Rechtsprechung KW 06-2017

1. Umsatzsteuer

Unrichtiger Steuerausweis in einer Rechnung; Berichtigung durch Abgabe einer Abtretungserklärung in einer Abtretungsanzeige


Weist der leistende Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer offen aus, obwohl der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, schuldet der leistende Unternehmer diese Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG (Anschluss an das BFH-Urteil vom 19. November 2014 V R 41/13, BFHE 248, 406, BFH/NV 2015, 634).  

Eine in einer Abtretungsanzeige an das FA enthaltene Abtretungserklärung des leistenden Unternehmers ist als Berichtigung des Steuerbetrags i.S. des § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG anzusehen, wenn diese dem Leistungsempfänger zugegangene Abtretungserklärung spezifisch und eindeutig auf eine (oder mehrere) ursprüngliche Rechnung(en) bezogen ist und aus ihr klar hervorgeht, dass der leistende Unternehmer über seine Leistungen - statt, wie bisher, unter Ansatz des ursprünglich ausgewiesenen Steuerbetrag - nunmehr nur noch ohne Umsatzsteuer abrechnen will.  
 
Einer Rechnungsberichtigung i.S. des § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG kommt keine Rückwirkung zu.

BFH  v. 12.10.2016, XI R 43/14

Hinweis:

Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er nach § 14c Abs. 1 UStG auch den Mehrbetrag. Berichtigt in Fällen des § 14c Abs. 1 UStG der Rechnungsaussteller den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden, vgl. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG.

Die Klägerin ist eine Unternehmerin mit Sitz im Vereinigten Königreich. In den Jahren 2007 bis 2009 vermietete sie im Inland im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen Standflächen, die sie zuvor von den Veranstaltern der Messen bzw. Ausstellungen angemietet hatte, u.a. an die im Inland ansässige Firma X. Die Klägerin wies u.a. auch in ihren Rechnungen gegenüber X deutsche Umsatzsteuer offen aus. Das FA stellte im Rahmen der Bearbeitung der Umsatzsteuererklärung fest, dass die inländischen Leistungsempfänger Schuldner der USt gem. § 13b Abs. 5 UStG sind. Daher ging das FA davon aus, dass die Klägerin die offen ausgewiesen USt gem. § 14c Abs. 1 S. 1 UStG schulde. Die Klägerin machte gelten, dass sie die USt nicht mehr gem. § 14c UStG schulde, da sie bereits eine Berichtigung vorgenommen habe. X hat zwar die USt im Rahmen einer wirksamen Abtretungsanzeige zurückgezahlt bekommen; es wurde jedoch keine berichtigte Rechnung übermittelt. Das FA ging aufgrund des fehlenden Zugangs einer Rechnungsberichtigung bei X weiterhin von einem unrichtigen Steuerausweis gem. § 14c Abs. 1 S. 1  UStG aus.

Der BFH hat entschieden, dass die Abgabe der Abtretungserklärung in einer Abtretungsanzeige als Berichtigung anzusehen ist.
 
Aus der Abtretungsanzeige ergab sich „spezifisch und eindeutig“ i. S. v. § 31 Abs. 5 S. 2 UStDV, dass die Klägerin bereit war, der Leistungsempfängerin die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer im Wege der Abtretung eines Anspruchs der Klägerin gegen das FA zurück zu erstatten, weil sie, die Klägerin, über ihre Leistungen statt wie bisher unter Ansatz des ursprünglich ausgewiesenen Steuerbetrags nunmehr nur noch ohne Umsatzsteuer abrechnen will. Auch die Rückzahlung der Umsatzsteuer an die Leistungsempfängerin (im Wege der Abtretung und Verrechnung) erfolgte im Streitjahr.
Anders als bei einer Rechnungsberichtigung beim VoSt-Abzug kommt nach Ansicht des BFH einer Rechnungsberichtigung i. S. d. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG keine Rückwirkung zu.

Zur Unionsrechtskonformität des § 4 Nr. 28 UStG

§ 4 Nr. 28 UStG steht im Einklang mit dem Unionsrecht.

Die Verwendung der unterschiedlichen Begriffe „verwendet“ in § 4 Nr. 28 UStG und „bestimmt“ in der deutschen Fassung des Art. 13 Teil B Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG stellt keinen sachlichen Unterschied dar.

