Auswertung Aufsätze 12-2018

1.Umsatzsteuer

1.1.Der Betrieb

Aktuelle Rechtsprechung zu den Rechnungsanforderungen für den Vorsteuerabzug
Michel, DB 49/2018, S. 2.657
Anmerkung:
Nach nationalem Recht ist die Berechnung zum Vorsteuerabzug aus Lieferungen und sonstigen Leistungen unter folgenden Voraussetzungen gegeben:
  • Die Steuer muss für eine Lieferung oder sonstige Leistung gesondert in Rechnung gestellt worden sein;
  • die Lieferung oder sonstige Leistung muss von einem Unternehmer ausgeführt worden sein;
  • der Leistungsempfänger muss Unternehmer und die Lieferung oder sonstige Leistung für sein Unternehmen ausgeführt worden sein;
  • der Leistungsempfänger ist im Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung, in der die Angaben vollständig und richtig sind.
Der EuGH hat mit Urteil v. 21.11.2018, C-664/16, Vădan entschieden, dass, dass die Vorlage von Rechnungen für den Vorsteuerabzug nicht zwingend erforderlich ist. Die strikte Anwendung des Erfordernisses Rechnungen vorzulegen, verstoße gegen den Neutralitätsgrundsatz und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Demnach können Steuerpflichtige den Vorsteuerabzug auch dann geltend machen, wenn sie durch objektive Nachweise belegen können, dass die (materiellen) Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts erfüllt sind.
Nach Ansicht des Verfassers ist zu erwarten, dass diese Entscheidung eine Fülle von Folgefragen und Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen wird.

2.Erbschaft-/Schenkungsteuer

2.1.DStR

Auswirkungen des § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG auf Hinterziehungszinsen bei Schenkungen zwischen Ehegatten – zugleich Anmerkung zum Urteil des FG Hessen v. 07.05.2018, 10 K 477/17
Kampes, Stenert, DStR 51-52/2018, S. 2.671
Anmerkung:
Gem. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG erlischt die Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit in den Fällen des § 5 Abs. 2 unentgeltliche Zuwendungen auf die Ausgleichsforderung angerechnet worden sind (§ 1380 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Entsprechendes gilt, wenn unentgeltliche Zuwendungen bei der Berechnung des nach § 5 Abs. 1 steuerfreien Betrags berücksichtigt werden.
Mit Urteil v. 07.05.2018, 10 K 477/17 hat das FG Hessen entschieden, dass die Akzessorietät des Hinterziehungszinsenanspruchs die Festsetzung von Zinsen für einen Schenkungssteueranspruch nicht ausschließt, wenn der Steueranspruch im Rahmen des Zugewinnausgleichs rückwirkend weggefallen ist. Der rückwirkende Wegfall des Schenkungsteueranspruchs führt nicht zum Entfallen des Straftatbestandes der Steuerhinterziehung.
Im Streitfall war kein Steuerbescheid für eine Geldschenkung an den Ehegatten ergangen, da diese – entgegen § 30 ErbStG – nicht beim zuständigen FA angezeigt worden war. Wird die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, erfüllt dies – bei Bestehen eines Vorsatzes – den Tatbestand der Steuerhinterziehung i. S. d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Im Streitfall vertrat die Klin. die Ansicht, die Rechtswidrigkeit der Zinsfestsetzung begründe sich bereits darauf, dass die SchenkSt gem. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG rückwirkend erloschen sei. Die Wirkung des § 29 ErbStG sei „ex tunc“ (die Steuer erlischt mit Wirkung für die Vergangenheit) und stehe somit einer Zinsfestsetzung entgegen. Das FG ist dieser Ansicht jedoch nicht gefolgt. Nach Ansicht des FG ist mit Vollendung der Steuerhinterziehung der Tatbestand des § 235 AO erfüllt und damit die Zinsen entstanden. Mit Abschluss der notariellen Güterstandvereinbarung sei zwar die SchenkSt rückwirkend erloschen, dies habe aber keinen Einfluss auf die bis zu diesem Zeitpunkt verwirklichte Steuerhinterziehung. Insbesondere könne eine bereits vollendete Steuerhinterziehung nicht mehr rückwirkend entfallen.

