Rechtsprechung KW 31-2018

1.Rechtsprechung

1.1.Umsatzsteuer

Zur Steuerfreiheit von Besorgungsleistungen im Zusammenhang mit Opern-Eintrittskarten
Beschafft der einen Hotelservice anbietende Unternehmer im eigenen Namen, jedoch für Rechnung des ihn jeweils beauftragenden Hotelgastes Eintrittskarten, die zum Besuch einer Oper berechtigen, liegt eine Besorgungsleistung i.S. von § 3 Abs. 11 UStG vor, die steuerfrei ist, wenn die Umsätze der Oper der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG unterliegen.
BFH v. 25.04.2018, XI R 16/16
Hinweis:
Nach § 3 Abs. 11 UStG liegt eine sogenannte Dienstleistungskommission vor, wenn ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird und er im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt. In diesem Fall gilt die besorgte sonstige Leistung als an ihn und von ihm erbracht.
Die A-GbR betrieb in den Streitjahren einen Hotelbetrieb. Die GbR besorgte Eintrittskarten für Veranstaltungen der X Oper (Oper). Sie bestellte nach Bestätigung des Kundenauftrags die gewünschten Eintrittskarten. Auf ein vom Veranstalter vorgehaltenes Kontingent mit Abnahmeverpflichtung konnte die GbR nicht zurückgreifen. Die Eintrittskarten wurden von ihr bezahlt und nach Aushändigung an den Auftraggeber per Post oder persönlich weitergegeben. Der Auftraggeber wiederum zahlte an die GbR. Bei kurzfristigen Besorgungsaufträgen erhielt die GbR entweder eine Barzahlung unmittelbar mit der Beauftragung durch den jeweiligen Hotelgast oder ein Entgelt, das als Auslage auf das Hotelzimmer des Auftraggebers gebucht wurde. Die Vergütung umfasste den Preis der Eintrittskarten und ein variables Entgelt für den Aufwand der GbR. Die GbR sah die Umsätze als steuerfrei an. Nach einer bei der GbR durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung unterwarf das FA die Umsätze im Zusammenhang mit der Beschaffung von Eintrittskarten dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
Der BFH hat entschieden, dass die GbR eine umsatzsteuerfreie Besorgungsleistung i. S. v. § 3 Abs. 11 UStG erbracht hat.
§ 3 Abs. 11 UStG fingiert eine Leistungskette. Die aus Sicht des Zivilrechts erbrachte Geschäftsbesorgungsleistung des eingeschalteten Unternehmers - hier der GbR - wird mithin umsatzsteuerrechtlich negiert und eine bestimmte sonstige Leistung - hier die Berechtigung zum Besuch einer Oper - zwischen dem eingeschalteten Unternehmer und seinem Auftraggeber - hier den beauftragenden Hotelgästen - fingiert. Diese sonstigen Leistungen der GbR i. S. v. § 3 Abs. 11 UStG unterliegen der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Bst. a S. 1 UStG. Die Leistungen der Leistungskette, d. h. die an den Auftragnehmer erbrachte und die von ihm ausgeführte Leistung, werden bezüglich ihres Leistungsinhalts gleich behandelt (so auch Abschn. 3.15 Abs. 2 S. 1 UStAE).

EuGH-Vorlage zur Umsatzbesteuerung von Vereinen
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Kommt Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, nach dem "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben", unmittelbare Wirkung zu, so dass sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben bei fehlender Umsetzung unmittelbar auf diese Bestimmung berufen können?
2. Bei Bejahung der ersten Frage: Handelt es sich bei der "Einrichtung ohne Gewinnstreben" i. S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL um
- einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff oder
- sind die Mitgliedstaaten befugt, das Vorliegen einer derartigen Einrichtung von Bedingungen wie § 52 i. V. m. § 55 AO (oder den §§ 51 ff. AO in ihrer Gesamtheit) abhängig zu machen?
3. Falls es sich um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff handelt: Muss eine Einrichtung ohne Gewinnstreben i. S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL über Regelungen für den Fall ihrer Auflösung verfügen, nach denen sie ihr dann vorhandenes Vermögen auf eine andere Einrichtung ohne Gewinnstreben zur Förderung von Sport und Körperertüchtigung zu übertragen hat?
BFH v. 21.06.2018, V R 20/17
Hinweis:
Nach Art. 132 Abs. 1 Bst. m MwStSystRL sind bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben steuerbefreit.
Im Streitfall erbrachte der Kläger, ein Golfverein, verschiedene Leistungen gegen gesondert vereinbartes Entgelt. Dabei handelte es sich insbesondere um die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee), um die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten und um die Durchführung von Golfturnieren, bei denen der Kläger Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte. Das beklagte Finanzamt sah diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig an. Demgegenüber bejahte das Finanzgericht eine Steuerfreiheit, die sich zwar nicht aus dem nationalem Recht, aber aus dem Unionsrecht und dabei aus Art. 132 Abs. 1 Bst. m der MwStSystRL ergebe.
Der BFH hat Zweifel daran, dass sich der Kläger unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Bst. m MwStSystRL berufen kann.
Aus der Rechtsprechung des EuGH kann nach Ansicht des V. Senats abgeleitet werden, dass Art. 132 Abs. 1 Bst. m MwStSystRL keine unmittelbare Wirkung zukomme, so dass sich Steuerpflichtige auf diese Bestimmung nicht berufen können, um sich gegen eine Steuerpflicht nach nationalem Recht zu wehren. Sollte der EuGH eine unmittelbare Wirkung von Art. 132 Abs. 1 Bst. m MwStSystRL verneinen, würde dies zu einer Rechtsprechungsänderung führen. Denn der BFH hat in der Vergangenheit eine unmittelbare Wirkung und Berufbarkeit bejaht. Dies führte insbesondere zu einer aus dem Unionsrecht abgeleiteten Steuerfreiheit für die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee) und für die leihweise Überlassung von Golfbällen. Nicht streitig ist in der nunmehr beim EuGH anhängigen Rechtssache, ob Golfvereine, die von ihren Mitgliedern Vereinsbeiträge erheben, auch insoweit steuerpflichtige Leistungen erbringen.

