Auswertung Aufsätze 06-2018

1.Verfahrensrecht

1.1.NWB

Satzungsbestimmungen im Gemeinnützigkeitsrecht - Klarheit bedeutet Wahrheit: Das BFH-Urteil v. 15.11.2017 - I R 39/15
Fiand, NWB 24/2018, S. 1.747
Anmerkung:
Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 KStG sind von der Körperschaftsteuer befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach ihrer Satzung oder ihrer sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen.
Nach dem insoweit maßgeblichen § 52 Abs. 1 S. 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel bei einer Zugehörigkeit zu einer Familie oder der Belegschaft eines Unternehmens oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann (§ 52 Abs. 1 S.  2 AO). Nach § 55 Abs. 1 AO erfolgt eine Förderung nur dann selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke - z. B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke - verfolgt werden.
Gem. § 59 AO wird die Steuervergünstigung nur gewährt, wenn sich aus der Satzung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Dazu müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung gegeben sind (§ 60 Abs. 1 S. 1 AO; sog. formelle Satzungsmäßigkeit).
Mit Urteil v. 15.11.2017, I R 39/15 hat der BFH entschieden, dass eine Satzung, nach der der Zweck der Körperschaft darin besteht, „günstige Voraussetzungen für eine positive Entwicklung des Menschen in einer vom gesellschaftlichen Wandel geprägten Welt“ zu schaffen, einen gemeinnützigen Zweck nicht hinreichend bestimmt beschreibt.
Mit Ländererlass v. 23.04.2018 haben die obersten Finanzbehörden der Länder einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht. Das Urteil ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. An der bisherigen typisierenden Betrachtungsweise in R E 13b.13 Abs. 3 ErbStR ist weiterhin festzuhalten. Demnach ist das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs regelmäßig anzunehmen, wenn das Unternehmen mehr als 300 eigene Wohnungen hält.
Die Verfasser raten aufgrund der unklaren Rechtslage dazu, bei sämtlichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit Wohnungsunternehmen im Vorfeld verbindliche Auskünfte einzuholen.

1.2.DStR

Sind Nachzahlungszinsen nun zu hoch oder zu niedrig? – Eine Duplik auf Jonas DStR 2018 S. 545
Melan, DStR 23/2018, S. 1.145
Anmerkung:
Mit Beschluss v. 25.04.2018, IX B 21/18 hat der BFH schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel an der in § 238 Abs. 1 S. 1 AO geregelten Höhe von Nachzahlungszinsen i. H. v. 0,5 Prozent für jeden vollen Monat, jedenfalls ab dem Veranlagungszeitraum 2015, geäußert.
Das Niedrigzinsniveau stellt sich nach Ansicht des BFH für nicht mehr als vorübergehende, volkswirtschaftstypische Erscheinung verbunden mit den typischen zyklischen Zinsschwankungen dar, sondern sei struktureller und nachhaltiger Natur. Eine sachliche Rechtfertigung für die gesetzliche Zinshöhe bestehe bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht. Auf Grund der auf moderner Datenverarbeitungstechnik gestützten Automation in der Steuerverwaltung könnten Erwägungen wie Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung einer Anpassung der seit dem Jahr 1961 unveränderten Zinshöhe an den jeweiligen Marktzinssatz oder an den Basiszinssatz i. S. des § 247 BGB nicht mehr entgegenstehen. Für die Höhe des Zinssatzes fehle es an einer Begründung: Der Sinn und Zweck der Verzinsungspflicht besteht darin, den Nutzungsvorteil wenigstens zum Teil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Nichtentrichtung über eine Geldsumme verfügen kann. Dieses Ziel sei wegen des strukturellen Niedrigzinsniveaus im typischen Fall für den Streitzeitraum nicht erreichbar und trage damit die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe nicht.

