Rechtsprechung KW 24-2018

1.Rechtsprechung

1.1.Umsatzsteuer

Rechnungsangaben beim Vorsteuerabzug
Die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG i.V.m. § 31 Abs. 4 UStDV) kann sich unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde.
BFH v. 01.03.2018, V R 18/17
Hinweis:
Den Vorsteuerabzug kann nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 UStG nur ausüben, wer im Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung ist. Die zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung hat insbesondere Angaben zu der dem Leistenden erteilten Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, zur Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände und zum Umfang und zur Art der sonstigen Leistung sowie zum Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung zu enthalten (§ 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, 5 u. 6 UStG). Nach § 31 Abs. 4 UStDV kann als Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Leistung ausgeführt wird.
Im Streitfall hatte die Klägerin den Vorsteuerabzug aus an sie ausgeführten PKW-Lieferungen in Anspruch genommen. Allerdings enthielten die ihr hierfür erteilten Rechnungen weder Angaben zur Steuernummer des Lieferanten noch zum Lieferzeitpunkt. Die Rechnungen wurden später um die Angabe der Steuernummer, nicht aber auch um die Angabe der Lieferzeitpunkte ergänzt. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug aus den PKW-Lieferungen. Demgegenüber hatte die Klage zum Finanzgericht Erfolg.
Der BFH hat entschieden, dass sich die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben kann.
Der BFH legt § 31 Abs. 4 UStDV dahingehend aus, dass sich die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben kann, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Dies bejahte der BFH für den Streitfall. Mit den Rechnungen sei über jeweils einmalige Liefervorgänge mit PKWs abgerechnet worden, die branchenüblich mit oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Rechnungserteilung ausgeführt worden seien. Damit folge aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung, dass die jeweilige Lieferung im Kalendermonat der Rechnungserteilung ausgeführt wurde. Die Angabe des Ausstellungsdatums der Rechnung sei als Angabe i. S. v. § 31 Abs. 4 UStDV anzusehen. Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass sich die Steuerverwaltung nicht auf die bloße Prüfung der Rechnung beschränken dürfe, sondern auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen habe.
 

1.2.Einkommensteuer

Zufluss von Arbeitslohn bei Wertguthabenkonten - Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid
Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands sind kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn.
Dies gilt auch für Gutschriften auf dem Wertguthabenkonto eines Fremd-Geschäftsführers einer GmbH (entgegen BMF-Schreiben vom 17. Juni 2009, BStBl. I 2009, 1286, A.IV.2.b.).
BFH v. 22.02.2018, VI R 17/16
Hinweis:
Hinsichtlich des Zeitpunkts der Vereinnahmung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gelten gem. § 11 Abs. 1 S. 4 EStG die Vorschriften des § 38a Abs. 1 S. 2 u. 3 EStG. Laufender Arbeitslohn gilt hiernach in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt.
Im Streitfall war der Kläger Geschäftsführer einer GmbH, an der er nicht beteiligt war. Er schloss mit seiner Arbeitgeberin eine Wertguthabenvereinbarung. Dabei handelte es sich um eine Vereinbarung zur Finanzierung für den vorzeitigen Ruhestand des Klägers. Er verzichtete auf die Auszahlung laufender Bezüge in Höhe von monatlich 6.000 €, die ihm erst in der späteren Freistellungsphase ausgezahlt werden sollten. Die GmbH unterwarf die Zuführungen zu dem Wertguthaben des Klägers nicht dem Lohnsteuerabzug. Das Finanzamt war demgegenüber der Meinung, die Wertgutschriften führten zum Zufluss von Arbeitslohn beim Kläger und forderte die Lohnsteuer nach.
Der BFH hat entschieden, dass die Gutschriften auf dem Wertguthabenkonto bei einem Fremd-Geschäftsführer noch zu keinem Zufluss von Arbeitslohn führen.
Nur der zugeflossene Arbeitslohn unterliegt der Einkommensteuer und dem Lohnsteuerabzug. Der Kläger hat nach Ansicht des BFH von der GmbH in Höhe der Gutschriften auf dem Wertguthabenkonto keine Auszahlungen erhalten und hat nach der mit der GmbH abgeschlossenen Wertguthabenvereinbarung über die Gutschriften im Streitjahr auch nicht verfügen können. Die Wertguthabenvereinbarung sei auch keine Vorausverfügung des Klägers über seinen Arbeitslohn, die den Zufluss im Zeitpunkt der Gutschriften bewirkt hätte. Vielmehr habe der Kläger mit der Wertguthabenvereinbarung nur auf die Auszahlung eines Teils seines Barlohns zugunsten einer Zahlung in der Freistellungsphase verzichtet. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben v. 17.06.2009, BStBl. 2009 I S. 1286) gilt dies nach dem Urteil des BFH auch für Fremd-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft wie im Streitfall. Diese seien wie alle anderen Arbeitnehmer zu behandeln. Die bloße Organstellung als Geschäftsführer sei für den Zufluss von Arbeitslohn ohne Bedeutung. Besonderheiten seien allenfalls bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft gerechtfertigt.

