Rechtsprechung KW 11-2018

 

1.Rechtsprechung

1.1.Verfahrensrecht

Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO i. V. m. § 147a AO
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die gesetzlichen Grundlagen für eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO i. V. m. § 147a AO sowohl formell als auch materiell verfassungsgemäß sind.
Bei der Berechnung des Schwellenwertes des § 147a Abs. 1 Satz 1 AO sind Kapitaleinkünfte, die aufgrund eines Antrags auf Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG der tariflichen Besteuerung unterliegen, mit einzubeziehen. Der Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten ist gemäß § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen.
Bei der Berechnung des Schwellenwertes des § 147a Abs. 1 Satz 1 AO ist zwar ein horizontaler Verlustausgleich innerhalb derselben Einkunftsart möglich, jedoch sind weder Verlustvorträge noch Verlustrückträge aus anderen Jahren noch vertikale Verlustverrechnungen mit anderen Einkunftsarten zu berücksichtigen.
Der Steuerpflichtige kann sich nicht aufgrund seines hohen Alters auf eine Unzulässigkeit der Außenprüfung berufen.
Die Änderung bzw. Erweiterung eines Antrags auf AdV im Beschwerdeverfahren ist unzulässig, wenn dies zu einer wesentlichen Veränderung des Streitgegenstands führt.
BFH  v. 11.01.2018, VIII B 67/17
Hinweis:
Nach § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung zulässig bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, die freiberuflich tätig sind und bei Steuerpflichtigen i. S. des § 147a AO. Bei Letzteren handelt es sich um Steuerpflichtige, bei denen die Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 7 EStG (Überschusseinkünfte) mehr als 500.000 € im Kalenderjahr beträgt (§ 147a Abs. 1 S. 1 AO). Im Falle der Zusammenveranlagung sind für die Feststellung des Überschreitens des Betrags von 500.000 € die Summe der positiven Einkünfte eines jeden Ehegatten oder Lebenspartners maßgebend (§ 147a Abs. 1 S. 2 AO).
Der Beschwerdeführer erzielte im Streitjahr u. a. erhebliche Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er stellte einen Antrag auf Günstigerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG. Das FA legte bei der Einkommensteuerfestsetzung für die Kapitaleinkünfte die tarifliche ESt zugrunde, da dies zu einer geringeren Steuer führte. Das FA ordnete unter Verweis auf § 193 Abs. 1 AO eine Prüfungsanordnung an. In dem Anschreiben zur Prüfungsanordnung verwies das FA darauf, dass sich die Summe der positiven Einkünfte des Beschwerdeführers gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 7 EStG auf mehr als 500.000 EUR belaufen habe, so dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO i. V. m. § 147a AO erfüllt seien. Der Beschwerdeführer machte geltend, dass der in § 147a AO vorgesehene Schwellenwert von 500.000 EUR der Summe der positiven (Überschuss-)Einkünfte nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 7 EStG nicht überschritten worden sei. Die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG seien bei der Ermittlung des Schwellenwertes nach § 147a AO nicht zu berücksichtigen.
 
Der BFH hat entschieden, dass bei der Berechnung des Schwellenwerts des § 147a Abs. 1 S. 1 EStG Kapitaleinkünfte, die aufgrund des Antrags auf Günsterprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG der tariflichen Steuer unterliegen sind, miteinzubeziehen sind.
Der Antrag auf Günstigerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG führt nach der BFH-Rechtsprechung dazu, dass die der Abgeltungsteuer unterliegenden positiven Kapitaleinkünfte unter Verdrängung des § 32d Abs. 1, 3 und 4 EStG zu Einkünften i. S. d. § 2 Abs. 2 bis 5 EStG werden, die dem Tarif des § 32a EStG unterliegen. Sie sind danach in die Berechnung des Schwellenwertes des § 147a Abs. 1 S. 1 AO mit einzubeziehen. Der Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten ist gem. § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen. Bei der Berechnung des Schwellenwertes des § 147a Abs. 1 S. 1 AO ist zwar ein horizontaler Verlustausgleich innerhalb derselben Einkunftsart möglich. Jedoch sind weder Verlustvorträge noch Verlustrückträge aus anderen Jahren noch vertikale Verlustverrechnungen mit anderen Einkunftsarten zu berücksichtigen.
Ein Steuerpflichtiger kann sich nicht aufgrund seines hohen Alters auf eine Unzulässigkeit der Außenprüfung berufen. Andernfalls würde die Gewährleistung des in § 85 AO normierten verfassungsrechtlichen Gebots der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 GG, s. u.) beeinträchtigt.

