Auswertung aktueller Aufsätze - April 2017

1. Verfahrensrecht

1.1. NWB 

Das Sanierungsprivileg als Spielball zwischen den drei Gewalten - Oder: Der Gesetzgeber hat das letzte Wort


Kanzler, NWB 15/2017, S. 1.078

Anmerkung:


Mit Beschluss vom 28.11.2016, GrS 1/15 hat der Große Senat des BFH festgestellt, dass die im sog. Sanierungserlass vorgesehene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

Der Sanierungserlass verstößt gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Dass Sanierungsgewinne der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegen sollen, hat der Gesetzgeber im Jahr 1997 ausdrücklich entschieden, indem er die bis dahin hierfür geltende gesetzliche Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 66 EStG a.F.) abgeschafft hat. Der Finanzverwaltung ist es verwehrt, diese Gewinne aufgrund eigener Entscheidung gleichwohl von der Besteuerung zu befreien. Sie verstößt gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, indem sie mit dem Sanierungserlass die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns unter Bedingungen, die der damaligen gesetzlichen Steuerbefreiung ähnlich sind, allgemein als sachlich unbillig erklärt und von der Besteuerung ausnimmt. Die im Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i. S. d. §§ 163, 227 AO.

Der Gesetzgeber reagiert auf den Beschluss des Großen Senats v. 28.11.2016. Im Gesetzesentwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassung (sog. Lizenzschranke) ist ein neuer § 3a EStG und ein neuer § 3a GewStG enthalten. Hiermit soll wieder eine Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen rückwirkend eingeführt werden (BR-Drucks. 59/1/17 v. 27.02.2017 S. 14 f.). Danach soll das Wahlrecht auf Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen für Einkommen- bzw. Körperschaft- und Gewerbesteuer unterschiedlich ausgeübt werden können. Allerdings unterliegen die Regelungen einem sog. Inkrafttretensvorbehalt, weil sie erst anwendbar sind, wenn die Europäische Kommission die hierzu erforderliche beihilferechtliche Genehmigung erteilt hat (Art. 3 Abs. 2 des Gesetzentwurfs zur Lizenzschranke). 

1.2. DStR

Unternehmenssanierung nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH v. 28.11.2016


Sistermann, DStR 13/2017, S. 689

Anmerkung:

Mit Beschluss v. 28.11.2016, GrS 1/15 hat der Große Senat des BFH entschieden, dass  der im sog. Sanierungslerlass (BMF- Schreiben v. 27.03.2003, BStBl I 2003 S. 240) vorgesehene Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

Bis zum VZ 1997 waren Sanierungsgewinne nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. in voller Höhe steuerfrei. Voraussetzung war die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses. Seit Aufhebung dieser Vorschrift durch das Unternehmenssteuerreformgesetz vom 29.10.1997 ist ein Sanierungsgewinn demgegenüber grundsätzlich steuerpflichtig. In dem sog. Sanierungserlass, der sich auf die Billigkeitsregelungen der § 163 und § 227 AO  stützt, hat das BMF in einer allgemeinverbindlichen Verwaltungsanweisung geregelt, dass Ertragsteuern auf einen Sanierungsgewinn unter ähnlichen Voraussetzungen wie unter der früheren Rechtslage erlassen werden können.

Derzeit wird auf Bund-Länder-Ebene eine mögliche (Weiter-)Anwendbarkeit des Sanierungserlasses aus Vertrauensschutzgründen diskutiert. Bis zu einer abschließenden Entscheidung hierüber, können Anträge auf abweichende Steuerfestsetzung und/oder Steuerstundung und Steuererlass aufgrund des Sanierungserlasses derzeit nicht positiv beschieden werden. Ebenso können keine verbindlichen Auskünfte in der Sache erteilt werden, vgl. Verfügung OFD Frankfurt am Main  v. 22.02.2017.

Der Bundesrat ist am 10.03.2017 den Empfehlungen seiner Ausschüsse gefolgt und hatte die Initiative für eine gesetzgeberische Reaktion auf den Beschluss des Großen Senats des BFH zum Sanierungserlass vom 28.11.2016, GrS 1/15) ergriffen. Die Länder schlagen in ihrer Stellungnahme zur geplanten Lizenzschranke (§ 4j EStG-E) vor, Sanierungsgewinne aus dem Forderungsverzicht von Gläubigern nicht zu besteuern. Im Gegenzug sollen unter anderem sämtliche Verlustvorträge gestrichen werden. Die Bundesregierung erkannte in ihrer am 15.03.2017 beschlossenen Gegenäußerung ausdrücklich einen dringenden Handlungsbedarf an und wird den Vorschlag im weiteren Gesetzgebungsverfahren prüfen.

