Rechtsprechung KW 23-2019

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Steuerbegünstigtes Vermögen aufgrund einer Poolvereinbarung bei einer Kapitalgesellschaft
Die für eine Poolvereinbarung i. S. d. § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG erforderlichen Verpflichtungen der Gesellschafter zur einheitlichen Verfügung über die Anteile an einer Kapitalgesellschaft und zur einheitlichen Stimmrechtsausübung können sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern ergeben.
Die Verpflichtung zu einer einheitlichen Stimmrechtsausübung der hinsichtlich der Verfügung gebundenen Gesellschafter kann bei einer GmbH schriftlich oder mündlich vereinbart werden. Nicht ausreichend für eine wirksame Poolvereinbarung ist eine einheitliche Stimmrechtsausübung aufgrund eines faktischen Zwangs, einer moralischen Verpflichtung oder einer langjährigen tatsächlichen Handhabung.
BFH v. 20.02.2019, II R 25/16
Hinweis:
Für den Erwerb von Betriebsvermögen sieht § 13a i. V. m. § 13b ErbStG unter bestimmten Voraussetzungen Steuerbefreiungen vor. Zum Verwaltungsvermögen gehören Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn u. a. die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt (§ 13b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 S. 1 ErbStG). Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich ausüben (§ 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 2 S. 2 ErbStG).
Der BFH hat entschieden, dass sich die für eine Poolvereinbarung i. S. d. § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG erforderlichen Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag oder einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern ergeben kann.
Der Kläger ist Alleinerbe seines verstorbenen Vaters. Zum Nachlassvermögen gehörte das Einzelunternehmen des Erblassers mit einem Gesellschaftsanteil i. H. v. 12% am Nennkapital der Y-GmbH. Der Kläger war an der Y-GmbH mit 74% beteiligt. Die übrigen 14% hielt die Z-KG; an dieser Gesellschaft war der Kläger zu 100% beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag war eine Abtretung der Anteile nur an einen Gesellschafter sowie an Abkömmlinge des Gesellschafters und dessen Ehegatten möglich. Umstritten war, ob es sich bei den Anteilen an der Y-GmbH um Verwaltungsvermögen handelt. Entscheidend hierfür war, ob der Gesellschaftsvertrag der Y-GmbH die Anforderungen an eine Poolvereinbarung erfüllt.
Beträgt die Beteiligung des Erblassers an der Kapitalgesellschaft 25 % oder weniger, ist zu prüfen, ob aufgrund einer Poolvereinbarung die Anteile weiterer Gesellschafter (als Poolmitglieder) hinzuzurechnen sind und die Beteiligungsquote damit 25 % übersteigt, so dass die zu einem Betriebsvermögen gehörenden Anteile an der Kapitalgesellschaft nicht als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren sind. Die Berücksichtigung der Anteile weiterer Gesellschafter setzt voraus, dass der Erblasser und die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen. Die Einbeziehung der Anteile weiterer Gesellschafter bei der Prüfung, ob Anteile als Verwaltungsvermögen einzustufen sind, erfordert zudem, dass die Gesellschafter verpflichtet sind, ihr Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich auszuüben.
Die Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung erfordert eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den gebundenen Gesellschaftern einschließlich des Erblassers, die dem einzelnen gebundenen Gesellschafter einen einklagbaren Anspruch gegen die anderen gebundenen Gesellschafter einräumt, vom Stimmrecht nur einheitlich Gebrauch zu machen. Im Streitfall ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag eine Verpflichtung zur einheitlichen Verfügung über die Gesellschaftsanteile. Das FG hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die gebundenen Gesellschafter der Y-GmbH eine einheitliche Stimmrechtsausübung mündlich vereinbart haben. Die Entscheidung des FG war daher aufzuheben.

1.2.Einkommensteuer

Zur Abziehbarkeit von Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung
Kosten für Einrichtungsgegenstände und Hausrat gehören nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft, die nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl I 2013, 285) mit höchstens 1.000 € im Monat angesetzt werden können.
Es handelt sich vielmehr um sonstige Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung, die unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar sind.
BFH v. 04.04.2019, VI R 18/17
Hinweis:
Gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1.000 € im Monat.
Im Streitfall hatte der Kläger eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung begründet. Aufwendungen für die Miete nebst Nebenkosten sowie Anschaffungskosten für die Einrichtung machte er als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nur in Höhe von 1.000 € je Monat an, da die Abzugsfähigkeit der Kosten für die Unterkunft nach der Neufassung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG auf diesen Höchstbetrag begrenzt sei. Dem widersprach das FG. Die Kosten der Einrichtung (Absetzung für Abnutzung auf angeschaffte Einrichtungsgegenstände und Aufwendungen für geringwertige Wirtschaftsgüter) seien keine Kosten der Unterkunft und seien daher nicht mit dem Höchstbetrag abgegolten. Da die übrigen Kosten den Höchstbetrag nicht überschritten hätten, seien die Aufwendungen in voller Höhe abzugsfähig.
Der BFH hat entschieden, dass die Kosten für Einrichtungsgegenstände und Hausrat nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft gehören und somit die Aufwendungen uneingeschränkt abzugsfähig sind.
Gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG sind nur die Kosten der Unterkunft auf den Höchstabzugsbetrag von 1.000 € gedeckelt. Davon sind aber Aufwendungen für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände nicht umfasst, da diese nur für deren Nutzung und nicht für die Nutzung der Unterkunft getätigt werden. Die Nutzung der Einrichtungsgegenstände ist nicht mit der Nutzung der Unterkunft als solcher gleichzusetzen. Derartige Aufwendungen sind daher, soweit sie notwendig sind, ohne Begrenzung der Höhe nach abzugsfähig.

