Auswertung Aufsätze 07-2018

1.Verfahrensrecht

1.1.NWB

Änderung eines Grundbesitzwertfeststellungsbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO - Verletzung der Ermittlungspflicht durch das Finanzamt
Hahn, NWB 30/2018, S. 2.180
Anmerkung:
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen.
Mit Urteil v. 29.11.2017, II R 52/15 hat der BFH entschieden, dass das FA nach Treu und Glauben an einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gehindert ist, wenn der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten erfüllt, indem er die vom FA gestellten Fragen zutreffend und vollständig beantwortet und das FA später Kenntnis von steuererhöhenden Tatsachen erlangt.
 

1.2.DStR

Löst die bloße Endgültigkeitserklärung eines bisher unter Vorläufigkeitsvermerk stehenden Feststellungsbescheids die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 aus?
Behrens, Seemaier, DStR 31/2018, S. 1.649
Anmerkung:
Nach § 171 Abs. 10 S. 1 AO endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheid, soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid).
Die Änderung von in einem Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen aufgrund eines Vorläufigkeitsvermerks i. S. v. § 165 Abs. 1 AO hemmt gem. § 171 Abs. 10 AO den Ablauf der Festsetzungsfrist, so dass das für den Erlass des Folgebescheids zuständige FA zwei Jahre Zeit hat, um den ändernden Feststellungsbescheid auszuwerten und den Folgebescheid gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO an den geänderten Grundlagenbescheid anzupassen. Fraglich ist, ob die bloße Endgültigkeitserklärung eines bisher unter Vorläufigkeitsvermerk stehenden Feststellungsbescheids die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO auslöst.
Die Verfasser vertreten die Auffassung, dass die bloße Endgültigkeitserklärung gem. § 165 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 Alt. 3 AO, d. h. die Aufhebung eines Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 Abs. 1 AO, keine Anpassungspflicht bzw. -befugnis nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO und damit auch keine Ablaufhemmung für den Folgebescheid nach § 171 Abs. 10 AO auslöst. Dieses Ergebnis ergebe sich zum einen aus dem Zweck der Regelungen in §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 165 Abs. 2 AO, wonach nur eine Änderung der im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellung(en) eine Pflicht zur Anpassung des Folgebescheids auslöse und deshalb eine Ablaufhemmung notwendig mache, um dem für den Folgebescheid zuständigen FA eine ausreichende Bearbeitungszeit einzuräumen. Zum anderen ergebe sich dies aus der im Gegensatz zu § 164 AO in § 165 AO nicht enthaltenen Gleichstellung der Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks mit einer erstmaligen Steuerfestsetzung bzw. erstmaligen Besteuerungsgrundlagenfeststellung.
 

2.Erbschaft-/Schenkungsteuer

2.1.NWB

§ 6 Abs. 3 EStG und §§ 13a ff. ErbStG trotz Übertragung von Sonder-BV von dinglichem Eigentum an KG-Anteil?! - Urteil des FG Köln v. 29.06.2017 - 7 K 1654/16
NWB 28/2018, S. 2.031
Anmerkung:
Mit Urteil v. 29.06.2017, 7 K 1654/16 hat das FG Köln entschieden, dass bei der Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern des SBV Voraussetzung für die Gewährung der Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG ist, dass diese gleichzeitig mit dem Anteil an der Personengesellschaft übertragen werden. Danach kommt eine Steuerbefreiung für die Übertragung eines Grundstück des SBV dann nicht zur Anwendung, wenn das Grundstück nicht gleichzeitig mit dem Kommanditanteil übertragen wird, weil (nur) die Übertragung des Kommanditanteils unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung des Beschenkten als Kommanditist in das Handelsregister erfolgt.
Die Schenkungsteuer entsteht gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Die Zuwendung ist ausgeführt, wenn der Beschenkte erhalten hat, was ihm nach der Schenkungsabrede verschafft werden soll. Für die Ausführung der Grundstückszuwendung ist Voraussetzung, dass die Auflassung (§ 925 BGB) beurkundet worden ist und der Schenker die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewilligt hat (§ 19 der Grundbuchordnung). Die Übertragung des KG-Anteils erfolgte jedoch erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung (Eintritt in der Sonderrechtsnachfolge im HR). Somit wurden nach Ansicht des FG Köln der KG-Anteil und das Grundstück des SBV nicht zeitgleich übertragen, so dass die Vergünstigung gem. §§ 13a, 13b ErbStG nicht zu gewähren war.
Die Verfasser vertreten die Auffassung, dass die Ansicht des FG Köln abzulehnen ist, da es auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise ankommen soll. Dass das Sonderbetriebsvermögen aus zivilrechtlicher Sicht zuerst beim (nach der Eintragung) zivilrechtlichen Gesellschafter „ankommt“, ändere am wirtschaftlichen Ergebnis dieser Übertragungen nichts. Das Revisionsverfahren ist unter dem Az. II R 38/17 anhängig.