Der BFH verwirft den Sanierungserlass Die Restrukturierung von Forderungen in der Unternehmenskrise – Lösungsansätze für die Praxis und Ausblick auf eine gesetzliche Neuregelung

Geerling, Hartmann, DStR 14/2017, S. 752

Anmerkung:

Vgl. Anmerkung zu Kanzler, NWB 15/2017, S. 1.078

Die „Sanktion“ von Rechnungsmängeln nach den EuGH- Entscheidungen Senatex und Barlis 06 – Bedarf es einer Sanktionsregelung beim Verstoß gegen die formalen Rechnungsanforderungen?

Kemper, DStR 13/2017, S. 702

Anmerkung:

Gem. § 31 Abs. 5 S. 1 UStDV kann eine Rechnung berichtigt werden, wenn sie nicht alle Angaben nach § 14 Abs. 4 oder § 14a UStG enthält oder Angaben in der Rechnung unzutreffend sind. Mit den Entscheidungen Senatex und Barlis 06 hat der EuGH geklärt, dass eine Rechnung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Ausstellung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eines FG-Verfahrens berichtigt werden kann. Aufgrund der neuen Rechtsprechung, der sich der BFH grundsätzlich angeschlossen hat, lassen sich künftig Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO vermeiden.

Der EuGH hat in seinen Entscheidungen ausgeführt, dass es den Mitgliedsstaaten freistehe, eine besondere Sanktion für den Verstoß gegen die gesetzlichen Rechnungsanforderungen zu treffen. Fraglich ist, ob der Gesetzgeber eine entsprechende Sanktionsnorm einführt. Der Verfasser führt aus, dass als Sanktion die Verhängung eines steuerlichen Zuschlags zu dem in der betreffenden Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag in Betracht komme. Abgesehen davon könnten auch neue Bußgeldtatbestände im Umsatzsteuerrecht geschaffen werden. 




2. Umsatzsteuer

2.1. NWB

Gewährung von Preisnachlässen durch Verkaufsagenten/Vermittler - Vertrauensschutz bei abweichend von der geänderten Rechtsprechung behandeltem Sachverhalt


Micker, L´habitant, NWB 14/2017, S. 1.007

Anmerkung:

Aufgrund einer Entscheidung des EuGH in der Rs. Ibero Tours, EuGH- Urteil v. 16.01.2014, Rs. C-300/12) kam es zu einer Rechtsprechungsänderung bezüglich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Preisnachlässen, die durch Unternehmer gewährt werden, die nicht unmittelbar an der Leistungskette beteiligt sind. Entgegen der vorherigen Rechtsprechung können Preisnachlässe durch Verkaufsagenten/Vermittler bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Vermittlungsleistung nicht mindernd berücksichtigt werden.

Mit BMF- Schreiben v. 27.02.2015, BStBl 2015 I S. 232 gewährte die Finanzverwaltung bis zur Veröffentlichung der BFH- Urteile im BStBl II Vertrauensschutz.

Fraglich ist, ob ein Unternehmen Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO genießt, wenn dieses den Preisnachlass irrtümlich weder nach der aufgegebenen noch nach der geänderten Rechtsprechung des BFH behandelt hat. Nach dem Wortlaut des § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO genießt nur der Steuerpflichtige Vertrauensschutz, der die geänderte Rechtsprechung bei der bisherigen Steuerfestsetzung angewandt hat. Nach Ansicht des Verfassers würden Unternehmer, die die Preisnachlässe irrtümlich nicht als Preisnachlass sondern als eigenständigen Leistungsaustausch behandelt haben, benachteiligt. Daher soll die überholte Rechtslage für die Bestimmung des Vertrauensschutzes nach § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO bereits veranlagter Unternehmer weiterhin maßgeblich sein. 

Fehlende Gewinnerzielungsabsicht in der Umsatzbesteuerung - Ist der Vorsteuerabzug für Hobby- und Luxuswirtschaftsgüter noch möglich?

Mindermann, Lukas, NWB 17/2017, S. 1.295

Anmerkung:

Gem. § 15 Abs. 1a UStG sind Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 EStG gilt, entfallen. Zusätzlich müssen diese Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Tätigkeit stehen, für die keine Gewinnerzielungsabsicht erkennbar ist. Zu den Aufwendungen zählen auch die Anschaffungskosten. Umsatzbesteuerung trotz Vorsteuerabzugsverbots. Auch wenn ein Wirtschaftsgut nach § 15 Abs. 1a UStG vom Vorsteuerabzugsverbot betroffen sein sollte, unterliegen die Einnahmen aus der Verwendung desselben dennoch der Umsatzbesteuerung.