 

2.Erbschaft-/Schenkungsteuer

2.1.DStR

Das erbschaftsteuerliche Wohnungsunternehmen – der Paukenschlag des BFH
Von Oertzen, Reich, DStR 23/2018, S. 1.155
Anmerkung:
Für den Erwerb von Betriebsvermögen sieht § 13a i. V. m. § 13b ErbStG unter bestimmten Voraussetzungen Steuerbefreiungen vor. Zum begünstigten Vermögen gehört nach § 13a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 u. Abs. 3 EStG.
Ausgenommen von der Steuerbefreiung des § 13a ErbStG bleibt Betriebsvermögen, wenn es zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 S. 1 ErbStG). Zum Verwaltungsvermögen gehören Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke und Grundstücksteile (§ 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG), also z. B. an Dritte vermietete Wohnungen und Garagen.
Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nach § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Bst. d ErbStG nicht anzunehmen, wenn die überlassenen Grundstücke und Grundstücksteile zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen i. S. d. § 181 Abs. 9 BewG besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) erfordert. Liegen diese Voraussetzungen beim Erwerb von Betriebsvermögen vor, ist trotz der Vermietung von Wohnungen nicht von einem schädlichen Verwaltungsvermögen auszugehen. Das Betriebsvermögen bleibt begünstigtes Vermögen.
Mit Urteil v. 24.10.2017, II R 44/15 hat der BFH entschieden, dass Wohnungen, die eine Wohnungsvermietungsgesellschaft an Dritte zur Nutzung überlässt, nur zum begünstigten Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Bst. d ErbStG gehören, wenn die Gesellschaft neben der Vermietung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Zusatzleistungen erbringt, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten. Auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen kommt es dabei nicht an.

 

3.Umsatzsteuer

3.1.DStR

EuGH bestätigt Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte auch bei Ansässigkeit im Abgangsstaat und formellen Mängeln
Müller, DStR 24/2018, S. 1.201
Anmerkung:
Nach § 25b Abs. 1 UStG liegt ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft nur dann vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
  • drei Unternehmer schließen über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und dieser Gegenstand gelangt unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer,
  • die Unternehmer sind jeweils in verschiedenen Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst,
  • der Liefergegenstand gelangt aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und
  • der Liefergegenstand wird durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer befördert oder versendet.
Bei dem Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts werden grundsätzlich folgende Umsätze ausgeführt:
  • eine innergemeinschaftliche Lieferung des ersten Lieferers in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt,
  • ein innergemeinschaftlicher Erwerb des ersten Abnehmers in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet,
  • ein innergemeinschaftlicher Erwerb des ersten Abnehmers in dem Mitgliedstaat, der dem ersten Abnehmer die von ihm verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat,
  • eine Lieferung des ersten Abnehmers in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.
Der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Abnehmers gilt als besteuert, wenn die Steuer für die Lieferung an den letzten Abnehmer auf diesen übergeht. Der letzte Abnehmer schuldet gemäß § 25b Abs. 2 UStG die Steuer für die an ihn ausgeführte Lieferung, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
  • der Lieferung ist ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorausgegangen,
  • der erste Abnehmer ist in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, nicht ansässig und er verwendet gegenüber dem ersten Lieferer und dem letzten Abnehmer dieselbe Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist als dem, in dem die Beförderung oder Versendung beginnt oder endet,
  • der erste Abnehmer erteilt dem letzten Abnehmer eine Rechnung i. S. des § 14a Abs. 7 UStG, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist,
  • der letzte Abnehmer verwendet eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Mitgliedstaates, in dem die Beförderung oder Versendung endet
Mit Urteil v. 19.04.2018, C-580/16, Rs. Hans Bühler KG hat der EuGH entschieden, dass die Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte auch dann anwendbar ist, wenn der mittlere Unternehmer im Abgangslang ansässig bzw. registriert ist. Es ist nicht maßgebend, dass der erste Abnehmer im Ausgangsmitgliedstaat ansässig ist und auch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dieses Mitgliedstaates besitzt. Zudem weist der EuGH darauf hin, dass es sich bei der Abgabe der Zusammenfassenden Meldung durch den ersten Abnehmer um eine formelle Anforderung handelt, die bei nicht ordnungsgemäßer Einhaltung allein die Nichtanwendbarkeit der Vereinfachungsregelung nicht auslöst.

