Rechtsprechung KW 07-2020

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Schenkungsteuer: Begünstigung von Betriebsvermögen - Schenkung eines Kommanditanteils unter Vorbehaltsnießbrauch
Die Begünstigung von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG i. d. F. des Jahres 2007 setzt voraus, dass der Gegenstand des Erwerbs bei dem bisherigen Rechtsträger Betriebsvermögen war und bei dem neuen Rechtsträger Betriebsvermögen wird.
Ist Gegenstand des Erwerbs eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, muss der Erwerber Mitunternehmer werden.
Der Eigentümer eines nießbrauchbelasteten Kommanditanteils kann Mitunternehmer sein.
Die Übertragung der Steuerberechnung auf das Finanzamt im Tenor der finanzgerichtlichen Entscheidung setzt voraus, dass dem Finanzamt nur noch die Berechnung der Steuer verbleibt. Wertungs-, Beurteilungs- oder Entscheidungsspielräume sind unzulässig. Ein Zuwarten auf eine gesonderte Feststellung geht über die Steuerberechnung hinaus.
BFH v. 06.11.2019, II R 34/16
Hinweis:
Nach § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbStG a. F. bleiben Betriebsvermögen, land- und forst-wirtschaftliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften i. S. des Abs. 4 vorbehaltlich des Satzes 2 insgesamt bis zu einem Wert von 225.000 € außer Ansatz beim Erwerb durch Schenkung unter Lebenden, wenn der Schenker dem Finanzamt unwiderruflich erklärt, dass der Freibetrag für diese Schenkung in Anspruch genommen wird. Nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a. F. gelten der Freibetrag und der verminderte Wertansatz für inländisches Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG a. F.) u. a. beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs oder eines Anteils an einer Gesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 u. Abs. 3 EStG.
Der Kläger war neben seiner Schwester zu jeweils 50 % Kommanditist der A KG. Mit notariellem Vertrag übertrug der Kläger unentgeltlich einen Teilkommanditanteil an der A KG seinem Sohn B. Mit der Übertragung wurde ein lebenslängliches Nießbrauchrecht für den Kläger vereinbart. Ihm standen alle Nutzungen und Erträge und alle Zahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter, insbesondere Sonderzahlungen und Rücklagen zu. Ferner trug er Lasten und Aufwendungen. Weiter erhielt er eine lebenslängliche Stimmrechtsvollmacht für die Gesellschafterversammlungen der A KG. B verpflichtete sich, zu Lebzeiten des Klägers keine Verfügungen über den Gesellschaftsanteil zu treffen. Der Kläger konnte die Schenkung nach seinem Ermessen u. a. dann ganz oder teilweise widerrufen, falls B die Vollmacht widerrufen sollte. Das FA setzte gegenüber dem Kläger Schenkungsteuer fest. Die Steuerbegünstigung nach § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 u. Abs. 2 ErbStG a. F. gewährte das FA nicht. B habe kein Betriebsvermögen erworben.
Der BFH hat entschieden, dass der Eigentümer eines nießbrauchsbelasteten Kommanditanteils Mitunternehmer sein kann.
Die Steuervergünstigungen sind nur zu gewähren, wenn das von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworbene Vermögen durchgehend sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger den Tatbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a. F. erfüllt. Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG kann nur sein, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder - in Ausnahmefällen - eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat. Kennzeichnend für den Mitunternehmer ist, dass er zusammen mit anderen Personen eine Mitunternehmerinitiative entfalten kann, ein Mitunternehmerrisiko trägt sowie die Absicht zur Gewinnerzielung hat. B ist Mitunternehmerrisiko verblieben, da er an den stillen Reserven beteiligt ist und die Verluste zu tragen hat. Den Vereinbarungen zwischen dem Kläger und B hat das FG nichts Abweichendes entnommen.

1.2.Einkommensteuer

Anwachsung von Gesellschaftsanteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft wegen des Ausscheidens eines Gesellschafters gegen Abfindung; Zulässigkeit einer gesonderten und einheitlichen Feststellung
Einkünfte, an denen i. S. von § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO Mehrere beteiligt sind, liegen - unter weiteren Voraussetzungen - nur dann vor, wenn mehrere Personen "gemeinsam" den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklichen.
Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft erfüllen den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nur dann "gemeinsam", wenn die den Tatbestand des "privaten Veräußerungsgeschäfts" konstituierenden Teilakte - die "Anschaffung" und die "Veräußerung" - jeweils in der "Einheit der Gesellschaft" verwirklicht werden.
Scheidet ein Gesellschafter aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gegen Zahlung einer Abfindung aus und wächst sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern nach § 738 Abs. 1 BGB an, wird dieser Anwachsungserwerb durch die verbleibenden Gesellschafter jeweils einzeln und nicht in der Einheit der Gesellschaft verwirklicht.
BFH v. 19.11.2019, IX R 24/18
Hinweis:
Zu den sonstigen Einkünften zählen u. a. solche aus privaten Veräußerungsgeschäften bei Grundstücken, soweit der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter (§ 23 Abs. 1 S. 4 EStG).
Die Klägerin ist eine GbR in Liquidation. Zweck der Gesellschaft ist die Verwaltung und Vermietung von Grundbesitz. Gründungsgesellschafter waren die vier Kinder (A, B, C und D) der 2001 verstorbenen E (Beteiligung: je 1/4). Der Gesellschaftsanteil des Gründungsgesellschafters A ging auf dessen Söhne F und G über. Im Zeitpunkt der Errichtung der Klägerin im Jahr 1995 übertrug E im Wege der vorweggenommenen Erbfolge schenkweise unter Auflagen und dem Vorbehalt des Nießbrauchs drei verschiedene Immobilien auf die Gesellschafter der Klägerin zur gesamten Hand. Zwei der fortan im Gesamthandsvermögen der Klägerin befindlichen Immobilien wurden in den Jahren 1998 und 2000 von der Klägerin veräußert. Streitig ist nunmehr, ob die Klägerin im Streitjahr durch die Veräußerung der verbliebenen dritten Immobilie den Tatbestand eines steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäfts gem. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG verwirklicht hat und ggf. in welcher Höhe den Gesellschaftern hieraus ein Gewinn i. S. d. § 23 Abs. 3 S. 1 EStG zuzurechnen ist.
Der BFH hat entschieden, dass Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft den Tatbestand des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG nur dann "gemeinsam" verwirklichen, wenn die den Tatbestand des "privaten Veräußerungsgeschäfts" konstituierenden Teilakte - die "Anschaffung" und die "Veräußerung" - jeweils in der "Einheit der Gesellschaft" verwirklicht werden.
Scheidet ein Gesellschafter aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gegen Zahlung einer Abfindung aus und wächst sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern nach § 738 Abs. 1 BGB an, wird dieser Anwachsungserwerb durch die verbleibenden Gesellschafter jeweils einzeln und nicht in der Einheit der Gesellschaft verwirklicht. Denn der Erwerb wurde nicht durch die das Personengesellschaftsverhältnis bestimmende gesamthänderische Bindung (§ 719 Abs. 1 BGB) geprägt, sondern beruhte auf einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, mit der die Gründungsgesellschafter für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters vorab eine individuelle, d. h. personenbezogene künftige Zuordnung des Anteils des Ausgeschiedenen vereinbart hatten.