3.Einkommensteuer

3.1.NWB

Vorübergehende Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit als Voraussetzung für die Veräußerungstarifermäßigung nach § 18 Abs. 3 i. V. m. § 34 EStG
Korn, NWB 51/2018, S. 3.800
Anmerkung:
Gem. § 18 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch der Gewinn aus der Veräußerung des ganzen Vermögens, das der selbständigen Arbeit dient (Praxisveräußerung). Für diesen Veräußerungsgewinn sieht § 34 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 EStG eine Tarifbegünstigung vor.
Mit Urteil v. 21.08.2018, VIII R 2/15 hat der BFH zur tarifbegünstigten Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis entschieden.
Die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis (§ 18 Abs. 3 i. V. m. § 34 EStG) setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen.
Die „definitive“ Übertragung des Mandantenstamms lässt sich erst nach einem gewissen Zeitablauf abschließend beurteilen. Sie hängt von den objektiven Umständen des Einzelfalls ab, die das FG als Tatsacheninstanz zu würdigen hat. Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit sind insbesondere die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigungen, die Art und Struktur der Mandate, eine zwischenzeitliche Tätigkeit des Veräußerers als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter des Erwerbers sowie die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts zu berücksichtigen.
 
Gebühren für Prepaid-Kreditkarten als gesonderte Sachzuwendung? Schlussfolgerungen aus dem BFH-Urteil VI R 32/16
Viole, NWB 51/2018, S. 3.810
Anmerkung:
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Hierzu zählen neben Gehältern und Löhnen auch andere „Bezüge und Vorteile“, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden.
Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen (§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG). Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG).
Mit Urteil v. 06.06.2018, VI R 32/16 hat der BFH zur Berechnung der 44 €-Freigrenze bei Sachbezügen entschieden.
Üblicher Endpreis i. S. v. § 8 Abs. 2 S. 1 EStG ist der Endverbraucherpreis und damit der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlte günstigste Einzelhandelspreis am Markt (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Der Vorteil hieraus ist in die Berechnung der Freigrenze von 44 € einzubeziehen.
Entsprechendes gilt, wenn der günstigste Einzelhandelspreis des Sachbezugs am Markt im Versand- oder Onlinehandel gefunden wird. Ist der Versand dort als eigenständige Leistung ausgewiesen und nicht bereits im Einzelhandelsverkaufspreis und damit im Endpreis i. S. von § 8 Abs. 2 S. 1 EStG enthalten, tritt der geldwerte Vorteil aus der Lieferung „nach Hause“ bei der Berechnung der Freigrenze von 44 € zum Warenwert hinzu.
Nach Auffassung des Verfassers enthält das Urteil keine Auswirkungen auf Gebühren zur Gutscheingestellung. Dabei handele es sich um Organisationskosten des Arbeitgebers, die unverändert nicht zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers führen. Fraglich ist weiterhin die steuerliche Behandlung der Bereitstellung einer Prepaid-Kreditkarte. Nach Auffassung des Verfassers stellt die Bereitstellung unverändert keine Bereicherung des Arbeitnehmers dar, da die Funktionen der Prepaid-Kreditkarten insoweit eingeschränkt seien, als der Arbeitnehmer kein Bargeld abheben und selbst keine Aufladung vornehmen könne. Zur Vermeidung von Lohnsteuerhaftungsrisiken wird jedoch bei Einsatz von Prepaid-Kreditkarten empfohlen, eine gebührenfreie Lohnsteuer-Anrufungsauskunft zu beantragen oder die Aufladung um die Kreditkartengebühren zu reduzieren.
 