 

4.Einkommensteuerrecht

4.1.NWB

Kapitalertragsteuer auf fiktive Gewinnausschüttungen von (Berufs-)Verbänden - Anforderungen an eine Einlagenrückgewähr – Welche formalen Fallstricke drohen?
Adrian, Engelsin, NWB 24/2018, S. 1.742
Anmerkung:
§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Bst. b S. 1 i. V. m. S. 4 EStG fingiert eine Ausschüttung des Gewinns sowie verdeckte Gewinnausschüttungen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in den ideellen Bereich eines Berufsverbands. Voraussetzung für die Ausschüttungsfiktion ist entweder, dass
  • der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt und in der Bilanz nicht in eine Rücklage eingestellt wurde, oder dass,
  • bei originärer Gewinnermittlung, die Summe der Umsätze (einschließlich steuerfreier Umsätze mit Ausnahme der Umsätze nach § 4 Nr. 8 - 10 UStG) über 350.000 € im Kalenderjahr oder der Gewinn (zuzüglich verdeckter Gewinnausschüttungen) über 30.000 € im Wirtschaftsjahr liegt.
Sofern im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Verluste entstehen, gelten diese durch den ideellen Bereich als ausgeglichen. Dieser Verlust ist als Zuführung zum steuerlichen Einlagekonto zu erklären, um später bei erneuten Gewinnen keine „doppelte“ Belastung mit Kapitalertragsteuer zu verursachen. Voraussetzung für eine spätere Einlagenrückgewähr ist, dass sie nach amtlich vorgeschriebenem Muster bescheinigt wird, § 27 Abs. 3 KStG. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist es dabei notwendig, dass die Bescheinigung bei Abgabe der Steuererklärung erfasst und vorgelegt werden muss. Ist dies nicht der Fall, gilt die Einlagenrückgewähr als mit 0 € bescheinigt; eine nachträgliche Korrektur oder erstmalige Bescheinigung ist nicht zulässig. Die Verfasser kritisieren die Auffassung der Finanzverwaltung, da dies zu Verwerfungen führen würde.

Abzugsfähigkeit von Verlusten bei steuerfreier Tätigkeit als Übungsleiter - Anmerkung zum BFH-Urteil v. 20.12.2017 - III R 23/15
Heck, Leinenbach, NWB 25/2018, S. 1.810
Anmerkung:
Nach § 3 Nr. 26 S. 1 EStG sind (u. a.) Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit als Übungsleiter im Dienst oder im Auftrag einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger Zwecke bis zur Höhe von insgesamt 2.400 € steuerfrei. Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen, § 3 Nr. 26 S. 2 EStG.
Im Streitfall des BFH-Urteil v. 20.12.2017, II R 23/15 erzielte die Klägerin nach § 3 Nr. 26 S. 1 EStG steuerfreie Einnahmen aus einer Tätigkeit als Übungsleiterin i. H. v. 1.200 €, denen Ausgaben i. H. v. rd. 4.000 € gegenüberstanden. FA und FG verweigerten eine Verlustberücksichtigung, da die Grundregel des § 3c Abs. 1 EStG einen vollständigen Ausschluss des Betriebsausgabenabzugs bewirke.
Der BFH hat hingegen entschieden, dass ein Sporttrainer, der mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig ist und steuerfreie Einnahmen unterhalb des sog. Übungsleiterfreibetrags nach § 3 Nr. 26 EStG erzielt, die damit zusammenhängenden Aufwendungen insoweit abziehen kann, als sie die Einnahmen übersteigen.