Kindergeld bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG
Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG besteht nur für die Monate, in denen der Steuerpflichtige inländische Einkünfte i. S. des § 49 EStG erzielt.
Aufgrund der kindergeldspezifischen monatsbezogenen Betrachtungsweise ist bei Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit gemäß § 15 EStG eines nach § 1 Abs. 3 EStG veranlagten Kindergeldberechtigten auf die ausgeübte inländische Tätigkeit abzustellen.
BFH v. 14.03.2018, III R 5/17
Hinweis:
Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Bst. b EStG hat auch Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
Im Streitfall lebte der polnische Kläger mit seiner Familie in Polen. In Deutschland war er monatsweise selbständig im Baugewerbe tätig. Für das Jahr 2012 beanspruchte der Kläger u. a. für den Monat Mai Kindergeld. In dieser Zeit arbeitete er auf einer Baustelle und erzielte gewerbliche Einkünfte. Das Entgelt erhielt er hierfür erst im August 2012. Aus diesem Grund war die Familienkasse der Ansicht, dass das Kindergeld nur für diesen Monat zu berücksichtigen sei. Allerdings hatte die Familienkasse das Kindergeld für den August bereits aus anderen Gründen gewährt. Der Kläger wandte sich dagegen und erstritt vor dem Finanzgericht das Kindergeld auch für den Monat Mai.
Der BFH hat entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld nur für Monate besteht in denen der Kläger inländische Einkünfte i. S. d. § 49 EStG bezogen hat. Dabei ist auf die ausgeübte inländische Tätigkeit abzustellen.
Auch wenn der Ausländer regelmäßig für das ganze Jahr nach § 1 Abs. 3 EStG als fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und sich aus dem entsprechenden Einkommensteuerbescheid nicht ergibt, in welcher Zeit er inländische Einkünfte erzielt hat, ist für den Kindergeldanspruch allein das in § 66 Abs. 2 EStG verankerte Monatsprinzip entscheidend. Der BFH hatte bisher hierzu nur entschieden, dass es bei zeitweise nichtselbständig tätigen Steuerpflichtigen wie z. B. Saisonarbeitern für den Kindergeldanspruch auf den Zufluss des Lohnes ankommt. Demgegenüber stellt der BFH in dem jetzt veröffentlichten Urteil bei einem zeitweise selbständig Tätigen auf die inländische Tätigkeit und nicht auf den Zufluss des Entgelts ab. Damit wird sichergestellt, dass der Kindergeldanspruch nicht von Zufälligkeiten oder selbst gewählten Gestaltungsformen abhängt. Ob hieraus folgt, dass an der bisherigen zuflussorientierten Beurteilung bei Saisonarbeitnehmern nicht mehr festzuhalten ist, ließ der BFH ausdrücklich offen.