Schenkungsteuerliche Beurteilung einer verdeckten Gewinnausschüttung - Zuwendungen von Kapitalgesellschaften an Gesellschafter und nahestehende Personen
Götz, NWB 29/2018, S. 2.098
Anmerkung:
Mit drei Urteilen v. 13.09.2017 (II R 54/15, II R 32/16, II R 42/16) hat der BFH entschieden, dass die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person ist, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. In einem solchen Fall beruht die Vorteilsgewährung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter.
Die Finanzverwaltung folgt im gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder v. 20.04.2018, BStBl. 2018 I S. 632 der geänderten BFH-Rechtsprechung.
Die Finanzverwaltung akzeptiert, dass es im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen – jedoch keine nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG freigebigen Zuwendungen gibt. In diesen Fällen liegt jedoch regelmäßig eine freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person vor.
Beispiel (Beispiel 1, aus dem Ländererlass v. 20.04.2018)::
A ist Alleingesellschafterin einer GmbH. Ihr Bruder B erhält von der GmbH einen Sportwagen zu einem um 100 000 EUR unangemessen zu niedrigen Kaufpreis. Es liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an A in Höhe von 100 000 EUR vor. Es liegt keine freigebige Zuwendung der GmbH an B vor. In Höhe von 100 000 EUR liegt eine freigebige Zuwendung von A an B vor.
 

3.Umsatzsteuer

3.1.NWB

Vorsteuerabzug bei geleisteten Anzahlungen und anschließend ausbleibender Leistung - EuGH-Urteil v. 31.05.2018 - Rs. C-660/16 "Kollroß" und C-661/16 "Wirtl"
Hartmann, NWB 31/2018, S. 2.242
Anmerkung:
Der Vorsteuerabzug für An- oder Vorauszahlungen setzt nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. S. 3 UStG voraus, dass eine Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist. Unionsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 167 und 168 MwStSystRL. Danach ist bereits dann ein Vorsteuerabzug möglich, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. In Anzahlungsfällen entsteht der Steueranspruch gem. Art. 65 MwStSystRL zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag und damit vor dem Eintritt des Steuertatbestands, für den es nach Art. 63 MwStSystRL auf die Bewirkung der Lieferung bzw. sonstigen Leistung ankommt.
Fraglich ist, ob der vorgenommene Vorsteuerabzug zu berichtigen ist, wenn es später tatsächlich gar nicht zur Ausführung der Leistung kommt.
Der EuGH hat mit Urteil v. 31.05.2018, C-660/16 u. C 661/17, Rs. Kollroß und Wirtl, entschieden, dass ein Vorsteuerabzug aus Vorauszahlungsrechnungen nur dann versagt werden kann, wenn der Anzahlende im Zeitpunkt der Anzahlung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Leistung unsicher ist. Erlangt der Anzahlende die Kenntnis später, muss er den Vorsteuerabzug nur dann berichtigen, wenn er die Anzahlung vom Vertragspartner zurückerhalten hat.

EuGH bestätigt volles Vorsteuerabzugsrecht für Holdinggesellschaften - Anmerkung zum EuGH-Urteil v. 05.07.2018 - Rs. C-320/17 "Marle Participations"
Oldiges, NWB 32/2018, S. 2.328
Anmerkung:
Das bloße Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen ist keine unternehmerische Tätigkeit). Dies gilt nicht, wenn die Beteiligung im Unternehmensvermögen gehalten wird. Der Abzug der Vorsteuer aus Aufwendungen, die im direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der Veräußerung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung stehen, ist nur insofern zulässig, als diese Veräußerung steuerbar ist und der Vorsteuerabzug nicht nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist, Abschn. 15.22 Abs. 2 UStAE.
Mit Urteil v. 05.07.2018, C-320/17, Rs. Marle Participations – C-320/17, hat der EuGH entschieden, dass eine Holdinggesellschaft grundsätzlich zum vollen Vorsteuerabzug aus Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften berechtigt ist. Voraussetzung ist, dass die Holdinggesellschaft in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften eingreift und insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Eine wirtschaftliche Tätigkeit liegt bereits dann vor, wenn die Holdinggesellschaft steuerpflichtige Vermietungsleistungen an ihre Tochtergesellschaften ausführt.
Der EuGH gewährt den vollständigen Vorsteuerabzug auch dann, wenn die Eingangsleistungen, aus denen die Holdinggesellschaft den Vorsteuerabzug begehrt, betragsmäßig in einem Missverhältnis zu den steuerpflichtigen Leistungen an die Tochtergesellschaften stehen, da das Recht zum Vorsteuerabzug nicht an das Ergebnis der Wirtschaftstätigkeit des Unternehmers geknüpft werden darf. 
 