Änderungen des Einkommensteuergesetzes - Steuerentlastung für E-Dienstwagen und Job-Tickets und einiges mehr
Hörster, NWB 51/2018, S. 3.816
Anmerkung:
Am 23.11.2018 hat der Bundesrat dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (UStAVermG) zugestimmt.
Insbesondere folgende Änderungen des Einkommensteuergesetzes wurden dabei beschlossen:
  • Einführung der Steuerbefreiung von zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährten Arbeitgeberleistungen (Zuschüsse und Sachbezüge) zu den Aufwendungen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Zudem wird die Steuerbegünstigung auf private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr erweitert. Dieser geldwerte Vorteil wird herausgelöst von den übrigen Sachbezügen und fällt nicht mehr unter die monatliche Freigrenze von 44 €.Die Steuerfreiheit von Arbeitgeberleistungen für die Nutzung eines Taxis wird ausgeschlossen.
  • Einführung einer Steuerbefreiung für  die private Nutzung eines betrieblichen Fahrrads. Die Steuerbefreiung gilt grundsätzlich auch für E-Bikes oder Pedelecs, soweit diese nicht verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeuge einzuordnen sind.
  • Förderung der Elektromobilität durch Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der privaten Nutzung von Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen bei der Dienstwagenbesteuerung. Die Vergünstigung gilt für: Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge, die extern aufladbar sind, die im Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 31.12.2021 angeschafft oder geleast werden. Außerdem muss das Fahrzeug eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 g je gefahrenen Kilometer haben oder dessen Reichweite unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 40 Kilometer betragen.
  • Die Vorschriften zur Steuerbefreiung von Sanierungserträgen des § 3a EStG und § 7b GewStG können rückwirkend zum 05.07.2017 in Kraft treten, da nunmehr feststeht, dass die Maßnahmen keine schädliche Beihilfe im Sinne des Unionsrechts darstellen.
  • Einführung einer Verzinsungsregelung für die Fälle, in denen es zu keiner oder nur einer partiellen Reinvestition des Veräußerungsgewinns i. S. d. § 6b Abs. 2a EStG in der EU oder EWR kommt. Die Neuregelung gilt für Gewinne, die in nach dem 31.12.2017 beginnenden Wirtschaftsjahren entstanden sind.

3.2.DStR

Berücksichtigung von Verlusten aus der Veräußerung von Aktien - Anmerkung zum BFH-Urteil v. 12.06.2018
Rutemöller, DStR 51-52/2018, S. 2.677
Anmerkung:
Mit Urteil v. 12.06.2018, VIII R 32/16 hat der BFH entschieden, dass eine Veräußerung i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig ist (entgegen BMF-Schreiben vom 18.01.2016, BStBl. I 2016, 85, Rz 59).
Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert. Dadurch macht der Steuerpflichtige lediglich von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch, missbraucht diese aber nicht.
Der Verfasser weist darauf hin, dass die Frage weiterhin offen bleibt, ob auch die bloße Ausbuchung eines wertlosen Aktienbestands den Begriff der Veräußerung erfüllt. Es spreche aber einiges dafür, dass der BFH auch die Ausbuchung als „Veräußerung“ begreifen wird. Berücksichtige man, dass der VIII. Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung einer umfassenden Steuerverstrickung allen Kapitalvermögens Rechnung trägt, liege es nahe, nicht nur alle Wertzuwächse, sondern auch jegliche Wertminderungen steuerlich zu erfassen. Entsprechend hat der BFH auch schon zum Verfall von Optionen entschieden und eine negative Differenz als Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG erfasst.

4.Körperschaftsteuer

4.1.NWB

UStAVermG: Ausgewählte körperschaftsteuerliche Neuregelungen - Sanierungsklausel, Ausgleichszahlungen und organschaftliche Einkommensermittlung
Jauch, Hörhammer, NWB 52/2018, S. 3.890
Anmerkung:
  • Aufhebung des quotalen Verlustuntergangs für die Zeit ab 2007 auch für schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2015. Mit dem endgültigen Wegfall der quotalen Verlustkürzung nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG wird die Entscheidung des BVerfG umgesetzt. Für die Frage, ob auch der bisherige Satz 2 des § 8c Abs. 1 KStG einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält, bleibt das unter dem Aktenzeichen 2 BvL 19/17 beim BVerfG anhängige Verfahren abzuwarten.
  • Die Sanierungsklausel gem. § 8c Abs. 1a KStG wird rückwirkend zur Anwendung gelangen. Anwendung: Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2007. Hintergrund der Neuregelung ist EuGH-Rechtsprechung. Der EuGH hat den Beschluss der Europäischen Kommission v. 26.01.2011 für nichtig erklärt, wonach die Sanierungsklausel nach Auffassung der Kommission eine unzulässige Beihilfe darstelle.
  • Für die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft bei gleichzeitiger Vereinbarung von Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter ist es unschädlich, wenn neben dem festen Betrag ein weiterer Zahlungsbestandteil hinzutritt. Dies gilt jedoch nur, wenn die Ausgleichszahlung insgesamt den dem Anteil am Grundkapital entsprechenden handelsrechtlichen Gewinnanteil des außenstehenden Gesellschafters nicht übersteigt, der diesem ohne Gewinnabführungsverpflichtung hätte zufließen können. Ein bestehender Gewinnabführungsvertrag, der bisher eine Regelung enthält, die nicht den geänderten Anforderungen entspricht, muss daher bis spätestens zum 31.12.2021 angepasst werden. Diese Anpassung gilt nicht als Neuabschluss.
 