Mit Urteil v. 21.05.2014, V R 34/13, BStBl 2014 II S. 914 hat der BFH entschieden, dass der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG für Aufwendungen für Segelyachten und Motoryachten sowohl hinsichtlich der laufenden Aufwendungen als auch hinsichtlich der Erwerbskosten im Einklang mit dem Unionsrecht stehen, weil diese Regelung bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG im deutschen UStG verankert gewesen ist und somit von der sog. Stillhalteklausel des Art. 176 MwStSystRl umfasst wird.

2.2. DStR

Vorsteuerabzug des Immobilienerwerbers im Fall der Teiloption


Hammerl, Fietz, DStR 14/2017, S. 758

Anmerkung:

Mit Urteil v. 10.08.2016, XI R 31/09 hat der BFH zum Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden entschieden.

Bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes kann für den Vorsteuerabzug - im Gegensatz zu den Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung - nicht darauf abgestellt werden, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen; vielmehr kommt es insoweit auf die prozentualen Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes an. Bei der Herstellung eines solchen Gebäudes ermöglicht der objektbezogene Flächenschlüssel regelmäßig eine sachgerechte und „präzisere” Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug als der gesamtumsatzbezogene oder der objektbezogene Umsatzschlüssel. Die Neuregelung der Aufteilungsmethode für den Vorsteuerabzug durch den am 01.01.2004 in Kraft getretenen § 15 Abs. 4 S. 3 UStG kann eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i. S. d. § 15a Abs. 1 UStG bewirken. Einer entsprechenden Vorsteuerberichtigung stehen weder die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes entgegen noch liegt darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung in Vorjahre.

Fraglich ist, ob die Urteilsgrundsätze (sog. „Ein-Topf-Theorie“) auch für den Fall eines Immobilienerwerbs mit Teiloption Anwendung finden.

Die Verfasser verneinen die Anwendung der „Ein-Topf-Theorie“ für den Fall einer Teiloption. Nutzt der Erwerber den steuerpflichtig erworbenen Gebäudeteil ausschließlich für Abzugsumsätze, fehle es nämlich insoweit bereits an einer gemischten Verwendung der steuerpflichtig veräußerten Flächen. Die Teiloption habe zum Ergebnis, dass eine Direktzuordnung der einzelnen Flächen vorzunehmen sei. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des EuGH, wonach Eingangsumsätze nur ausnahmsweise nicht direkt zuzuordnen sein.

Der neue Grundstücksbegriff in der Umsatzsteuer – Ist eine Maschine ein Grundstück?

Langer, Mateev, DStR 15-16/2017, S. 809

Anmerkung:

Mit Wirkung vom 01.01.2017 legt Art. 13b MwStVO den Grundstücksbegriff für Zwecke der Anwendung der MwStSystRL (insgesamt) fest. Danach gilt als ein Grundstück
  • ein bestimmter über- oder unterirdischer Teil der Erdoberfläche, an dem Eigentum und Besitz begründet werden kann;
  • jedes mit oder in dem Boden über oder unter dem Meeresspiegel befestigte Gebäude oder jedes derartige Bauwerk, das nicht leicht abgebaut oder bewegt werden kann;
  • jede Sache, die einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes oder eines Bauwerks bildet, ohne die das Gebäude oder das Bauwerk unvollständig ist, wie zum Beispiel Türen, Fenster, Dächer, Treppenhäuser und Aufzüge; 
  • Sachen, Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder einem Bauwerk installiert sind, und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern
Gemäß der Definition in Art. 13b Bst. d MwStVO gelten somit auch Betriebsvorrichtungen ab 01.01.2017 unionsrechtlich nur dann nicht als Grundstück, wenn sie nicht auf Dauer installiert sind oder bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern 

2.3. Der Betrieb

Unternehmereigenschaft der öffentlichen Hand – Anm. zum BMF-Schreiben vom 16.12.2016 –


Trotswt, Menebröcker, DB 14/2017, S. 744

Anmerkung:

Vgl. Anmerkung zu Burret, NWB 06/2017, S. 410




3. Einkommensteuer

3.1. NWB

Reisekosten und Leiharbeitnehmer: Wann ist ein Einsatz „dauerhaft“? Anmerkungen zum Urteil des FG Niedersachsen vom 30.11.2016 - 9 K 130/16


Seifern, NWB 14/2017, S. 993

Anmerkung:

Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.02.2013, BGBl 2013 I S. 285 hat der Gesetzgeber das steuerliche Reisekostenrecht mit Wirkung ab dem VAZ 2014 neu geregelt. Reisekosten können nur dann abgerechnet werden, wenn am jeweiligen Einsatzort keine „erste Tätigkeitsstätte“ i. S. d.  § 9 Abs. 4 EStG begründet wird. Hierzu darf kein „dauerhafter“ Einsatz vorliegen. Eine erste Tätigkeitsstätte liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer dort dauerhaft zugeordnet ist, § 9 Abs. 4 S. 1 i. V. m. S. 2 EStG) oder (mangels [eindeutiger] Zuordnungsentscheidung) dauerhaft die quantitativen Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 S. 4 EStG erfüllen soll.