1.2.Einkommensteuer

Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs; Schätzung des Bruttolistenpreises bei einem Importfahrzeug
Ist die private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs nach der 1 %-Regelung zu bewerten, ist der inländische Bruttolistenpreis zu schätzen, wenn das Fahrzeug ein Importfahrzeug ist und weder ein inländischer Bruttolistenpreis vorhanden ist noch eine Vergleichbarkeit mit einem bau- und typengleichen inländischen Fahrzeug besteht.
Der inländische Bruttolistenpreis ist jedenfalls dann nicht zu hoch geschätzt, wenn die Schätzung sich an den typischen Bruttoabgabepreisen orientiert, die Importfahrzeughändler, welche das betreffende Fahrzeug selbst importieren, von ihren Endkunden verlangen.
BFH  v. 09.11.2017, III R 20/16
Hinweis:
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen.
Im Betriebsvermögen des Klägers befand sich ein Fahrzeug der Marke Ford Mustang Shelby GT 500 Coupé. Der Kläger erwarb das Fahrzeug zu einem Bruttolistenpreis von 78.900 € von einem Autohaus. Das Autohaus hatte seinerseits das Fahrzeug zum Bruttopreis von 75.999 € erworben. Die private Nutzung des Fahrzeugs ermittelte der Kläger mittels der 1 %-Regelung. Als Bemessungsgrundlage zog er mangels inländischen Listenpreises den amerikanischen Listenpreis i. H. v. umgerechnet 53.977 € heran. Im Rahmen einer durchgefühten Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass als Bemessungsgrundlage die tatsächlichen Anschaffungskosten des Fahrzeugs i. H. v. 78.900 € heranzuziehen sind. Dem folgete das FA.
Der BFH hat entschieden, dass der inländische Bruttolistenpreis eines Importfahrzeugs zu schätzen ist. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn der Preis zugrunde gelegt wird, den die Importfahrzeughändler von ihren Kunden verlangen.
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG stellt zur Bewertung der privaten Nutzungsentnahme nicht auf die tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeugs, sondern auf den Listenpreis ab. Unter dem inländischen Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung ist die an diesem Stichtag maßgebliche Preisempfehlung des Herstellers zu verstehen, die für den Endverkauf des tatsächlich genutzten Fahrzeugmodells auf dem inländischen Neuwagenmarkt gilt. Zu Recht ist das FG dabei davon ausgegangen, dass nicht der ausländische Listenpreis anstelle des inländischen Listenpreises angesetzt werden kann. Denn der ausländische Listenpreis spiegelt nicht die Preisempfehlung des Herstellers wider, die für den Endverkauf des tatsächlich genutzten Fahrzeugmodells auf dem inländischen Neuwagenmarkt gilt. Er berücksichtigt insbesondere nicht die für den Endverkauf im Inland notwendigen Kosten für die Bereitstellung des Fahrzeugs auf dem deutschen Markt (z.B. Importkosten, Einfuhrabgaben, Zölle), für die aufgrund inländischer Zulassungsvorschriften notwendigen technischen Umrüstungen (z. B. Werkstatt-, Gutachten-, Zulassungskosten) und für ausstattungsbedingte Nach- oder Umrüstungen, die das Fahrzeug an die inlandstypischen Anforderungen der Kunden anpassen (z. B. Garantie, Bedienoberflächen in deutscher Sprache, vorsorgender Rostschutz). Der inländische Bruttolistenpreis ist nicht zu hoch geschätzt, wenn die Schätzung sich an den typischen Bruttoabgabepreisen orientiert, die Importfahrzeughändler, welche das betreffende Fahrzeug selbst importieren, von ihren Endkunden verlangen.
Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines minderjährigen Kindes
Der Übertragung des BEA-Freibetrags nach § 32 Abs. 6 Satz 8 EStG auf den anderen Elternteil kann nach § 32 Abs. 6 Satz 9 Alternative 2 EStG der Elternteil, bei dem das minderjährige Kind nicht gemeldet ist, regelmäßig erfolgreich widersprechen, wenn er das Kind nach einem - üblicherweise für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegten - weitgehend gleichmäßigen Betreuungsrhythmus tatsächlich in der vereinbarten Abfolge mit einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % betreut.
BFH  v. 08.11.2017, III R 2/16
Hinweis:
Nach § 32 Abs. 6 S. 8 EStG wird bei minderjährigen Kindern der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende BEA-Freibetrag auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 S. 1 EStG nicht vorliegen. Nach § 32 Abs. 6 S. 9 EStG scheidet eine Übertragung aus, wenn dieser widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.