Kein Kindergeldanspruch wegen Zweitausbildung durch zeitliche Zäsur (hier: Steuerfachangestelltenausbildung und Zweitausbildung an der Wirtschaftsfachschule
Setzt ein Kind nach Beendigung der Ausbildung zur Steuerfachangestellten seine Berufsausbildung mit den weiterführenden Berufszielen "Staatlich geprüfter Betriebswirt" und "Steuerfachwirt" nicht zum nächstmöglichen Zeitpunkt fort, handelt es sich bei der nachfolgenden Fachschulausbildung um eine Zweitausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.
In diesem Fall schließt eine mehr als 20 Wochenstunden umfassende Erwerbstätigkeit während der Zeit des Wartens auf den Antritt der Fachschulausbildung und während deren Durchführung einen Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG aus.
BFH v. 11.04.2018, III R 18/17
Hinweis:
Gem. § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG besteht Anspruch auf Kindergeld für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, u. a. dann, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. a EStG), sich in einer der in § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. b EStG genannten Übergangszeiten von höchstens vier Monaten befinden oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen können (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. c EStG). Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 32 Abs. 4 S. 2 EStG). Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i. S. d. §§ 8 und 8a des SGB IV sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 S. 3 EStG).
Der Kläger erhielt für seine Tochter (T) bis einschließlich Juni 2013 Kindergeld. T absolvierte nach ihrem Abitur eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten, die sie im Juni 2013 abschloss. Anschließend nahm T eine Vollzeitbeschäftigung in ihrem Ausbildungsbetrieb auf. Mitte September 2013 meldete sie sich bei einer Fachschule für Wirtschaft der Fachrichtung Betriebswirtschaft (Schwerpunkt Steuern) in Teilzeitform an. Sie bekam eine Zusage für das Schuljahr 2014/2015. Zum 01.04.2014 wechselte T in eine andere Steuerberatungskanzlei und arbeitete dort zunächst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden, die sie ab September 2014 auf 36 Stunden reduzierte. Am 20.08.2014 nahm sie ihre Ausbildung an der Fachschule für Wirtschaft auf. Das FA lehnte ab Juli 2013 den Antrag auf Gewährung von Kindergeld ab, da sich T bereits in einer Zweitausbildung befunden habe und einer schädlichen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei.
Der BFH hat entschieden, dass es sich aufgrund der zeitlichen Zäsur zwischen den beiden Ausbildungen bei der Fachschulausbildung um eine Zweitausbildung und nicht um eine einheitliche Erstausbildung handelte.
Die Ausbildung der T zur Steuerfachangestellten stellt bereits eine abgeschlossene erstmalige Ausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG dar. Für die Frage, ob der erste berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt, kommt es nach der Rechtsprechung des BFH darauf an, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Insoweit ist vor allem darauf abzustellen, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. An einem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang fehlt es u. a. dann, wenn das Kind nach Erlangung des ersten berufsqualifizierenden Abschlusses den weiteren Ausbildungsabschnitt nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt, obwohl es diesen früher hätte beginnen können. Vorliegend hat T weder nach Beendigung ihrer Ausbildung zur Steuerfachangestellten mit der Ausbildung an der Fachschule für Wirtschaft begonnen, noch hat sie sich für eine bereits im Jahr 2013 beginnende Ausbildung beworben.
 

