Rechtsprechung KW 34-2019

1.Rechtsprechung

1.1.Einkommensteuer

Gewinn i.S. des § 34a Abs. 2 EStG - Behandlung des Übernahmeergebnisses nach § 4 Abs. 4 ff., § 7 UmwStG - gesonderte Feststellung der individuellen Berechnungsfaktoren für die Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns
Der nach § 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 EStG ermittelte Gewinn i. S. des § 34a Abs. 2 EStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahrs und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Danach ansetzende außerbilanzielle Gewinnkorrekturen sind hierbei nicht zu berücksichtigen.
Der Übernahmegewinn i. S. des § 4 Abs. 4 S. 1 UmwStG ist hingegen Bestandteil dieses Gewinns.
Nach § 34a Abs. 10 S. 1 EStG ist nicht der nicht entnommene Gewinn i. S. des Abs. 2 als individuelle (mitunternehmeranteilsbezogene) Saldogröße, sondern es sind die für die Ermittlung dieser Saldogröße erforderlichen individuellen Berechnungsfaktoren gesondert festzustellen.
BFH v. 09.05.2019, IV R 13/17
Hinweis:
Der nicht entnommene Gewinn des Betriebs oder Mitunternehmeranteils ist der nach § 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 ermittelte Gewinn vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres (§ 34a Abs. 2 S. 1 EStG). Nach § 4 Abs. 4 S. 1 UmwStG ergibt sich infolge des Vermögensübergangs ein innerbilanzieller Übernahmegewinn/-verlust in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang und dem Wert der Anteile an der übertragenden Körperschaft.
Die Kläger sind am Kapital der C-GmbH & Co. KG (KG) zu jeweils 50 % als Kommanditisten beteiligt. Von einer 100 %igen Enkel-GmbH der KG wurde ein Teilbetrieb abgespalten und anschließend auf die KG verschmolzen (Aufwärtsverschmelzung). Hierdurch kam es bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns der KG zu Gewinnen gem. §§ 4 u. 7 UmwStG. Diese Erhöhungsbeträge berücksichtigte das FA nicht im Rahmen der Tarifbegünstigung für thesaurierte Gewinne nach § 34a EStG, weil es sich um eine außerbilanzielle Hinzurechnung in Form einer „fiktiven Gewinnausschüttung“ handele. Die Kläger machten demgegenüber geltend, dass die Beträge zum laufenden Gewinn gehörten und das Gesetz planwidrige Lücken enthalte, die teleologisch zu ergänzen seien.
Der BFH hat entschieden, dass der Übernahmegewinn i. S. d. § 4 Abs. 4 S. 1 UmwStG nicht Bestandteil des Gewinns i. S. d. § 34a Abs. 2 S. 1 EStG ist.
Der nach § 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 EStG ermittelte Gewinn i .S. d. § 34a Abs. 2 EStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahrs und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Danach ansetzende, außerbilanziell vorzunehmende Gewinnkorrekturen sind hierbei nicht zu berücksichtigen. Zu diesen außerbilanziellen Gewinnkorrekturen gehören auch die bei der Verschmelzung nach § 7 UmwStG anzusetzenden Einnahmen und die nach § 4 Abs. 5 S. 2 UmwStG angeordnete Abrechnung dieser Einnahmen vom Übernahmegewinn i. S. d. § 4 Abs. 4 UmwStG. Allerdings ist der Übernahmegewinn i. S. d. § 4 Abs. 4 S. 1 UmwStG Bestandteil des nach § 4 Abs. 1 S. 1, § 5 EStG ermittelten Gewinns der KG. Er ist in diesem Gewinn mit seinem Bruttobetrag, nicht nur mit seinem steuerpflichtigen Anteil nach dem Teileinkünfteverfahren (§ 4 Abs. 7 S. 2 UmwStG i. V. m. § 3 Nr. 40, § 3c EStG) enthalten.