Der Zweck des § 4 Nr. 28 UStG gebietet es, Veräußerungsumsätze steuerfrei zu behandeln, wenn der Abzug der Vorsteuer aus der Anschaffung der veräußerten Gegenstände ausgeschlossen war.

BFH  v. 21.09.2016, V R 43/15

Hinweis:

Gem. § 4 Nr. 28 UStG ist die Lieferung von Gegenständen u.a. dann steuerfrei, wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach § 4 Nrn. 8 bis 27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet hat.

Die Klägerin betreibt eine Klinik und erbringt überwiegend umsatzsteuerbefreite Leistungen gem. § 4 Nr. 16 Bst. b UStG. 2003 erwarb die Klägerin mehrere medizinische Geräte sowie eine Telefonanlage und macht hierfür keinen VoSt-Abzug geltend. Im Streitjahr (2004) veräußerte die Klägerin die medizinischen Geräte im Rahmen eines sale-and-lease-back-Geschäfts und wies hierfür die offene USt aus. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin VoSt-Beträge gem. § 15a UStG für die medizinischen Geräte geltend, da sich aufgrund der umsatzsteuerpflichtigen Veräußerung nach Ansicht der Klägerin die Verhältnisse für den VoSt-Abzug geändert hatten. Das FA ging hingegen von gem. § 4 Nr. 28 UStG umsatzsteuerbefreiten Lieferungen aus und verweigerte die VoSt-Korrektur gem. § 15a UStG.

Der BFH hat entschieden, dass die Lieferungen der medizinischen Geräte gem. § 4 Nr. 28 UStG umsatzsteuerbefreit sind und versagte die VoSt-Berichtigung gem. § 15a UStG.

Der Klägerin stand aus der Anschaffung der medizinischen Geräte kein VoSt-Abzug zu, da die Geräte zunächst zur Ausführung von gem. § 4 Nr. 16 Bst. b UStG steuerbefreiten Krankenhausumsätzen verwendet werden sollten.

Der Verkauf der medizinischen Geräte hat zu keiner Änderung i. S. d. § 15a Abs. 1 UStG geführt, weil die Veräußerung gemäß § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei war und sich somit keine Änderung der Verhältnisse für den VoSt-Abzug ergeben hatten.

Nach Ansicht des BFH verstößt die Regelung des § 4 Nr. 28 UStG auch nicht gegen Unionsrecht, da Art. 13 Teil B Bst. c der Richtlinie 77/388/EWG (nun Art. 136 MWStSyStRl) zutreffend umgesetzt wurde. Die Verwendung der unterschiedlichen Begriffe "verwendet" in § 4 Nr. 28 UStG und "bestimmt" in der deutschen Fassung des Art. 13 Teil B Bst. c der Richtlinie 77/388/EWG stellt keinen sachlichen Unterschied dar. Insoweit liegen verschiedene Sprachfassungen vor, sodass sie im Licht aller Sprachfassungen der Gemeinschaft einheitlich ausgelegt und angewandt werden müssen.

Hinsichtlich der Telefonanlage lag hingegen eine Änderung der Verhältnisse i. S. § 15a UStG vor, da die Telefonanlage für steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze genutzt werden sollte. Damit war die Veräußerung der Telefonanlage zu 100 % umsatzsteuerpflichtig.

Zum Leistungsort bei Einräumung der Berechtigung, auf mehreren Golfplätzen im In- und Ausland Golf zu spielen

Die Einräumung der Berechtigung, auf einem Golfplatz Golf zu spielen, ist keine „sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück“ i.S. des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG.

Räumt ein Unternehmer privaten Golfspielern die Berechtigung ein, auf mehreren Golfplätzen im In- und Ausland Golf zu spielen, richtet sich der Ort dieser Leistungen nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG danach, wo sie von dem Unternehmer tatsächlich erbracht werden.

BFH  v. 12.10.2016 , XI R 5/14

Hinweis:

Nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Bst. a UStG werden u.a. sportliche Leistungen sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden.