Die Klägerin ist Mutter von zwei minderjährigen Söhnen, die in ihrem Haushalt in Deutschland leben und dort gemeldet sind. Die Klägerin ist vom Kindsvater geschieden. In ihrer Einkommensteuererklärung beantragte die Klägerin für ihre beiden Söhne den Abzug des doppelten Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag). Dem entsprach das FA. Aufgrund eines behördeninternen Datenabgleichs erfuhr das FA, dass der Kindsvater im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung der Nichtgewährung des auf ihn entfallenden BEA-Freibetrags widersprochen und das Wohnsitz-FA seinem Einspruch abgeholfen hatte. Daher änderte das FA den Einkommensteuerbescheid der Klägerin gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und zog für die Kinder nur noch den einfachen BEA-Freibetrag ab.
Der BFH hat entschieden, dass der Kindsvater der Übertragung des BEA-Freibetrags widersprechen konnte, da er die Kinder mit einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % betreute.
Das Merkmal der regelmäßigen Betreuung in einem nicht unwesentlichen Umfang i. S. d. § 32 Abs. 6 S. 9 Alt. 2 EStG ist im Gesetz nicht näher erläutert. Nach Auffassung des Senats kann das Merkmal einer regelmäßigen Betreuung insbesondere dann als erfüllt angesehen werden, wenn sich ein minderjähriges Kind entsprechend eines - üblicherweise für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegten - weitgehend gleichmäßigen Betreuungsrhythmus tatsächlich in der vereinbarten Abfolge bei dem Elternteil, bei dem es nicht gemeldet ist, aufhält. Aus Gründen der Vereinfachung hat der Senat dabei grundsätzlich keine Bedenken, bei einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % im Regelfall das Merkmal einer Betreuung in einem „nicht unwesentlichen Umfang“ als erfüllt anzusehen.
Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 Abs. 1 und 2 EStG) - Erwerb eigener Anteile durch die GmbH - Rechtslage nach BilMoG - Steuerliche Auswirkungen der Einfügung des § 272 Abs. 1a und 1b HGB durch das BilMoG auf der Ebene des Gesellschafters - Thesaurierter Gewinn als preisbildender Bestandteil des veräußerten Geschäftsanteils - Bildung einer Rücklage zum Erwerb eigener Anteile
Auf der Ebene des veräußernden Gesellschafters stellt der entgeltliche Erwerb eigener Anteile durch die GmbH ein Veräußerungsgeschäft i. S. des § 17 Abs. 1 EStG dar (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 27. November 2013, BStBl. I 2013, 1615, Rz 20 Satz 1).
Die rein gesellschaftsintern wirkende Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters.
BFH v. 06.12.2017, IX R 7/17
Hinweis:
Nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG gehört unter den dort genannten Voraussetzungen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft.
Die Klägerin erzielte u. a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Veräußerung von in ihrem Privatvermögen befindlichen Anteilen an der Z-GmbH. Die Klägerin war an der GmbH zunächst zu 50 % und nach Erwerb der verbleibenden Anteile zum Nominalwert zu 100 % beteiligt. Die GmbH gleiderte einen Betrag i. H.v. 101.589,40 € aus der freien Gewinnrücklage in eine zweckgebunde Rücklage zum Erwerb eigener Anteile durch die GmbH um. Im Streitjahr veräußerte die Klägerin zum einen an Frau D und zum anderen an die GmbH zum Kaufpreis von jeweils 96.000 €. In der Einkommensteuererklärung wurde der Veräußerungsgewinn durch Gegenüberstellung von Veräußerungserlös und Anschaffungskosten ermittelt und nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens der Besteuerung unterworfen. Das FA folgte der Einkommensteuererklärung. Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein und machte geltend, dass der Erwerb eigener Anteile nicht der Besteuerung unterliege.
Der BFH hat entschieden, dass auf Ebene des veräußernden Gesellschafters der entgeltliche Erwerb eigener Anteile durch die GmbH ein Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG darstellt.