3.2.DStR

Glaube und Wahrheit beim Vorsteuerabzug aus Anzahlungen - Zugleich Besprechung des EuGH-Urteils v. 31.05.2018 - C-660/16 und C-661/16, Kollroß und Wirtl
Schumann, DStR 31/2018, S. 1.653
Anmerkung:
Vgl. Anmerkung zu Hartmann, NWB 31/2018, S. 2.242
 

4.Internationales Steuerrecht

4.1.NWB

Kapitalertragsteuererstattungsanspruch einer EU-Muttergesellschaft - Unmittelbare Beteiligung auch bei Zwischenschaltung einer Personengesellschaft
Berger, Tetzlaff, NWB 29/2018, S. 2.103
Anmerkung:
Können Einkünfte, die dem Steuerabzug u. a. vom Kapitalertrag unterliegen, nach § 43b EStG oder nach einem Doppelbesteuerungsabkommen nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden, so sind gem. § 50d Abs. 1 S. 1 EStG die Vorschriften über die Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Steuer durch den Schuldner der Kapitalerträge ungeachtet des § 43b EStG sowie des Abkommens anzuwenden. Unberührt bleibt nach 50d Abs. 1 S. 2 EStG der Anspruch des Gläubigers der Kapitalerträge auf Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer. Die Erstattung erfolgt gemäß § 50d Abs. 1 S. 3 EStG auf Antrag des Gläubigers der Kapitalerträge. Verfahrensrechtliche Grundlage der Steuererstattung ist der Freistellungsbescheid i. S. des § 155 Abs. 1 S. 3 AO, in dem über die Höhe des unbesteuert bleibenden Teils der Vergütung – und damit zugleich des Erstattungsanspruchs – entschieden wird. Dieser Freistellungsbescheid ist zu erteilen, wenn die bezeichneten Einkünfte nach einem DBA oder § 43b EStG nicht (bzw. nur nach einem niedrigeren Steuersatz) besteuert werden.
Mit Urteil v. 13.09.2017, 2 K 2933/15 hat das FG Köln entschieden, dass die Zwischenschaltung einer vermögensverwaltenden GbR zwischen einer im Ausland ansässige Kapitalgesellschaft und einer im Inland ansässige Kapitalgesellschaft der Erstattung von KapESt nach § 43b i. V. m. § 50d Abs. 1 S. 2 EStG nicht entgegensteht.
Nach Ansicht des Gerichts sind die Voraussetzungen des § 43b EStG vollständig erfüllt, insbesondere liege eine unmittelbare Beteiligung i. S. d. § 43b Abs. 2 S. 1 EStG vor. Das Gericht verweist hinsichtlich der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der unmittelbaren Beteiligung ebenfalls auf § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.
 

4.2.DStR

Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste unter dem Aspekt des Finalitätsgrundsatzes
Heckerodt, Schulz, DStR 28/2018, S. 1.457
Anmerkung:
Mit Urteil v. 12.06.2018, Rs. C-650/16, Bevola und Jens W. Trock, entschied der EuGH erneut zur Berücksichtigungsfähigkeit von (finalen) ausländischen Betriebsstättenverlusten. In dem Urteil hat der EuGH ausdrücklich klargestellt, dass die Entscheidung in der Rechtssache Timac Agro nicht zu einer stillschweigenden Rechtsprechungsänderung führte. Vielmehr wird die Bedeutung der Frage nach finalen Verlusten für die Vergleichbarkeitsprüfung hervorgehoben. Demnach müsse das Urteil Timac Agro unter dem Licht nicht finaler Verluste betrachtet werden. Entscheidende Kriterien bei der Vergleichbarkeitsprüfung seien demnach das nationale Ziel der Verhinderung einer doppelten Verlustnutzung sowie die innereuropäische Leistungsfähigkeit. Da im Fall finaler Verluste eine doppelte Verlustnutzung definitiv ausscheidet und eine Minderung der grenzüberschreitenden Leistungsfähigkeit gegeben ist, ist ein grenzüberschreitender Verlustausgleich für finale Verluste auch bei Freistellungsbetriebsstätten nach der neuen Rechtsprechung wohl möglich. Das Vorliegen finaler Verluste wird wie bereits in den Urteilen in den Rechtssachen Lidl Belgium sowie Timac Agro anhand der Grundsätze des Urteils Marks & Spencer geprüft. Finalität ist daher anzunehmen, wenn eine hypothetische Möglichkeit der Verlustnutzung nicht mehr besteht.
Nach Auffassung der Verfasser ist nun der Gesetzgeber gefragt, etwaige längst überfällige unionskonforme Regelungen in das EStG zu implementieren, da der EuGH von seiner jahrelangen Rechtsprechung zur finalen Verlustberücksichtigung nicht abgewichen sei. Hierdurch würde er endgültig Klarheit und Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen bezüglich der europarechtlich gebotenen finalen Verlustberücksichtigung schaffen.
 

