Rechtsprechung KW 35-2019

1.Rechtsprechung

1.1.Einkommensteuer

Zur Rückforderung von Altersvorsorgezulagen vom Zulageempfänger
Nach Beendigung und Abwicklung des Altersvorsorgevertrages kann die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) rechtsgrundlos geleistete Zulagebeträge vom Zulageempfänger über den nach § 96 Abs. 1 S. 1 EStG entsprechend anzuwendenden § 37 Abs. 2 AO zurückfordern; in diesem Fall ist die Anwendung des § 37 Abs. 2 AO nicht durch speziellere Vorschriften ausgeschlossen.
§ 37 Abs. 2 AO setzt kein Verschulden voraus.
Der Umstand, dass die ZfA über mehrere Jahre hinweg eine Auszahlung von Zulagen allein auf Grund der ihr vom Anbieter übermittelten Daten veranlasst und erst später eine Prüfung der Zulageberechtigung des Empfängers vornimmt, führt nicht zur Verwirkung des Rückforderungsanspruchs.
BFH v. 09.07.2019, X R 35/17
Hinweis:
Nach § 37 Abs. 2 AO hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung u. a. einer Steuervergütung bewirkt worden ist, gegen den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages, wenn ohne Rechtsgrund gezahlt worden ist.
Im Streitfall hatte die Klägerin bei einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen. Aufgrund der Angabe des Anbieters, die Klägerin sei unmittelbar zulageberechtigt, zahlte die ZfA jährlich Zulagebeträge, die der Anbieter dem Konto der Klägerin gutschrieb. Nach Beendigung des Altersvorsorgevertrages stellte die ZfA im Rahmen einer Überprüfung die fehlende Zulageberechtigung der Klägerin für drei Beitragsjahre fest und forderte die insoweit gewährten Altersvorsorgezulagen von ihr zurück. Den Einwand der Klägerin, sie treffe kein Verschulden, da die unzutreffenden Zulageanträge von ihrem Anbieter herrührten und die ZfA die Auszahlungen ohne inhaltliche Prüfung vorgenommen habe, ließ das FG nicht gelten. Es war vielmehr der Ansicht, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin auf Rückzahlung lägen vor.
Der BFH hat entschieden, dass die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) rechtsgrundlos geleistete Zulagebeträge vom Zulageempfänger zurückfordern kann, wenn ein Altersvorsorgevertrag über eine sog. Riesterrente vom Anbieter abgewickelt worden ist.
§ 37 Abs. 2 AO über die Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Leistungen ist auch bei Altersvorsorgezulagen anzuwenden, da speziellere Regelungen – jedenfalls nach der bis zum 31.12.2017 geltenden Rechtslage – nicht eingreifen. Insbesondere komme eine Rückforderung über den Anbieter (vgl. § 90 Abs. 3 EStG) nicht in Betracht, da das Konto der Klägerin beim Anbieter infolge der Beendigung des Altersvorsorgevertrages nicht mehr existiert habe und damit auch nicht mehr belastet werden konnte. Ob die Klägerin oder – wie sie behaupte – ihr Anbieter die fehlerhafte Mitteilung über die Zulageberechtigung zu vertreten habe, sei für § 37 Abs. 2 AO unerheblich, da die Vorschrift kein Verschulden voraussetze. Der Umstand, dass die ZfA über mehrere Jahre hinweg eine Auszahlung von Zulagen allein aufgrund der ihr vom Anbieter übermittelten Daten veranlasst und erst nachträglich eine Prüfung der Zulageberechtigung der Klägerin vorgenommen habe, führe auch nicht zur Verwirkung des Rückforderungsanspruchs. Denn dieser Geschehensablauf entspreche in typischer Weise der gesetzlichen Ausgestaltung des Zulageverfahrens. Die Klägerin sei daher in ihrem Vertrauen auf das Behaltendürfen der unberechtigt erhaltenen Zulagen nicht schutzwürdig.

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Einkommensteuer

§ 7g EStG bei Personengesellschaften
Das BMF hat zur Verwendung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g EStG im Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft für Investitionen im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers Stellung genommen.
BMF v. 26.08.2019
Hinweis:
Auch Personengesellschaften und Gemeinschaften können unter entsprechender Anwendung der Regelungen dieses Schreibens § 7g EStG in Anspruch nehmen (§ 7g Abs. 7 EStG), wenn es sich um eine Mitunternehmerschaft (§ 13 Abs. 7, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 4 S. 2 EStG) handelt. Investitionsabzugsbeträge können sowohl vom gemeinschaftlichen Gewinn als auch vom Sonderbetriebsgewinn eines Mitunternehmers abgezogen werden.
Der BFH hat mit Beschluss v. 15.11.2017, IV R 44/16 entschieden, dass eine begünstigte Investition i. S. d. § 7g EStG auch dann vorliegt, wenn bei einer Personengesellschaft der Investitionsabzugsbetrag vom Gesamthandsgewinn abgezogen wurde und die geplante Investition später (innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums) von einem ihrer Gesellschafter vorgenommen und in dessen Sonderbetriebsvermögen aktiviert wird. Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung ist der in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag in einem solchen Fall dem Sonderbetriebsgewinn des investierenden Gesellschafters außerbilanziell hinzuzurechnen.
Die Finanzverwaltung wendet die BFH-Rechtsprechung an und hat das BMF-Schreiben zu § 7g EStG angepasst.
Im Bereich des gemeinschaftlichen Gewinns einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft in Anspruch genommene Investitionsabzugsbeträge können auch für begünstigte Investitionen eines ihrer Gesellschafter oder Gemeinschafter im Sonderbetriebsvermögen verwendet und dem entsprechenden Sonderbetriebsgewinn außerbilanziell hinzugerechnet werden. Entsprechendes gilt für im Bereich des Sonderbetriebsgewinns eines Gesellschafters oder Gemeinschafters beanspruchte Investitionsabzugsbeträge bei begünstigten Investitionen im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft oder Gemeinschaft sowie für im Bereich des Sonderbetriebsgewinns eines Gesellschafters oder Gemeinschafters beanspruchte Investitionsabzugsbeträge bei begünstigten Investitionen eines anderen Gesellschafters oder Gemeinschafters im Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft oder Gemeinschaft.
 
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