Einkünfte X.0: Blogger, Influencer, YouTuber & Co. - Steuerliche Aspekte des Social-Media-Bereichs
Homuth, NWB 26/2018, S. 1.891
Anmerkung:
Grundsätzlich erzielen Blogger & Co. Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, da eine selbständige, nachhaltige Betätigung, mit der Absicht Gewinn zu erzielen ausgeübt wird, § 15 Abs. 2 EStG. In Ausnahmefällen kommen auch freiberufliche Einkünfte gem. § 18 EStG in Betracht. Dies könnte bei einer künstlerischen oder schriftstellerischen Tätigkeit vorliegen. Nach der BFH-Rechtsprechung kann die Tätigkeit eines Künstlers im Bereich der Werbung künstlerisch sein, wenn sie als eigenschöpferische Leistung zu bewerten ist. Eine schriftstellerische Tätigkeit liegt vor, wenn der Steuerpflichtige seine eigenen Gedanken für die Öffentlichkeit zum Ausdruck bringt; hierunter fallen insbesondere Schriftwerke und Reden i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG.
Umsatzsteuerlich sind Blogger und YouTuber Unternehmen, wenn gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig und nachhaltig mit Einnahmenerzielungsabsicht ausgeübt wird, § 2 Abs. 1 UStG. Erhält ein Influencer als Entgelt für seine Tätigkeit die präsentierte Ware, kommt es zu einem Tausch bzw. zu einem tauschähnlichen Umsatz (§ 3 Abs. 12 S.  2 UStG). Werbeeinnahmen der YouTuber sind im Inland nicht umsatzsteuerbar, da sich der Ort der sonstigen Leistung gem. § 3a Abs. 2 UStG im Ausland befindet.
Bei Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit ist eine Gewerbeanmeldung erforderlich. Da sich das Berufsbild der Blogger üblicherweise aus vielen der o. g. Tätigkeiten zusammensetzt, sind sie nach Auffassung des Verfassers als Künstler einzustufen, so dass die an sie in Geld oder Geldeswert geleisteten Honorare der Künstlersozialabgabe unterliegen.

Zur Anwendung von § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG auf den Erwerb einer Rückdeckungsversicherung - Anmerkung zum BFH-Urteil v. 12.12.2017 - VIII R 9/14
Steinhauff, NWB 27/2018, S. 1.960
Anmerkung:
Ermittelt der Steuerpflichtige seine Einkünfte nach § 4 Abs. 3 EStG, so werden die Ausgaben, die mit dem Erwerb von Umlaufvermögen verbunden sind, grundsätzlich im Jahr der Verausgabung gewinnwirksam, § 11 Abs. 2 EStG. Allerdings normiert § 4 Abs. 3 S. 4 EStG Ausnahmen hierzu. Nach dieser Vorschrift sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Mit Urteil v. 12.12.2017, VIII R 9/14 hat der BFH entschieden, dass ein Rückdeckungsanspruch eine Forderung gegen den Versicherer darstellt, die zum Umlaufvermögen gehört.
Die Anschaffung eines Rückdeckungsanspruchs ist regelmäßig keine von § 4 Abs. 3 S. 4 EStG erfasste Anschaffung von Wertpapieren und vergleichbaren, nicht verbrieften Forderungen und Rechten des Umlaufvermögens.
§ 4 Abs. 3 S. 4 EStG erfasst nach seinem Sinn und Zweck lediglich Wertpapiergeschäfte, die auf kurzfristige Umschichtungen angelegt sind und mit denen der Steuerpflichtige sich die leichte Handelbarkeit eines Wertpapiers zur Erreichung eines Steuerstundungseffektes zu Nutze macht. Dies sei bei dem Erwerb des Rückdeckungsanspruchs nicht der Fall. Daher war der vom Kläger geleistete Beitrag im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 3 S. 1 EStG, § 11 Abs. 2 EStG).
Der Verfasser vertritt die Auffassung, dass die einschränkende Auslegung des § 4 Abs. 3 S, 4 EStG auch für vergleichbare Fallgruppen anzuwenden sein wird. Allerdings werde nicht allein das Überschreiten des kurzfristigen Zeitrahmens von zwölf Monaten maßgebend sein. Vielmehr stelle der BFH mit der nur regelmäßig anerkannten Ausnahme zusätzlich auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ab.