5.Sonstiges

5.1.NWB

Gesamtplanbetrachtung bei Einbringungsvorgängen? - Zugleich Anmerkung zum BFH-Urteil v. 29.11.2017 - I R 7/16
Strahl, NWB 30/2018, S. 2.172
Anmerkung:
Mit Urteil v. 29.11.2017, I R 7/16 hat der BFH entschieden, dass eine nach § 20 UmwStG begünstigte Buchwerteinbringung voraussetzt, dass auf den übernehmenden Rechtsträger alle Wirtschaftsgüter übertragen werden, die im Einbringungszeitpunkt zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören.
Im Urteilssachverhalt bestand eine klassische Betriebsaufspaltung mit einem Besitzeinzelunternehmen und einer GmbH. Daneben war der Besitzeinzelunternehmer auch noch Miteigentümer einer Immobilie, die an die GmbH überlassen wurde. Das Miteigentum an der Immobilie wurde nicht im Besitzeinzelunternehmen bilanziert. Der Besitzunternehmer brachte seinen Betrieb in die Betriebskapitalgesellschaft ein. Der Miteigentumsanteil wurde hingegen nicht in die Kapitalgesellschaft eingebracht.
Der BFH hat entschieden, dass der Miteigentumsanteil zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehört und eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Da nicht alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen in die GmbH eingebracht wurde, war nach Ansicht des BFH der Anwendungsbereich des § 20 UmwStG nicht eröffnet, so dass die stillen Reserven im Besitzunternehmen aufzudecken waren. Der I. Senat wendet eine zeitpunktbezogene Betrachtungsweise an. Nach Ansicht des Verfassers wäre es für die Anwendung des § 20 UmwStG unschädlich gewesen, wenn die Entnahme oder Ausgliederung der funktional wesentlichen Betriebsgrundlage zeitlich vorverlagert worden wäre (Anwendung der zeitraumbezogenen Betrachtung des IV. Senats).
 