1.3.Bilanzsteuerrecht

Zur Bewertung ungewisser Verbindlichkeiten; Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nach Inkrafttreten des BilMoG
Der Handelsbilanzwert für eine Rückstellung bildet auch nach Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze (Anschluss an die BFH-Urteile vom 11.10.2012 - I R 66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676; vom 13.07.2017 - IV R 34/14, BFH/NV 2017, 1426).
BFH v. 20.11.2019, XI R 46/17
Hinweis:
Gem.  § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG hat die GmbH in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen GoB auszuweisen ist. Diese ergeben sich u. a. aus § 249 Abs. 1 S. 1 HGB. Danach sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Ungewisse Verbindlichkeiten in diesem Sinne sind einerseits Verbindlichkeiten, die dem Grunde nach bestehen, deren Höhe aber noch ungewiss ist, andererseits Verbindlichkeiten, deren künftiges Entstehen, ggf. zusätzlich auch deren Höhe, noch ungewiss ist. Die Bewertung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz folgt den handelsrechtlichen Vorschriften, soweit dem steuerrechtliche Vorschriften nichts entgegenstehen (§ 5 Abs. 6 EStG).
Im Rahmen einer durchgeführten Außenprüfung kürzte der Prüfer unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG die von der Klägerin gebildete Rückstellung laut Steuerbilanz auf den niedrigeren Handelsbilanzwert, weil ansonsten steuerrechtlich ein höherer Rückstellungsbetrag als in der Handelsbilanz ausgewiesen werde. 
Der BFH hat entschieden, dass der Handelbilanzwert für eine Rückstellung gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze bildet.
Die im Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG enthaltene Regelung, dass Rückstellungen "höchstens insbesondere" mit den Beträgen nach den folgenden Grundsätzen in Buchst. a bis f anzusetzen sind, führt dazu, dass die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a Bst. a bis f EStG ergebenden Rückstellungsbeträge den zulässigen Ansatz nach der Handelsbilanz nicht überschreiten dürfen. Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG "höchstens insbesondere" ergibt sich keine Durchbrechung der Maßgeblichkeit. Mit dem Wortzusatz "insbesondere" hat der Gesetzgeber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es weitere Obergrenzen gibt. Aus einer historischen Auslegung (u. a. Begründung des Gesetzentwurfs) ergibt sich, dass ein niedrigerer handelsbilanzieller Wert als der steuerrechtliche Wert zugrunde zu legen ist. Auch eine systematische Auslegung führt zum Höchstansatz des handelsrechtlichen Bilanzwertes, denn das BilMG hatte keine Verselbständigung der Steuerbilanzwerte von den Handelsbilanzwerten zur Folge, auch wenn die Steuerbilanz gegenüber der Handelsbilanz deutlich verselbständigt wurde.

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Einkommensteuer

Anwendungsregelungen zu § 4j EStG - Nicht Nexus-konforme Präferenzregelungen im Veranlagungszeitraum 2018
Das BMF hat für den VZ 2018 nicht Nexus-konforme Präferenzregelungen bekannt gegeben.
BMF v. 19.2.2020
Hinweis:
Mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27.06.2017 wurde § 4j EStG eingeführt. Die Regelung sieht nach Maßgabe des § 4j Abs. 3 EStG ein (anteiliges) Abzugsverbot für Aufwendungen aus der Rechteüberlassung vor, soweit die korrespondierenden Einnahmen beim Gläubiger einer niedrigen Präferenzregelung unterliegen. Entspricht diese Präferenzregelung jedoch dem sog. „Nexus-Approach“ der OECD, greift das (Teil-) Abzugsverbot insoweit nicht (§ 4j Abs. 1 S. 4 EStG). Grundlage für die Untersuchung anhand des sog. Nexus-Ansatzes stellt das Kapitel 4 des Abschlussberichts 2015 zu Aktionspunkt 5, OECD (2016) dar.
 
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