Die auf der Ebene der Gesellschaft anknüpfenden handelsrechtlichen Änderungen durch das BilMoG beinhalten keine Neuregelung hinsichtlich der hier allein in Rede stehenden Gesellschafterebene. Ob der Erwerb eigener Anteile auf der Gesellschaftsebene entsprechend der durch das BilMoG geänderten handelsrechtlichen Vorschriften (Einfügung des § 272 Abs. 1a u. 1b HGB) steuerrechtlich nicht mehr als Erwerbsvorgang anzusehen, sondern nunmehr als "Teilliquidation" und daher "wie" eine Kapitalherabsetzung zu behandeln ist, konnte nach Ansicht des BFH im Streitfall mangels Erheblichkeit für die Entscheidung offenbleiben. Denn die Trennung der Gesellschafts- von der Gesellschafterebene und das Fehlen eines steuergesetzlichen Korrespondenzprinzips zwischen beiden Ebenen für den Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft gebe keine mit der steuerrechtlichen Behandlung bei der Gesellschaft korrespondierende oder spiegelbildliche Behandlung auf der Gesellschafterebene vor. Die von der GmbH zum Erwerb eigener Anteile gebildete zweckgebundene Rücklage mindert nicht den Veräußerungsgewinn. Die rein gesellschaftsintern wirkende Umgliederung einer Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters, da dieser Vorgang die Stellung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft nicht berührt.
Abzug nachträglicher Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung des Vermietungsobjekts - Reichweite der Surrogationsbetrachtung und Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung - Verwendung von Darlehensmitteln - Anforderungen an eine Reinvestitionsabsicht
Die nicht durch eine tatsächliche Verwendung begründete (angebliche) Reinvestitionsabsicht des Veräußerungserlöses in ein noch zu erwerbendes Vermietungsobjekt reicht nicht aus, um der Surrogationsbetrachtung zu genügen und den notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu begründen.
BFH v. 06.12.2017, IX R 4/17
Hinweis:
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 S. 1 EStG).
Die Klägerin war Eigentümerin von zwei bebauten Grundstücken (Objekt A und Objekt B) und erzielte daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin veräußerte das Objekt A innerhalb der Spekulationsfrist. Eine Tilgung der zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen erfolgte zunächst nicht. In den Streitjahren machte die Klägerin für das Objekt B auch die Schuldzinsen aus den Finanzierungsdarlehen des Objekts A als Schuldzinsen geltend. Das FA berücksichtigte die Schuldzinsen nur zum Teil, soweit ein Finanzierungszusammenhang mit dem Objekt B bestand. Im Einspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, dass der Erlös aus der Veräußerung des Objekts A nicht zur sofortigen Ablösung der für dessen Anschaffung aufgenommenen Darlehen verwandt worden sei, um ihn für die Finanzierung neu anzuschaffender Objekte einsetzen zu können. Unter Berücksichtigung der günstigen Kreditkonditionen und der ersparten Vorfälligkeitsentschädigungen sei dies günstiger gewesen, als die vorhandenen Darlehen vorzeitig abzulösen und später neue Darlehen aufzunehmen.
Der BFH hat entschieden, dass ein Schuldzinsenabzug mangels Finanzierungszusammenhangs nicht in Betracht kommt.
Ein einmal begründeter und zwischenzeitlich auch nicht aus anderen Gründen weggefallener wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit Einkünften i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG entfällt nicht allein deshalb, weil die mit den Darlehensmitteln angeschaffte Immobilie veräußert wird. Vielmehr setzt sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus der Vermietung - unabhängig von der Veräußerung und mithin auch unabhängig von der Frage ihrer Steuerbarkeit - am Veräußerungspreis fort (sog. Surrogationsbetrachtung). Daher sind nachträgliche Schuldzinsen, die auf ein solches Darlehen entfallen, grundsätzlich auch nach einer - ggf. gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG steuerbaren - Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ist daher maßgeblich, was mit dem Veräußerungspreis geschieht. Schafft der Steuerpflichtige damit eine neue Einkunftsquelle - etwa ein zur Vermietung bestimmtes Immobilienobjekt - an, besteht der Zusammenhang (ggf. anteilig in Höhe des verwendeten Erlöses) am neuen Objekt fort. Wird kein neues Objekt und auch keine anderweitige Einkunftsquelle angeschafft, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen.

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