5.2.DStR

Grunderwerbsteuerreform im Bereich der "Share Deals" - Beschlüsse der Finanzministerkonferenz, Praxisfolgen, verfassungsrechtliche Probleme
Broemel, Mörwald, DStR 29/2018, S. 1.521
Anmerkung:
Die Finanzministerkonferenz hat am 21.06.2018 einen Beschluss zur Änderung der Grunderwerbsteuer im Bereich der Share Deals gefasst. Die Länderfinanzminister haben sich dabei insbesondere auf folgende Punkte verständig (Quelle: Hessisches Ministerium der Finanzen):
Schaffung eines neuen Ergänzungstatbestands für Kapitalgesellschaften
Nach derzeitiger Rechtslage werden Gesellschafterwechsel an grundbesitzenden Personengesellschaften in Höhe von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfasst. Dabei muss kein Gesellschafter eine bestimmte Beteiligungsschwelle überschreiten. Diese Vorschrift soll auf Anteilseignerwechsel an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften ausgedehnt und die Quote auf 90% herabgesetzt werden. Die Maßnahme hat zum Ziel, Share Deals dadurch zu erschweren, dass ein Altgesellschafter in nennenswertem Umfang beteiligt bleiben muss. Ein kompletter Erwerb durch einen Investor und seinen „mitgebrachten“ Co-Investor ist dann nicht mehr möglich.
Verlängerung der Fristen von 5 auf 10 Jahre
Die derzeitigen Fünfjahresfristen in den Vorschriften des Grunderwerbsteuergesetzes sollen auf zehn Jahre verlängert werden. Bislang wird bspw. Grunderwerbsteuer erhoben, wenn mindestens 95 % der Anteile am Vermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren auf neue Gesellschafter übergehen. Bisher waren bestimmte Share Deals derart ausgestaltet, dass in einem ersten Schritt 94,9 % der Anteile am Vermögen der Personengesellschaft auf einen neuen Gesellschafter übergegangen sind und erst nach Ablauf von fünf Jahren die restlichen 5,1 % auf diesen Gesellschafter übertragen wurden. Nach der Verlängerung sämtlicher Fünfjahresfristen auf 10 Jahre dürfen die restlichen 5,1 % erst nach Ablauf von 10 Jahren auf diesen neuen Gesellschafter übertragen werden. Die Verlängerung der Frist auf 10 Jahre erschwert folglich u. a. solche Gestaltungen. Die Gesellschaften sind zudem innerhalb der Frist an die getroffenen Dispositionen gebunden und damit in ihrem unternehmerischen Handeln eingeschränkt.
Absenkung der 95 %-Grenze auf 90 %
Die relevante Beteiligungshöhe wird bei sämtlichen Ergänzungstatbeständen von mindestens 95 % auf mindestens 90 % der Anteile abgesenkt. Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bleibt der gesamte Grundbesitzwert. Die FMK bittet die Steuerabteilungsleiter der Bundes- und der Länderfinanzministerien, für die beschlossenen Vorschläge kurzfristig Gesetzestexte zu formulieren. Das Bundesfinanzministerium, so die Bitte der FMK, soll diese dann ins Gesetzgebungsverfahren einbringen.

Grunderwerbsteuerrechtliche Verwertungsbefugnis in Miet- und Pachtverträgen
Kahsnitz, DStR 30/2018, S. 1.585
Anmerkung:
Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, § 1 Abs. 2 GrEStG.
Der Verfasser weist darauf hin, dass in erster Linie Gegenstand einer grunderwerbsteuerrechtlichen Verwertungsbefugnis Grundstücke i. S. v. § 2 Abs. 1 GrEStG sind. Über § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG kann auch hinsichtlich Gebäuden auf fremdem Boden eine Verwertungsbefugnis begründet werden. Bei der Erstellung von Miet- und Pachtverträgen sollte daher die Entstehung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Verwertungsbefugnis an Gebäuden auf fremdem Boden durch entsprechende vertragliche Entschädigungsregelungen stets im Blick gehalten werden.

Ausgewählte BFH-Rechtsprechung zur sachenrechtlichen Pro-Kopf- Betrachtung im Hinblick auf RETT-Blocker-Personengesellschaften
Heurung, Ferdinand, Buhrand, DStR 30/2018, S. 1.592
Anmerkung:
Mit Urteil v. 27.09.2017, II R 41/15 hat der BFH entschieden, dass bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, als Anteil i. S. v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 2 GrEStG - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend ist.
Ein Anteilserwerb kann bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i. S. v.  § 1 Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind.
Soweit der BFH im Urteil v. 08.08. 2001, II R 66/98 zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG in der für 1989 geltenden Fassung entschieden hat, dass bei einer Personengesellschaft, die an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist, die gesamthänderische Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft für eine Zurechnung der Anteile an der anderen Gesellschaft maßgeblich sein soll, wird an dieser Rechtsauffassung nicht mehr festgehalten.
Derzeit ist noch offen, wie die Finanzverwaltung auf das Urteil reagiert und ob ggf. für Übertragungen bis zum 06.06.2013 (Einführung von § 1 Abs. 3a GrEStG) Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO gewährt wird.
 

5.3.Der Betrieb

Rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns II nach einer Aufwärtsverschmelzung
Moritz, DB 31/2018, S. 1.829
Anmerkung:
Mit Urteil v. 24.01.2018, I R 48/15 hat der BFH entschieden, dass in der Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft („Verschmelzung zur Aufnahme“, Aufwärtsverschmelzung) eine Veräußerung i. S. d. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG liegt.
Der Verfasser teilt die Ansicht des I. Senats, wonach die Aufwärtsverschmelzung zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns II führt. Da das Vermögen der Tochtergesellschaft als übertragender Rechtsträger im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf die Muttergesellschaft übergehe und im Gegenzug die von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft untergingen, sei es nur konsequent, die Aufwärtsverschmelzung aus Sicht der Muttergesellschaft als tauschähnlichen Vorgang zu betrachten.
 

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