Rückgewähr von Nennkapital und Einlagen bei EU-/EWR-Körperschaften - Aktuelle Rechtsprechung zu § 27 Abs. 8 KStG
Micker, L'habitan, NWB 52/2018, S. 3.901
Anmerkung:
Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG gehören Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG als verwendet gelten. Der Anwendungsbereich dieser Regelung für die Abgrenzung einer nicht steuerbaren Einlagenrückgewähr von einer steuerpflichtigen Gewinnausschüttung ist nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 KStG auf im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften beschränkt. Der Anwendungsbereich wird jedoch gem. § 27 Abs. 8 KStG auf Körperschaften erweitert, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU) der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen.
Mit Urteil v. 13.06.2016, VIII R 47/13 hat der BFH zur Besteuerung der Einlagenrückgewähr einer Drittstaatengesellschaft entschieden.
Die Übertragung von Aktien im Rahmen eines US-amerikanischen „Spin-off“ führt grundsätzlich zu Kapitaleinkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG.
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist unter Fortführung der Rechtsprechung des BFH-Urteils vom 20. Oktober 2010 I R 117/08  unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer Gesellschaft getätigt werden kann, die in einem Drittstaat ansässig ist und für die kein steuerliches Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG geführt wird.
In der Zwischenzeit haben einige Finanzgerichte eine Übertragbarkeit der BFH-Rechtsprechung zur Einlagenrückgewähr einer Drittstaatengesellschaft auf die Rückgewähr von Einlagen durch eine EU-Körperschaft/Personenvereinigung abgelehnt. Nach Ansicht der Finanzgerichte kann bei Körperschaften/Personenvereinigungen mit Sitz in der EU typischerweise davon ausgegangen werden, dass sie in Deutschland rechtlich und faktisch hinreichend handlungsfähig und in der Lage seien, die erforderlichen Nachweise zu erbringen sowie die Ausschlussfrist zu beachten. Die rückwärtsgerichtete Entwicklung eines fiktiven Einlagekontos – in der Praxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden – sei unvermeidbar. Das Verfahren gem. § 27 Abs. 8 KStG verstoße – wie zum Teil in der Literatur vertreten – weder gegen Unions- noch Verfassungsrecht. Nach der hier vertretenden Auffassung wird allerdings bezweifelt, ob die derzeitige Ausgestaltung (§ 27 Abs. 8 KStG) dem Effektivitätsgrundsatz genügt.

5.Sonstiges

5.1.NWB

Anerkennung der BFH-Rechtsprechung zu RETT-Blockern - Umsetzung durch neue gleich lautende Ländererlasse der Finanzverwaltung
Graessner, NWB 50/2018, S. 3.722
Anmerkung:
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Steuer - soweit eine Besteuerung nach Abs. 2a der Vorschrift nicht in Betracht kommt - ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG unterliegt der Steuer auch die unmittelbare oder mittelbare Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorausgegangen ist.
Mit Urteil v. 27.09.2017, II R 41/15, BStBl. 2018 II S. 667 hat der BFH zur mittelbaren Anteilsvereinigung bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft („RETT-Blocker“) entschieden.
Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i. S. v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 2 GrEStG - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend. Ein Anteilserwerb kann bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i. S. v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind.
Die Finanzverwaltung wendet die Urteilsgrundsätze an und hat am 19.09.2018 gleich lautende Ländererlasse erlassen (BStBl. 2018 I S. 1053). Zur mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden (Personen-) Gesellschaft i. S. d. § 1 Abs. 3 GrEStG werden nunmehr die Rechtsgrundsätze des BFH generell anerkannt; die Ländererlasse sind auf alle offenen Fälle anzuwenden, zugleich wird der Nichtanwendungserlass v. 09.12.2015 (BStBl. 2016 I S. 477) aufgehoben. Für mittelbare Anteilsübertragungen kommt es nunmehr auch nach Ansicht der Finanzverwaltung auf die Beteiligung am Gesellschaftskapital von mindestens 95 % an. Die geänderte Auffassung der Finanzverwaltung ist in weiteren gleich lautenden Ländererlassen entsprechend berücksichtigt worden.