Mit Urteil v. 30.11.2016, 9 K 130/16 hat das Niedersächsische FG entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden, dass die Zuweisung des Leiharbeitgebers (bis auf Weiteres“ in eine betriebliche Einrichtung des Entleihers nicht als unbefristet i. S. d. § 9 Abs. 4 S. 3 1. Alt. EStG angesehen werden kann. Es könne dahinstehen, ob eine Umsetzung/Versetzung eines dauerhaft beschäftigten Arbeitnehmers "bis auf Weiteres" zu einem anderen Betriebsteil, Werk, Zweigstelle etc. seines Arbeitgebers oder Dritten dazu führe, dass dieser dort unbefristet und damit dauerhaft i. S. d.  § 9 Abs. 4 EStG tätig sei. Bei Leiharbeitnehmern verbiete sich jedenfalls aufgrund der Befristung des Leiharbeitsverhältnisses und der vertraglich vereinbarten - jederzeitigen - Flexibilität eine derartige Betrachtung. Eine Zuordnung für die Dauer des Dienstverhältnisses (§ 9 Abs. 4 S. 3 2. Alt. EStG) sei bei befristeten Leiharbeitsverhältnissen nur ausnahmsweise für den Fall denkbar, dass die Zuordnung für die gesamte Dauer zu einem bestimmten Betrieb des Entleihers bereits bei Beginn des Leiharbeitsverhältnisses bzw. der jeweiligen Verlängerung - für den Leiharbeitnehmer erkennbar – feststehe.

Fehlt es an einer gesetzlich geforderten Dauerhaftigkeit der Zuordnung zu einem Entleihbetrieb i.S. der gesetzlichen Fiktionen des § 9 Abs. 4 S. 3 EStG, kommt eine Einordnung als erste Tätigkeitsstätte auch bei Erfüllen der quantitativen Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 S. 4 EStG nicht in Betracht. In diesem Fall können die Aufwendungen nach Reisekostengrundsätzen angesetzt werden. Da es sich um Auswärtstätigkeiten handelt, kann der Arbeitgeber steuerfreie Leistungen erbringen.

Barausgleich des Stillhalters bei Optionsgeschäften - Berücksichtigung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
Steinhauff, NWB 17/2017, S. 1.286

Anmerkung:

Mit Urteil v. 20.10.2016, VIII R 55/13, BStBl 2017 II S. 264 hat der BFH entschieden, dass der im Rahmen des Basisgeschäfts gezahlte Barausgleich bei Optionen vor Einführung der Abgeltungsteuer sowohl beim Stillhalter als auch beim Optionsinhaber zu Einkünften aus Termingeschäften nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a.F. führt. Der Barausgleich ist beim Stillhalter auch nach Einführung der Abgeltungsteuer als Verlust aus einem Termingeschäft nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Bst. a EStG abzugsfähig (entgegen BMF- Schreiben v. 09.10.2012, BStBl 2012 I S. 953).

Im Urteilsfall hatte der Kläger vor und nach der Einführung der Abgeltungsteuer am 01.01. 2009 Verkaufs- und Kaufoptionen auf den Dow Jones Euro-Stoxx-50-Index eingeräumt. Für die Übernahme der Verpflichtung, zum Ende der Laufzeit der Option die Differenz zwischen dem tatsächlichen Schlussabrechnungspreis und dem Basiswert auszugleichen, erhielt er eine Stillhalterprämie. Diese unterlag vor der Einführung der Abgeltungsteuer der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG und wird seit dem 01.01. 2009 gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG besteuert. Die steuerliche Berücksichtigung des vom Kläger nach Endfälligkeit der Optionen gezahlten Barausgleichs lehnte das FA ab. Der BFH hat entschieden, dass der Barausgleich auch nach Einführung der Abgeltungsteuer als Verlust aus einem Termingeschäft gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Bst. a EStG abzugsfähig ist.

