbungskosten 
Hauseinführung Herstellungskosten Gebäude Erstmalige Nutzungsbereitschaft des Gebäudes
 













 

1.1.DStR

Ausgefallene Finanzierungshilfen nach dem neuen § 17 Abs. 2a EStG
Ott, DStR 07/2020, S. 313
Anmerkung:
Mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019 wurde der neue § 17 Abs. 2a EStG eingeführt.
Mit § 17 Abs. 2a EStG sieht erstmals eine Definition der Anschaffungskosten einschließlich nachträglicher Anschaffungskosten für Anteile an Kapitalgesellschaften im Anwendungsbereich des § 17 EStG vor.
Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um die Anteile im Sinne des Absatzes 1 zu erwerben. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten im Sinne des Satzes 2 gehören insbesondere
  1. offene oder verdeckte Einlagen,
  2. Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war, und
  3. Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war.
Steuerermäßigung für Leistungen i. S. d. § 35a Abs. 3 EStG in der Werkstatt des Handwerkers: Berücksichtigung zivilrechtlicher Aspekte
Arbeitskreis Steuern und Revision im Bund der Wirtschaftsakademiker (BWA) eV, DStR 07/2020, S. 325
Anmerkung:
Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 Euro.
Mit Urteil v. 26.02.2018 hat das FG Sachsen-Anhalt entscheiden, dass die Steuerermäßigung gem. § 35a EStG nach der Gesetzesbegründung auch für Handwerkerleistungen in Anspruch genommen werden kann, die außerhalb des Haushaltes vorgenommen, aber mit Bezug zum Privathaushalt erbracht werden. Hierzu ist das Revisionsverfahren unter Az: VI R 7/18 anhängig. Andere FG haben sich gegen eine Berücksichtigung derartiger Handwerkerleistungen ausgesprochen.
Die Steuerermäßigung gem. § 35a EStG kann nach der Gesetzesbegründung auch für Handwerkerleistungen in Anspruch genommen werden, die außerhalb des Haushaltes vorgenommen, aber mit Bezug zum Privathaushalt erbracht werden.
Die Verfasser vertreten die Auffassung, dass für die Erlangung der Steuerermäßigung i. S. d. § 35a EStG, der Handwerker in den Haushalt des Steuerpflichtigen komme und dort der Auftrag mit Übergabe und Abnahme abgeschlossen werde. Es müsse in der Verantwortung des Handwerkers bleiben, ob er die Arbeiten – vollständig oder teilweise – in seiner Werkstatt ausführt bzw. ausführen kann oder muss.

2.Internationales Steuerrecht

2.1.NWB

Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen und weitere Gesetzesänderungen - Neue gesetzliche Regelungen in Kraft getreten
Baum, NWB 06/2019, S. 388
Anmerkung:
Im Rahmen einer am 05.06.2018 veröffentlichten Änderungsrichtlinie (sog. DAC 6-Richtlinie) zur Richtlinie 2011/16/EU (Amtshilferichtlinie) wurden im Rahmen des verpflichtenden automatischen Informationsaustausches Meldepflichten für bestimmte grenzüberschreitende Steuergestaltungen aufgenommen. In Deutschland wurde die EU-Richtlinie durch das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen v. 21.12.2019 innerstaatlich umgesetzt. Die Bestimmungen wurden in der Abgabenordnung umgesetzt (§§ 138d bis 138k AO).
Das Gesetz sieht eine Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vorrangig für sogenannte Intermediäre vor. Intermediär ist, wer grenzüberschreitenden Gestaltungen vermarktet, für Dritte konzipieret, organisieret, zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet. Unter grenzüberschreitenden Steuergestaltungen werden Gestaltungen verstanden, die nicht harmonisierte Steuern (darunter insbesondere die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie die Grunderwerb- und Erbschaftsteuer) betreffen und mindestens ein durch das Gesetz bestimmtes Kennzeichen zur Identifizierung betroffener Gestaltungen erfüllen. Das Gesetz führt eine Vielzahl solcher Kennzeichen an, die von der Vereinbarung einer Vertraulichkeitsklausel bis hin zur gezielten Nutzung bestimmter Verrechnungspreisgestaltungen reichen.
Unter gewissen Umständen können jedoch auch die Nutzer der Steuergestaltung der Mitteilungspflicht unterliegen. Nutzer sollen dabei diejenigen sein, denen die Gestaltung zur Umsetzung bereitgestellt wird, die bereit sind, diese Gestaltung umzusetzen, oder die bereits den ersten Schritt der Umsetzung vollzogen haben. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Intermediäre, wie in Deutschland insbesondere Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, einer gesetzlichen Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegen und die Nutzer diese davon nicht entbinden.
Die Frist zur Mitteilung der betroffenen Sachverhalte beträgt 30 Tage nach Ablauf des Tages, an dem die grenzüberschreitende Steuergestaltung zur Umsetzung bereitgestellt wird, der Nutzer der Gestaltung zur Umsetzung bereit ist oder mindestens ein Nutzer den ersten Schritt der Umsetzung dieser Steuergestaltung vollzogen hat.
 
* * * *
 

Neueste Einträge