4.2.DStR

Einkommensteuerliche Behandlung von direkten und indirekten Investments in Kryptowährungen
Krauß, Blöchle, DStR 24/2018, S. 1.210
Anmerkung:
Bei der Kryptowährung Bitcoin handelt es sich um eine unregulierte und von staatlichen Institutionen und Kreditinstituten unabhängige „Ersatzwährung“, die starken Kursschwankungen unterliegt.
Der Gewinn (oder) Verlust aus der Veräußerung von Bitcoins und sonstigen Kryptowährungen im Privatvermögen führt zu sonstigen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften, sofern Erwerb und Veräußerung der Bitcoins innerhalb eines Jahres stattfand (§ 22 Nr. 2 EStG i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Bereits der Umtausch von einer Kryptowährung (z. B. Bitcoin) in eine andere Kryptowährung (z. Iota) unterliegt der Besteuerung. Gleiches gilt für den Einsatz einer Kryptowährung als Zahlungsmittel für eine Sache oder eine Dienstleistung. Insoweit handelt es sich um einen steuerrelevanten Tausch. Die Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns kann sich als schwierig erweisen, wenn eine Kryptowährung in mehreren Tranchen erworben wurde. Hierbei ergibt sich ein sog. Reihenfolgenproblem. Nach der herrschenden, wenn auch nicht unumstrittenen Meinung, findet das FiFo-Verfahren (First in first out) Anwendung, wonach die zu erst angeschafften Coins als zu erst veräußert gelten. Alternativ käme die vom BFH präferierte Durchschnittsmethode in Betracht.
Blockchain Center der Frankfurt School of Finance and Management schätzt die zusätzlichen Steuereinnahmen für das Steuerjahr 2017 aufgrund von Kryptowährungstransaktionen auf 726 Mio. €.

 

5.Bilanzsteuerrecht

5.1.NWB

Einlage wertgeminderter Gesellschafterdarlehen und Anteile i. S. des § 17 EStG -Bewertung des BFH-Urteils v. 29.11.2017 - X R 8/16 und Auswirkungen auf die Praxis
Dorn, NWB 26/2018, S. 1.882
Anmerkung:
Einlagen sind grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten, den das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt seiner Zuführung zum Betriebsvermögen hat (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 1 EStG). Der Einlagewert ist jedoch auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts zu begrenzen, wenn es sich um einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft handelt, an der der Steuerpflichtige i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG beteiligt ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 2 Bst. b EStG). Nach ihrem Wortlaut erfasst die letztgenannte Regelung nur Fälle, in denen der Teilwert oberhalb der Anschaffungskosten liegt. Indes ist die Einlage einer von § 17 EStG erfassten Beteiligung, deren Teilwert unterhalb der Anschaffungskosten liegt, nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung ebenfalls mit den Anschaffungskosten zu bewerten, weil die gesetzliche Regelung insoweit eine planwidrige und deshalb ausfüllungsbedürftige Lücke enthält. Es ist konsequent, nicht nur bei eingetretenen Wertsteigerungen die Steuerverstrickung zu erhalten (dazu dient die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 2 Bst. b EStG), sondern auch bei eingetretenen Wertminderungen im Wege der teleologischen Extension des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 2 Bst. b EStG die Möglichkeit zu eröffnen, diese dem steuerverstrickten Privatvermögen zuzuordnende Wertminderung auch nach der Einlage der Beteiligung in das Betriebsvermögen einkunftsartenübergreifend geltend machen zu können.
Mit Urteil v. 29.11.2017, Y R 8/16 hat der BFH entschieden, dass die Einlage einer Beteiligung, deren Wert unter die Anschaffungskosten gesunken ist, mit den Anschaffungskosten zu bewerten ist. Die Grundsätze zur Bewertung der Einlage wertgeminderter Beteiligungen i. S. d. § 17 EStG in ein Betriebsvermögen sind entsprechend auf die Bewertung der Einlage solcher wertgeminderter Forderungen aus Gesellschafterdarlehen anzuwenden, deren Ausfall sich im Falle der weiteren Zugehörigkeit der Forderung und der korrespondierenden Beteiligung zum Privatvermögen bei der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG einkommensteuerrechtlich ausgewirkt hätte. Der Ausschluss der Teilwertabschreibung für eingelegte wertgeminderte Beteiligungen gilt für eingelegte wertgeminderte Forderungen entsprechend.
Zu beachten ist, dass nach der neuen BFH-Rechtsprechung der endgültige Ausfall von Gesellschafter-Darlehen im Privatvermögen zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust i. S. des § 20 Abs. 2 EStG führt (Urteil v. 24.10.2017 - VIII R 13/15). Die Bewertung der Einlage einer solchen Forderung richtet sich folglich als Wirtschaftsgut i. S. des § 20 Abs. 2 EStG nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. c EStG. Die Bewertung erfolgt daher mit den Anschaffungskosten und nicht mit dem Teilwert. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH zur Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Bst. b EStG sollte diese Vorschrift nach Auffassung der Verfasserin auch bei Einlage wertgeminderter Forderungen gelten.