Zum Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bei nachträglich festgestellter vGA
Der Antrag auf Besteuerung der Kapitaleinkünfte aus einer unternehmerischen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nach der tariflichen Einkommensteuer unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG). Ein entsprechender Antrag kann auch vorsorglich gestellt werden (Anschluss an das Senatsurteil vom 28.07.2015 - VIII R 50/14, BFHE 250, 413, BStBl. II 2015, 894).
Die Antragsfrist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG gilt auch, wenn Kapitalerträge in Gestalt verdeckter Gewinnausschüttungen aus einer unternehmerischen Beteiligung erst durch die Außenprüfung festgestellt werden und der Steuerpflichtige in der unzutreffenden Annahme, keine Kapitalerträge aus der Beteiligung erzielt zu haben, in seiner Einkommensteuererklärung keinen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt hat.
Kennt der Steuerpflichtige das Antragsrecht gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 Bst. a EStG, stellt aber gleichwohl keinen entsprechenden Antrag, weil er wegen eines Irrtums über die zutreffende Qualifikation seiner Einkünfte annimmt, keine Kapitalerträge in Gestalt verdeckter Gewinnausschüttungen aus der Beteiligung zu erzielen, liegt darin kein Fall höherer Gewalt i. S. von § 110 Abs. 3 AO.
BFH v. 14.05.2019, VIII R 20/16
Hinweis:
Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 Bst. a EStG gilt der gesonderte Tarif des § 32d Abs. 1 EStG auf Antrag nicht für Kapitalerträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 EStG aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt war. In diesem Fall unterliegen die Kapitalerträge der tariflichen Steuer (§ 32a EStG) und das sog. Teileinkünfteverfahren findet Anwendung (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 2 EStG).
Im Streitfall war der Kläger Alleingesellschafter der A-GmbH und Geschäftsführer der B-GmbH, einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der A-GmbH. Er bezog in den Streitjahren 2009 bis 2011 von der B-GmbH Gehalts- und Tantiemezahlungen sowie Honorare für Beratungsleistungen. Diese erklärte er bei seinen Einkünften aus selbständiger bzw. nichtselbständiger Arbeit. Einkünfte aus seiner Beteiligung an der A-GmbH erklärte er nicht. Der Kläger stellte jeweils Anträge auf sog. Günstigerprüfung, jedoch keine Anträge auf Regelbesteuerung gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG. Hierfür hatte er bei der Abgabe seiner Einkommensteuererklärungen keinen Anlass gesehen, da er von Einkünften aus nichtselbständiger oder selbständiger Arbeit ausging. Erst nachdem sich im Rahmen einer Außenprüfung ergeben hatte, dass ein Teil des Geschäftsführergehaltes, der Entgelte für Beratungsleistungen und der Tantieme als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen waren, stellte der Kläger Anträge auf Regelbesteuerung. In den geänderten Einkommensteuerbescheiden erhöhte das Finanzamt die Kapitaleinkünfte des Klägers um die verdeckten Gewinnausschüttungen. Es unterwarf diese nach Günstigerprüfung zwar der tariflichen Einkommensteuer, wendete jedoch das Teileinkünfteverfahren nicht zugunsten des Klägers an.
Der BFH hat entschieden, dass Steuerpflichtige mit Kapitalerträgen aus einer unternehmerischen Beteiligung den Antrag auf Regelbesteuerung anstelle der Abgeltungsteuer spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung stellen müssen, um so die anteilige Steuerfreistellung im Rahmen des sog. Teileinkünfteverfahrens zu erlangen.
Allein der vom Kläger gestellte Antrag auf Günstigerprüfung führe nicht zu der begehrten anteiligen Steuerfreistellung der Einkünfte aus der A-GmbH. Den für eine solche anteilige Freistellung erforderlichen Antrag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG habe der Kläger erst nach der Abgabe der Einkommensteuererklärungen und damit nicht fristgerecht gestellt. Die in den Steuererklärungen enthaltenen Anträge auf Günstigerprüfung könnten nicht als fristgerechte konkludente Anträge gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG angesehen werden. Eine teleologische Reduktion der gesetzlichen Fristenregelung, wie sie das Finanzgericht angenommen habe, scheide aus. Das Gesetz, das dem Steuerpflichtigen ausdrücklich nur ein fristgebundenes Wahlrecht gewähre, sei nicht planwidrig unvollständig. Der Steuerpflichtige könne sein Antragsrecht auch vorsorglich ausüben. Verzichte er auf einen solchen vorsorglichen Antrag, trage er das Risiko einer unzutreffenden Beurteilung von Einkünften im Rahmen seiner Steuererklärung. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist lehnte der BFH ebenfalls ab, weil im Zeitpunkt der Antragsnachholung durch den Kläger die Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO bereits verstrichen und auch kein Fall höherer Gewalt anzunehmen war.