Verluste aus dem Barausgleich für Optionen, die vor der Einführung der Abgeltungsteuer eingeräumt worden sind und unter die Regelung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung fallen, dürfen nach § 23 Abs. 3 S. 7 EStG nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt, ausgeglichen sowie nach § 23 Abs. 3 S. 9 EStG zusätzlich abweichend von S. 7 (nur) mit Einkünften aus § 20 Abs. 2 EStG – zeitlich befristet – letztmals für 2013 (§ 52a Abs. 11 Satz 11 EStG) verrechnet werden.

Steuerliches Reisekostenrecht: aktuelle Entwicklungen und Zweifelsfragen -Erste Tätigkeitsstätte, Verpflegungsmehraufwand und arbeitgeberseitige Mahlzeitengestellung

Hermes, NWB 17/2017, S. 1.278

Anmerkung:

Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.02.2013, BGBl 2013 I S. 285 wurde das Reisekostenrecht umfassend reformiert. Es gibt jedoch immer noch Auslegungsfragen, die Gegenstand von FG- und BFH-Verfahren sind. Der Verfasser beleuchtet die Bereiche Erste Tätigkeitsstätte, Verpflegungsmehraufwand und arbeitgeberseitige Mahlzeitengestellung.

Erste Tätigkeitsstätte

Ein Arbeitnehmer hat eine erste Tätigkeitsstätte in der ortsfesten betrieblichen Einrichtung inne, der er kraft Arbeitsvertrag zugeordnet wird. Dies gilt unabhängig vom qualitativen Tätigkeitsschwerpunkt. Dies hat auch das FG Hamburg mit Urteil v. 13.10.2016, 6 K 20/16 bestätigt.
Mit Urteil. v. 30.11.2016, 9 K 130/16 hat das FG Niedersachsen zur ersten Tätigkeitsstätte eines Leiharbeitnehmers entschieden. Die Zuweisung des Leiharbeitgebers, "bis auf Weiteres" in einer betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig zu sein, kann nach Ansicht des FG Niedersachsens nicht als unbefristet i. S. d. § 9 Abs. 4 S. 3 1. Alt. EStG angesehen werden (entgegen BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Tz. 13).

Verpflegungsmehraufwand

Folgt auf die Anreise eine Übernachtung oder geht eine solche einer Abreise voraus, ist für den jeweiligen An- und Abreisetag ein Verpflegungsmehraufwand in Höhe von 12 € zu gewähren. Die Erfüllung einer Mindestanwesenheitsdauer ist nicht vorgesehen. Nach Ansicht des Verfassers lässt sich entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung vertreten, dass die Pauschale doppelt zu gewähren sei, wenn beide Tage auf denselben Kalendertag fallen.

Arbeitgeberseitige Mahlzeitengestellung

Snacks führen zu einer Kürzung der Verpflegungspauschalen, wenn sie unmittelbar oder mittelbar durch den Arbeitgeber gereicht werden und ein Frühstück, Mittagessen oder Abendessen ersetzen sollen und können.





4. Körperschaftsteuer

4.1. DStR

Berichtigung des fehlerhaft festgestellten steuerlichen Einlagekontos und Auswirkungen in der Liquidation


Schröder, DStR 15-16/2017, S. 835

Anmerkung:

Mit Urteil v. 07.04.2016, 13 K 37/15 hat das FG Köln zur Berichtigung eines fehlerhaft festgestellten steuerlichen Einlagekontos entschieden. Übernimmt das FA bei Erlass des Erstbescheids einen mechanischen Übertragungsfehler des Stpfl. bei der Eigenkapitalfeststellung gem. § 27 Abs. 2 KStG, der dem FA zwar bei Erlass dieses Bescheids noch nicht bekannt war, jedoch nach Übersendung weiterer Unterlagen bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO hätte bekannt sein müssen, ist der Änderungsbescheid seinerseits nach § 129 AO änderbar.

Das FG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil v. 13.10.2016, 10 K 10320/15 entschieden, dass eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, wenn das FA das steuerliche Einlagekonto erklärungsgemäß mit Null feststellt, obwohl den mit der Steuererklärung eingereichten Unterlagen zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass in dem Veranlagungszeitraum eine Einzahlung in die Kapitalrücklage geleistet worden ist.

Liegen die Voraussetzungen einer nachträglichen Änderung nicht vor, führt das fehlerhaft (zu gering) festgestellte Einlagekontos dazu, dass Leistungen bzw. Bezüge aus dem steuerlichen Einlagekonto beim Anteilseigner zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG führen, da § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG nicht anwendbar ist. Die fehlerhafte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos wird im Rahmen einer Liquidation der Gesellschaft wieder ausgeglichen.

