Rechtsprechung KW 09-2018

 

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Erbschaftsteuerrechtlich begünstigtes Vermögen bei einer Wohnungsvermietungsgesellschaft
Wohnungen, die eine Wohnungsvermietungsgesellschaft an Dritte zur Nutzung überlässt, gehören nur zum begünstigten Vermögen i. S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG 2009, wenn die Gesellschaft neben der Vermietung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Zusatzleistungen erbringt, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten. Auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen kommt es dabei nicht an.
BFH  v. 24.10.2017, II R 44/15
Hinweis:
Gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 1 ErbStG gehören u. a. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke zum Verwaltungsvermögen. Dies gilt gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Bst. d ErbStG nicht, wenn die überlassenen Grundstücke zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen i. S. d. § 181 Abs. 9 BewG besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetreib (§ 14 AO) erfordert.
Der Kläger ist befreiter Vorerbe seines verstorbenen Vaters. Zum Nachlassvermögen gehörte u. a. ein Kommanditanteil an der D-KG. Gegenstand der D-KG war die Verwaltung der in ihrem Eigentum stehenden fünf Mietwohngrundstücke mit insgesamt 37 Wohnungen und 19 Garagen. Das FA gewährte für den Erwerb des Anteils an der D-KG keine Steuerbefreiung nach § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Bst. d ErbStG a.F., weil zur Vermietung der Wohnungen kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erforderlich gewesen sei.
Der BFH hat entschieden, dass die Mietwohnunggrundstücke nicht zum erbschaftsteuerlich begünstigten Vermögen gehören, da der Kläger mit der reinen Wohnungsvermietung keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten habe.
Der für die Annahme begünstigten Vermögens nach § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Bst. d ErbStG a.F. erforderliche wirtschaftliche Geschäftsbetrieb liegt vor, wenn die Gesellschaft neben der Überlassung der Wohnungen Zusatzleistungen erbringt, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten und der Vermietungstätigkeit einen originär gewerblichen Charakter i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG verleihen. Es genügt nicht, dass sich die Wohnungen im Betriebsvermögen der Gesellschaft befinden. Aus der gesetzlichen Definition ergibt sich, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb in der Regel durch die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG begründet wird. Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG, die keine originär gewerbliche Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ausübt, sondern lediglich vermögensverwaltend tätig ist, unterhält keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. d. § 14 S. 1 AO, auch wenn sie ertragsteuerrechtlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und buchführungspflichtig ist. Für die im Rahmen des § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Bst. d ErbStG a.F. vorzunehmende Prüfung, ob die Vermietung von Wohnungen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert, sind die ertragsteuerrechtlich maßgebenden Abgrenzungskriterien zur Einstufung einer Vermietungstätigkeit als private Vermögensverwaltung oder als gewerbliche Tätigkeit heranzuziehen. Von einer gewerblichen Vermietungstätigkeit ist auszugehen, wenn der Vermieter bestimmte ins Gewicht fallende, bei der Vermietung von Räumen nicht übliche Sonderleistungen - wie z. B. die Übernahme der Reinigung der vermieteten Wohnungen oder der Bewachung des Gebäudes - erbringt oder wegen eines besonders schnellen, sich aus der Natur der Vermietung ergebenden Wechsels der Mieter oder Benutzer der Räume eine Unternehmensorganisation erforderlich ist. Sonderleistungen des Vermieters liegen beispielsweise vor, wenn die Räume in der mit dem Mieter vereinbarten Weise ausgestattet werden, Bettwäsche überlassen und monatlich gewechselt wird, ein Aufenthaltsraum mit Fernsehapparat und ein Krankenzimmer bereitgehalten werden sowie ein Hausmeister bestellt wird.

1.2.Einkommensteuer

Zur Steuerfreiheit von Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen
Die Erstattung von Pflichtbeiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist auch vor Ablauf einer Wartefrist von 24 Monaten nach dem Ende der Beitragspflicht gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG steuerfrei (entgegen BMF-Schreiben vom 19. August 2013, BStBl. I 2013, 1087, Rz. 205).
BFH  v. 10.10.2017, X R 3/17
Hinweis:
Gem. § 3 Nr. 3 Bst. c EStG sind Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b der Nr. 3 des § 3 EStG entsprechen, steuerfrei. In § 3 Nr. 3 Bst. b EStG sind u. a. Beitragserstattungen an gesetzlich Rentenversicherte nach § 210 SGB VI steuerfrei gestellt.
Der Kläger erzielte von Juni 2010 – Juni 2012 als angestellter Rechtsanwalt nichtselbständige Einkünfte. Ab Juli 2012 wurde er in ein Beamtenverhältnis übernommen. Während seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt war er Mitglied der Rechtsanwaltskammer und entrichtete monatlich Pflichtbeiträge in ein berufsständisches Versorgungswerk. Anlässlich seines Ausscheidens aus der Anwartschaft beantragte der Kläger 90 % der entrichteten Pflichtbeiträge zu erstatten. Dem entsprach das Versorgungswerk und zahlte die Beiträge zurück. Das FA unterwarf die Erstattung gem. § 22 Nr. 1 S. 3 EStG der Besteuerung.
Der BFH hat entschieden, dass die Erstattung der Pflichtbeiträge auch vor Ablauf einer Wartefrist von 24 Monaten nach § 3 Nr. 3 Bst. c EStG steuerfrei ist.
Der BFH hat offen gelassen, ob es sich bei der Beitragserstattung um Einkünfte des Klägers i. S. v. § 22 Nr. 1 S. 3 EStG oder um eine davon abzugrenzende Erstattung von Sonderausgaben handelt. In keiner Alternative ergäben sich steuerliche Auswirkungen für das Streitjahr. Eine Beitragsrückgewähr aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen ist nicht von der Einhaltung einer Wartefrist von 24 Monaten zwischen dem Ende der Beitragspflicht und der Erstattung abhängig. Da der Kläger im Streitjahr auch sonst keine Sonderausgaben i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG geltend gemacht hat und die Verrechnungsmöglichkeit nach § 10 Abs. 4b S. 2 EStG auf die „jeweilige Nummer“ beschränkt ist, scheidet eine Sonderausgaben-Verrechnung im Streitjahr aus. Gleiches gilt für die in § 10 Abs. 4b S. 3 EStG vorgesehene Hinzurechnung eines etwaig anzunehmenden Erstattungsüberhangs zum Gesamtbetrag der Einkünfte, weil diese Möglichkeit auf Fälle des § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EStG beschränkt ist. Ob der Sonderausgabenabzug in denjenigen Veranlagungszeiträumen, in denen der Kläger die Beiträge an das Versorgungswerk geleistet hat, zu korrigieren ist, ist im vorliegenden Verfahren, das allein den Veranlagungszeitraum 2013 zum Gegenstand hat, nicht zu entscheiden.