 

6.Sonstiges

6.1.DStR

Erfordernis der Mitunternehmerstellung bei Umstrukturierungen
Bohn, DStR 25/2018, S. 1.265
Anmerkung:
Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ist, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder - in Ausnahmefällen - eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat, Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfaltet sowie die Absicht zur Gewinnerzielung hat.
In der Gestaltungspraxis ist fraglich, ob bei Umstrukturierungen – insbesondere im Kontext von Kettenumstrukturierungen – die erforderliche Mitunternehmerstellung erworben wird.
Der IV. Senat des BFH hatte in zwei Entscheidungen zur Realteilung über die Mitunternehmerstellung bei einem sog. Durchgangserwerb zu befinden. In beiden Fällen wurden in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Realteilung Mitunternehmeranteile nach § 24 UmwStG zu Buchwerten in eine Holding-Personengesellschaft eingebracht, um die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Realteilung zu schaffen. Nach Ansicht des BFH kann dahinstehen, ob der Erwerb der Mitunternehmerstellung überhaupt von einer zeitlichen Komponente abhängt oder ob bereits jeder Durchgangserwerb ausreicht. Denn wenn ein Mitunternehmeranteil zum Buchwert in eine Personengesellschaft eingebracht wird, ergibt sich die Mitunternehmerstellung der Zielgesellschaft schon aus deren Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden (§ 24 Abs. 4 Hs. 1, § 22 Abs. 1, § 12 Abs. 3 S. 1 UmwStG).  
In einem weiteren Urteil (BFH v. 22.06.2017, IV R 42/13) musste der BFH die Mitunternehmerstellung des Klägers in einem Fall prüfen, in dem der Kläger einen Mitunternehmeranteil erwarb, um ihn kurze Zeit später weiterzuveräußern. Hier entschied der BFH, das Mitunternehmer auch sein kann, wer einen Anteil an einer Personengesellschaft erwirbt, um ihn kurze Zeit später weiterzuveräußern. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) liegt nicht vor, wenn eine Veräußerungskette gewählt wird, um den Veräußerungsgewinn unter die Tonnagesteuer (§ 5a EStG) fallen zu lassen, und der Mitunternehmeranteil wirtschaftlich betrachtet lediglich vermittelt wurde. Entscheidend ist lediglich, ob – wenn auch kurzfristig – die für eine Mitunternehmerstellung prägenden Merkmale des Mitunternehmerrisikos und der -initiative gegeben sind, wobei für Letzteres die Möglichkeit der Inanspruchnahme ausreicht.