Der Kläger betrieb im Jahr 2013 (Streitjahr) zwei Golfplätze in Deutschland. Daneben war der Kläger einziger Gesellschafter einer französischen SARL, die dort ebenfalls zwei Golfplätze betrieb. Der Kläger räumte privaten Golfspielern, die bei ihm eine Spielberechtigung erwarben das Recht ein, sämtliche Golfplätze des Klägers sowie der SARL zu nutzen. Für die Spielberechtigung im In- und Ausland zahlten die Spieler an den Kläger ein einmaliges Spielberechtigungsentgelt sowie einen Jahresbeitrag. Nach den (unstreitigen) Feststellungen des Finanzgerichts spielten im Streitjahr ca. 50 % der Spielberechtigten des Klägers in Frankreich und ca. 50 % in Deutschland. Der Kläger unterwarf die Umsätze nur zu 50% der deutschen USt, da sich im Übrigen der Ort der sonstigen Leistung in Frankreich befinde. Das FA wollte gem. § 3a Abs. 1 UStG sämtliche Umsätze der deutschen USt unterwerfen.

Der BFH hat entschieden, dass sich der Ort der sonstigen Leistung gem. § 3a Abs. 3 Nr. 3 Bst. a UStG bestimmt.

Bei der Einräumung der Spielberechtigung handelt es sich nicht um "Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück"  gem. § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG. Hierfür fehlt es an einem direkten Zusammenhang mit einem Grundstück. Gegenstand der Dienstleistung ist nicht das Grundstück selbst, weil die Spielberechtigung sich nicht auf die Überlassung eines bestimmten Grundstücks (Golfplatz) oder eines bestimmten Teils desselben zu einer (vom "Mieter" zu bestimmenden) Nutzung bezieht, sondern nur auf die Einräumung des Rechts, auf den Golfplätzen mit den dort vorhandenen Vorrichtungen eine bestimmte sportliche Tätigkeit auszuüben, nämlich Golf zu spielen.

Da die Voraussetzungen des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Bst. a UStG vorliegen, kommt die Anwendung des § 3a Abs. 1 S. 1 UStG nicht in Frage. Maßgeblich ist demnach der Ort der Spielberechtigung und somit teilweise Deutschland und teilweise Frankreich.

Dies führt jedoch nicht zur Anwendung des § 3a Abs. 1 S. 1 UStG. 




2. Einkommensteuer

Berücksichtigung des Barausgleichs des Stillhalters bei Optionsgeschäften als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen - Sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Verlusten aus Termingeschäften


Bei Optionsgeschäften führt der im Rahmen des Basisgeschäfts gezahlte Barausgleich vor Einführung der Abgeltungsteuer sowohl beim Stillhalter als auch beim Optionsinhaber zu Einkünften aus Termingeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F..

Der Barausgleich ist beim Stillhalter auch nach Einführung der Abgeltungsteuer als Verlust aus einem Termingeschäft nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG abzugsfähig (entgegen BMF-Schreiben vom 9. Oktober 2012 IV C 1-S 2252/10/10013, BStBl I 2012, 953, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85, Rz 26 und 34).

BFH v. 20.10.2016, VIII R 55/13

Hinweis:

Gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Bst. a EStG gehört der Gewinn bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Nach § 52 Abs. 31 EStG ist § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a.F. weiterhin auf Termingeschäfte anzuwenden, bei denen der Erwerb des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nach dem 31.12.1998 und vor dem 01.01.2009 erfolgt ist.

Im Urteilsfall hatte der Kläger vor und nach der Einführung der Abgeltungsteuer Verkaufs- und Kaufoptionen auf den Dow Jones Euro-Stoxx-50-Index eingeräumt. Für die Übernahme der Verpflichtung, zum Ende der Laufzeit der Option die Differenz zwischen dem tatsächlichen Schlussabrechnungspreis und dem Basiswert auszugleichen, erhielt er eine Stillhalterprämie. Diese unterlag vor der Einführung der Abgeltungsteuer der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG und wird seit dem 01.01.2009 gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG besteuert. Die steuerliche Berücksichtigung des vom Kläger nach Endfälligkeit der Optionen gezahlten Barausgleichs lehnte das FA ab.

Der BFH hat entscheiden, dass die Zahlung eines Barausgleichs bei einem Optionsgeschäft beim Stillhalter zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust führt.