5.2.DStR

Negative Anschaffungskosten im Rahmen einer Sacheinlage
Hellmann, Krinninger, DStR 49/2018, S. 2.549
Anmerkung:
Das Wertansatzwahlrecht bei der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft setzt nach § 20 Abs. 2 UmwStG u. a. voraus, dass die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens die Aktivposten nicht übersteigen, wobei das Eigenkapital nicht berücksichtigt wird. Ist das eingebrachte Betriebsvermögen negativ, erfolgt in Höhe des Negativbetrags zwangsweise eine Auflösung der stillen Reserven. Nach § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG sind die Anschaffungskosten der im Zuge der Einbringung erhaltenen Anteile um den Buchwert der Entnahmen zu vermindern bzw. um den Wert der Einlagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu erhöhen.
Nach Rn. 20.19 UmwStE kann ein negatives Betriebsvermögen zum Einbringungszeitpunkt auch durch „Überentnahmen“ aus dem einzubringenden Betrieb im steuerlichen Rückwirkungszeitraum entstehen, wenn diese Entnahmen (saldiert mit etwaigen Einlagen im Rückwirkungszeitraum) das steuerliche Eigenkapital zum Einbringungszeitpunkt übersteigen.
Mit Urteil v. 07.03.2018, I R 12/16 hat der BFH entschieden, dass die Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum auch zu einem negativen Wert führen kann. Nach Ansicht des BFH verlangt das Gesetz nur eine Korrektur der Anteilsanschaffungskosten, nicht aber einen Mindestansatz des eingebrachten Betriebsvermögens. Die gesetzliche Regelung fingiere auch keinen geänderten Entnahmezeitpunkt. Vielmehr sind etwaige Entnahmen im Rückwirkungszeitraum von den Anschaffungskosten zu kürzen und können somit ggf. zu negativen Anschaffungskosten führen.

5.3.DStR

Die Abzinsung bei zinslosen Kapitalforderungen im Privatvermögen in Einkommen- und Schenkungsteuer
Stahl, DStR 50/2018, S. 2.605
Anmerkung:
Die zinslose Einräumung einer Darlehensforderung kann eine Schenkung i. S. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellen. Gegenstand der Zuwendung bei einer zinslosen Darlehensgewährung ist der kapitalisierte Nutzungsvorteil. Der Jahreswert des Nutzungsvorteils beträgt nach § 15 Abs.1 BewG 5,5 %, wenn kein anderer Wert feststeht.
Zu den ertragsteuerlichen Folgen einer zinslosen Kaufpreisforderung hat das FG Düsseldorf mit Urteil v. 06.02.2017, 11 K 3064/15 E entschieden.
Wird ein im Privatvermögen gehaltenes Grundstück gegen langfristig gestundete Kaufpreisraten an einen erbberechtigten Angehörigen veräußert, ist der in den geleisteten Kaufpreisraten rechnerisch enthaltene Zinsanteil auch dann als Kapitalertrag zu versteuern, wenn der vereinbarte Kaufpreis unter dem Verkehrswert liegt.
Zur Rechtsfrage, ob im Fall einer teilentgeltlichen Grundstücksübertragung unter nahen Angehörigen im Privatvermögen gegen Kaufpreisraten in Bezug auf das gestundete (Teil-)Entgelt ein zu versteuernder Zinsvorteil anzusetzen ist, ist unter dem Aktenzeichen VIII R 3/17 das Revisionsverfahren anhängig.
 

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