1.3.Sonstiges

Keine Änderung des Antrags nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG 2006
Die nachträgliche Änderung eines nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG 2006 gestellten Antrags ist unzulässig.
BFH v. 19.12.2018, I R 1/17
Hinweis:
Das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft sind auf Antrag nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags (Abs. 6) auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Nach § 20 Abs. 6 S. 3 UmwStG darf dabei die Einbringung im hier relevanten Fall der Sacheinlage im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf einen Tag zurückbezogen werden, der höchstens acht Monate vor dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags liegt und höchstens acht Monate vor dem Zeitpunkt liegt, an dem das eingebrachte Betriebsvermögen auf die übernehmende Gesellschaft übergeht.
Die Klägerin – eine GmbH & Co. KG – war als Kommanditistin an der B GmbH & Co. KG („KG“) beteiligt. Mit notariellem Vertrag v. 01.08.2007 brachte die Klägerin den KG-Anteil gegen Gewährung neuer Aktien in die D AG („AG“) ein. Dabei wurde vereinbart, dass die Einbringung wirtschaftlich und auch steuerlich mit Rückwirkung zum 31.12.2006, 24 Uhr erfolgt. Die AG setzte die übernommenen Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert an. Später stellte die Klägerin einen Antrag, dass der steuerliche Übertragungsstichtag auf den 01.01.2007 zurückzubeziehen ist.
Der BFH hat entschieden, dass die nachträgliche Änderung eines nach § 20 Abs. 5 UmwStG gestellten Antrags unzulässig ist.
Der Antrag auf Rückbeziehung einer Einbringung nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG ist von der übernehmenden Gesellschaft, hier der AG, bei dem für sie zuständigen Finanzamt zu stellen. Der Antrag nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG ist gesetzlich nicht befristet und kann folglich noch bis zur Beendigung der letzten Tatsacheninstanz gestellt werden, in welcher über die Besteuerung des Vermögensübergangs entschieden wird. Aus § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG ergibt sich insoweit – anders als etwa aus § 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG – nicht, dass der Antrag nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG spätestens im Zeitpunkt der Einreichung der Steuerbilanz zu stellen wäre. Anders als das FG meint, konnte die AG ihren bereits nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG gestellten Antrag nicht mehr nachträglich ändern. Bei der Auslegung des § 20 Abs. 5 S.1 UmwStG ist zu beachten, dass der dort genannte Antrag nicht lediglich die Rechtsfolgen eines einmal realisierten Lebenssachverhalts regelt, sondern (auch) den der Einbringungsbesteuerung zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt. Dies schließt die Änderung des einmal ausgeübten Antrags aus. Nichts anderes ergibt sich zudem aus der vom FG in Bezug genommenen Rechtsprechung des BFH zu § 34 Abs. 3 EStG. Danach unterliegt zwar die Ausübung des dortigen Wahlrechts keiner zeitlichen Begrenzung und eine Änderung ist grundsätzlich möglich, solange der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Indessen unterscheidet sich das Antragsrecht nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG in entscheidungserheblicher Weise vom vorgenannten Wahlrecht, weil nach den vorstehenden Ausführungen der Antrag nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG bezogen auf den Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns sachverhaltsändernde Wirkung hat.

Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft
Überträgt eine AG ihr operatives Geschäft im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf eine KG, so geht ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag der AG jedenfalls dann nicht auf die KG über, wenn sich die AG fortan nicht nur auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der KG beschränkt.
BFH v. 17.01.2019, III R 35/17
Hinweis:
Nach § 10a S. 1 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Mio. € um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Der 1 Mio. € übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist nach § 10a S. 2 GewStG bis zu 60 % um nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert festzustellen (§ 10a S. 6 GewStG).
Die Klägerin ist eine GmbH, die aus einer AG hervorgegangen ist. Die AG war als Kommanditistin an einer KG beteiligt. Der Geschäftsbetrieb der AG wurde auf die KG gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG ausgegliedert. Die Ausgliederung wurde gem. § 24 Abs. 2 S. 2 UmwStG zu Buchwerten vorgenommen. Im Betriebsvermögen der AG verblieben die Anteile an drei ausländischen (Tochter-)Kapitalgesellschaften. In der Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr begehrte die KG die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts. Darin enthalten war ein Betrag von ca. 9.000.000 € als „übernommener Gewerbeverlust“. Das FA erkannte den „übernommenen Gewerbeverlust“ nicht an.
Der BFH hat entschieden, dass der Gewerbeverlust bei einer Ausgliederung eines Betriebs von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft jedenfalls dann nicht übergeht, wenn sich die Kapitalgesellschaft fortan nicht nur auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung der KG beschränkt.
Die Geltendmachung eines Gewerbeverlustes setzt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl die Unternehmensidentität als auch die Unternehmeridentität voraus. Ob ausnahmsweise ein Verlustübergang in Betracht kommt, wenn ein Gewerbebetrieb im Ganzen im Wege der Ausgliederung von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft übergeht und die Kapitalgesellschaft sich fortan auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der Personengesellschaft beschränkt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Für eine derartige Konstellation wird die Auffassung vertreten, dass ein Verlustvortrag auf die übernehmende Personengesellschaft übergeht. Im Streitfall ging jedoch nicht der Betrieb der AG im Ganzen auf die KG über, vielmehr verblieben neben dem Kommanditanteil und der Beteiligung an der Komplementär-GmbH auch die drei Beteiligungen an den Tochter-Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen der AG.
 
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