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ist ein Barausgleich sowohl vor als auch nach Einführung der Abgeltungsteuer als Verlust des Stillhalters aus einem Termingeschäft steuerlich zu berücksichtigen.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts können jedoch Verluste aus dem Barausgleich für Optionen, die vor der Einführung der Abgeltungsteuer eingeräumt wurden und unter die Regelung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung fallen, nur mit positiven Einkünften i. S. d. § 23 EStG und mit Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG verrechnet werden. Da die Kläger keine derartigen Einkünfte erzielt hatten, war die Klage mangels Verrechnungsmöglichkeit insoweit unbegründet.

Dagegen können Verluste des Stillhalters, die unter die Neuregelung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Bst. a EStG fallen auch mit positiven Kapitaleinkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG verrechnet werden.

Keine Minderung des Veräußerungsverlusts i.S. des § 17 EStG oder des Verlusts aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG durch eigenständige Schadensersatzleistung eines Dritten

Leistet eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wegen eines fehlerhaften Bestätigungsvermerks im Rahmen eines Vergleichs Schadensersatz an den Erwerber von Gesellschaftsanteilen, mindert dies beim Erwerber nicht die Anschaffungskosten der Anteile. Hat der Erwerber die Anteile bereits veräußert, erhöht die Zahlung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auch nicht den Veräußerungserlös.

BFH  v. 04.10.2016, X R 8/15

Hinweis:

Der Veräußerungsgewinn i. S. v. § 17 Abs. 1 EStG ist gem. Abs. 2 S. 1 der Vorschrift der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid u.a. zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Ob ein Ereignis steuerrechtlich zurückwirkt, richtet sich nach dem materiellen Recht, hier also nach § 17 EStG und § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG

Im Urteilsfall hatten die Kläger in den Jahren 1999 bis 2002 Aktien einer AG erworben. Zuvor hatte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Jahresabschlüsse der AG geprüft und Bestätigungsvermerke erteilt. Aus der späteren Veräußerung der Aktien im Jahr 2002 entstanden den Klägern infolge eines Kurseinbruchs hohe Verluste, die das FA bestandskräftig steuerlich berücksichtigte. Im Rahmen eines zivilgerichtlichen Klageverfahrens, in dem die Kläger die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wegen fehlerhafter Bestätigungsvermerke auf Schadensersatz in Anspruch nahmen, schlossen die Kläger mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Jahr 2007 einen Vergleich, der eine Zahlung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von 3.000.000 € beinhaltete. Diese Zahlung minderte nach der Auffassung des FA den aus der Veräußerung erlittenen Verlust. Daher änderte das FA den Verlustfeststellungsbescheid. Die hiergegen gerichtete Klage der Steuerpflichtigen vor dem Finanzgericht hatte Erfolg.

Der BFH hat entschieden, dass die nachträglichen Schadensersatzzahlungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht die in früheren Jahren entstandenen Verluste aus dem Verkauf der Aktien mindern.

Der Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft kann sich rückwirkend ändern, wenn die Vertragsparteien der Anteilsveräußerung wegen Streitigkeiten über die Wirksamkeit oder den Inhalt des Vertrages einen Vergleich schließen und den Veräußerungspreis rückwirkend vermindern oder erhöhen. Dies gilt jedoch nicht für die streitigen Schadensersatzleistungen.

Die Schadensersatzzahlung mindert beim Erwerber nicht die Anschaffungskosten der Anteile. Hat der Erwerber die Anteile bereits veräußert, erhöht die Zahlung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auch nicht den Veräußerungserlös.

Der Verlust i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG war im Veräußerungsjahr 2002 entstanden. Die erst nach vollzogener Veräußerung geleistete Schadensersatzzahlung war demgegenüber Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung stand, so dass die Zahlung nicht auf den Zeitpunkt der Verlustentstehung zurückwirkte. Ebenso wenig entfaltete die Schadensersatzzahlung, die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufgrund einer eigenständigen Rechtsgrundlage leistete, Rückwirkung auf einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. 




3. Sonstiges

Gewerbesteuerrechtliche Folgen der atypisch stillen Beteiligung am Handelsgewerbe einer Personengesellschaft


Betreibt eine Personengesellschaft als Inhaber eines Handelsgewerbes, an dem sich ein anderer atypisch still beteiligt, ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 EStG, unterhält sowohl die atypisch stille Gesellschaft, der dieses Unternehmen für die Dauer ihres Bestehens zugeordnet wird, als auch die Personengesellschaft jeweils einen selbständigen Gewerbebetrieb.