1.3.Bilanzsteuerrecht

Kein Rückgängigmachen eines zu Lasten des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft gebildeten Investitionsabzugsbetrags bei späterer Investition im Sonderbetriebsvermögen
Eine begünstigte Investition i. S. des § 7g EStG liegt auch dann vor, wenn bei einer Personengesellschaft der Investitionsabzugsbetrag vom Gesamthandsgewinn abgezogen wurde und die geplante Investition später (innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums) von einem ihrer Gesellschafter vorgenommen und in dessen Sonderbetriebsvermögen aktiviert wird.
Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung ist der in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag in einem solchen Fall dem Sonderbetriebsgewinn des investierenden Gesellschafters außerbilanziell hinzuzurechnen.
BFH  v. 15.11.2017, VI R 44/16
Hinweis:
Nach § 7g Abs. 1 S. 1 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd als Investitionsabzugsbetrag abziehen. Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts ist der für dieses Wirtschaftsgut in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend hinzuzurechnen (§ 7g Abs. 2 S. 1 EStG). Bei Personengesellschaften sind § 7g Abs. 1 - Abs. 6 EStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft tritt (§ 7g Abs. 7 EStG).
Klägerin ist eine GbR, die von den Eheleuten A und B gegründet wurde. Für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 bildete die GbR einen Investitionsabzugsbetrag für künftige Investitionen im landwirtschaftlichen Betrieb der GbR. Der IAB minderte außerbilanziell den Gesamthandsgewinn der GbR. Im Wirtschaftsjahr 2010 schaffte der Gesellschafter A in seinem Sonderbetriebsvermögen die Wirtschaftsgüter an, für die die GbR einen IAB gebildet hatte. Die Wirtschaftsgüter wurden in der Sonderbilanz des A aktiviert. Der geltend gemachte IAB wurde dem Sonderbilanzgewinn des A außerbilanziell hinzurechnet. Das FA machte den im Wirtschaftsjahr 2007/2008 gebildeten IAB rückgängig und erhöhte den Gewinn der GbR entsprechend. Werde ein Investitionsabzugsbetrag im Gesamthandsvermögen gebildet, sei eine Anschaffung im Sonderbetriebsvermögen nicht nach § 7g EStG begünstigt.
Der BFH hat entschieden, dass eine begünstigte Investition i. S. d. § 7g EStG auch dann vorliegt, wenn bei einer Personengesellschaft der IAB vom Gesamthandsgewinn abgezogen wurde und die geplante Investition später von einem Gesellschafter in dessen Sonderbetriebsvermögen vorgenommen wird.
§ 7g Abs. 1 EStG verlangt nur, dass die Personengesellschaft ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens künftig anschafft oder herstellt. An keiner Stelle des § 7g EStG wird sie jedoch dazu verpflichtet, bereits bei Antragstellung festzulegen, ob die Investition von der Gesamthand oder einem Gesellschafter finanziert werden wird. Dem Wortlaut des § 7g Abs. 1 i. V. m. Abs. 7 EStG ist daher auch dann genügt, wenn das Wirtschaftsgut entgegen dem ursprünglichen Antrag der Personengesellschaft nicht im Gesamthandsvermögen angeschafft, sondern von einem Gesellschafter in dessen Sonderbetriebsvermögen erworben wird. Das Anlagevermögen der Gesellschaft umfasst in steuerlicher Hinsicht auch das Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter (Mitunternehmer). Dementsprechend erstreckt sich die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft auch auf die (positiven und negativen) Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens sowie die Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben. Zwar kommt der Liquiditätsvorteil bei Abzug des Investitionsabzugsbetrags vom Gesamthandsgewinn – wie im Streitfall – zunächst allen Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligungsquote und damit auch denen zugute, die keine Anschaffungskosten getragen haben. Zumindest anteilig wird aber auch der Gesellschafter, der später in seinem Sonderbetriebsvermögen tatsächlich investiert, begünstigt. Der Investitionsabzugsbetrag ist insoweit nicht korrespondierend zu seiner Inanspruchnahme hinzuzurechnen (§ 7g Abs. 2 EStG). Er ist vielmehr in dem Vermögensbereich der Gesellschaft anzusetzen, in den investiert wurde.
 
 

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