Zur Qualifizierung der Tätigkeit eines Prüfingenieurs
Prüfingenieure, die Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen durchführen, üben eine freiberufliche Tätigkeit i. S. des § 18 EStG aus.
Der Freiberuflichkeit der Tätigkeit eines Prüfingenieurs steht die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte nicht entgegen, wenn er weiterhin leitend und eigenverantwortlich i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG tätig ist. An einer eigenverantwortlichen Tätigkeit fehlt es jedoch, wenn angestellte Prüfingenieure eigenständig Hauptuntersuchungen durchführen und dabei lediglich stichprobenartig überwacht werden.
BFH v. 14.05.2019, VIII R 35/16
Hinweis:
Zu den freien Berufen i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG gehört u. a. die selbständig ausgeübte Tätigkeit als Ingenieur.
Im Streitfall führte die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, unter anderem Haupt- und Abgasuntersuchungen durch. Ihre Gesellschafter waren selbst Prüfingenieure. Den überwiegenden Teil der im Streitjahr 2009 durchgeführten Haupt- und Abgasuntersuchungen hatten allerdings die drei bei der Klägerin angestellten Prüfingenieure übernommen. Das Finanzamt war der Meinung, die Klägerin erziele gewerbliche Einkünfte und setzte dementsprechend auch Gewerbesteuer fest.
Der BFH hat entschieden, dass Prüfingenieure, die Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen durchführen, Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie insoweit leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Hieran fehlt es bei einer Personengesellschaft, deren Gesellschafter zwar Prüfingenieure sind, die jedoch den überwiegenden Teil der Prüftätigkeiten durch angestellte Prüfingenieure durchführen lässt und sie dabei nur stichprobenartig überwacht.
Der BFH hat zwar die Tätigkeit der Gesellschafter der Klägerin als freiberuflich beurteilt, soweit sie selbst Hauptuntersuchungen durchgeführt hatten. Soweit die Klägerin den überwiegenden Teil der Prüftätigkeiten durch angestellte Prüfingenieure habe durchführen lassen, fehle es jedoch an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter. Die angestellten Prüfingenieure hätten die Hauptuntersuchungen eigenständig durchgeführt und seien dabei lediglich stichprobenartig von den Gesellschaftern der Klägerin überwacht worden. Die Klägerin erziele daher insgesamt gewerbliche Einkünfte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Der BFH betont, dass eine gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG unschädliche Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte auch für technische Berufe wie den des Ingenieurs voraussetzt, dass die Leistung als solche des Berufsträgers erkennbar und ihm damit persönlich zurechenbar ist.
§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ermächtige weder dazu, Routineaufgaben vollständig auf einen angestellten Berufsträger zu delegieren, noch dem Berufsträger eine Tätigkeit als eigene zuzurechnen, die tatsächlich ein anderer, angestellter Berufsträger eigenständig ausführe und zu verantworten habe. Dies gelte auch für Prüfingenieure, obwohl deren Tätigkeit weitgehend gesetzlich geregelt sei und daher umfassende Kontrollmaßnahmen ebenso ausgeschlossen seien wie die Festlegung von Untersuchungsmethoden oder –inhalten.

Vermietung und Verpachtung - Umschuldung eines Fremdwährungsdarlehens
Nimmt der Steuerpflichtige ein Darlehen auf, um ein Fremdwährungsdarlehen abzulösen, welches er zur Anschaffung eines Vermietungsobjekts verwendet hat, sind die Schuldzinsen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen, soweit das Darlehen zur Bezahlung des bei der Umschuldung realisierten Währungskursverlusts verwendet worden ist.
BFH v. 12.03.2019, IX R 36/17
Hinweis:
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 S. 1 EStG).
Der Kläger erwarb eine Wohnung und nahm bei der A-Bank ein Darlehen in Schweizer Franken auf. Der Kläger schuldete das Fremdwährungsdarlehen um. Wegen der Währungskursentwicklung (CHF/EUR) hatte sich die Rückzahlungsverpflichtung (in EUR) erhöht. Der Kläger nahm deshalb ein Darlehen bei der Bausparkasse auf und verwendete die Valuta dazu, um CHF zu erwerben und das Fremdwährungsdarlehen zurückzuzahlen. In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger u. a. die Zinsaufwendungen aus dem Darlehen der Bausparkasse als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Der BFH hat entschieden, dass Schuldzinsen für ein Darlehen zur Ablösung eines Fremdwährungsdarlehens nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind.
Für den wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang zwischen Schuldzinsen und der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung kommt es einerseits auf den mit der Aufnahme der Darlehensschuld verfolgten Zweck (Erzielung von Einkünften) und andererseits auf die zweckentsprechende Verwendung der Darlehensmittel an. Auch auf ein Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können durch die Einkünfteerzielung veranlasst sein. Zahlungen, mit denen Kursverluste bei Fremdwährungsdarlehen ausgeglichen werden, sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Das Wechselkursrisiko ist (positiv wie negativ) nicht durch die Vermietung und Verpachtung veranlasst, auch wenn das auf fremde Währung lautende Darlehen zur Bezahlung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten verwendet worden ist. Der Mehraufwand fällt wie die Tilgung in die (nicht steuerbare) Vermögenssphäre.
 
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