Der Inhaber des Handelsgewerbes hat für jeden dieser Gewerbebetriebe jeweils eine eigenständige Gewerbesteuererklärung abzugeben.

BFH  v. 08.12.2016, IV R 8/14

Hinweis:

Bei einer atypischen stillen Gesellschaft ist Steuerschuldner der Gewerbesteuer nach § 5 Abs. 1 S. 1 GewStG der Inhaber des Handelsgeschäfts. Der Gewerbesteuermessbescheid und der Gewerbesteuerbescheid für die atypische stille Gesellschaft richten sich demzufolge an den Inhaber des Handelsgeschäfts und sind diesem als Steuerschuldner bekannt zu geben, vgl. R 5.1 Abs. 2 GewStR.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH & Co. KG. Gesellschafter der GmbH & Co. KG waren eine Komplementär-GmbH ohne Vermögenseinlage und die Geschwister A, B und C als Kommanditisten. An der GmbH & Co. KG beteiligten sich M, A, B und C als atypisch stille Gesellschafter. Im Streitjahr gab die GmbH & Co. KG eine Gewerbesteuererklärung ab. Im Gewerbesteuermessbescheid  wurde der Gewerbesteuermessbetrag auf 0 € festgesetzt. Nach einer erfolgten Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass die Verluste der GmbH & Co. KG nicht mit dem Gewerbeertrag des Streitjahres verrechnet werden kann, da aufgrund der atypisch stillen Beteiligungen eine neue Mitunternehmerschaft entstanden sie und nicht lediglich eine erweiterte Mitunternehmerschaft vorliege. Der Gewerbesteuermessbescheid war an die KG als Inhaberin des Handelsgewerbes mit einem oder mehreren still beteiligten Gesellschaftern gerichtet. Die Klage der GmbH & Co. KG gegen den GewSt-Messbescheid war erfolgreich, so dass der Messbescheid aufgehoben wurde. Daraufhin erließ das FA erneut einen Messbescheid. Fraglich war, ob zwischenzeitlich Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Der BFH hat entschieden, dass bei Bestehen einer atypisch stillen Gesellschaft, der Inhaber des Handelsgewerbes zwei Gewerbesteuererklärungen abzugeben hat und dass für den streitigen Gewerbesteuermessbescheid bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Da es sich bei der GmbH & Co. KG um eine Personengesellschaft handelt, entstand durch die Errichtung der atypisch stillen Gesellschaft eine doppelstöckige Personengesellschaftsstruktur mit der GmbH & Co. KG als Obergesellschaft und der GmbH & Co. KG & Still als Untergesellschaft.

Auch wenn durch die atypisch stille Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen eine atypisch stille Gesellschaft als eigenständige Mitunternehmerschaft entsteht, ist diese Gesellschaft nicht Schuldnerin der Gewerbesteuer. Nur der nach außen tätige Unternehmer, also der Inhaber des Handelsgewerbes, unterliegt der persönlichen Gewerbesteuerpflicht, § 5 Abs. 1 S. 1 GewStG.

Ein Gewerbesteuer-Messbescheid ist nicht an die atypisch stille Gesellschaft, sondern an den Inhaber des Handelsgewerbes in seiner Funktion als Inhaber des Handelsgewerbes der atypisch stillen Gesellschaft zu richten und kann dementsprechend auch nur von diesem mit Rechtsmitteln angegriffen werden.

Die Entstehung einer atypisch stillen Gesellschaft ist ertragsteuerlich wie eine Einbringung des Betriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die stille Gesellschaft i.S. des § 24 UmwStG zu würdigen, soweit der Betrieb des Inhabers des Handelsgewerbes ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft zugeordnet wird. Daher liegen im Streitfall zwei eigenständige Mitunternehmerschaften vor. Für die GmbH & Co. KG einerseits und die GmbH & Co. KG & Still andererseits – also für zwei eigenständige Mitunternehmerschaften - sind zwei eigenständige Gewerbesteuererklärungen abzugeben.
Im Streitfall hatte die Klägerin als Erklärungspflichtige für den der GmbH & Co. KG & Still zuzurechnenden Betrieb die Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr 2002 in 2003 abgegeben. Daraus folgt, dass mit Ablauf des 31.12.2007 die vierjährige Fetsetzungsverjährungsfrist gem. § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO bereits abgelaufen war. 

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