4.2. Der Betrieb

Neue Entwicklungen bei der Einlagenrückgewähr aus Drittstaaten – Anmerkung zu den BFH- Urteilen v. 13.07.2016, VIII R 47/13 und VIII R 73/13


Arjes, Foddanu, DB 13/2017, S. 688

Anmerkung:

Mit Urteilen v. 13.07.2016, VIII R 47/13 u. VIII R 73/13 hat der BFH entschieden, dass die Übertragung von Aktien im Rahmen eines US-amerikanischen Spin-off grundsätzlich zu Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG führt. § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist unter Fortführung der Rechtsprechung des BFH- Urteils v. 20.10.2010, I R 117/08 unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer Gesellschaft getätigt werden kann, die in einem Drittstaat ansässig ist und für die kein steuerliches Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG geführt wird.

Der Nachweis, dass eine Einlagenrückgewähr vorliegt ist vom Stpfl. zu führen. Dafür, wie ein solcher Nachweis zu führen ist, wurden dem Stpfl. in den beiden Entscheidungen leider keine expliziten Beispiele an die Hand gegeben. Der BFH hat diesbezüglich lediglich ausgeführt, dass Nachweispflichten und Nachweisrisiko, ob die Voraussetzungen einer Kapitalrückzahlung vorliegen, beim Stpfl. liegen. Eine steuerneutrale Kapitalrückzahlung kann u.a. dann gegeben sein, sofern die Leistungen der Drittlandsgesellschaft den im Vorjahr festgestellten ausschüttbaren Gewinn übersteigen.




5. Bilanzsteuerrecht

5.1. NWB

Handelsrechtliche Neubewertung von Pensionsrückstellungen - Auswirkungen der Änderung von § 253 HGB auf Organschaften


Fuhrmann, NWB 14/2017, S. 1.003

Anmerkung:

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften v. 11.03.2016, BGBl 2016 I S. 396 wurde der Zeitraum für die Ermittlung der Abzinsungszinssätze verlängert. Nach § 253 Abs. 2 S. 1 HGB sind Rückstellung für Altersversorgungsverpflichtungen mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen zehn Geschäftsjahre abzuzinsen. Das BMF hat mit Schreiben v. 23.12.2016, BStBl 2017 I S. 41 zur Auswirkung der Änderung des § 253 HGB auf die Anerkennung der steuerlichen Organschaft Stellung genommen.

Gem. § 253 Abs. 6 S. 1 HGB ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren zu ermitteln. Der sich hieraus ergebende Gewinn ist gem. § 253 Abs. 6 S. 2 HGB ausschüttungsgesperrt. Es ist allerdings im AktG keine Abführungssperre für den nach § 253 Abs. 6 S. 2 HGB ausschüttungsgesperrten Gewinn vorgesehen.

Im BMF-Schreiben v. 23.12.2016, a.a.O., geht die Finanzverwaltung davon aus, dass der Ergebniseffekt aus der Neubewertung der Pensionsrückstellungen abgeführt werden muss. Eine analoge Anwendung von § 253  Abs. 6 S.  2 HGB auf die Gewinnabführung im Rahmen einer Organschaft scheidet nach Auffassung der Finanzverwaltung aus. Eine Abführung kann nur unterbleiben, wenn die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG vorliegen und diese gebildet wird. Nach Auffassung des Verfassers ist entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung eine Thesaurierung des Abstockungsgewinns im Hinblick auf den gesetzlichen Zweck der Vermögensbildung in der Regel „wirtschaftlich begründet“, so dass eine Thesaurierung der Beträge für die steuerliche Anerkennung der Organschaft unschädlich sei.

Das betrieblich genutzte Gebäude auf dem privaten Grundstück des Ehegatten- Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 16.12.2016

Paus, NWB 18/2017, S. 1.348

Anmerkung:

Mit Urteil v. 09.03.2016, X R 46/14 hat der BFH zur Behandlung des eigenen Aufwand des Unternehmer-Ehegatten für die Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes auf einem auch dem Nicht-Unternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück entschieden.

Errichtet der Unternehmer-Ehegatte mit eigenen Mitteln ein Gebäude auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück, wird der Nichtunternehmer-Ehegatte - sofern keine abweichenden Vereinbarungen zwischen den Eheleuten getroffen werden - sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Dieser Gebäudeteil gehört zu seinem Privatvermögen.