1.3.Körperschaftsteuer

Betrieb gewerblicher Art durch Beteiligung an Personengesellschaft
Die Beteiligung einer Stadt an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist kein Betrieb gewerblicher Art.
BFH v. 29.11.2017, I R 83/15
Hinweis:
BgA sind nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 S. 1 KStG - mit Ausnahme der Hoheitsbetriebe (vgl. § 4 Abs. 5 KStG) - alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben.
Die Klägerin eine Stadt, wendet sich gegen die Festsetzung der Körperschaftsteuer für einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) hinsichtlich der Beteiligung an einer KG (BgA Beteiligung). Die Klägerin war im Streitjahr alleinige Kommanditistin der A-AG & Co. KG (A-KG). Komplementärin der A-KG war die nicht am Kapital beteiligte A-AG.
Der BFH hat entschieden, dass die Beteiligung der Stadt an der A-KG kein Betrieb gewerblicher Art ist.
Die Beteiligung der Klägerin an der A-KG kann nicht unabhängig von einer tatsächlichen wirtschaftlichen Betätigung dieser Gesellschaft deshalb als BgA i. S. d. § 4 KStG angesehen werden, weil die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der A-KG eine AG ist. Die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG, der zufolge die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine originär gewerbliche Betätigung ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft), in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, ist im Rahmen des § 4 KStG nicht anwendbar. Denn § 4 Abs. 1 S. 1 KStG enthält eine eigenständige, von den einkommensteuerrechtlichen Begriffen des Gewerbebetriebs und gewerblicher Einkünfte unabhängige und ausschließlich tätigkeitsbezogene Definition des Betriebs gewerblicher Art. Die Fiktion gewerblicher Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG wird durch § 4 Abs. 1 KStG nicht aufgegriffen.
 

1.4.Bilanzsteuerrecht

Eigenes Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes während des Bestehens einer atypisch stillen Gesellschaft - Auslegung der Klageschrift
Der Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich ein anderer atypisch still beteiligt, verfügt auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich über ein eigenes Vermögen, das neben dem Betriebsvermögen besteht, das ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft als mitunternehmerisches Vermögen zugerechnet wird.
BFH v. 01.03.2018, IV R 38/15
Hinweis:
Begründet der Inhaber eines Handelsgewerbes an seinem gesamten Betrieb eine stille Gesellschaft und ist die Gesellschaft ertragsteuerlich als Mitunternehmerschaft anzusehen, weil der stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt, entsteht eine atypisch stille Gesellschaft als eigenständige Mitunternehmerschaft. Deren Mitunternehmer sind der Inhaber des Handelsgewerbes und der oder - wenn sich mehrere am gesamten Handelsgewerbe des Inhabers atypisch still beteiligen - die (atypisch) still Beteiligten. Für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft wird das Unternehmen des Inhabers des Handelsgewerbes ertragsteuerlich dieser Mitunternehmerschaft zugeordnet. Das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgewerbes wird dadurch mitunternehmerisches Vermögen, welches vom Inhaber des Handelsgewerbes im eigenen Namen, aber für Rechnung der Mitunternehmerschaft verwaltet wird. Demgemäß steht auch der erwirtschaftete Gewinn der Mitunternehmerschaft zu und wird auf die Mitunternehmer, also den Inhaber des Handelsgewerbes und den bzw. die stillen Gesellschafter, nach den Abreden im Gesellschaftsvertrag über die stille Gesellschaft verteilt.
An der GmbH war einer der Gesellschafter (A) zugleich atypisch stiller Gesellschafter. Später beteiligte sich eine weitere Person (B) atypisch still. B hatte einen Betrag in das Vermögen der GmbH zu zahlen, wobei der den Anteil am Festkapital übersteigende Betrag als Agio erfasst werden sollte. Streitig ist die Gewinnwirksamkeit des Agios.
Der BFH hat entschieden, dass der Inhaber des Handelsgewerbes auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich über ein eigenes Vermögen verfügt.
Der Umstand, dass die Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich wie eine Einbringung des Betriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die stille Gesellschaft i. S. d. § 24 UmwStG zu würdigen ist, führt dazu, dass der Inhaber des Handelsgewerbes vergleichbar dem persönlich haftenden Gesellschafter einer KG als Mitunternehmer an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt ist. Ihm sind ertragsteuerlich die dem Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnenden Wirtschaftsgüter entsprechend seinem Anteil zuzurechnen. Er erzielt aus der mitunternehmerischen Beteiligung an der atypisch stillen Gesellschaft Einkünfte nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG. Dies setzt ein eigenes, von dem der atypisch stillen Gesellschaft zu trennendes Vermögen voraus. Nach Ansicht des BFH hat die GmbH einen Teil ihres Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft veräußert und daraus einen Veräußerungsgewinn erzielt.
 

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