1.2.Einkommensteuer

Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung
Unterhaltsleistungen können nur insoweit nach § 33a Abs. 1 EStG zum Abzug zugelassen werden, als die Aufwendungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsempfängers im Veranlagungszeitraum der Unterhaltszahlung zu dienen (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
Liegen die Voraussetzung des § 33a Abs. 1 EStG nur für einige Monate des Jahres der Unterhaltszahlung vor, muss der Unterhaltshöchstbetrag des § 33a Abs. 1 EStG gemäß § 33a Abs. 3 Satz 1 EStG entsprechend aufgeteilt werden.
BFH v. 25.04.2018, VI R 35/16
Hinweis:
Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.004 EUR im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 S. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Nach § 33a Abs. 1 S. 4 EStG darf die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen. Hat die unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge, so vermindert sich die Summe der nach § 33a Abs. 1 S. 1 u. S. 2 EStG ermittelten Beträge um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624 EUR im Kalenderjahr übersteigen; zu den Bezügen gehören insbesondere auch die nach § 19 Abs. 2 EStG steuerfrei bleibenden Einkünfte (§ 33a Abs. 1 S. 5 EStG). Bei Unterhaltszahlungen an nicht unbeschränkt steuerpflichtige Empfänger bestimmt § 33a Abs. 1 S. 6 Hs. 1 EStG zusätzlich, dass die Aufwendungen nur abgezogen werden dürfen, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die in § 33a Abs. 1 u. Abs. 2 EStG bezeichneten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, ermäßigen sich die dort bezeichneten Beträge um je ein Zwölftel (§ 33a Abs. 3 S. 1 EStG).
In ihrer Einkommensteuererklärung machten der Kläger und seine Ehefrau, unter Vorlage einer Unterhaltsbescheinigung, eine im Dezember des Streitjahres an den in Brasilien lebenden Vater der E geleistete Zahlung in Höhe von 3.000 EUR als Unterhaltsaufwendungen gem. § 33a Abs. 1 EStG geltend. Das FA erkannte mit der Einspruchsentscheidung für das Streitjahr Unterhaltszahlungen nur i. H. v. 161 EUR als außergewöhnliche Belastungen an. Dabei wurde der Höchstbetrag nur für einen Monat berücksichtigt und entsprechend der Verhältnisse des Wohnsitzstaates (Brasilien) zur Hälfte berücksichtigt.
Der BFH hat entschieden, dass der Unterhaltshöchstbetrag gem. § 33a Abs. 3 S. 1 EStG aufgeteilt werden muss.
§ 33a Abs. 1 EStG erfasst nur die typischen Unterhaltsaufwendungen, durch die die "laufenden" Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten befriedigt werden sollen. Daraus folgt, dass eine Rückbeziehung der Zahlung auf einen vor dem Monat der Zahlung liegenden Zeitraum grundsätzlich ausgeschlossen ist. Denn die Befriedigung der "laufenden" Bedürfnisse durch eine erst in der Zukunft liegende Zahlung ist in der Regel nicht möglich. Etwas anderes kann allenfalls bei einer erstmaligen Unterhaltsleistung des Steuerpflichtigen gelten, wenn diese zur Abtragung entsprechender, durch die Bestreitung der "laufenden" Bedürfnisse des Unterhaltsempfängers entstandener Schulden verwandt werden soll.
 

Neueste Einträge