Die vom Unternehmer-Ehegatten für die typisierte Verteilung seines eigenen Aufwands gebildete Bilanzposition kann nicht Sitz stiller Reserven sein. Daraus folgt zum einen, dass dem Unternehmer-Ehegatten Wertsteigerungen, die bei dem im Privatvermögen des Nichtunternehmer-Ehegatten befindlichen Gebäudeteil eingetreten sind, ertragsteuerrechtlich nicht zugerechnet werden können. Auf der anderen Seite kann der Unternehmer-Ehegatte in dieser Bilanzposition nicht dadurch stille Reserven bilden, dass er hierauf ertragsteuerrechtliche Subventionsvorschriften anwendet, die der Gesetzgeber nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, nicht aber für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens vorgesehen hat.

Übertragen in derartigen Fällen sowohl der Unternehmer-Ehegatte den Betrieb als auch beide Eheleute ihre Miteigentumsanteile an dem Grundstück samt Gebäude unentgeltlich auf einen Dritten, kann dieser den Miteigentumsanteil des Nichtunternehmer-Ehegatten zum Teilwert in seinen Betrieb einlegen und von diesem Wert AfA vornehmen.

Mit BMF-Schreiben v. 16.12.2016, BStBl 2016 I S. 1431 hat die Finanzverwaltung zu dem BFH-Urteil v. 09.03.2016, X R 46/14 Stellung genommen. Die Urteilsgrundsätze sind in allen offenen Fällen zu berücksichtigen. Darüber geht das BMF auf die bilanzsteuerrechtlichen Konsequenzen der geänderten Rechtsprechung ein. Nach bisheriger Ansicht konnten steuerliche Subventionsvorschriften, die nur für Betriebsvermögen gelten, auch für betrieblich genutzte Gebäude auf dem privaten Grundstück des Ehegatten geltend gemacht werden. Nach Auffassung des BMF hat bei bilanzierenden Steuerpflichtigen in der ersten offenen Bilanz eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung zu erfolgen, § 4 Abs. 2 S. 1 EStG, R 4.4 Abs. 1 S. 9 EStR. Nach Ansicht des Verfassers kommt jedoch eine Bilanzberichtigung für einen „Aufwandsverteilungsposten“ nicht in Betracht, da es sich hierbei um kein Wirtschaftsgut und um keinen Rechnungsabgrenzungsposten handelt.

5.2. DStR

Realteilung mit Einzelwirtschaftsgütern ohne Auflösung der Personengesellschaft


Steiner, Ullmann, DStR 17/2017, S. 912

Anmerkung:

Mit Urteil v. 17.09.2015, III R 49/13, BStBl 2017 II S. 37 hat der BFH neue Grundsätze für die Realteilung einer Personengesellschaft aufgestellt. Bislang setzte eine Realteilung zwingend voraus, dass auf Ebene der Personengesellschaft der Tatbestand der Betriebsaufgabe verwirklicht wurde.

Insbesondere das Ausscheiden eines Gesellschafters unter Fortbestand des Betriebs der Personengesellschaft wurde nach diesem Verständnis nicht als Realteilung angesehen. Nach den neuen Grundsätzen kann jedoch eine Realteilung auch dann vorliegen, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und die Mitunternehmerschaft von den verbleibenden Mitunternehmern fortgesetzt wird. Das BMF hat aufgrund des o.g. Urteils den Realteilungserlass überarbeitet (BMF- Schreiben v. 20.12.2016, BStBl 2017 I S. 36) und wendet die Urteilsgrundsätze grds. in allen offenen Fällen an.


Fraglich ist, ob eine Realteilung auch dann vorliegen kann, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Einzelwirtschaftsguts ausscheidet.

Die Verfasser kommen zum Ergebnis, dass die Realteilungsgrundsätze auch für ein Ausscheiden bei Sachwertabfindung mit einem Einzelwirtschaftsgut anzuwenden sind. 

5.3. Der Betrieb

Der neue Realteilungserlass - Die Änderungen des Realteilungserlasses vom 20.12.2016


Pupeter, DB 13/2017, S. 684

Anmerkung:

Vgl. Anmerkung zu Jacobsen, Thörmer, DStR 12/2017, S. 632




6. Sonstiges

6.1. NWB

Gewerbesteuerliche Fallstricke bei der Immobilienbesteuerung - Aktuelle Entwicklungen in Rechtsprechung, Verwaltungsanweisungen und Gesetzesänderungen


Greiser, Rotter, NWB 15/2017, S. 1.084

Anmerkung:

In dem Artikel gehen die Verfasser auf aktuelle gewerbesteuerliche Entwicklungen bei der Immobilienbesteuerung ein und stellen wichtige BFH-Rechtsprechung, Verwaltungsanweisungen und Gesetzesänderungen dar.