Schenkungsteuer und vGA: Alles geklärt nach den BFH-Urteilen v. 13.9.2017 und den gleichlautenden Erlassen v. 20.04.2018?
Kotzenberg, Lorenz, DStR 26/2018, S. 1.321
Anmerkung:
Mit drei Urteilen v. 13.09.2017 (II R 54/15, II R 32/16 u. II R 42/16) hat der BFH entschieden, dass eine Schenkung der GmbH an eine nahestehende Person vorliegt, wenn eine GmbH unter Mitwirkung des Gesellschafters einen überhöhten Mietzins oder Kaufpreis an eine dem Gesellschafter nahestehende Person zahlt.
In den Streitfällen II R 54/15 und II R 32/16 hatten die Kläger Grundstücke an eine GmbH vermietet. Sie waren jeweils die Ehegatten der Gesellschafter der GmbH. Die Gesellschafter hatten die Verträge mit unterschrieben oder als Gesellschafter-Geschäftsführer abgeschlossen. Im Streitfall II R 42/16 veräußerte der Kläger Aktien an eine GmbH. Er war der Bruder des Gesellschafters, der den Kaufpreis bestimmt hatte. Die bei den GmbHs durchgeführten Außenprüfungen ergaben, dass Mietzins und Kaufpreis überhöht waren und insoweit ertragsteuerrechtlich verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbHs an ihre Gesellschafter vorlagen. Die Finanzämter sahen die überhöhten Zahlungen zudem schenkungsteuerrechtlich als gemischte freigebige Zuwendungen der GmbHs an die nahestehenden Personen an und besteuerten diese nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Der BFH ist dem aufgrund einer geänderten Beurteilung nicht gefolgt. Die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist danach keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. Die Mitwirkung des Gesellschafters kann darin bestehen, dass er den Vertrag zwischen GmbH und nahestehender Person als Gesellschafter-Geschäftsführer abschließt, als Gesellschafter mit unterzeichnet, dem Geschäftsführer eine Anweisung zum Vertragsabschluss erteilt, in sonstiger Weise auf den Vertragsabschluss hinwirkt oder diesem zustimmt.  Grund für die Zahlung des überhöhten Mietzinses oder Kaufpreises durch die GmbH an den Ehegatten oder Bruder ist in einem solchen Fall das bestehende Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und ihrem Gesellschafter. Dies gilt auch, wenn mehrere Gesellschafter an der GmbH beteiligt sind und zumindest einer bei der Vereinbarung zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat. Ist ein Gesellschafter über eine Muttergesellschaft an der GmbH beteiligt, gelten die Rechtsgrundsätze entsprechend, wenn er an dem Vertragsabschluss zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat. In diesen Fällen kann jedoch der Gesellschafter selbst Schenker i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein. Ob tatsächlich eine Schenkung zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person vorliegt, hängt von der Ausgestaltung der zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehung ab. Hier sind verschiedene Gestaltungen denkbar (z. B. Schenkungsabrede, Darlehen, Kaufvertrag). Hierüber hatte der BFH in den Streitfällen nicht abschließend zu entscheiden.
Die Urteile wurden zwischenzeitlich von der Finanzverwaltung im BStBl. II veröffentlicht. Außerdem hat die Finanzverwaltung durch Überarbeitung der gleichlautenden Ländererlasse v. 14.03.2012 sowie Veröffentlichung der gleichlautenden Erlasse v. 20.04.2018 auf die Rechtsprechung reagiert. Die Verfasser kritisieren, dass die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass regelmäßig eine freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 NR. 1 ErbStG zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person vorliegt und nur ausnahmsweise eine solche Zuwendung zu verneinen sein soll.
 

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