Vorlage zur erweiterten Grundstückskürzung grundbesitzender Unternehmen

Mit Beschluss vom 21.07.2016, IV R 26/14, BStBl 2017 II S. 202 hat der IV. Senat des BFH dem Großen Senat folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: „Ist einer grundstücksverwaltenden, nur kraft ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielenden Gesellschaft die sog erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch dann nicht zu gewähren, wenn sie an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist?“ Nach der Rechtsprechung des I. Senats (Urteil v. 19.10.2010, I R 67/0, BStBl 2011 II S. 367 liegt hingegen in der Beteiligung eines grundstücksverwaltenden Unternehmens an einer grundstücksverwaltenden, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG.

Merkmalsübertragung auf Besitzunternehmen

Mit Urteil v. 20.08.2015, IV R 26/13, BStBl 2016 II S. 408 hat der BFH entschieden, dass die tätigkeitsbezogene und rechtsformneutrale Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Bst. b GewStG sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungstätigkeit der Besitzpersonengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG erstreckt. Mit Urteil v. 22.06.2016, X R 54/14 hat der BFH hingegen entschieden, dass die erweiterte Grundstückskürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch dann nicht in Betracht kommt, wenn ein Besitzeinzelunternehmen einer Betriebskapitalgesellschaft Grundbesitz überlässt und die Betriebskapitalgesellschaft ausschließlich vermögensverwaltend tätig ist.

Vermietung eines Einkaufszentrums

Mit Urteil v. 14.07.2016, IV R 34/14, BStBl 2017 II S. 175 hat der BFH entschieden, dass die Vermietung eines Einkaufszentrums nicht deshalb als Gewerbebetrieb anzusehen ist, weil der Vermieter die für ein Einkaufszentrum üblichen Infrastruktureinrichtungen bereitstellt oder werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen für das Gesamtobjekt durchführt. 

Änderungen durch das Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz I

Mit dem Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz I wurde § 7a GewStG in das GewStG aufgenommen. Mit Urteil v. 17.12.2014, II R 39/14, BStBl 2015 II S. 1052 hatte der BFH entschieden, dass der gesetzgeberische Wille, auch bei der gewerbesteuerlichen Organschaft auf Dividenden der Organgesellschaft § 8b Abs. 5 KStG anzuwenden, bisher gesetzgeberisch nicht umgesetzt worden sei. Nach Ansicht des Gesetzgebers führte dies zu einer Besserstellung des Dividendenbezugs über eine Organgesellschaft im Vergleich zu einem Dividendenbezug bei einer Gesellschaft, die nicht Organgesellschaft ist. Der neue § 7a GewStG soll diese Besserstellung verhindern.

Durch Änderung der §§ 7 und 9 GewStG schließt der Gesetzgeber Besteuerungslücken, damit Hinzurechnungsbeträge i. S. d. § 10 AStG der Gewerbesteuer unterliegen (§ 7 S. 7 GewStG) und die Einkünfte einer ausländischen Betriebsstätte (§ 20 Abs. 2 AStG) als im Inland erzielt gelten (§ 7 S. 8 GewStG).

Steuer- und Satzungsklauseln zur Vermeidung nachteiliger steuerlicher Folgen - Ein wirksamer Schutzmechanismus?

Kamchen, Kling, NWB 18/2017, S. 1.355

Anmerkung:

Zur Vermeidung von ungewollten Steuerbelastungen haben die Vertragsparteien häufig ein Interesse über Steuer- und Satzungsklauseln einen gewissen Schutzmechanismus in den Vertrag aufzunehmen. Wenn eine unvorhersehbare Steuerbelastung eintritt, soll so eine unkalkulierbare Liquiditätsbelastung nach Möglichkeit vermieden werden.

Umstritten ist, ob es sich bei einer Steuerklausel um eine auflösende Bedingung gem. § 158 Abs. 2 BGB oder um eine unechte Gegenwartsbedingung handelt. Während bei der auflösenden Bedingung erst mit Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts endet, liegt bei einer unechten Gegenwartsbedingung bereits bei Vertragsabschluss die „Bedingung“ gegenwärtig vor, diese ist jedoch subjektiv noch nicht bekannt.

Steuerklauseln werden grundsätzlich nicht als missbräuchliche Gestaltung angesehen. Über eine Steuerklausel lässt sich allerdings keine verdeckte Gewinnausschüttung rückgängig machen. Insoweit handelt es sich regelmäßig um eine (verdeckte) Einlage.

Steuerklauseln entfalten im Rahmen von § 41 Abs. 1 AO und § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO Wirkung. Nach § 41 Abs. 1 S. 1 AO ist die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Die Folgen einer wirksam gewordenen Steuerklausel sind demnach nur dann beachtlich, wenn die Beteiligten das Ergebnis des Rechtsgeschäfts nicht eintreten lassen. 

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